Das wichtigste Spiel
Für uns Menschen scheint “spielen“ etwas Lockeres, nicht ganz ernst Gemeintes zu sein. Wenn man dies aber aus kabbalistischer Sicht betrachtet, ist das Spiel ein Mittel, um von der tierischen zur menschlichen Stufe aufzusteigen. So stellt sich heraus, dass das Spiel das Wichtigste zur Entwicklung der menschlichen Gesellschaft ist.
Kinder werden durch das Spiel erzogen und passen sich so an die Gesellschaft und die Zeit an, in der sie leben – entwickeln sich vom “Tier” zum Menschen. Man lehrt ihnen die richtige Einstellung zur Welt um sie herum und zu den Menschen. Dies definiert das, was den Menschen vom Tier unterscheidet. Deshalb ist das Spielen, das Lernen das Wichtigste, damit sich der Mensch an die ihn umgebende Welt anpassen kann.
Dies gilt ebenso für die Anpassung des Menschen an die spirituelle Welt. Auch dies ist ein Spiel, welches aber als ernstzunehmende Tätigkeit zu betrachten ist.
Richtet sich der Mensch in rechter Weise auf die höhere Welt, also die Höhere Kraft aus, kommt er ihr näher. Auf dem Weg dorthin studiert der Mensch sie und beginnt sie zu verstehen. Er tritt in eine Verbindung mit ihr ein, in eine gegenseitige Kommunikation, bis er mit ihr verschmilzt und vollständige Ähnlichkeit mit ihrer Form erreicht.
Das Spiel ist also ein sehr ernstes Unterfangen. Alles, was der Mensch in der Welt verändern will, hängt davon ab, dass er sich selbst durch das “Spiel“ verändert. Dabei ändert sich außerhalb des Menschen nichts. Es ändert sich nur etwas in seiner Wahrnehmung.
Die “Welt“ ist die individuelle Wahrnehmung eines Menschen, und das Spiel ist ein Mittel, mit dem er sich leichter verändern und sich so auf eine neue, fortgeschrittene Ebene der Wahrnehmung bringen kann.
Dabei ist das Ziel, dass der Mensch schlussendlich alle anderen, besonders jene, die er hasst, liebt. Dies scheint aus der jetzigen Perspektive des Menschen nicht sehr reizvoll – umso mehr, als er auch sich selbst anders als bisher behandeln muss.
Der Mensch muss dabei neue Eigenschaften und Gedanken erlangen und dabei einige davon bevorzugen und andere ablehnen. Das erfordert viel Übung, was der Mensch sich selbst auferlegt und durchlaufen, d.h. durchspielen muss. Dabei muss er immer wieder analysieren, welche Zustände er tatsächlich durchlaufen will. Das heißt, er muss seine Verlangen und Gedanken, seinen Egoismus, in einen neuen Zustand überführen.
Die Wissenschaft der Kabbala lehrt, wie zu diesem Zweck Spiele gespielt werden können, an denen alle Beteiligten wachsen. Dabei ist das wichtigste Spiel das Spiel in der Gruppe.
Durch das Spiel in der Gruppe kann man sich von angenehmen Zuständen in Zustände versetzen, die man als nicht sehr angenehm empfindet: in das Geben, in die Liebe, in die Einigkeit. Diese Zustände ändern sich von unerwünscht zu erwünscht, von abstoßend zu attraktiv, von gehasst zu geliebt. Alle Veränderungen geschehen, indem man sich in neue Zustände hineinversetzt. Durch dieses Spielsystem verwandeln sich alle allmählich in neue Menschen.
Was vorher unangenehm war, nämlich zu geben, zu lieben, teilzuhaben, erscheint jetzt sehr attraktiv und gut. Das Gehasste und Abgelehnte wird begehrenswert, und man ist bereit, alles zu tun, um den neuen Zustand zu erreichen.
Mit dem Spiel übt man den Übergang vom gegenwärtigen Zustand zum gewünschten, oder auch noch nicht gewünschten Zustand. Das Mittel, um sich von einem Zustand zum anderen zu bewegen, nennt man ein Spiel. Im Spiel ist man gezwungen, ein Experte zu sein und die eigenen Fähigkeiten jedes Mal zu verbessern.
Wenn ein Mensch sich mit diesem Spiel verändert, verändert sich dadurch die ganze Welt. Er fängt an, seine Prioritäten und Bewertungen zu verändern. Indem der Mensch dieses Spiel spielt, passt er sich also nicht wie gewohnt an die Welt an, sondern er verändert, korrigiert und verbessert die Welt.
Wenn die Menschen wissen, wie sie spielen müssen, um ihre Zustände zu verändern, ist dies das wirksamste Mittel, um das Ziel zu erreichen. Daher steht das Spiel im Mittelpunkt der Arbeit des Menschen.
Es fühlt sich an wie für Kinder, die aufwachsen und deren Welt sich mit dem Erwachsenwerden verändert. Es ist unmöglich erwachsen zu werden, ohne sich zu verändern. In dem man sich verändert, erkennt man, wie sich die Welt auch dementsprechend verändert. Am besten ist es, in diesem Sinn ein Kind zu bleiben, jung und voller Leben, spielend sich zu verändern.
Das Spiel ist also DAS Mittel, um das Ziel der Schöpfung zu erreichen. So gleicht sich der Mensch der Form der Höheren Kraft an, was bedeutet, mit ihr zu verschmelzen.
Um alle Arten von Verbindungen zu erlernen, umfasst dieses Spiel Erziehung, Studium, Theorie und Praxis. Dabei ist das Wichtigste, nach Mitteln zu suchen, die helfen, dass der Mensch sich verändern kann. Man muss ständig prüfen, ob sich seit gestern die eigene Sicht auf die Umwelt, auf sich selbst und auf das Ziel der Schöpfung verändert hat. So befindet sich der Mensch in jedem Augenblick in diesem Spiel.
Als Kind spielt man die ganze Zeit, dann wird man erwachsen und hört auf zu spielen. Man denkt, man ist erwachsen, was bedeutet, dass man aufhört, sich zu entwickeln. In Bezug auf die Entwicklung ist man dann wie tot. Deshalb muss man im Geiste jung bleiben und sich ständig weiterentwickeln. Indem der Mensch eine höhere Stufe spielt als jene, auf der er sich momentan befindet, wird er immer weiter vorankommen.
Als Eltern versucht man, für die Kinder pädagogisch wertvolle Spiele zu kaufen, um ihren Horizont zu erweitern und sie zu motivieren, sich zu entwickeln. Genauso müssen die Menschen in ihrer spirituellen Arbeit immer wieder nach Wegen suchen, wie sie wachsen können.
Das wichtigste Mittel dafür sind die Artikel der Kabbalisten und deren Umsetzung in einer Gruppe von Gleichgesinnten, also Menschen mit dem gleichen Ziel. In so einer Gruppe können alle ihre Fortschritte messen: Je näher sie einander kommen, desto näher kommen sie der Höheren Kraft.
In der Gruppe muss man einander bei diesem Spiel ein gutes Beispiel sein und sich gegenseitig animieren, so dass schließlich alle Herzen der Menschen im Zentrum dieser Gruppe verschmelzen.
In der physischen Welt wird “spielen“ als locker angesehen, aber aus spiritueller Sicht ist es im Gegenteil eine äußerst ernsthafte Tätigkeit. Denn nur indem ein Mensch den nächsthöheren Zustand anstrebt und sich bemüht, diesen zu erreichen, kann er wachsen.
Eigentlich ist das ganze Leben ein Spiel. Die Höhere Kraft hat den Menschen bewusst aus dem vollständigen Zustand der höheren Welt hinausgeworfen. So hat er die Möglichkeit, durch das bewusste “Spielen“ dorthin zurückzukehren und zu Adam zu werden, d. h. zu e i n e m Menschen mit e i n e m Herzen.
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