01. Oktober 2021, Gute-Nacht-Text
Der Mensch betet zum Schöpfer „Du musst mir helfen, denn ich schlimmer bin als alle anderen. Ich spüre, dass der Wunsch zu empfangen mein Herz beherrscht, und deshalb kann nichts von der Kedusha(Heiligkeit) in mein Herz eindringen. Ich will nichts, ausser in der Lage sein, etwas um Deinet willen zu tun. Dazu bin ich aber nicht fähig, nur Du kannst mich retten.“
Dieser Zustand ist gemeint, wenn geschrieben steht: „Der Herr ist jenen nahe, die zerbrochenen Herzens sind“(Psalm 34). Das bedeutet, wer den Schöpfer um Hilfe bittet, damit sein Herz nicht mehr zerbrochen, sondern wieder ganz ist, kann dies nur tun, wenn er den Wunsch “geben zu können“, vom Schöpfer erhält. Da der Mensch erkennt, dass es ihm an nichts in der Welt mangelt, außer an der Fähigkeit, um des Schöpfers willen zu arbeiten, bittet er den Schöpfer darum, in ihm, diesen Wunsch zu erwecken. Er bittet also darum, dass sich der Schöpfer ihm annähert. Dies erfolgt nach der Regel „Maß für Maß“. Somit nähert sich ihm der Schöpfer, entsprechend dem Maß seiner Bitte, an.
RABASH, 1991/2, Was bedeutet “Kehre um, o Israel, zu dem Herrn, deinem Gott“ in der spirituellen Arbeit?
„Annäherung an den Schöpfer“ -sind wir nicht dem Schöpfer ganz nahe, wenn wir der Natur ganz nahe sind? Nahe sein, das kann ich mir räumlich vorstellen: ich wandere in den Bergen, ich schwimme im See, ich streichle einen Hund – und bin dabei der Natur, sie berührend und mit Sinnen spürend, nahe. Ich umarme einen Menschen, meine Mitmenschen sind Teil der Natur- und die Umarmung deutet eine Verflechtung an; verwoben, verflochten, verbunden.
Nahe sein kann ich mir auch emotional, herzbewegend vorstellen: ich berühre nicht nur, sondern genieße dabei, spüre einen Strom in mir, etwas fließt. Keine starre Nähe, sondern bewegende Nähe, sie rührt mich. Ich empfange etwas, etwas geht auf mich über. Spüre ich in dieser Nähe mit der Natur den Schöpfer? Sein Geben?
Wie schizophren, wie gespalten! Denn auf der anderen Seite ist mir die Natur gegenüber, ich benutze die Autobahnen, denke nicht darüber nach, wie sehr wir die Natur zupflastern, wie wir sie mit Füßen treten und Kleinstlebewesen ahnungslos zertreten, wie wir Luft verpesten. Wie wir nicht nur empfangen, was die Natur uns gibt, sondern wir leiten ein Recht ab, zu nehmen, was die Natur hergibt – wir sind als Menschen auf Beute- und Raubzug, wie Räuber. Auch ich profitiere von dieser Räuberei. Heißt das, wir berauben den Schöpfer?
Leben wir nicht mit einem gespaltenen Bewusstsein: hier genießen und da gedankenlos räubern?
Wir Menschen ahnen, dass da etwas nicht stimmen kann, ahnen, wissen und fordern, dass sich da etwas ändern muss. Dass wir uns wieder mehr bescheiden, die Gier etwas zurückschrauben, da ansetzen, wo alles begonnen: in unserem Verlangen. Das Verlangen ist geradezu zur Systemmacht geworden, es gehört zu unserer Art zu leben: immer mehr, immer weiter und höher hinaus, immer schneller. Und was geschieht dabei? Herzen zerbrechen,
Herzen brechen im Wohlstand, Herzen werden krank.
Wir haben der Natur Gewalt angetan und tun es jeden Tag und merken nicht, dass wir dem Schöpfer Gewalt antun.
Ich lese die Worte von Rabasch wie ein heilsames Angebot des Schöpfers für unsere heutige krankmachende Situation: entdecke das heilsame Prinzip der Schöpfer-Natur, bitte die gebende Macht, dich zu verwandeln, und lass „Maß für Maß“ das gebende Prinzip durch dich hindurch – verlange danach, bitte darum, wolle es.
Die Kedusha des Schöpfers heilt, macht ganz, was zerbrochen ist. Darum ist die Nähe, die Annäherung an den Schöpfer ein neuer Tag, wie der erste Tag der Schöpfung. Und ich darf bitten: Fang bei mir an!!