Dargot 22: Und nun Israel, höre

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 22

„Und nun Israel, höre die Satzungen (Chukim) und die Gesetze (Mishpatim)[1] … Ihr sollt nichts hinzutun zu dem Worte, das ich euch gebiete, und sollt auch nichts wegnehmen, damit ihr die Gebote des Ewigen, eures Gottes, wahret, die ich euch gebiete.[2]

Hier müssen wir verstehen, was eine Satzung (Chok) und was ein Gesetz (Mishpat) ist. Und die Schrift präzisiert: „Ihr sollt nichts hinzutun zu dem Worte, das ich euch gebiete, und sollt auch nichts wegnehmen“, in beidem, im Hinzufügen wie im Wegnehmen muss man präzise sein, gemäß dem Wortlaut des Gebotes.

Es gibt einen Unterschied zwischen solchen, die in ihrer Arbeit um zu geben handeln, und solchen, die arbeiten, um eine Belohnung zu bekommen.

Diejenigen, die handeln um zu geben, beginnen ihre Arbeit jeden Tag aufs Neue, im Verstand (Mocha) wie im Herzen (Liba), und sie können aus dem „Tag, der gestern vergangen ist“[3] keinerlei Unterstützung beziehen, sondern sie haben überhaupt keine Wahl und müssen sich jeden Tag aufs Neue die Grundsätze der Arbeit einprägen, also die Ursachen, die sie dazu veranlassen, den Weg der Wahrheit zu gehen.

Und man muss sozusagen jeden Tag zu sich selbst sprechen und sich sagen, dass es sich lohnt, ein Diener des Ewigen zu sein. Und der Körper (der Wille zu empfangen, Anm. Ü.) fragt ihn jeden Tag, wenn er mit seiner Arbeit beginnt: Nenne mir Gründe, weswegen du mich zwingst, all meine Kräfte im Namen des Himmels aufzubringen. Und wenn er fragt, dann muss man Antwort geben, denn sonst wird er nicht arbeiten wollen. Und so kommt man jeden Tag bei denselben Debatten und denselben Fragen und denselben Antworten an.

Und während der Mensch von der Arbeit in der Tora, dem Gebet und den guten Taten mitgezogen wird, und sich nicht an das Ziel der Arbeit erinnert, welches um zu geben ist, fällt ihm die Arbeit leichter, weil er hinter der Norm hergezogen wird. Sobald er sich jedoch an das Ziel erinnert, welches in Mocha und in Liba ist (im Verstand und im Herz), dann „ist die Welt für ihn dunkel“[4], denn das ist [dann] gegen den Körper, der Selbstliebe genannt wird.

Und dann hat er keine Antwort, die er dem Körper geben könnte, sondern es ist eine Satzung (Chok); und der Schöpfer will, dass wir ihm darin Glauben schenken, dass dies nur für unser Bestes ist, und dass der Mensch eben durch Arbeit in Mocha und in Liba würdig wird, zur Vollkommenheit zu gelangen, wenn sogar seine Feinde zu Freunden werden. Und das heißt „Mit deinem ganzen Herzen“[5] – das bedeutet mit deinen beiden Verlangen: dem Guten Trieb sowie dem Bösen Trieb.“[6]

Und darüber sagt die Schrift: „Ihr sollt nichts hinzutun“, also gerade dort Verstand (Sechel) und Wissen (Da´at) anzuhäufen, wo man über dem Wissen sein muss. Wenn also der Mensch versucht, durch das Wissen zu verstehen und zu erfassen, und denkt, dass es ihm dadurch möglich sein wird, seine Arbeit zu verstärken und zu mehren, da der Körper einwilligen wird, wenn er durch das Wissen begreifen wird, dann heißt dies „Ihr sollt nichts hinzutun“.

Sondern man muss an den Ewigen glauben, denn eben dadurch wird der Mensch zur Vollkommenheit gelangen, genannt Glaube über dem Wissen.

Doch es gibt auch das Konzept des Gesetzes, wo das Gegenteil gilt, dass der Mensch sich bemühen soll, die Tora im Rahmen seines Wissens zu verstehen. Soweit es möglich ist, soll der Mensch versuchen, die Tora zu verstehen, die der Ewige ihm gab, und wenn er sieht, dass er die Worte der Tora nicht versteht, dann muss er Gebete und Bitten mehren. Denn dort gibt es das Prinzip von „Verstehen und begreifen, hören, lernen und lehren“[7].

Und hier gilt das zweite Prinzip, also „Ihr sollt nichts wegnehmen“: Hier muss man ganz im Gegenteil Tora mehren, wie das Konzept der Arm-Tefillin interpretiert wird, genannt Glaube, wie es geschrieben steht: „Und [diese Worte] sollen dir zum Zeichen sein an deinem Handgelenk.“ Und die Weisen forderten: „dir zum Zeichen, und nicht den anderen zum Zeichen“, also dass die Arm-Tefillin verdeckt sein sollen, weil sie eine Andeutung auf den Glauben über dem Wissen sind, genannt Königreich des Himmels.

Für die Kopf-Tefillin gilt jedoch das Gegenteil, da sie die Tora andeuten, definiert als Seir Anpin, in Bezug auf sie forderten die Weisen den Vers: „dass alle Völker auf Erden sehen werden, dass der Name des Ewigen genannt ist über dich, und sich vor dir fürchten werden“[8]. Das sind die Kopf-Tefillin, und dort gibt es den Aspekt der Enthüllung, wie es geschrieben steht: „[dass alle Völker] werden sehen“.

Denn Tora heißt Enthüllung, wenn die Völker der Erde im einzelnen Menschen die Tora fühlen, die sie herangezogen haben „und sich vor dir fürchten“, denn dann beugt sich das Böse und das Gute herrscht.

Und das bedeutet Gesetz (Mishpat), denn ein Gesetz ist eine Enthüllung, und die darf man nicht schmälern, sondern [man darf] das Wissen der Tora nur mehren. Eine Satzung dagegen ist der Aspekt der Verdeckung, also über dem Wissen, und hier darf man kein Wissen hinzufügen.

[1] 5. Buch Moses 4,1: Und nun Israel, höre, die Satzungen und die Gesetze, die ich euch lehre

[2] 5. Buch Moses 4,2

[3] Psalmen 90,4

[4] Talmud Beiza/Jom Tov 32b

[5] 5. Buch Moses 6,5

[6] Mishna Brachot 9,5

[7] Siddur, Morgengebet, Segenspruch vor dem Schma

[8] 5. Buch Moses 28,10

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