Notiz 27: Die drei Linien

Es gibt zwei Linien. Und unter ihnen ist Streit, und jede von ihnen will die Andere vernichten.

Daraus ergeben sich drei Möglichkeiten:

  1. Eine von ihnen vernichtet die andere;
  2. Jede von ihnen will die jeweils andere vernichten, doch keine schafft es, und sie bleiben im Streit.
  3. Sie schließen Frieden.

Die Rechte heißt Kategorie der Vollkommenheit. Der Mensch malt sich also aus, dass er der vollständigste und glücklichste Mensch in der ganzen Welt ist, da er für sich überlegt, wie es dazu kommt, dass ein einfacher Mensch wie er, der keinen Vorteil vor dem Rest der Geschöpfe hat, allein vom Ewigen dazu auserwählt wurde, um Ihm zu dienen.

Und auch wenn dieser Dienst keine permanente Sache ist, sondern nur einmal im Monat oder einmal wöchentlich stattfindet, sieht er doch in jedem Fall, dass es nicht viele Menschen gibt, die diesen Dienst an dem König auch nur einmal im Leben verrichten; dann schöpft er allein aus dieser Tatsache Lebenskraft. Und wenn er Leben hat, dann kann er sich der Tora und den Geboten in Freude widmen und gute Taten mehren.

Doch um die Stufen zu erklimmen, muss man auch auf dem linken Pfad wandeln, und das ist der Aspekt von Chochma (Weisheit), wo es bereits eine Bewertung und Kritik der Taten und der Gedanken gibt, ob sie tatsächlich zum Zweck haben, dem König zu dienen, also ob der Mensch seinem Erschaffer Freude bereitet, oder doch nur sich selbst. Und dann will die Linke die Rechte annullieren, also gerade mittels Kritik fortfahren, und sie erlaubt dem Menschen nicht, etwas Gutes zu tun. Daraus folgt, dass ihm „seine Weisheit mehr gilt als seine guten Werke“[1] .

Doch der Mensch muss hauptsächlich auf dem rechten Pfad gehen, also gute Werke tun, und sich selbst als vollständigen Menschen wahrnehmen, der dem König dient, und er soll glauben, dass alle Werke, die er tut, dem König Vergnügen bereiten.

Und damit einher muss es Zeiten geben, in denen er auf dem linken Pfad geht, also im Geiste der Bewertung und Kritik. Doch die Linke muss sich der Rechten unterwerfen, was bedeutet, dass er auf dem linken Pfad geht, nicht weil er den Aspekt der Linken will, sondern um dadurch die Rechte zu verbessern und zu verstärken. Also um zu zeigen, dass obwohl er all die Kritik und all den Verstand hat, er dennoch über dem Verstand handelt, also im Aspekt der Rechten, genannt Aspekt des Glaubens.

Und das wird als die „Mittlere Linie“ bezeichnet, die zwischen den zwei Linien entscheidet und zur Rechten geneigt ist (tendiert). Und das heißt „Aspekt der Rückseite“. Und mittels dieser Vereinigung wird man später würdig, den Aspekt der Vorderseite oder des Gesichts einer Stufe zu empfangen, wobei es eine Einkleidung von Chochma in Chassadim (Barmherzigkeit) gibt, und wodurch man Oben eine Vereinigung von Seir Anpin und Nukwa im Aspekt von Angesicht zu Angesicht bewirkt.

[1] Sprüche der Väter 3,12

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