20.September 2021, Gute-Nacht-Text
Der Mensch muss sich dafür entscheiden, von der Höheren Kraft das Verlangen, sich selbst völlig vor Ihr zu annullieren, erhalten zu wollen. Das bedeutet, dass er keine Kontrolle mehr über seine Verlangen haben will, sondern, dass all seine Verlangen nur noch darauf ausgerichtet sind, der Höheren Kraft zu dienen.
Wenn der Mensch dies in seinem Herzen entschlossen hat, bittet er die Höhere Kraft, ihm bei der Umsetzung zu helfen. Das heisst, er bittet die Höhere Kraft, obwohl er mit seiner Vernunft erkennt, dass der Körper nicht damit einverstanden ist, all seine Wünsche zu annullieren, all diese Wünsche aufzuheben, so dass keiner mehr übrig bleibt.
Das wird ein “vollkommenes Gebet“ genannt, denn der Mensch möchte, dass die Höhere Kraft ihm ein vollkommenes Verlangen gibt, ohne Kompromisse. Dann bittet er um Hilfe, so dass er immer in Ihrer Gerechtigkeit sein kann.
RABASH, Brief 65
Die Worte von Rabash heute Abend sind wie ein reißender Fluss: ich will weiter, aber komme ich durch die starke Strömung? Alles Verlangen annullieren? Geht das? Einfach mit vollem Risiko blind durch? Da bin ich nicht der Typ dafür. Ich stehe etwas hilflos vor dem Fluss. Mir schießen Gedanken durch den Kopf von klugen Philosophen, die ja auch auf das Problem mit dem Verlangen hingewiesen haben. Bei ihnen läuft alles auf Kontrolle hinaus, auf Verstand. Mein Verstand soll das Verlangen, das sich wie ein wildes Pferd gebährdet, kontrollieren, bändigen.
Ich nehme einen neuen Anlauf, lese die Worte von Rabash noch einmal in Ruhe und entdecke dabei, dass ich gerade das mit der Kontrolle sein lassen soll. Die Kontrolle abgeben meinem Schöpfer, so dass ich am Ende nur noch e i n Verlangen habe, ihn inständig zu bitten, dass er meine steten Verlangen umwandelt, mein Herz umwandelt wahrhaftig zu sein, wahrhaftig zu lieben. Ich spüre, dass ich dafür den Fluss überqueren möchte, die Hilfssteine suche, bewusst wähle, um am anderen Ufer anzukommen.
Heute hatte ich ein spezielles Verlangen: neuen Menschen zu begegnen, die sich auch auf die Kabbala einlassen, sie studieren bzw. einen Anfang wagen wie ich. Zufrieden und dankbar blicke ich auf die Begegnung zurück. Heißt das nicht „Kabbala“ – aufeinander zugehen und empfangen! Diese offenen und herzlichen Mitstudenten und Dozenten haben ein weiteres Verlangen geweckt in mir: gemeinsam mit ihnen zu studieren.