Dargot 26: Der keinen Menschen achtet

Dargot Sulam, Artikel 26

Im Vers „Der kein Ansehen achtet und kein Bestechungsgeschenk annimmt“[1], müssen wir verstehen, was die Bedeutung von „der kein Bestechungsgeschenk annimmt“ ist: Wie kann man dem Schöpfer ein Bestechungsgeschenk machen, um den Vers zu erklären: „Der kein Bestechungsgeschenk annimmt.“

Und die Sache ist die, dass bei allen Maßen, die wir in Bezug auf den Ewigen anwenden, das Maß des Menschen gemeint ist. Denn wenn ein Mensch gewohnt ist, durch Geschenke bestochen zu werden, also zu seinem eigenen Genuss, dann ist er schon mal nicht in der Lage, dem Ewigen anzuhaften, da man „an Seine Eigenschaften (wörtl. „Maße“, Anm. Ü.) anhaftet“.

Folglich meint der Vers „Der kein Bestechungsgeschenk annimmt“, dass der Mensch keine Bestechungsgeschenke annehmen soll, wenn er irgendeine Prüfung oder Klärung in der Kategorie von Wahrheit und Lüge durchführen will, denn wenn dort nur irgendeine Absicht zum Eigengenuss vorhanden ist, dann kann er die Wahrheit nicht mehr sehen, „denn Geschenke machen die Weisen blind“[2]. Denn das Licht Chochma[3] kann sich nur dort verbreiten, wo es vollkommen reine Kelim (Gefäße) hinsichtlich des Empfangens für sich selbst gibt.

Im Aspekt von Chassadim (Barmherzigkeit) dagegen kann man es tun, auch wenn es noch nicht vollkommen rein ist, denn wenn man im Aspekt von Chassadim handelt, kann man keinen Schaden anrichten, da dieses Tun im Aspekt des Gebens geschieht. Wenn sich jedoch das Licht Chochma verbreitet, dann ist es in der Kategorie von Wissen und Empfangen, und so kann man Schaden anrichten. Solange der Mensch also nicht von Selbstliebe gereinigt ist, besteht die Korrektur darin, dass er von dem Aspekt von Chochma nichts sehen kann.

[1] 5. Buch Moses 10,17

[2] 5. Buch Moses 16,19

[3] Chochma wörtl. Weisheit, Anm. Ü.

Dargot 24: Was uns im Wesentlichen fehlt

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 24

Was uns im Wesentlichen fehlt und weswegen wir keinen Brennstoff für die Arbeit haben, ist der Mangel an der Wichtigkeit des Ziels. Das bedeutet, dass wir nicht wissen, wie wir unseren Dienst einzuschätzen haben, um zu begreifen, wem wir da geben. Und ebenso fehlt die Kenntnis der Größe des Ewigen, damit wir wahrnehmen, wie glücklich wir sind, dass wir dem König dienen dürfen – denn wir haben überhaupt nichts, um Seine Größe begreifen zu können.

Und das heißt in den Worten des Heiligen Sohar Shechinta be-Afra (Shechina im Staub), also dass dem Ewigen zu dienen uns so wichtig wie Staub erscheint. Und auf jeden Fall haben wir keinen Brennstoff für die Arbeit, denn ohne Genuss gibt es auch keine Kraft für die Arbeit. Denn da, wo die Selbstliebe leuchtet, schöpft der Körper Lebenskraft daraus. Bei der Arbeit des Gebens dagegen fühlt der Körper keinen Geschmack von Genuss und ist gezwungen, „unter seiner Last zusammenzubrechen“[1]. Weiterlesen

Dargot 22: Und nun Israel, höre

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 22

„Und nun Israel, höre die Satzungen (Chukim) und die Gesetze (Mishpatim)[1] … Ihr sollt nichts hinzutun zu dem Worte, das ich euch gebiete, und sollt auch nichts wegnehmen, damit ihr die Gebote des Ewigen, eures Gottes, wahret, die ich euch gebiete.[2]

Hier müssen wir verstehen, was eine Satzung (Chok) und was ein Gesetz (Mishpat) ist. Und die Schrift präzisiert: „Ihr sollt nichts hinzutun zu dem Worte, das ich euch gebiete, und sollt auch nichts wegnehmen“, in beidem, im Hinzufügen wie im Wegnehmen muss man präzise sein, gemäß dem Wortlaut des Gebotes.

Es gibt einen Unterschied zwischen solchen, die in ihrer Arbeit um zu geben handeln, und solchen, die arbeiten, um eine Belohnung zu bekommen. Weiterlesen

Dargot 20: Der Wille zu empfangen

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 20

Wir müssen das in den Büchern erläuterte Prinzip verstehen, dass das Endziel darin besteht, dass der Mensch zu einem Zustand gelangt, in dem er empfängt um zu geben. Hier muss man überlegen, ob der Mensch nicht letztendlich Genuss daraus schöpft, da er sonst nicht geben kann. Denn es ist ganz und gar unmöglich, dass der Mensch eine Handlung ausführt, an der er keinen Genuss hat. Weiterlesen

Dargot 18: Das Konzept der Kleider der Seele

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 18

Das Konzept der Kleider der Seele: Rabbi Shimon sagt, gemäß dem, wie der Mensch sich in der Erfüllung von Tora und den Geboten bemüht hat, erhält er in dieser Halle (Hejchal, welche die Halle der Essenz des Himmels ist, Aspekt von Hod) Oben Kleidung, um sich in jener Welt einzukleiden.

Man muss nachvollziehen, was das Konzept der Kleidung (Levush) bedeutet. Es ist bekannt, dass man im Spirituellen nur mithilfe von Kleidung, die ein Modell des für die Enthüllung von Licht geeigneten Gefäßes darstellt, Ergebnisse erzielen kann. Wenn also der Mensch sich bemüht hat, dann schafft ihm [diese] Bemühung das Kli – das Verlangen und das Bedürfnis nach der Erfüllung mit Licht. Denn von Oben gibt man nichts, bevor nicht ein Bedürfnis nach dem jeweiligen Leuchten (He´ara) besteht.

Und die Anstrengung, die der Mensch unternimmt, schafft ihm ein Bedürfnis und ein Verlangen, was bedeutet, dass es ihm zum Bedürfnis wird, dass der Schöpfer ihm helfen und ihn aus der Bedrängnis herausführen möge, in der er sich während seiner Bemühungen befindet. Und gäbe es die Bemühung nicht, hätte er kein Bedürfnis nach der Hilfe des Ewigen. Folglich ist es gerade die Bemühung, die für ihn die Kleider der Seele (Levushei haNeshama) erschafft, damit es zu einer Offenbarung der Heiligkeit (Elokut) kommt.

Dargot 17: Das Konzept der Shechina

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 17

Shechina meint den Ort, wo der hier Wohnende (Residierende, Shochen) offenbart wird. Es steht geschrieben: „Die ganze Erde ist voll seiner Herrlichkeit.[1]“ Es gibt keinen Ort, der frei von Ihm wäre. Doch damit einher waltet der Aspekt der Verhüllung.

Und dort, wo es die Offenbarung des Ewigen gibt – dieser Ort heißt Shechina, und hier offenbart sich der Shochen (Residierende). Daraus folgt, dass wenn wir von der Shechina sprechen, wir vom Shochen (Residierenden) sprechen, also vom Heiligen, gelobt sei Er, und wenn wir ihn beim Namen „Shechina“ nennen, dann meint dies den Ort der Offenbarung.

Und das bedeutet, dass was in Malchut in Erscheinung tritt, die unteren (Tachtonim) beeinflusst. Also das Maß dessen, was sich von der Göttlichkeit offenbart, und das Maß dessen, was sich offenbart, wird nur in Bezug auf die unteren definiert, denn in Bezug auf den Höheren existiert weder das Konzept der Offenbarung noch das Konzept der Enthüllung.

In einem Gleichnis kann man das so ausdrücken, dass man in Bezug auf den Menschen selbst nicht sagen kann, dass er sich zeigt oder verschwindet, sondern das Erscheinen und das Verschwinden gelten nur in Bezug auf seine Umgebung. Gleiches gilt im Spirituellen, dass also das Konzept von Offenbarung und Verschwinden nur in Bezug auf das Geschöpf Gültigkeit hat.

Daraus folgt, dass, wenn von der Shechina die Rede ist, also wenn wir von dem Maß sprechen, in welchem sich der Schöpfer den unteren offenbart, es sich um das Gleiche handelt, ob wir nun „Schöpfer“ oder „Shechina“ sagen. Die eigentliche Bedeutung hiervon ist die Folgende: Der Heilige, gelobt sei Er, heißt Aspekt der Verhüllung, und Shechina heißt Aspekt der Offenbarung, also dass der Shochen (Residierende) enthüllt ist, also dass hier der Residierende erkennbar und offenbart ist.

Und wenn wir sagen: „Für die Einigung des Heiligen, gelobt sei Er, und Seiner Shechina“, so bedeutet dies, dass sich der Aspekt des Verschwundenen zum Aspekt des Offenbarten gesellen möge. Folglich ist alles die Kategorie des Spirituellen. Wenn wir daher sagen, dass ein Mensch dem Verweilen der Shechina würdig wurde, so bedeutet dies, dass der Mensch der Offenbarung des Shochen (Residierenden) würdig wurde, und das Maß der Offenbarung heißt Shechina, wie oben erklärt.

Und wenn wir sagen, dass die heilige Shechina „die Gesamtheit der Seelen Israels“ heißt, so ist die Bedeutung hiervon wie oben ausgeführt, denn das Konzept der Offenbarung gilt in Bezug auf den Nächsten (auf den anderen). Folglich stellt der Aspekt der Shechina die Offenbarung an die unteren (Tachtonim) dar. Also ist sie die Gesamtheit der Offenbarungen an die unteren, die sich in das Verlangen der unteren einkleiden.

Dabei bedeutet „Verlangen“ oder „Wille“ das Geschöpf, weswegen die Seele als ein Teil des Schöpfers bezeichnet wird. Das Prinzip des „Teils“ wird im Sulam Kommentar ausführlich erklärt, also dass es den Willen zu empfangen gibt, und dass sich durch Korrekturen im Willen zu geben dem Geschöpf das Licht des Schöpfers enthüllt, sich allerdings in Bezug auf den unteren nur ein Teil davon offenbart, also nur das Maß, von dem der Schöpfer wollte, dass die unteren es erkennen.

Folglich lautet die Erklärung von „Seele“, dass es eine Offenbarung der Göttlichkeit in einem gewissen Maße gibt, welches die unteren empfangen können. Also stellen wir fest, dass die Seele nur ein Teil der heiligen Shechina ist, die als „die Gesamtheit der Seelen Israels“ bezeichnet wird.

Das heißt, das ganze Maß, in dem der Heilige, gelobt sei Er, wollte, dass man Ihn erkennt, wird als Sein Wille bezeichnet, den Geschöpfen Gutes zu schenken. Und Seele heißt Teil der Shechina, also der Teil, den der untere gemäß dem Grad seiner Reinheit erreichen kann.

Deswegen sagten die Weisen: „Moses wiegt alle 600.000 auf“, das heißt Moses, Friede sei mit ihm, wurde eines solchen Maßes an Offenbarung der Göttlichkeit würdig, dass der Schöpfer bereit war, sich ganz Israel zu offenbaren. Und es steht geschrieben: „Shechina spricht aus dem Mund[2] von Moshe“, was bedeutet, das Moshe der allgemeinen Enthüllung würdig wurde, genannt Shechina.

[1] Jesaja 6,3

[2] Wörtl. Kehle, Anm. Ü.

Dargot 8: So ist der Weg der Tora

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 8

„So ist der Weg der Tora (…) entbehrungsreich sollst du leben.“[1] (wörtl. ein leidvolles Leben sollst du führen, Anm. Ü.)

Und der Grund dafür ist, dass ein Diener des Ewigen keinen Genuss im Körper (hat/empfindet), da er nichts empfängt. Wenn man allerdings den Körper gewöhnt, im Aspekt des Gebens zu arbeiten, unter Zwang, dann wird man nachher der Kategorie würdig: „Alsdann wirst du an dem Ewigen deine Lust haben.“[2] Das heißt, wenn man im Namen des Schöpfers arbeitet, genießt man und das wird genannt: „Ihre [der Tora] Wege sind liebliche Wege“[3].

 

[1] Sprüche der Väter 6,4: So ist der Weg der Tora: Iss Brot mit Salz, trinke Wasser nach dem Maß [Hes. 4,11], schlafe auf der Erde, lebe entbehrungsreich und mühe dich ab mit der Tora. Tust du so, wirst du glücklich sein, und es ist gut für dich [Ps. 128,2] „Glücklich sein“ – auf dieser Welt, und „Es ist gut für dich“ – in der kommenden Welt.

[2] Jesaja 58,14: Alsdann wirst du an dem Ewigen deine Lust haben; und ich will dich über die Höhen des Landes führen und dich speisen mit dem Erbe deines Vaters Jakob!

[3] Sprüche 3,17: Ihre Wege sind liebliche Wege und alle ihre Pfade sind Friede.

Dargot 4: Wenn eine Jungfrau, die einem Mann verlobt ist

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 4

„Wenn eine Jungfrau, die einem Mann verlobt ist, von einem andern Mann in der Stadt angetroffen wird, und dieser bei ihr liegt“[1].

Man kann klarstellen, dass die heilige Shechina[2] als Jungfrau bezeichnet wird. Und es gibt drei Aspekte: frei, verlobt und verheiratet.

Im Zustand von Domem de Kedusha („unbewegt“ in spiritueller Hinsicht) heißt sie „frei“. Denn alles, was er (der Mensch) für sie tut, ist nur um Gegenleistungen zu erhalten, also entweder [in] Dieser Welt oder [in] der Kommenden Welt. Doch er weiß, dass die heilige Shechina von ihm unterdrückt wird, also durch den Aspekt des Empfangens aus Eigennutz. Deswegen heißt sie frei, da es niemanden gibt, der sie benötigt – so will er, dass sie ihn benötigt. Deshalb kann er dann im Zustand von Domem mit seiner Arbeit fortfahren, und er ist durch nichts behindert. Weiterlesen

Dargot 2: Der Mensch wird mit Gedanken geschlagen

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 2

„Aufgrund desselben Schlags (Aufpralls) des Höheren Lichts, das auf jenen Schirm aufprallt, sprühten Lichtfunken und drangen durch jenen Schirm.“[1]

Und man kann das Konzept des Schlags (Aufpralls) so erklären, dass es Gedanken sind, die auf den Menschen einschlagen und ihn stören und ermüden, und er glaubt mal so und mal anders. Und all das, weil er über einen Schirm (Massach) verfügt.

Und wenn er den Massach aufrechterhält und einwilligt, auf dem Wege des Schöpfers zu gehen, was als der Aspekt von Mocha (Verstand) bezeichnet wird, genannt der Aspekt der Klärung (Beweisführung), wobei er klärt, dass es gut für ihn ist, den Aspekt des Glaubens über dem Wissen zu bekommen. Das wird so definiert, dass er eine Zugabe von Licht auf der höheren Stufe verursacht, wobei die Freude gerade mittels der Klärung kommt.

Das Gleiche sehen wir bei zwei Menschen, die einander mögen. Wenn bei einem von ihnen ein Freund dazukommt, und er sich auch mit ihm verbinden möchte, dies aber nicht dem Wunsch des ersten entspricht, dann sitzt der erste und wartet ab, zu sehen, wen er als seinen treuen Freund erwählt, und er beginnt, den ersten gegen den zweiten abzuwägen.

Und er beginnt, die Besonderheit und den Nutzen abzuwägen, die er an den Beiden hat, und die Gedanken beginnen zu fliegen und sein Denken zu spalten, und das wird als „Schlag (oder Aufprall) auf seine Meinung“ bezeichnet.

Und letztendlich entscheidet er sich für den ersten, also dass es sich lohnt, sich mit ihm zu verbinden. Und er klärt nur mit dem Aspekt Kraft über dem Verstand. Das heißt, obwohl er nicht so sehr die Wichtigkeit des Höheren spürt, findet die Klärung mittels des Schirms statt, genannt Aspekt der Erfahrung, und das ist der Aspekt der Verhüllung.

Wenn er jedoch den Massach überwindet und aufrechterhält, wenn er also den Massach nicht aufhebt, wird dadurch Oben Freude verursacht, und dann schenkt ihm der Höhere ebenfalls Freude.

Das heißt, in dem Maße, wie er die Wichtigkeit des Höheren über dem Verstand empfängt, genau in diesem Maß wird die Größe des Höheren in seinen Verstand übertragen, nicht mehr und nicht weniger.

[1] TES, S. 115, P. 6

Dargot 824: Innerlichkeit und Äußerlichkeit

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 824

Bescheidenheit bedeutet, dass man sich immer – in Handlung und Verstand – vor dem anderen annulliert.

Es gibt Innerlichkeit und Äußerlichkeit. Sie heißen „enthüllt“ und “verhüllt“, „Handlung“ und „Gedanke“. Was jeder sehen kann, gehört zum Teil der Handlungen, doch der Gedanke ist nicht enthüllt. Darum gilt er als innerlich und gehört somit zur Innerlichkeit des Menschen. Aber eine Handlung gilt als äußerlich, wenn sie einen inneren Gedanken beinhaltet.

Wenn man sich daher vor dem Freund annullieren muss, wird das nicht wirklich als Annullierung betrachtet – außer in zwei Arten – in Gedanken und in der Handlung.

Es ist nicht unbedingt die Handlung, sondern man muss auch seinen Verstand annullieren und sagen, dass die Ansicht des Freundes wichtiger ist als die eigene. Sonst gilt es nicht als Annullierung. Wenn man seine Annullierung offen seinem Freund zeigt, ist es nichts anderes als Schmeichelei; das bedeutet, dass es nach außen so aussieht, als wäre der Freund wichtiger, jedoch innerlich ist man sicher, dass der Freund seiner Stufe nicht einmal annähernd gleich ist.

Dargot 674: Jemand anderen tadeln

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 674

„‘Der sich nicht in acht zu nehmen wusste’. Es heißt nicht, dass er nicht ‚zu warnen’ wusste, sondern, ‚sich in acht zu nehmen’“ (Sohar WaJeshev).

Der Mensch will andere tadeln. Jeder will, dass jeder mit den Gefäßen des Gebens arbeitet, denn arbeiteten alle Freunde um des Gebens willen, würden sie ihm alles Notwendige geben. Sollte er sich jedoch selbst tadeln, dass er der Gebende sein sollte, dann würde sein Wille zu empfangen verlieren. Doch wenn die Gefäße der anderen um des Gebens willen arbeiten, wird sein Verlangen zu empfangen Nutzen davon haben. Darum möchte jeder, dass alle anderen rein sind.

Dargot 349: Der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 349, 15. Januar 1972

Im Sohar steht: „Der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse; sind sie würdig – gut, sind sie nicht würdig – schlecht (wörtlich: böse).“

Im Sulam Kommentar wird erklärt, dass, wenn man würdig ist, Midat ha Din (Eigenschaft des Gerichts) – die unverminderte Behina Dalet – verhüllt ist und Midat ha Rachamim (Eigenschaft der Barmherzigkeit) enthüllt ist. Es bedeutet, dass die verminderte Malchut in Midat ha Rachamim enthüllt ist. Doch wenn man nicht würdig ist, trifft das Gegenteil zu.

Wir müssen die Bedeutung von Enthüllung und Verhüllung verstehen. Bekanntlich besteht ein Mensch aus Tugenden und aus guten wie auch schlechten Eigenschaften. Denn „es gibt keinen Rechtschaffenen auf Erden, der Gutes tun und nicht sündigen wird“. Anders ausgedrückt gibt es im Menschen immer einen Mangel – etwas, das zu korrigieren ist. Ansonsten hätte er in dieser Welt nichts mehr zu tun.

Es gleicht dem, wenn zwei Menschen sich in Freundschaft verbunden haben und einer plötzlich merkt, dass der andere ihm etwas Schlechtes angetan hat. Letztere zieht sich dann zurück und kann den Freund nicht mehr ansehen oder nahe bei ihm sein. Doch danach vertragen sie sich wieder.

Unsere Weisen folgerten: „Versuche nicht, den Freund zu besänftigen, solange er zornig ist.“ Doch warum? Während er zornig ist, fallen ihm nur die Fehler des Freundes auf und er kann ihm nicht vergeben, da sich der Fehler des Freundes enthüllt hat und dessen gute Eigenschaften, derentwegen er ihn zum Freund gewählt hatte, nun verhüllt sind. Wie kann er sich also an jemanden wenden, der böse ist?

Doch sobald er nach einiger Zeit den Ärger vergisst, den ihm der Freund bereitete, kann er die guten Eigenschaften des Freundes wieder entdecken und dessen schlechten Eigenschaften verhüllen, was bedeutet, dass er die Wahrnehmung der guten Eigenschaften des Freundes wiederbelebt.

Wenn man den schlechten Eigenschaften des Freundes keine Macht und keine Aufmerksamkeit gibt, werden sie nebensächlich und verhüllt. Wenn man daher von etwas spricht, verleiht man dem Besprochenen Macht und Lebenskraft. Sobald der Ärger vergessen ist und der Stachel des durch den Freund verursachten Zorns seine Kraft verliert, kann man wieder von den Genüssen sprechen, die man aus den guten Eigenschaften des Freundes erhält.

Das Bild ist verständlicher, wenn man es auf einen Mann und seine Ehefrau überträgt. Manchmal sind sie sich so uneinig, dass sie sich am liebsten trennen würden. Doch dann vertragen sie sich wieder. Die Frage ist, was mit den schlechten Dingen passiert, die sich während ihres Streits zutrugen? Sind sie von der Welt verschwunden?

Wir müssen tatsächlich annehmen, dass sie die Gründe verhüllten – also die schlechten Eigenschaften, die sie in einander sahen. Und nun, da wieder Frieden herrscht, erinnert sich jeder nur an die guten Eigenschaften und die Tugenden, derentwegen sie sich zusammenschlossen.

Doch auch dann, wenn jemand aus der Familie kommt und zu dem Mann oder der Frau über die Fehler des jeweils anderen spricht, gibt man den Dingen, die zuvor unterdrückt und verhüllt waren, erneut Macht und Lebenskraft und bringt sie wieder an die Oberfläche. In so einem Zustand kann jemand die Trennung der beiden verursachen.

Gleiches ergibt sich bei zwei Freunden, wenn ein Dritter kommt und einem der Freunde die Fehler und Mankos des anderen aufzeigt, in dem er über die verborgenen Dinge in ihnen spricht; er verleiht letzteren Macht und Lebenskraft und verursacht dadurch die Trennung der beiden Freunde.

Und vielleicht ist das der Grund, warum üble Nachrede, selbst wenn sie wahr ist, verboten ist, da sie Dinge ans Licht bringt, die zuvor verborgen waren. Es verursacht das Gegenteil – verhüllt die Tugenden und legt Fehler offen – und bringt Trennung und Hass zwischen ihnen. Und auch wenn alles Gesagte wahr ist, ist der Grund wie oben beschrieben: dass alles davon abhängt, ob etwas verhüllt oder enthüllt ist.

Dasselbe gilt für den Menschen und den Schöpfer. Solange das Böse im Menschen verhüllt ist und dieser sich als tugendhaft betrachtet, fühlt er sich tauglich, sich mit Tora und Geboten zu beschäftigen, da er würdig ist, die Stufen aufzusteigen. Doch wenn seine Tugenden verhüllt und nur seine Fehler offensichtlich sind, kann er sich nicht mit Tora und Geboten beschäftigen, da er sich für untauglich für alles hält.

Daher genießt er diese Welt zumindest wie ein Tier, da er kein Mensch sein kann. Baal HaSulam sagte darüber, dass ein Mensch, solange er sich mit Tora und Geboten beschäftigt, seine Niedrigkeit spürt; doch wenn er sich mit materiellen Dingen beschäftigt, spürt er keinerlei Niedrigkeit.

Doch eigentlich sollte das Gegenteil der Fall sein: Bei der Beschäftigung mit materiellen Dingen sollte man Niedrigkeit fühlen und alles ohne Lebenskraft erledigen; doch wenn man sich mit Tora und Geboten beschäftigt, sollte man sich als ganz empfinden. Es ist tatsächlich so, wie oben gesagt.

Dargot 268: Der Mensch lernt nur dort, wo sein Herz ist

Man muss verstehen, wieso der Mensch nur das lernen kann, was sein Herz begehrt. Entsprechend dieser Regel kann man den Menschen Ethik oder Moral nicht lehren, wenn er es nicht will. Daraus folgt, dass der Mensch nur sehr schwer Anweisungen befolgen will. Wie kann man dann dem Freund Anweisungen geben?

Genauso muss man das von den Weisen Gesagte verstehen: „Der Mensch fühlt sich keinem verpflichtet“ (Shabbat 119). Wie kann ein Mensch demzufolge seine Handlungen korrigieren, da er sie doch niemals als falsch und korrekturbedürftig sehen kann? Bleibt dann der Mensch für immer unkorrigiert?

Der Mensch ist mit einer Natur erschaffen worden, durch welche er nur genießen will. Deswegen sucht er in allem, was er lernt, nach Möglichkeiten und Wegen, Genuss zu bekommen. Daher wird er selbstverständlich nichts Anderes lernen als das, was sein Herz begehrt, weil so seine Natur ist.

Deswegen muss derjenige, der sich dem Schöpfer annähern möchte (damit man erlernen kann, wie man dem Schöpfer geben könnte), den Schöpfer bitten, ihm ein anderes Herz zu geben, wie gesagt wurde: “Der Schöpfer hat für mich ein reines Herz erschaffen“. Also damit er ein anderes Herz hat, damit das Verlangen des Herzens das Geben wäre. Dann wird ihm das Erlernte die Möglichkeiten des Gebens an den Schöpfer aufzeigen. Doch was gegen das Herz des Menschen ist, kann er nicht erkennen. Darüber wurde gesagt: „Ich nehme von euch das steinerne Herz und gebe euch ein Herz aus Fleisch und Blut“.

Ähnlich dem kann sich der Mensch nicht zu etwas verpflichtet fühlen, weil er nur das lernt, was sein Herz begehrt. Und weil das Herz genießen möchte (und von dem Gefühl der Schuldigkeit kann der Mensch nicht genießen), fühlt er sich niemals verpflichtet.

Hier gibt es keinen anderen Rat als nur das Gebet zum Schöpfer, dass Er ihm ein anderes Herz geben soll. Damit der Mensch versteht, dass es sein Verdienst sein wird, wenn er seine Pflicht erkennt, weil er dadurch eine Möglichkeit der Korrektur bekommt; ansonsten verbleibt er mit allen seinen Mängeln.

Seine Pflicht ist also sein Verdienst. Dann wird er nach Pflichten suchen. Und derjenige, der keine Korrekturarbeit macht, wird sich niemals verpflichtet fühlen.

Dargot 38: Birkat Tora – Segensspruch der Tora

Birkat Tora (Segensspruch der Tora) meint, dass der Körper ihn zwingt zu segnen. Und zwar der Körper, den der Schöpfer in einer Weise erschaffen hat, dass wenn er etwas Gutes von jemandem erhält, er ihn segnet. Deswegen heißt es, dass Birkat haMason (Segenspruch nach der Mahlzeit) ein Gebot der Tora ist.

Wurde nicht befohlen[1] bedeutet, dass der Körper ihn nicht zum Segnen zwingt, da er fühlt, dass ihm noch einige Dinge fehlen, die der andere ihm hätte geben können, es aber nicht tat. Dann sagt der Körper, dass sein Verlangen von Ihm noch nicht gestillt wurde und er nicht sagen kann, dass Er Gut und Gutes tuend ist, denn mir fehlen doch noch einige Dinge und warum gibt Er sie mir nicht? Und dennoch ist er streng zu sich und er segnet. Folglich gilt: Es wurde ihm nicht befohlen und er tut es dennoch.

[1] Kidushin 31a

Dargot 37: „Fische“ meint Sorgen

Fische (Dagim) meint Sorgen (Daagot) über die Spiritualität, also was einem fehlt (oder Mängel – Chisronot). Und an Shabbat, wenn alles eine Korrektur erfährt, werden die Sorgen zur Nahrung. Und in Ägypten waren die Sorgen umsonst [1], also ohne Mizwot (Gebote). Wenn die Sorgen sich um das eigennützige Empfangen drehen, dann sorgt und kümmert sich der Körper und man braucht keine zusätzliche Arbeit. Wenn man sich allerdings aufgrund eines Gebots sorgt, dann lässt der Körper keine Sorge zu.

[1] 4. Buch Moses 11,5: Wir erinnern uns der Fische, die wir in Ägypten umsonst aßen, und der Gurken, der Melonen, des Lauchs, der Zwiebeln und des Knoblauchs.

Dargot 36: Der das Gebet erhört

Der das Gebet erhört.[1] Man stellt sich die schwere Frage, warum das Gebet hier in Einzahl ist – erhört der Heilige, gelobt sei Er, nicht etwa die Gebete, wie es geschrieben steht: Denn Du erhörst barmherzig das Gebet eines jeden aus Deinem Volk Israel.? (ebd.)

Und hier muss man erklären, dass wir nur ein einziges Gebet beten müssen, nämlich dass sich die Shechina aus dem Staub erheben möge, wodurch die gesamte Erlösung herbeigerufen wird.

[1] Aus dem Sidur (Gebetbuch), Gebet der Shmona Essre

Dargot 33: Was ist Amalek, dass man die Erinnerung an es auslöschen soll?

Den Frevlern erscheint es dünn wie ein Haar (Sukka 50b), das bedeutet, dass man ihnen zeigt, dass Amalek nicht so viel Kraft hat, als dass man ihn nicht besiegen könnte.

Und den Gerechten erscheint es wie ein hoher Berg, weil sie selbst über Kraft verfügen, dadurch dass sie Gerechte sein und somit für den Schöpfer arbeiten wollen. Deswegen wird ihnen jedes Mal mehr und mehr Böses gegeben, damit sie es überwinden und in die Heiligkeit hineinführen. Sie nehmen sozusagen jedes Mal den Eigennutz und arbeiten dann statt für den Eigennutz für das Wohl und den Nutzen des Schöpfers.

Man kann es mit einem Gleichnis so zum Ausdruck bringen, dass sie, als sie mit der Arbeit begannen, im Essen und im Trinken und Ähnlichem zehn Gramm Genuss spürten und damals in der Lage waren, darauf zu verzichten.

Anschließend gibt man ihnen Geschmack an physischen Genüssen in der Größe von fünfzehn Gramm, und dann beginnt schon die nächste Arbeit. Und sie fühlen, dass sie schlimmer werden, also dass ihnen die Überwindungskraft verloren geht, da sie sehen, dass die Arbeit der Überwindung größer wird.

Dann muss man sagen, dass dies nicht die Wahrheit ist, sondern man zuvor lediglich den Geschmack von zehn Gramm gespürt und überwunden hat, und jetzt schafft man es bei fünfzehn Gramm nicht [mehr], sie zu überwinden.

Und später ist man dann doch durch Arbeit und Gebet in der Lage, die fünfzehn Gramm zu überwinden, und dann gibt man ihnen noch mehr Geschmack an den physischen Dingen, und zwar zwanzig Gramm Genuss, und sie sehen wieder, dass sie nicht überwinden können. Und wenn sie zurückschauen, dann fragen sie sich selbst, warum sie sich zuvor überwinden konnten, als es um Schlaf und die übrigen Dinge ging – und jetzt sehen sie, dass sie schlimmer wurden als damals.

Und man muss auch verstehen, dass dies nicht wahr ist, sondern zuvor, als sie zehn Gramm wahrgenommen haben, da hatten sie die Fähigkeit zur Überwindung und nun, da ihnen der Geschmack von zwanzig Gramm Genuss gegeben wird, können sie sich natürlich noch nicht überwinden.

Denn sie hatten noch nie in ihrer Arbeit auf zwanzig Gramm verzichten müssen, denn sogar ihr ganzes Leben war in ihren Augen nicht mehr wert als zehn Gramm Genuss; und nun fühlen sie, dass ein Leben zu leben mehr wert ist als zehn Gramm, und deswegen fällt ihnen die Hingabe schwerer als zuvor.

Dargot 32: Die Größe des Menschen ist gemäß seiner Arbeit

Wir haben gelernt, dass Rabbi Jossi sagt [1]: Nicht der Platz des Menschen ehrt ihn, sondern der Mensch ehrt seinen Platz, wie wir es am Berge Sinai gesehen haben: solange die Shechina [2] darauf weilt, sagt die Tora: Auch kein Kleinvieh noch Rind lass weiden gegen diesen Berg hin.[3] Sobald die Shechina ihn verlässt, sagt die Tora: Wenn das Horn anhaltend ertönt, dürfen sie den Berg besteigen.[4]

Und ebenfalls sahen wir es beim Zelt der Begegnung in der Wüste, dass in der ganzen Zeit, da es aufgeschlagen war, die Tora sagte: Gebiete den Kindern Israel, dass sie entlassen aus dem Lager alle Aussätzigen[5], sobald aber die Vorhänge zusammengerollt wurden, erlaubte man den Aussätzigen und von Eiterfluss Befallenen einzutreten (Taanit 21b). Weiterlesen

Dargot 31: Wie sehr liebe ich Deine Weisung

Wie sehr (=Was) [1] liebe ich Deine Tora (Weisung)! Immerdar rede ich davon. [2] Deine Mizwa (Gebot) macht mich weiser als meine Feinde.“ [3]

Es gibt viele Was-Fragen:

  1. Was soll euch dieser Dienst?[4] (Der ausführlichere Text lautet: ..wenn eure Söhne zu euch sprechen: Was soll euch dieser Dienst?)
  2. Was fordert der Ewige von dir?[5] (Der ausführlichere Text lautet: Was fordert der Ewige von dir, als dass du ihn fürchtest,…, dass du achtest die Gebote des Ewigen und seine Satzungen)

Dabei stehen die Was-Fragen im Widerspruch zueinander, wobei das eine Was? von der Entfernung vom Schöpfer zeugt und das zweite Was? von der Annäherung an den Schöpfer. Denn fordert kommt von fordert Deinen Frieden. Doch beide sind sie ein Aspekt der Tora; sie beide wollen uns eine Sache lehren, nämlich dass der Mensch sie im Aspekt der Tat [6] lernen muss.

Und wir müssen Folgendes verstehen: Was fordert der Ewige von dir? ist vollkommen klar – das bedeutet, wir verstehen, dass der Mensch lernen und verstehen soll, um zu wissen, was er zu tun hat. Doch was will uns Was soll euch dieser Dienst? lehren?

Und da die Schrift es so sagt, muss der Mensch diesen Zustand sicherlich in seiner ganzen Verwerflichkeit fühlen und wozu das für ihn notwendig ist. Denn scheinbar wäre es doch besser, wenn der Mensch niemals in diesen Zustand geriete. Und wenn ihm solche Gedanken kommen, dann wäre es doch besser, wenn er ihnen keine Beachtung schenkt.

Nun sehen wir, dass es auf die Fragen eines Frevlers nur eine einzige Antwort gibt: Mache ihm die Zähne stumpf[7], und ihr Kern besteht, wie die Weisen sagten, im einschärfen[8]: Die Worte der Tora sollen geschärft sein in deinem Munde, sodass wenn dich Einer etwas fragt, du nicht stotterst, sondern ihm sofort antwortest (Kidushin 30a). Und was sollst du zu diesem Was? sagen? Das zweite Was?! Also: Was fordert der Ewige von dir, als dass du Ihn fürchtest?[9]

Das bedeutet, dass man wissen muss, dass das erste Was? vom Ewigen, deinem Gott, erfragt wurde und nicht von dir, also dass der Ewige dieses Was? in deine Gedanken brachte, denn es gibt keine andere Kraft in der Welt, wie geschrieben steht: Es gibt nichts außer Ihm.

Und natürlich hätte der Schöpfer keine Schöpfung erschaffen, die gegen Ihn wäre, sondern Er schuf diesen Gedanken, um dich in Ehrfurcht zu versetzen, deren Kern das Empfangen des Jochs des himmlischen Königreichs über dem Verstand ist. Denn durch die Frage des Frevlers muss er jedes Mal aufs Neue das Joch des himmlischen Königreichs empfangen, genannt Ehrfurcht.

Und das Mittel, um die Kraft zur Überwindung zu haben und das Joch des Königreichs des Himmels zu empfangen, besteht in Tora und Mizwot, durch deren Erfüllung sich der Mensch des Bösen entleert, denn nur dann wird er die Möglichkeit haben, das Joch des Königreichs des Himmels zu empfangen.

Und das ist der verborgene Sinn von Gott tut, dass man sich vor ihm fürchtet[10]. Denn jeder schlechte Zustand, den wir spüren, hat nur zum Zweck, dass der Mensch nicht in dem Zustand verweilt, in dem er ist. Wenn also der Mensch nicht kraft der Größe des Schöpfers aufsteigt, dann ist er nicht in der Lage zu überwinden, und nur wenn der Mensch die Größe des Schöpfers spürt, dann ergibt sich sein Herz. Und so heißt es, dass er kraft der Ehrfurcht vor dem Schöpfer aufsteigen soll.

Folglich bewirken diese Fragen, dass der Mensch den Schöpfer braucht, damit Dieser ihm das Herz und die Augen öffnet, um der Größe des Ewigen würdig zu werden, denn sonst reicht ihm die Ehrfurcht vor dem Himmel aus, die er seitens der Erziehung erhalten hat. Wenn dagegen immer wieder Fragen des Frevlers in ihm aufkommen, dann reicht es ihm nicht aus, und er muss sich immer wieder kraft der Größe des Schöpfers erheben.

Und das ist die Bedeutung von Wie sehr (=Was) [11] liebe ich Dein Gesetz. Durch die Was-Fragen gibt es eine Ursache und einen Grund, um der Liebe der Weisung, der Tora, würdig zu werden. Denn sonst kann man die Was-Fragen nur gemäß dem Empfangen des Jochs des Königreichs des Himmels im Direkten Licht (Or Yashar) beantworten; und dessen wird man nur durch das in der Tora und Mizwot verborgene Leuchten würdig, deswegen: Immerdar rede ich davon[12], denn immerdar kommen die Fragen nach dem Was.

[1] Wörtl. Was (מָה) liebe ich deine Weisung
[2] Psalmen 119,97
[3] Psalmen 119,98
[4] 2. Buch Moses 12,26
[5] 5. Buch Moses 10,12
[6] Gem. auf praktische Weise
[7] Dies ist ein Zitat aus der Haggada von Pessach, aus der Antwort auf die Frage des zweiten (bösen) Sohnes
[8] 5. Buch Moses 6,7 Und du sollst sie einschärfen deinen Kindern und davon reden …
[9] 5. Buch Moses 10,12
[10] Prediger 3,14
[11] Wörtl. Was liebe ich Dein Gesetz
[12] Psalmen 119,97

Dargot 30: Weiche vom Bösen und tue Gutes

Die Arbeit des Menschen beginnt mit Tue Gutes. Und erst dann kann er Weiche vom Bösen[1] erfüllen. Denn seitens der Erziehung hat er keine Vorgabe, um das Böse als den Aspekt des Bösen zu erkennen, sondern der Mensch sehnt sich danach, die Verlangen seines Herzens zu erfüllen, denn er fühlt einen großen Genuss in der Erfüllung seiner Sehnsüchte.

Wenn man ihm dann sagt, dass die Erfüllung seiner Herzenslust zum Aspekt des Bösen gehört, weiß er nicht warum. Er muss vielmehr über dem Wissen glauben, dass es eine schlechte Sache ist, und dass man seine Wege davon wegleiten muss.

Und auch wenn er sich dem Tue Gutes widmen will, sich zum Beispiel in Zizit (Schaufäden=Gebetsmantel) zu hüllen, dann fühlt er nichts Gutes darin, denn er fühlt keinerlei Genuss, während er sich in Zizit hüllt, und er kann also nicht sagen, dass dies gut ist. Sondern er muss ebenfalls über dem Wissen glauben, dass dies eine gute Sache ist.

Danach aber, wenn er den Weg über dem Wissen beschreitet, ob im Aspekt des Guten oder im Aspekt des Bösen, wird ihm vom Himmel ein gewisser Geschmack an Tue Gutes zu kosten gegeben. Und im selben Maße, wie er sich während der Erfüllung eines positiven Gebots gut fühlt, beginnt er auch, einen schlechten Geschmack an schlechten Dingen zu verspüren. Und dann hat er bereits ein gutes Gefühl bei Tue Gutes und ein schlechtes Gefühl bei Weiche vom Bösen. Daraus folgt, dass er nun Belohnung und Strafe in dieser Welt hat.

Wer dagegen arbeitet, um Belohnung zu erhalten, erfüllt durch den Glauben an Belohnung und Strafe Weiche vom Bösen, denn obwohl er in den Verlangen seines Herzens Genuss verspürt, entfernt er sich doch von den Genüssen, um keine Strafen in der Kommenden Welt zu erleiden.

Und auch wenn er Tue Gutes erfüllt, dann kann er ebenfalls die positiven Gebote erfüllen, obwohl er darin keinerlei Geschmack spürt; doch indem er daran glaubt, dass man ihm dafür eine Belohnung bezahlen wird, hat er Kraft zur Erfüllung.

Wenn er sich dem selbstlosen Dienst widmen will, nicht um Belohnung zu erhalten, dann stellt sich die Frage, wofür er Weiche vom Bösen und tue Gutes macht; mit Sicherheit muss er verstehen, dass dies ein Gebot des Königs ist. Doch wozu braucht es der König, denn Ihm fehlt doch nichts (Gott behüte uns, anderes zu glauben), warum sollte es Ihm also an Tora und Mizwot der Unteren mangeln.

Doch natürlich dient es und dazu, uns zu korrigieren. Dann [erst] beginnt der Mensch zu bedenken, welchen Nutzen er davon hat. Daher ist die erste Arbeit über dem Verstand. Und danach erhält er Hilfe von Oben, genannt Erleuchtung vom Himmel, bis er schließlich NaRaNCHaJ (die Lichter) seiner Seele erkennt.

[1] Psalmen 34,15