Der Tod beginnt mit dem Ausscheiden aus dem Berufsleben
Von Dr. Michael Laitman
Ich bin 74 Jahre alt, und zum Glück arbeite ich jeden Tag. Ich lehre meine Studenten die Weisheit der Kabbala in der Zeit von drei bis sechs Uhr morgens. Meine Studenten verbinden sich aus unterschiedlichen Zeitzonen rund um den Globus live mit meinen Unterrichten.
Danach mache ich einen kleinen Spaziergang und ein bisschen Sport, ruhe mich aus und beginne den zweiten Teil des Vormittags: Meetings, Interviews, Fernsehaufnahmen und Studien aus den Originalquellen der Kabbala.
Israel gehört bekanntlich zu den Ländern mit einer hohen Lebenserwartung; im Durchschnitt liegt unsere Lebenserwartung bei über 80 Jahren. Sowohl hier als auch in anderen Ländern gibt es eine anhaltende Debatte darüber, ob das Rentenalter für Männer und Frauen angehoben werden sollte. Der Grund dafür ist aber nicht nur die geringe finanzielle Absicherung bzw. der Wunsch, sich im Alter anderweitig zu orientieren. Wie bereits viele Studien zeigen, werden ältere Menschen, die nicht mehr berufstätig sind oder sich geistig beschäftigen, depressiv, leiden unter Einsamkeit und haben das Gefühl, keinen Sinn im Leben mehr zu haben.
Wer zu arbeiten aufhört und denkt, dass dann das gute Leben beginnt, liegt falsch. Der Tagesablauf entspannt sich zwar, aber die Sorgen beginnen schon beim Aufwachen. Man fragt sich, womit man die Zeit bis zum Mittag füllen und was man dann vom Nachmittag bis zum Abend tun soll. Und irgendwann beginnt man automatisch zu hinterfragen, wozu man überhaupt bestimmte Dinge tut, denn morgen geht es gleich weiter und am Tag danach ebenso. Dieser Zustand führt nicht zu einer Verlängerung des Lebens, sondern er bedeutet den Tod im Leben. Die Ruhe wird ein Teil des Todes.
Aus persönlicher Erfahrung plädiere ich dafür, einen halben Tag zu arbeiten, ein paar Stunden am Vormittag und nicht länger. Menschen, die in den Ruhestand gehen, durchlaufen oft einen Prozess des Verfalls und der Verschlechterung der Lebensqualität und dies bekomme ich auch am eigenen Leib zu spüren. Wir sind jedoch so geschaffen, bis zum letzten Lebenstag in dieser Welt zu funktionieren und tätig zu bleiben.
Wenn ein Mensch bereits im Ruhestand ist, dann rate ich Ihnen Folgendes: Kommen Sie mit Menschen Ihres oder jüngeren Alters in Kontakt; diese Verbindungen sind immer gut. Versuchen Sie, gesund, hilfsbereit, spielerisch zu bleiben und andere zu ermutigen. Anstelle mit Freunden den ganzen Tag auf einer Bank oder im Cafe zu verbringen und zu plaudern, arbeiten Sie lieber etwas zusammen, putzen Sie gemeinsam das Haus, in dem Sie wohnen, reinigen Sie das Treppenhaus, mähen Sie das Gras im Garten, bauen Sie Gemüse an und pflegen Sie Blumen. Diese Art von Aktivitäten können auch profitabel sein und Beschäftigung verschaffen, aber noch wichtiger ist, dass dadurch die Gesundheit von Körper und Geist erhalten bleibt.
Angenommen, Sie bevorzugen andere Aktivitäten als die gerade genannten? Gut. Das Wichtigste ist es, sich an Aktionen zu beteiligen, die zum Wohle der Gemeinschaft beitragen und das Ziel verfolgen, sich um das Wohlergehen anderer zu kümmern. Dieser Ratschlag für einen glücklichen Lebensabend gibt Ihnen die Möglichkeit, dass Sie sich mit Barmherzigkeit erfüllt fühlen und dieses Gefühl der Freude an andere weiterzugeben.
Es ist das einzige Rezept, wie sich ältere Menschen mit einer verpflichtenden Aufgabe erfüllen und gleichzeitig ihre Lebensqualität steigern können. Man sehnt sich dann automatisch nach mehr Engagement und Arbeit. Der Gesellschaft nützlich zu sein, ist der Weg, um sich jung, vital und stark zu fühlen.
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