Der Schierlingsbecher
Es ist nicht nur verwirrend, es ist echt traurig und irgendwie aussichtslos. Wir hatten heute im Team das Verhalten der Kinder besprochen. Ständig laufen sie zum Büdchen und kaufen viel Süßes und die ganzen zuckerhaltigen Getränke. Sie wissen, dass unsere Einrichtung auf ein gesundes und ausgewogenes Essen Wert legt und wir haben das doch auch mehrmals besprochen. Trotzdem laufen sie jedes Mal, um sich diese „Zuckerdroge“ zu kaufen. Anders kann ich das nicht nennen.
Wahrscheinlich sind viele Kinder davon abhängig. Und was nützt es, wenn wir sie nur für ein paar Stunden am Tag „überwachen“? Sind wir, die Pädagogen, die einzigen, die sich Gedanken darüber machen, wie man unsere Jugend „umprogrammiert“? Können wir das überhaupt? Es scheint mir oft, dass wir gegen Windmühlen kämpfen.
Was wird aus unseren Kindern? Das sind doch unsere Kinder! Wieso kümmert sich nur ein Bruchteil der Gesellschaft um ihre Zukunft?
Dabei geht. es nicht nur um die Süßigkeiten, die unseren Nachwuchs in jedem Geschäft an der Kasse verführen – es geht vielmehr um die Moral der Gesellschaft, die sich einerseits um ihre Mitmenschen kümmert, anderseits aber den Profit über die Gesundheit stellt.
Ich stelle mir die Frage, wann das alles angefangen hat? Wie konnten wir uns so stark entfremden, dass uns die Gesundheit und das Wohlergehen unser eigenen Kinder egal wurden?
Es bringt nichts, gegen einzelnen Konzerne aufzustehen; es bringt auch nichts, an die Vernunft und Moral einiger Wirtschaftsbosse zu appellieren.
Aber was kann uns denn wirklich wachrütteln? Reicht es nicht, dass man heutzutage in vielen Kindergartengruppen kleine Diabetiker findet? Vor zwanzig Jahren war das noch kein Thema. Ist es nicht eine Mahnung, dass es mittlerweile so viele übergewichtige und kranke Kinder in den Schulen gibt?
Wo ist diese magische Grenze, wo wir alle sagen: So kann es nicht weiter gehen, wir wollen doch das Beste für die nächste Generation!
Ich bin aus dem Teamtreffen mit gemischten Gefühlen raus. Einerseits verstehe ich, dass Kinder nur ein richtiges Beispiel oder ein Vorbild brauchen, das sie gerne übernehmen. Sie spüren augenblicklich, was richtig und was falsch ist. Anderseits weiß ich auch, dass Kinder sehr neugierig sind; sie wollen alles ausprobieren, vieles erleben und können den vielfältigen Verlockungen nicht wiederstehen.
Deshalb werden wir wohl noch länger mit dieser schrecklichen Spaltung zwischen unserem pädagogischen Beispiel und dem Schierlingsbecher „Straße“ leben müssen.
Nicht destotrotz hoffe ich, dass sich irgendwann in naher Zukunft die Ansichten Absichten der Gesellschaft (Wirtschaft inklusive) treffen werden und wir alle Kinder, die in unserem Mehrfamilienhaus, in unser Straße, in unser Stadt, in unserem Land und letztendlich auf unser Welt leben, als eigenen Kinder sehen. Wir werden für sie nur das Beste wünschen und nur das Beste geben!
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