Chanukka – Griechen gegen Makkabäer
Von Rav Michael Laitman
Chanukka – das jüdische Lichterfest – eignet sich hervorragend, um über Hedonismus zu sprechen: Gemeint ist die Jagd nach dem schnellen Vergnügen – ein gesellschaftlicher Wert, den bereits die Griechen (Hellenisten) so emsig verfolgten. Ich würde gerne einen Denkanstoß dazu vorbringen, der manchen Lesern neu erscheinen mag, der aber eigentlich die Basis des jüdischen Gedankengutes ist.
Es ist ja im Prinzip nichts Schlimmes an der Absicht, Freude zu empfinden. Tatsächlich liegt es in unserer Natur, Freude zu empfangen. Die Griechen wussten sehr gut, wie man Unglaubliches aus dem Menschen herausholen konnte. Sie waren Meister darin, sich in Kultur, Sport, Wissenschaft und Architektur zu üben – alles zum Vergnügen der Allgemeinheit.
Ihnen gegenüber standen die Makkabäer. Sie verfolgten einen anderen Ansatz – sie behaupteten nämlich, dass die Natur des Menschen bis in ihren Kern hinein verdorben ist, wie geschrieben steht: „Die Neigung im Herz des Menschen ist übel von Anfang an“, und „Die Sünde lauert vor der Tür“.
Die Makkabäer (oder auch Juden, die sich nicht dem Hellenismus verschrieben haben) hatten an sich keinerlei Einwände gegen Kultur, Wissenschaft oder Technologie als solche. Sie hatten vielmehr etwas gegen den eigennützigen Gebrauch von Fähigkeiten und Talenten, die eher in der Glorifizierung des eigenen Selbst ihren Höhepunkt findet als in der des gemeinsamen Wohles. Das ist auch der Grund, warum sich die Griechen für Siegertypen begeistern konnten und den Wettbewerb liebten.
Die Juden andererseits übten sich in „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, was ihrem Ideal entsprach. Natürlich gelang die Umsetzung dieses Ideals nicht so umfassend, aber immerhin war es das Ziel, das sie anstrebten.
Nicht, dass die Makkabäer Asketen waren. Auch sie sehnten sich nach dem ultimativen Glückszustand. Doch im Unterschied zu den Griechen wussten sie, dass das tatsächliche Glück in gegenseitiger Kameradschaft und sozialem Zusammenhalt liegt. Wenn man sich als Teil eines größeren Ganzen sieht, erweitert man seine Wahrnehmung proportional zur Größe der Gesellschaft. Das Selbst kann nur ein gewisses Maß an Freude empfinden. Aber ein Selbst, das sich als Teil eines größeren Ganzen wahrnimmt, erlebt Freude sowohl an den eigenen Fähigkeiten, die zugunsten der Gesellschaft genutzt werden, als auch an den Beiträgen der anderen Mitglieder der Gesellschaft.
Und wie die Zellen in einem Körper sich selbst erhalten, aber auch zugunsten des ganzen Körpers arbeiten (als würden sie den ganzen Körper wahrnehmen – und vielleicht tun sie das auch), wollten die Makkabäer diese erweiterte Wahrnehmung allen zukommen lassen. Natürlich stand der eigennützige, hedonistische Ansatz dem entgegen. Also konnten diese beiden Anschauungen nicht nebeneinander existieren.
Wenn man sich die heutige Gesellschaft ansieht, scheinen die Griechen klar gewonnen zu haben. Nahezu überall hat die Genusssucht Oberhand gewonnen. Der Wettbewerb boomt und die Menschen scheinen mit einer Welt ohne Wettbewerb gar nichts mehr anfangen zu können. Doch möglicherweise gleicht der Sieg der Griechen einem Pyrrhus Sieg: In den meisten Wettbewerbsorientierten Gesellschaften sind Depressionen, alle denkbaren Extremismen und unglaubliche Dekadenz mittlerweile auf dem Vormarsch. Der Wettbewerb führte weitreichend zu Isolation, Entfremdung, Einsamkeit, Melancholie und auch radikalen Ansichten.
Wir sollten nun zu den Idealen der Makkabäer zurückkehren – zur Kameradschaft! Und noch wichtiger: Zu sozialem Zusammenhalt. Einfacher ausgedrückt: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!
Wieder blicken alle Augen auf die Juden. Und wieder wendet sich die in der Zwischenzeit dem Hedonismus frönende, vor allem Westliche Welt, gegen sie. Antisemiten spüren, dass irgendetwas an den Juden „schädlich“ ist, doch sie können es nicht auf den Punkt bringen. Also schieben sie die Schuld auf den Staat Israel oder gleich auf die Juden. Doch unbewusst spüren sie nur, dass die Juden ihren „Job“ nicht richtig machen.
Und sie haben Recht. Wir Juden schieben unsere Verantwortung – ein „Licht für die Völker“ zu sein -vor uns her. Dieses Licht ist das Licht der Einheit; es ist die einzige Medizin für die aktuellen, facettenreichen globalen Krisen.
Eine Krise in der menschlichen Natur äußert sich vielerorts. Da die menschliche Natur buchstäblich alles in unserem Leben beeinflusst, versinkt mittlerweile nahezu jeder Bereich, in welchem der Mensch „mitmischt“, in Chaos oder ist auf dem besten Weg dorthin. Es ist längst Zeit, auf die Bremse zu treten! Versuchen wir doch einmal etwas ganz anderes: Versuchen wir doch einmal Liebe, Zusammenarbeit und Gemeinschaft!
Wir müssen nicht verbergen, wer wir sind und was wir auf dem Gebiet der Wissenschaft, Technik oder Kultur erreicht haben. Wir müssen all dieses Wissen nur anders anwenden. Wir müssen eine Umgebung des Gebens erschaffen. Selbst der Reichste auf der Welt kann sich in der heutigen Welt als Einzelner nicht sicher fühlen. Doch in einer Gesellschaft von gegenseitiger Fürsorge kann sich sogar der Ärmste oder Schwächste beschützt und glücklich fühlen.
Nur wir Juden haben den Schlüssel für eine solche Verbindung, denn nur wir haben sie jemals erfahren. Damals in den Zeiten der Makkabäer und vor der Zerstörung des Tempels lebten wir nach dem Prinzip der Nächstenliebe! Wir waren eine Gesellschaft der gegenseitigen Fürsorge, die sich einst am Fuß des Berges Sinai zusammengeschlossen hatte und die sich nach jeder Fehde erneuern konnte. Nun ist es Zeit, diese Verbindung wiederzubeleben und sie mit der Welt zu teilen. Die Welt braucht genau das! Die Welt wird diese Verbindung von niemandem anderen bekommen als von uns! Wir müssen endlich erwachen und sie weitergeben. Denn das ist es, was mit „ein Licht für die Völker“ zu sein, gemeint ist. Und es gibt keinen günstigeren Zeitpunkt dafür als das Fest des Lichtes – Chanukka.
Ein frohes Fest des Lichtes an Sie alle!
Rav M. Laitman
Mehr dazu: Das erste Buch der Makkabäer
Wahre Worte
Nur sieht die Wirklichkeit anders aus.
Israel ein Land bis auf die Zähne bewaffnet nimmt sich was es will oder braucht.
Der Gazastreifen hat nicht gerade Vorbildwirkung.
Wie wollen die Juden der Welt den Schlüssel bringen wenn sie ihn selbst nur zu Ihren Vorteil nutzen?
Sehr geehrter Herr Blumauer!
Sie leben wohl in einem Land, das seit mindestens 30 Jahren in Frieden und sowohl in kulturellem wie auch wirtschaftlichem Austausch mit allen seinen Nachbarländern steht. Mich würde interessieren, welchen Standpunkt Sie vertreten würden, lebten Sie in einem Land wie Israel. Wie würden Sie als israelischer Staatsbürger wohl handeln, wenn Sie mit Ihrer Familie, Verwandten und Freunden dort lebten? Wie denken Sie in diesem Zusammenhang über den Grundsatz: „Urteile über niemanden, bevor du nicht selbst in seine Lage gekommen bist.“
Es grüßt Sie im Sinne des Lichterfests
Stefan Walker