Studenten schreiben

Über die Ehrfurcht

von Günther

***

Kennst du das? Du suchst nach einem Wort, das passt, das dein Gefühl beschreibt, wenn etwas Großes dich erfasst hat. Du stehst vor einer gewaltigen, majestätischen Berglandschaft – nicht in Worte zu fassen und doch ein unglaubliches Gefühl. Du bist plötzlich angetan von der Größe und Gewalt der Natur und bist in der Tiefe deiner Seele ergriffen.

Oder du entdeckst die Größe eines Freundes, du spürst, wie wichtig dir der Freund ist, wie wunderbar. Was für ein großartiges Geschöpf und Geschenk dieser dein Freund ist! Du ahnst, wie kostbar ein Freund ist – wie kostbar und wundervoll Menschen sind, die man nicht schamlos ausnützen und für seine eigenen Zwecke benutzen darf. Welches Wort umschreibt dieses Gefühl oder diese Haltung in dir?

Oder du machst dir Gedanken, wie schamlos wir Menschen die Erde ausbeuten, nehmen, was sie hergibt, ohne zu fragen, ob es für alle reicht und alle satt werden. Gibt es auch eine andere Haltung gegenüber der Erde? Scham scheinen wir nicht mehr zu kennen. Ich suche nach einem Wort, das mein neues Gefühl gegenüber der Erde erfasst. Ist es Freude? Ist es Respekt? Ist es Ehrfurcht? Hochachtung?

Du stehst vielleicht wie ich am Anfang eines neuen Weges? Du möchtest etwas verändern in deinem Leben. Dir ist etwas ganz wichtig und heilig geworden, die Natur, die Erde, die Freunde, das Leben. Doch sind wir, du und ich, der Aufgabe gewachsen, an unserer Einstellung etwas zu verändern, uns zu ändern, wirklich einen anderen Weg zu wagen und zu gehen? Werden wir durchhalten? Können wir uns überhaupt ändern? Werden wir unser neues Ziel erreichen? Es ist, als stehst  du  vor einer gewaltigen und großen Aufgabe, die du dir zumutest – welches Wort fasst dein Gefühl? Immer noch Freude und Hochachtung? Oder Sorge? Respekt oder Angst?

Die Kabbalisten benutzten dafür das Wort “Ehrfurcht“. “Ehrfurcht“ klingt veraltet, sagen die einen; etwas für Veteranen, aber doch nicht für junge Leser, sagen die anderen. Was sagst du? Welches Wort beschreibt am besten dein Gefühl, vor einer großen Aufgabe zu stehen? Deine Sorge, diese Aufgabe auch zu bewältigen? Schließlich ist das, was du dir vorgenommen hast, dir wichtig und heilig.

***

2 Kommentare
  1. Rina Rosenberg
    Rina Rosenberg sagte:

    Lieber Günther,
    vielen Dank für dein Text. Ja ich kenne das Gefühl – von Bergen im buchstäblichen Sinne und im Sinne von großer Aufgabe zu stehen. Man soll da nicht zu lange verweilen, denn die „Ehrfurcht“ (Vorfreude, Hoffnung, Weite, Respekt, Liebe…) kann dann in Angst übergehen und man die Aufgabe gar nicht anpacken mag.;-)
    Tatsächlich hatte ich meine Schwierigkeiten mit dem Wort Furcht. Die Texte von Kabbalisten helfen zu begreifen was Unterschied von Angst und Ehrfurcht ist. Aber sie befinden sich schon „auf dem Berg“, sie haben der Weg zum Gipfel hinter sich und wir schauen auf sie hinauf. Die Texten von Studenten, wie du und ich helfen aus der Perspektive derjenigen die heute diesen Weg bestreiten. Dein Text zeigt, wie enorm wichtig das Seil zwischen uns, den „kleinen Alpinisten-Kabbalisten“, wie der Freund, die Freundin der/die mit dir geht, hilft auf dem Weg zu bleiben und unerreichbares erreichen. Die Ehrfurcht dieses Seil zu verlieren und deine Freunde im Stich zu lassen wächst je höher man steigt. Danke für dieses Bild Günther!

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar