Notiz 4: Wenn eine Jungfrau, die einem Mann verlobt ist
„Wenn eine Jungfrau, die einem Mann verlobt ist, von einem andern Mann in der Stadt angetroffen wird, und dieser bei ihr liegt“[1].
Man kann klarstellen, dass die heilige Shechina[2] als Jungfrau bezeichnet wird. Und es gibt drei Aspekte: frei, verlobt und verheiratet.
Im Zustand von Domem de Kedusha („unbewegt“ in spiritueller Hinsicht) heißt sie „frei“. Denn alles, was er (der Mensch) für sie tut, ist nur um Gegenleistungen zu erhalten, also entweder [in] Dieser Welt oder [in] der Kommenden Welt. Doch er weiß, dass die heilige Shechina von ihm unterdrückt wird, also durch den Aspekt des Empfangens aus Eigennutz. Deswegen heißt sie frei, da es niemanden gibt, der sie benötigt – so will er, dass sie ihn benötigt. Deshalb kann er dann im Zustand von Domem mit seiner Arbeit fortfahren, und er ist durch nichts behindert.
Sobald er jedoch mit der Arbeit von Zomeach (pflanzlich) beginnt, und das heißt, dass ihm bereits bewusst ist, dass man sich mit Tora und den Geboten im Aspekt des Gebens beschäftigen muss, dann heißt die heilige Shechina „einem Mann verlobt“ – also dem Heiligen, gesegnet sei Er – und der Mensch muss sich bemühen, eine Vereinigung zwischen dem Heiligen, gesegnet sei Er, und Seiner Shechina herzustellen.
Wer nun bei ihr liegt, das heißt, wer an ihr (der Shechina, Anm. Ü.) Genuss nehmen will, und beginnt, im Aspekt des Empfangens zu arbeiten, obschon er weiß, dass der Aspekt des Empfangens bereits verboten ist, denn sie befindet sich bei ihm bereits im Aspekt von „verlobt mit dem Heiligen, gesegnet sei Er“ – so gilt „so sollt ihr sie beide steinigen“[3].
Denn siehe, die heilige Shechina an sich ist „für den Gedanken gänzlich ungreifbar“[4], und es ist lediglich die Rede [von ihr] in Bezug auf den erkennenden Menschen, d. h., die fremdartigen Gedanken schlagen sein Gehirn, bis er stirbt. Das bedeutet, dass er die ganze Lebenskraft der Heiligkeit verliert. Und auch die heilige Shechina fällt bei ihm in den Aspekt von Staub. Er sieht also in ihr keinerlei Lebenskraft, also nichts, wofür es sich zu arbeiten lohnen würde.
Und das ist es, was die Schrift mit dem Vers meint: „Die Jungfrau dafür, dass sie in der Stadt nicht geschrien hat“ (Und das ist das Konzept von „Schreie: Bösewicht, rühre mich nicht an“[5]). „In der Stadt“, also in der Zeit, da er eine große Erweckung hatte und mit eigenem Feuer arbeitete. Dann „schrie die Jungfrau nicht“, denn zu diesem Zeitpunkt war keine Sünde in der Arbeit spürbar, sondern [nur] als er diese Arbeit, im Aspekt des Empfangens für sich, auf ewig fortführen wollte. Deswegen fügte er ihr selbst Schaden zu.
Deswegen sieht er nun, dass in ihr keinerlei Lebenskraft ist, und es sich nicht lohnt, für sie zu arbeiten. Wie die Weisen sagten: „Die Schlange kam und vergoss Schmutz auf Chawa (Eva)“[6]. Und mein Vater und Lehrer, seligen Andenkens, erklärte, dass Schmutz (Soama, זוהמה) „Was ist diese?“ (so-ma) bedeutet, dass er also sagte: „Was ist diese Arbeit für mich?“[7] – und das meint „und sie starben beide“.
„Wenn aber der Mann die Jungfrau auf dem Felde antrifft“[8]. Gemeint ist der Aspekt der Arbeit auf dem Felde, d. h., während der Arbeit lag er bei ihr. Das bedeutet, dass er sich der Tora und den Geboten um zu empfangen widmet und weiß, dass es verboten ist, denn sie ist mit dem Manne verlobt, wie oben gesagt. Dann gilt „Der Jungfrau sollst du nichts tun[9] … denn er fand sie auf dem Feld und die Jungfrau schrie … es war aber niemand da, der ihr helfen konnte“. Das bedeutet, dass er fühlt, wie sie schreit: „Bösewicht, rühre mich nicht an“, also dass es verboten ist, im Aspekt des Empfangens zu arbeiten.
„Es war aber niemand, der ihr helfen konnte“ bedeutet, dass der Mensch den Aspekt des Empfangens in sich nicht überwinden kann, und das heißt „Feld“. Während der Arbeit also, wenn er das Empfangen überwinden will, bleibt die heilige Shechina am Leben, und er sieht ihre Größe und ihre Wichtigkeit.
Und jeder, der an dieser Arbeit zu geben festhält und an ihr haftet, der hat durch sie Leben, aber er stirbt, nachdem er den Aspekt des Lebens, den er von ihr erhielt, für sich selbst empfing. Und er wendet ein, dass er die Arbeit nicht mehr [weiter] ausführen kann.
Denn nur ein Mann, der mit scharfem Verstand und guten Eigenschaften und ehrlicher Art auf die Welt kam [kann es schaffen], nicht aber jemand, der mit schlechten Eigenschaften geboren wurde, und er kann also nicht mehr diese Arbeit fortführen. Und das heißt, dass er tot ist und er keinen Treibstoff mehr hat, um mit dieser Arbeit fortzufahren, um Leben zu haben.
Doch der Schöpfer lässt in seiner Barmherzigkeit Tote auferstehen. Und der Mensch wird wiedergeboren, bis er einige Reinkarnationen durchläuft, ob in einem oder in mehreren Körpern, im verborgenen Sinne des Verses: „dass der Verstoßene nicht auch von ihm weg verstoßen bleibt“[10], und er wird dessen würdig, sich für die Ewigkeit an die [höhere] Stufe zu haften.
Die Korrektur der Linien
Dargot Sulam, Artikel 7
Korrektur der Linien. Die Rechte Linie ist der Aspekt von Loven de Aba (das Weiße des Vaters), d. h., durch die Erscheinung des Lichtes Chochma in den 320 Funken steigt die Malchut aller Melachim (Könige) zurück an ihren Platz, da es einen Zimzum (Einschränkung) auf den Aspekt von Awiut gibt, und wenn die Awiut nicht entsprechend groß ist, ist sie gezwungen, abzusteigen.
Und dadurch, dass das Licht Chochma den Aspekt von Awiut herabsenkt, spürt der Mensch, dass es nichts Abstoßenderes gibt, als für sich selbst zu arbeiten. Er hat allerdings noch keine Kraft, um für den Nächsten zu arbeiten, also zu geben, und deswegen bedürfen wir der Linken Linie, und das ist der Aspekt von Odem de Ima (das Rote der Mutter).
Aus diesem Grunde wird die Kraft der Sefirot von der Rechten Linie herangezogen – ähnlich einem Menschen, der mit fünf Sinnen ausgestattet ist: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken[11] und Tasten – und um sie zu betätigen, zu dem von uns angestrebten Ziel.
Wenn daher das Weiße des Vaters erscheint, und er sieht, dass es sich nicht lohnt, mit dem Sehen, Hören, Riechen und Sprechen für sich selbst zu arbeiten, dann sitzt er müßig und es scheint, als würde er schlafen. Denn seine Sinne sind untätig, da sie keinen Treibstoff haben. Das Wissen, wie er mit den Sinnen im Geben arbeiten kann, hat er allerdings noch nicht erlangt, was auch ein Ziel ist.
Und um die Kraft zu geben zu erlangen, muss er von der Linken Linie empfangen, genannt das Rote der Mutter, die den Aspekt von Malchut, versüßt mit Bina darstellt, damit also sein Wille zu empfangen in die Arbeit des Gebens einwilligt, welche der Aspekt von Bina ist.
Und danach, wenn er schon Brennstoff von der Kategorie des Gebens hat, und einen Siwug (Vereinigung, Verbindung) mit dieser Kategorie ausführt, also wenn er Dinge in dieser Kategorie tut, dann wird sich verwirklichen: „So wird der Ewige, dein Gott, dich segnen in allem, was du tust.“[12] Das bedeutet, dass sich das Höhere Licht in dieser Kategorie vereint, genannt „Mittlere Linie“. Und das Licht weilt also auf der Vereinigung der beiden Linien, rechts und links. Und das ist bereits die Kategorie der Vollkommenheit.
[1] 5. Buch Moses 22,23
[2] Göttliche Anwesenheit
[3] 5. Buch Moses 22,24
[4] Tikkunej Sohar, Ptichat Eliyahu
[5] Awot von Rabbi Natan 1,5
[6] Jabamot 103b
[7] 2. Buch Moses 12,26
[8] 5. Buch Moses 22,25
[9] 5. Buch Moses 22,26
[10] Samuel 2 14,14: Denn sterben müssen wir und sind wie Wasser, das auf die Erde geschüttet wird und das man nicht wieder sammeln kann. Aber Gott will nicht das Leben wegnehmen, sondern er hat die Absicht, dass der Verstoßene nicht auch von ihm weg verstoßen bleibt.
[11] Im hebräischen Originaltext wird das Wort „Sprechen“ benutzt, Anm. Ü
[12] 5. Mose 15,18
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