Studenten schreiben

Bildungstraum

von Günther

***

Der Traum

Darf ich auch am Tage über unsere zukünftige Bildung im Land träumen? Ich sehe vor mir eine blühende Bildungslandschaft: Alle Menschen haben den gleichen Zugang zu Bildungseinrichtungen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, sie werden entsprechend ihrer Anlagen gefördert, sie besuchen motiviert den Unterricht und werden an den Lernprozessen beteiligt. Sie werden gut ausgebildet im Schreiben und Lesen und im kritischen Umgang mit Medien. Sie lernen Zusammenhänge verstehen, vernetzt zu denken, und was es heißt, das “Netzwerk des Lebens“ zu verstehen. Wissen wird nicht von oben her eingetrichtert, die Menschen entdecken selbst. Die Lernenden werden in ihrer Unterschiedlichkeit ernst genommen. Differenzierter Unterricht und soziales Lernen sind selbstverständlich – die Menschen lernen das Andersartige und Fremde als Bereicherung kennen, nicht während sie Stunde um Stunde in ihren Lernräumen sitzen, sondern in dem sie genug Möglichkeiten haben sich zu bewegen. Die Schule ist für die Lernenden da und nicht umgekehrt. Der Staat, der die Bildung organisiert, erkennt, dass junge Menschen das “Kapital“ für eine gute Zukunft sind und ist bereit, genügend Mittel zur Verfügung zu stellen, damit optimale Lernbedingungen herrschen. Er hat ein Interesse daran, dass selbstsichere Persönlichkeiten die Schule verlassen und mit Verantwortung das gesellschaftliche Leben mitgestalten. Und ich sehe glückliche und zufriedene junge Menschen, die sich ernst genommen fühlen.

Warum “Spinnen“ wichtig ist

Wenn ich diesen Traum erzähle, dann höre ich sofort die sogenannten “Realisten“ rufen: “Das ist doch alles Spinnerei! Wie soll denn das gehen?“ Doch eines ist sicher: die Fäden, die ich in meinem Traum spinde, sind längst gesponnen. Aufgeschlossene Pädagogen, Psychologen, Hirnforscher haben längst erkannt, dass sich an der Bildungs- bzw. Lernsituation etwas ändern muss.

Spinnen – ein Netz spannen,verbinden: Diese Worte sind für mich grundlegend geworden, seit ich die “Weisheit der Kabbala“ studiere. Da kommen Menschen zusammen, die sich zunächst fremd sind, verbinden sich und werden zu Freunden – lernen mit der Methode der Kabbala (hebr. empfangen), das zu ändern, was unser Leben immer wieder so schwierig macht: das Ego, unsere Verlangen. Diese Gier wahrzunehmen als etwas, das uns Menschen trennt. Und miteinander lernen wir Freunde, was es heißt, sich zu verbinden, und das Ego mit einer neuen Absicht, der Absicht den anderen, den “Nächsten zu lieben wie mich selbst“ zu nutzen.

Das ist es, was ich in der Gemeinschaft von Menschen, die sich verbinden wollen, erlebe: Es werden Fäden gesponnen über alle Grenzen hinweg, weltweit, zu einem Netz von Menschen, die sich nach Frieden sehnen, nach einem friedvollen Miteinander. Es funktioniert tatsächlich, und diese Art, die Methode der Verbindung zu lernen, überzeugt mich. 

Alles Spinnerei? Ein großer Weiser mit einem großen Schatz an Wissen und Bildung begann einst, über das Leben nachzudenken, darüber, wie in unserem Universum alles zusammenhängt, und es offenbarte sich ihm alles als eine Einheit. Genau das fasziniert mich. Bin ich doch eher so ausgebildet, alles in seine Einzelteile zu zerlegen – Scheibe um Scheibe zu zerschneiden, wie bei einer Zwiebel. Texte zu analysieren, um sagen zu können, was der Autor gemeint hat. Ich will heute nicht sagen, dass diese Art von Lernen sinnlos war – sinnlos nicht, aber einseitig und kurzsichtig. Denn tatsächlich hat unsere gesamte Bildung der letzten 300 Jahre nicht verhindert, dass wir diese Erde an den Abgrund bringen. Doch wo ansetzen, um etwas zu verändern?

Der Faden der Zukunft

Tun wir einmal so, also ob wir in uns einen „Spinn- und Sinnfaden“ haben, den wir, in der Absicht, viele Menschen zu verbinden, zu einem Netz spinnen. Alles, was trennt, nehmen wir ernst. Aber wir wissen, dass der Faden endet, wenn wir ihn trennen, d.h. wenn wir andere wegen ihrer Andersartigkeit ablehnen oder noch schlimmer, verachten und hassen. Also überwinden wir uns, nehmen uns selbst nicht so wichtig, und schon spüren wir, wie der Faden des Lebens wieder am Netzwerk weiterwirken kann. Für mich ist dieser Faden heute real und der Faden der Zukunft, der aus mir wächst und Menschen verbindet.

Doch wo fängt man damit an? Bei unseren Kindern! Indem wir es kommunizieren und vorleben, wir ihnen Vorbilder sind, sodass sie erleben, dass alles Leben davon abhängt, das Verbindende zu sehen und dass sie selbst daran arbeiten können. 

Alles ist eine Einheit, ein Netz. Warum sollte dieser Gedanke nicht Einzug in unsere Lehrpläne halten? Gemeinsam am “Sinnfaden des Lebens“ spinnen. Daraus lassen sich sinnvolle Bildungsziele ableiten und in Unterrichtsformen umsetzen, so dass alles zu einem “Miteinander“ an unseren Ausbildungsstätten wird.

Aus dem Traum ist in mir ein Faden entstanden – es ist der Glaube, dass es sich lohnt, noch heute damit zu beginnen, das “Weltnetz“ zu spannen . Meine Erfahrung ist, dass durch diese Verbindung viel Lebensenergie fließt und es ist ermutigend zu erleben, wie viele Menschen bereits an diesem Netz der Einheit mitwirken!

***

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar