Notiz 32: Die Größe des Menschen ist gemäß seiner Arbeit
Wir haben gelernt, dass Rabbi Jossi sagt [1]: „Nicht der Platz des Menschen ehrt ihn, sondern der Mensch ehrt seinen Platz, wie wir es am Berge Sinai gesehen haben: solange die Shechina [2] darauf weilt, sagt die Tora: „Auch kein Kleinvieh noch Rind lass weiden gegen diesen Berg hin.“ [3] Sobald die Shechina ihn verlässt, sagt die Tora: „Wenn das Horn anhaltend ertönt, dürfen sie den Berg besteigen.“ [4]
Und ebenfalls sahen wir es beim Zelt der Begegnung in der Wüste, dass in der ganzen Zeit, da es aufgeschlagen war, die Tora sagte: „Gebiete den Kindern Israel, dass sie entlassen aus dem Lager alle Aussätzigen“[5], sobald aber die Vorhänge zusammengerollt wurden, erlaubte man den Aussätzigen und von Eiterfluss Befallenen einzutreten (Taanit 21b).
Und um das in moralischer Hinsicht zu verstehen, müssen wir das Konzept von „Platz“ (Makom) erklären, also des Heiligen, gelobt sei Er, wie es geschrieben steht: „Gelobt sei der Platz.“ „Kleinvieh“ (Zon) kommt von „Austritt“ (Jezia). „Rind“ (Bakar) kommt von „besucht“ oder „Besucher“ (Mevaker) (Diese Worte kommen im 2. Buch Moses 34,3 vor). „Besteigen“ (kommt im folgenden Vers 4 vor) meint das Erklimmen einer nächsten Stufe.
Und interpretiert werden soll das wie folgt: Es ist bekannt, dass „der Lohn der Anstrengung entspricht“ [6], was bedeutet, dass der Mensch nicht die Geschenke des Heiligen, gelobt sei Er, erhalten kann, bevor er sich nicht [daran] gewöhnt, im Namen des Himmels zu handeln.
Und es ist auch bekannt, dass während der Offenbarung des Lichtes des Schöpfers, also wenn der Heilige, gelobt sei Er, dem Menschen leuchtet und ihm eine Erweckung in der Tora und im Dienst schenkt, es keinen Raum mehr für eine Wahl gibt, da der Genuss den Menschen zwingt, sich der Sache zu widmen, an der er Genuss verspürt. Und deswegen gibt es in diesem Moment keinen Raum mehr für eine Wahl.
Und sowieso muss er dann nicht mehr so sehr an den Ewigen glauben und sagen, dass er ohne Glauben die Sache nicht tun könnte, denn er hat bereits einen anderen Grund, der ihn dazu zwingt, und zwar den Genuss. Und das heißt lo liShma, da nicht der Glaube der Grund für diese Tat ist, sondern der Genuss: Dieser ist es, der da entscheidet, er ist es, der ihn zum Handeln antreibt, um gute Tage zu mehren.
Auch wenn der Heilige, gelobt sei Er, ihm daher eine große Erweckung zu Tora und Mizwot schenkt, kann er dadurch nicht auf der Leiter der Wahrheit aufsteigen. Denn „Kaufe Weisheit“ [7] bedeutet, dass man die Stufe der Wahrheit kaufen muss. Und nur durch die Anstrengung beim Empfang des Jochs des Königreichs des Himmels mittels der Wahl wird man würdig, auf der Leiter der Wahrheit aufzusteigen, jedes Mal auf eine höhere Stufe. Und das ist die Bedeutung von „Alles gemäß der Mehrheit der Tat(en)“.
Und das soll uns helfen, den Ausspruch „Nicht der Platz des Menschen ehrt ihn“ zu verstehen. Das heißt, man soll nicht denken, dass wenn der Mensch irgendeiner Erweckung würdig wurde, der Schöpfer ihn ehrte, und der Mensch dadurch zu einem ehrbaren wurde. Denn eine Erweckung von Oben weicht letztendlich von ihm, da dem Menschen noch immer die Vorbereitung fehlt, um geeignet zu sein, im Namen des Himmels zu empfangen und nicht um des eigenen Genusses Willen.
„Sondern der Mensch ehrt seinen Platz“: Gerade dadurch, dass der Mensch sich im Augenblick der Wahl abmüht und seinen Platz ehren will, also den Platz (Makom), gelobt sei Er, wird der Mensch ehrbar. Der wesentliche Kern hier ist, dass der Mensch durch seine Arbeit zu einem Wagen (Merkava) für den Thron der Ehre (Kisse haKavod) wird. Allerdings nicht dann, wenn er eine Erweckung von Oben bekommt, was oben als der Schöpfer beschrieben wurde, der den Menschen ehrt.
Und er bringt hier einen Beleg vom Berg Sinai, dass in der ganzen Zeit, da die Shechina auf ihm weilt [gilt], „Auch kein Kleinvieh noch Rind lass weiden gegen diesen Berg hin“.
Die Bedeutung hiervon ist das Konzept der Austritte, wenn der Mensch den Dienst aufgrund der Kritik verlässt, die er an der Führung hat. Und er muss dann in diesen Situationen eine Wahl vornehmen. Während der Erweckung dagegen gibt es keinerlei Aufstieg, da er in diesem Moment keine Kraft von sich selbst aufbringt, denn gerade befindet er sich in der Erweckung von Oben. Und der Mensch macht keinerlei Anstrengung, um einen Aufstieg zu Situationen, in denen er eine Wahl treffen müsste, herbeizuführen.
Deswegen sagt die Schrift, „wenn das Horn anhaltend ertönt“, also nach dem Rückzug der Shechina, „dann sollen sie den Berg besteigen“, denn gerade dann gibt es Raum und Platz, damit die Was-Fragen, also diejenigen Bereiche (wörtl. Plätze), an denen der Mensch nicht kraft seiner Erfahrung bestehen und in die Heiligkeit eintreten kann, von ihm überwunden werden können, da er Raum und Platz hat, eine Wahl zu treffen.
Und auf diese Weise wird sich der Beleg aufklären, den er im Bezug auf das Zelt der Begegnung brachte: „Man rollte den Vorhang auf und erlaubte den Aussätzigen und von Eiterfluss Befallenen einzutreten.“ Und Rashi erklärte: Man rollte den Vorhang auf, der während ihrer Reise aufgerollt wurde. Und das Wesen von Lepra ist, dass es als Bestrafung für üble Nachrede kommt. Und in moralischer Hinsicht meint „üble Nachrede“, dass man über die Führung schlecht redet.
Und vom „Eiterfluss Befallene“ bezieht sich in moralischer Hinsicht auf den Ausspruch: „Eine gekalkte Wassergrube, die keinen Tropfen verliert“, was bedeutet, dass solange der Mensch nicht das Maß der Bemühung offenbarte, das er aufbringen muss, wann immer er das Joch der Tora auf sich nimmt, er es augenblicklich vergisst und zu seinen alten Gewohnheiten zurückkehrt.
Folglich sehen wir, dass jeder Tropfen der Ehrfurcht des Himmels, den er empfängt, von ihm fließt. Nachdem er jedoch des standhaften Glaubens würdig wird, ist seine Bezeichnung: „Eine gekalkte Wassergrube, die keinen Tropfen verliert“ [8].
Das Herz des Menschen heißt „Grube“. „Gekalkt“ (Sud) meint den Aspekt von Jessod (Grundlage) von „Denn der König hat befohlen (Jissad)“ [9]. Denn wenn das Herz des Menschen mit der Basis des Glaubens korrigiert ist, und alles, was er will „Denn der König hat befohlen“ ist, der König der Welt, dann heißt sein Herz „Eine gekalkte Wassergrube, die keinen Tropfen verliert“ von der Ehrfurcht des Himmels.
Und Tropfen, weil aus diesem Tropfen der Mensch erschaffen wurde, denn „Ihr werdet als Menschen bezeichnet“ [10], gemeint ist, wer die Ehrfurcht vor dem Himmel hat, wie es geschrieben steht: „Fürchte Gott und wahre Seine Gebote (Der Vers geht folgendermaßen weiter: denn dies ist der ganze Mensch).“ [11]
Und gerade als der Vorhang aufgerollt wurde, wurde den Aussätzigen und den von Eiterfluss Befallenen erlaubt, einzutreten. Gemeint ist, dass ihnen dann eine Stunde der Fähigkeit geschenkt wurde, denn gerade während der Verhüllung gibt es Raum für die Arbeit, wobei der Mensch eine Wahl treffen kann und das Joch des Königreichs des Himmels auf beständige Weise empfangen kann, um der Kategorie von „Grube – im verborgenen Sinne etwas, das keinen Tropfen verliert“ würdig zu werden.
Aus alldem folgt, dass der Mensch nur aus eigener Kraft arbeiten muss, um eine Wahl zu treffen. Und danach gibt ihm der Heilige, gelobt sei Er, alles, was in Seiner Schöpfungsabsicht vorhanden war, die da war, Seinen Geschöpfen Gutes zu schenken.
[1] Taanit 21b
[2] Shechina – Göttliche Anwesenheit
[3] 2. Buch Moses 34,3
[4] 2. Buch Moses 19,13
[5] 4. Buch Moses 5,2
[6] Sprüche der Väter 5,26
[7] Sprüche 23,23
[8] Awot 2,11
[9] Ester 1,8
[10] Baba Mezia 114b
[11] Prediger 12,13
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