Shamati 65. Über das Offenbarte und das Verborgene
Ich hörte am 18. Januar 1942 in Jerusalem
Es heißt: „Das Verborgene gehört dem Ewigen, unserem Gott, das Offenbarte aber uns und unseren Kindern für immer, damit wir alle Worte dieser Lehre tun“ (Deuteronomium 29,28).
Man muss fragen: Was will uns die Schrift damit mitteilen, dass das Verborgene dem Ewigen gehört?
Sollte „verborgen“ einfach „unfassbar“ bedeuten und „offenbart“ das, was wir begreifen können? Das kann nicht sein. Denn wir sehen, dass es Menschen gibt, die Wissen im Bereich des Verborgenen haben. Ebenso gibt es Menschen, die im Bereich des Offenbarten kein Wissen besitzen. Auch kann man nicht sagen, es gehe nur darum, dass mehr Menschen das Offenbarte kennen als das Verborgene – das wäre lediglich eine Frage der Anzahl, nicht des Inhalts.
Die Sache ist vielmehr diese: In unserer Welt gibt es Handlungen, die offen vor unseren Augen geschehen – hier hat der Mensch einen Anteil daran. Es gibt aber auch Handlungen, die geschehen, ohne dass der Mensch eingreifen könnte – dort wirkt eine verborgene Kraft.
So sagten unsere Weisen: „Drei Partner gibt es am Menschen: den Ewigen, seinen Vater und seine Mutter“ (Talmud, Traktat Nida 31a).
Der offenbarte Teil ist das Gebot „Seid fruchtbar und mehret euch“ (Genesis 1,28), das die Eltern erfüllen. Erfüllen sie ihren Anteil richtig, so gibt der Ewige dem Kind eine Seele. Das heißt: Die Eltern können nur den offenbarten Teil tun. Aber die Seele in das Neugeborene zu legen – das ist der verborgene Teil, und den vollbringt allein der Ewige.
Ebenso bei den Mizwot: Unser Auftrag ist nur der offenbarte Teil – hier können wir handeln, indem wir uns mit Tora und Mizwot beschäftigen, wie es heißt: „der Sein Wort Ausführende“ (Joel 2,11).
Den verborgenen Teil jedoch – die Seele in der Erfüllung von Tora und Mizwot – kann der Mensch nicht bewirken. Deshalb müssen wir, wenn wir Tora und Mizwot praktisch erfüllen, den Ewigen bitten, dass Er den verborgenen Teil hinzufügt und unsere Handlungen mit Seele erfüllt.
Dieser praktische Teil wird „eine Kerze – das Gebot“ genannt (Sprüche 6,23). Doch eine Kerze muss durch „und Tora ist Licht“ (ebd.) entzündet werden. Das Licht der Tora entzündet die Mizwa und gibt der Handlung Seele und Lebenskraft – so wie beim Neugeborenen, an dem drei Partner beteiligt sind.
Das ist die Bedeutung der Worte: „Das Offenbarte gehört uns.“
Das heißt: Wir sind verpflichtet, zu tun, was in unserer Macht liegt – „Alles, was in deiner Hand und in deiner Kraft zu tun ist, das tue“ (Prediger 9,10). Nur hier können wir handeln.
Doch das Erreichen von Seele und Lebenskraft liegt allein in der Hand des Ewigen.
Und das ist die Bedeutung von: „Das Verborgene gehört dem Ewigen, unserem Gott.“
Der Ewige verheißt uns: Wenn wir den uns offenbarten Teil erfüllen – die praktische Erfüllung von Tora und Mizwot –, dann wird Er unsere Handlungen mit Seele erfüllen.
Bevor wir jedoch den verborgenen Teil, die Seele (Neschama), empfangen, bleibt unser offenbarter Teil wie ein Körper ohne Seele.
Darum müssen wir würdig werden, auch den verborgenen Teil zu empfangen – und das liegt einzig in der Hand des Ewigen.
überarbeitet, EY, 14.9.2025


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