Pessach aus kabbalistischer Sicht

Nach jüdischer Tradition wird an Pessach eine Woche lang der Auszug des Volkes Israel aus der Sklaverei in Ägypten gefeiert. Doch was bedeutet das Fest aus kabbalistischer Sicht?

In der Tora wird der Auszug aus Ägypten sehr genau beschrieben. Dabei spricht sie aber nicht von einem geschichtlichen Ereignis, sondern über einen Mensch, der die gesamte Welt in sich einschließt. Alles befindet sich im Menschen. Der Ägypter symbolisiert die egoistische Kraft im Menschen; das Volk Israel die altruistische Kraft oder die Kraft, welche altruistisch sein will, jedoch unter der Herrschaft der Ägypter, dem Egoismus, steht.

Der Pharao repräsentiert das gesamte Ego, in dem ein Mensch existiert. Der Schöpfer stellt die Höhere Kraft dar, die den Pharao, Moses und alle anderen kontrolliert. Sein Wille ist es, die ganze Schöpfung in Entsprechung zu Ihm, zum Altruismus, zu bringen. Dazu aber, muss der Mensch den Egoismus als “böse“ erkennen und daraus austreten wollen.

Moses ist eine Kraft, die innerhalb des Menschen einen Teil des Schöpfers darstellt, welche ihn zur Enthüllung und Erlangung der höheren, spirituellen Eigenschaften zieht. Aus dem Zusammenspiel zwischen Egoismus und Altruismus ergeben sich Zustände, die dem Menschen zeigen, welcher Seite er gerade mehr zugeneigt ist oder mit welcher Seite er sich gerade mehr verbinden will – dem Schöpfer oder dem Pharao.

So sortiert er seine Verlangen und als Resultat seiner Arbeit versteht er, was ihn tatsächlich antreibt. Er merkt, dass er sich völlig unter der Kontrolle des Pharaos befindet. Wo hin er sich auch wendet, entdeckt er den Pharao in sich. Er meint, dass er bereits gibt und für die Liebe zu anderen arbeitet, dass er über allen weltlichen Verlangen steht, in Wahrheit jedoch, tut er alles nur zum eigenen Vorteil.

Schlussendlich ist er nicht nur verzweifelt, sondern auch davon überzeugt, dass der Pharao ihn vollständig kontrolliert. Dann taucht in ihm ein kleiner Punkt, genannt Moses, auf, welcher dem Pharao in ihm widerstehen kann. Um das Ego zu überwinden, beginnt Moses den Kampf mit dem Pharao, welcher durch die zehn Plagen von Ägypten am Ende dem Untergang geweiht ist.

So beginnt der Mensch zu verstehen, dass er sich vom Ego befreien kann. Wie? Das ist ihm noch nicht klar. Mit diesem Gefühl begibt er sich in die Ungewissheit, die Dunkelheit. Er sieht und versteht zwar nicht, wie sich die Erlösung vollziehen soll, doch sein Verlangen danach ist größer als die Angst vor der Dunkelheit. Dieser Zustand wird als die “Nacht des Auszuges aus Ägypten“ bezeichnet und das feiern Kabbalisten an Pessach.

Letztendlich sollte jeder Mensch auf dieser Welt fühlen, dass er dem Pharao, der Verkörperung des größten egoistischen Verlangens, völlig ausgeliefert ist. Gleichzeitig soll im Menschen der Wunsch erwachen, sich sowohl auf der Ebene des einzelnen, als auch auf der Ebene der Gesellschaft von diesem Verlangen zu lösen.

In jenem Moment, in dem die Menschen in voller Übereinstimmung mit Moses sind, können sie sich wie das Volk Israel verbinden und der Pharao ist gezwungen, sie gehen zu lassen.

In der Erzählung in der Tora folgt danach ein besonderer Zustand, welcher Yam Suf (Rotes Meer) genannt wird. Es stellt die Grenze der egoistischen Welt dar. Dahinter beginnt die spirituelle Welt, in der wirkliche Freiheit herrscht, unabhängig von Ort, Zeit und Raum…

nach Michael Laitman

 

(1) Ägypten, hebr. Mizraim von den Wörtern miz und rah, “Konzentration des Bösen“

 

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