1985/4 Dies sind die Nachkommen Noahs

Artikel Nr. 4 1984/85

„Dies sind die Nachkommen Noahs. Noah war ein gerechter, untadeliger Mann in seiner Generation; mit Gott wandelte Noah.“ (1. Buch Moses 6, 9)

Kommentar von Rashi. Dies lehrt uns, dass das Wesentliche der Nachkommen der Gerechten gute Taten sind. Rashi erklärt: Warum heißt es: „Dies sind die Nachkommen Noahs”? Es hätte doch die Namen seiner Söhne heißen sollen, nämlich Shem, Cham und Jafet. Und warum steht geschrieben: „Dies sind die Nachkommen Noahs. Noah war ein gerechter, untadeliger Mann”? Darüber erklärt Rashi, dies ist aufgrund der Tatsache, dass das Wesentliche daran ist, dass die Nachkommen der Gerechten gute Taten sind.

„In seiner Generation“: Es gibt unter unseren Weisen solche, die meinen, es sei ein Lob, da, obwohl Noah unter Gerechten lebte, er noch gerechter war als sie. Und es gibt solche, die meinen, es sei ein Tadel, da, wenn er in der Generation Abrahams gelebt hätte, er anderen (seinen Zeitgenossen) nicht überlegen gewesen wäre.

„Er wandelte mit Gott“: Kommentar von Rashi. „Und Abraham sagte: „Der Ewige, vor dem ich gewandelt bin“ (1. Buch Moses 24,40). Noah brauchte Unterstützung, während Abraham sich selbständig festigte und in seiner Gerechtigkeit von sich aus wandelte.

Hier ist eine Erläuterung von dem Gesagten in den Begriffen der spirituellen Arbeit. Man muss wissen, dass „Vater” und „Sohn” oder „Väter” und „Nachkommen” Ursache und Wirkung bedeuten.  Wenn in dieser Welt ein Mensch irgendwelche Handlungen ausführt, ist er sicher, dass diese ein Ergebnis mit sich bringen. Zum Beispiel, wenn ein Mensch in einer Fabrik arbeiten geht, möchte er mittels seiner Handlungen einen Lohn verdienen, mit dem er wohnen und sich ernähren kann. Also ist der „Vater” die Anstrengung und der „Nachkomme“ der Unterhalt. Oder wenn ein Mensch irgendeine Weisheit studiert, dann möchte er dadurch den Ruf eines Weisen erreichen. Folglich dient alles, was der Mensch tut, nur dazu,  einen „Nachkommen“ zu bekommen.

Dementsprechend, wenn sich der Mensch mit Tora und Mizwot beschäftigt, möchte er, dass ihm ein „Nachkomme“ aus seinen Handlungen geboren werde.

Und es steht geschrieben im Heiligen Sohar (Vorwort zum Buch Sohar Punkt 190):  „ Die Furcht wird in drei Unterscheidungen ausgelegt, in zweien ist keine würdige Wurzel und eine ist die Wurzel der Furcht. Es gibt einen Menschen, der den Schöpfer fürchtet, damit seine Söhne leben und nicht sterben werden, oder er fürchtet eine Strafe seines Körpers, oder eine Strafe betreffs seines Geldes, daher fürchtet er Ihn immer. Es folgt, dass die Furcht, mit der er den Schöpfer fürchtet, nicht in der Wurzel besteht, denn sein eigener Nutzen ist die Wurzel, und die Furcht resultiert daraus.

Und es gibt einen Menschen, der den Schöpfer fürchtet, da er die Strafe jener Welt fürchtet und die Strafe der Hölle. Diese zwei Arten der Furcht – Furcht vor Strafe in dieser Welt und die Furcht vor Strafe in der nächsten Welt – sind nicht das Hauptsächliche der Furcht und der Wurzel von ihr.“

Sohar, Punkt 191: „ Die hauptsächliche Furcht ist, wenn man seinen Herrn fürchtet, weil Er groß ist und über alles herrscht, die Hauptsache und die Wurzel aller Welten ist, und alles erachtet man wie Nichts vor Seinem Angesicht.“

Also stellt es sich heraus, dass von der Arbeit, die der Mensch verrichtet, er die „Nachkommen“ seiner Bemühungen sehen möchte. Das nennt man „Früchte seiner Handlungen“. Man muss zwischen drei Arten von „Nachkommen“ unterscheiden:

a) Die Belohnung in Dieser Welt, das heißt, damit die Kinder dieses Menschen mit allem Nötigen versehen sind, damit er in seiner Arbeit vorankommt usw.

b) Die Belohnung in der zukünftigen Welt.

c) „Weil Er groß ist und über alles herrscht“, das heißt, dass das ganze Erzeugnis mit welchem der Mensch rechnet, darin besteht, dem Schöpfer Genuss zu bereiten.

Daraus folgt, dass menschliche Handlungen eine Folge haben, eine Folge, die als gute Taten bezeichnet wird. Eine gute Tat bedeutet, dem Schöpfer Genuss zu bereiten, wie es in den Psalmen (Psalm 45,2) geschrieben steht: „Es regt in meinem Herz sich eine gute Sache; ich weihe einem König mein Werk.“

Das heißt, der Mensch möchte, dass alle seine Taten dem Schöpfer gelten, dann heißen sie „gute Taten“, und zum Eigennutz braucht er keine Belohnung. Die ganze Belohnung, mit der er rechnet, ist, die Möglichkeit zu haben, Taten zu vollbringen, die dem Schöpfer Genuss bereiten, ohne Bezahlung für die eigene Arbeit.
Somit besteht seine Belohnung darin, dass er dieses Geschenk, diese Eigenschaft erhält, Taten nur für den Schöpfer zu vollbringen, und dass dieser keine Absicht für sich selbst zu empfangen beigemischt ist. Das ist seine Belohnung, für die er sich mit der Tora und Mizwot beschäftigt. Und das sind jene guten Taten, die er als Belohnung für seine Arbeit zu vollbringen erhofft. Und darüber steht geschrieben (Talmud Kidushin 30): „Ich erschuf den Bösen Trieb und ich erschuf die Tora als Gewürz dazu.“

Was sind demnach die Nachkommen der Gerechten? Nur gute Taten. Das heißt, jene Wirkung, die aus der Ursache folgt, wo die Ursache die Anstrengung in Tora und Mizwot ist, ist bei allen anderen Menschen die Belohnung in dieser und der kommenden Welt, während die Belohnung bei den Gerechten nur gute Taten sind. Das ist die ganze Belohnung, mit der sie rechnen: die Möglichkeit, dem Schöpfer Genuss zu bereiten.

Darum sagt Rashi, dass die hauptsächlichen „Nachkommen“ der Gerechten ihre guten Taten sind, dass alle ihre Taten darauf gerichtet sein werden, dem Schöpfer Genuss zu bereiten. Doch man muss verstehen, was genau Rashi als „die hauptsächlichen Nachkommen der Gerechten“ bezeichnet. Und was für sie nebensächlich ist, was nicht als das Hauptsächliche für sie bezeichnet werden kann?

Es gibt eine Handlung und es gibt Wissen. Verständnis – das, was sich „innerhalb des Wissens“ befindet, ist der Grund, warum der Körper ebenfalls damit einverstanden ist, sich mit Tora und Mizwot zu beschäftigen. Denn wenn der Mensch die Stufe „für den Schöpfer“ (liShma) erreicht hat, wird er des Lichts des Lebens, welches in Tora und Mizwot verborgen ist, würdig. Das wird als Aspekt „Verständnis“ bezeichnet, wenn der Körper ebenfalls versteht, dass es sich lohnt, für den Schöpfer zu arbeiten. Wie Rabbi Meir sagte (Awot 6): „Jedem, der sich mit der Tora für den Schöpfer (liShma) beschäftigt, wird viel zuteil: er rechtfertigt die Existenz der gesamten Welt und ihm werden die Geheimnisse der Tora enthüllt.“

Genauso kann man über die Generation von Abraham sagen, das heißt, man kann von der Generation der Gerechten sagen, dass er gute Gedanken der Gerechten hat, in anderen Worten  in seinem Verstand und in seinem Herzen lebt nur ein Wunsch, nämlich dem Schöpfer Genuss zu bereiten, wobei die Gedanken und Wünsche der Sünder niemals in seinen Verstand oder in sein Herz kamen.

Aber bezüglich des Menschen, der zu der Generation der Gerechten gehört „kann man (das) wie ein Lob deuten“. Das heißt, wenn Noah sich in diesem Zustand unter Gerechten befunden hätte, wenn man die Stärke seines Widerstandes gegen Egoismus, die er unter der Generation der Sünder hatte, und das Gefühl, das er hatte, mit dem Gefühl, das er jetzt hat, mit dem Empfinden der Freude und Süße der Tora vergleicht, ist es offensichtlich, dass die Zeit der Generation Noahs, die Zeit der Generation der Sünder, wenig Bedeutung hat, denn damals hat er das ganze Wohl und den ganzen Genuss, die er jetzt in der Generation der Gerechten empfindet, nicht gespürt.

Aus der Sicht der spirituellen Arbeit jedoch, als er sich in der Generation der Gerechten befand, hatte er mehr Möglichkeiten zu arbeiten. Es stellt sich heraus, dass die Generation Noahs wichtig ist, da er damals die Möglichkeit hatte, gute Taten auszuführen, und „die wichtigsten Nachkommen der Gerechten sind ihre gute Taten“.

„Mit Gott wandelte Noah.“ Und Rashi kommentiert: „Abraham sagt über dem Schöpfer „Der Ewige, vor dem ich gewandelt bin“ (1. Buch Moses 24,40). Noah brauchte Unterstützung, aber Abraham sich selbständig festigte in seiner Gerechtigkeit wandelte. Wie bekannt ist, hat der Mensch zwei Arten von Gefäßen: die gebenden und die empfangenden, wobei die gebenden Gefäße zum Schöpfer gehören, denn nur Er kann tatsächlich geben, und die empfangenden Gefäße gehören zur Schöpfung, die empfängt.

Dabei stehen die empfangenden Gefäße, die auf das Empfangen beziehen, vor den gebenden Gefäßen. In der Sprache der Kabbala heißen die gebende Gefäße Keter, Chochma und GaR de Bina. Und unter ihnen sind die empfangenden Gefäße SaT de Bina, SA und Malchut”.

Daraus folgt, dass die Gebenden Gefäße heißen: „Mit Gott wandelte Noah.“ Das heißt, dass  im Sinne der gebenden Gefäßen, diejenigen, die wir auf den Schöpfer beziehen, Noah in der Lage war, sich in einem Zustand der Heiligkeit zu befinden („zu wandeln“), also um des Schöpfers willen zu arbeiten. Deshalb steht es geschrieben: „Noah brauchte Hilfe zur Unterstützung“,  denn die gebenden Gefäße werden von Oben gegeben, was eben bedeutet, dass Noah Hilfe zur Unterstützung brauchte. Das heißt, dass der höhere Parzuf  ihn zur Arbeit angeregt hat, was man eine „Erweckung von Oben“ nennt (Itaruta de leAla).

Somit hat er die gebenden Gefäße, die er mit Hilfe von „ Itaruta de leAla “ verdient hat, was eben heißt, dass Noah Unterstützung brauchte, die von Oben kommt. Und das war die Stufe von Noah.

Gleichzeitig brauchte Abraham keine Hilfe zur Unterstützung. Rashi leitet das her aus dem Ausdruck:  „Der Ewige, vor dem ich gewandelt bin.“ Dies bedeutet, dass Abraham die empfangenden Gefäße, die sich vor den gebenden  Gefäßen befinden, benutzt hat (wandelte vor Ihm). Denn die gebenden Gefäße, Keter, Chochma und GaR de Bina, stehen höher, und unter ihnen befinden sich die empfangenden Gefäße, SaT de Bina und SoN.

Abraham hat die Gefäße, die vor ihm stehen, verwendet, also die, die vor den gebenden Gefäßen stehen, die zum Schöpfer gehören. Und die empfangenden Gefäße gehören zu den Empfangenden. Deshalb nennen wir die Verwendung von empfangenden Gefäßen eine „Erweckung von Unten“, „Itaruta de leTata“, eine Erweckung von der Seite der Unteren.

Und dies heißt, dass „Abraham keine Hilfe zur Unterstützung brauchte“, denn er hat die empfangenden Gefäße benutzt und diente mit ihrer Hilfe dem Schöpfer.  Während andererseits über Noah  geschrieben steht: „Mit Gott wandelte Noah.“ Das heißt, mit den gebenden Gefäßen, mit den Gefäßen des Schöpfers. Und diese Gefäße werden vom Schöpfer gegeben.

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