1984/1 Teil 2 Das Ziel der Gemeinschaft (2)
Da der Mensch von Anfang an mit einem Gefäß erschaffen ist, welches als Eigenliebe oder Egoismus bezeichnet wird, hat er keine Lust, auch nur die kleinste Bewegung zu machen, wenn er sieht, dass es in einer Handlung keinen Vorteil für ihn selbst gibt. Doch ohne Annullierung der Eigenliebe ist es nicht möglich, die Anhaftung (Dwekut) an den Schöpfer zu erreichen, also die qualitative Übereinstimmung der Form.
Da die Annullierung der Eigenliebe entgegen unserer Natur ist, bedürfen wir einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die gemeinsam eine starke Kraft für die gemeinsame Arbeit bilden, um den Willen zu empfangen zu annullieren, welcher als das „Böse“ bezeichnet wird; denn es ist gerade dieser Wille, der uns daran hindert, das Ziel zu erreichen, für welches der Mensch erschaffen wurde. Daher muss eine Gemeinschaft aus einzelnen Individuen gegründet werden, die alle einhellig der Meinung sind, dass man zu diesem Ziel gelangen muss. Als Ergebnis dieser Vereinigung entsteht eine riesige Kraft, die jedem hilft, gegen sich selbst anzukämpfen, da die Kraft eines jeden mit den Kräften der anderen verschmilzt. Folglich erhält jeder ein riesiges Verlangen, um das Ziel zu erreichen.
Doch damit die Vereinigung aller untereinander möglich wird, muss jedes Mitglied der Gemeinschaft sein „Ich“ gegenüber den anderen annullieren. Das kann man nur tun, indem man nicht auf die Mängel des Freundes achtet, sondern nur dessen guten Eigenschaften Aufmerksamkeit schenkt. Wenn aber jemand der Gruppe sich selbst auch nur für ein wenig besser als die anderen hält, kann er sich nicht mehr mit ihnen vereinigen.
Während der Versammlung muss man seriös bleiben, um die Absicht nicht zu verlieren, da man sich für letztere versammelt hat. Früher war es bei Kabbalisten üblich, aus Bescheidenheit, die eine sehr erhabene Angelegenheit ist, keine Ernsthaftigkeit nach außen zu zeigen. Aber in Wirklichkeit war ein brennendes Feuer in ihren Herzen.
Bei den „kleinen Menschen“ sollte man während der Versammlung vorsichtig sein, um sich nicht zu Geschwätz und Taten verleiten zu lassen, die nicht zu dem Ziel führen, für welches man sich versammelt hat, damit sie die Anhaftung an den Schöpfer erreichen. Bezüglich der Anhaftung lies aus dem Artikel Matan Tora.
Nur wenn man nicht mit den Freunden zusammen ist, ist es besser, seine Absichten im Herzen nicht nach außen zu zeigen und wie jeder andere aus seiner Umgebung zu erscheinen. Das ist die Bedeutung von „Du sollst in Demut sein mit dem Schöpfer, Deinem Gott.“ Und obwohl es hier erhabenere Deutungen gibt, ist die einfache Erklärung auch etwas Großes.
Deshalb ist es von Vorteil, dass zwischen Freunden, die sich miteinander verbinden, Gleichheit herrscht, damit sich jeder gegenüber dem anderen annullieren kann. In der Gemeinschaft muss es einen zusätzlichen Schutz geben, dass kein Leichtsinn vorkommt, weil der Leichtsinn alles zerstört. Doch sollte dies, wie oben beschrieben, eine innere Angelegenheit sein.
Aber wenn ein Außenstehender zufällig in die Versammlung der Gemeinschaft gerät, so darf man keine Ernsthaftigkeit zeigen, sondern man muss sich jenem, der gerade dazugekommen ist, angleichen. Das heißt, man soll nicht über ernste Themen sprechen sondern über Dinge, die zu jenem Besucher, welcher „ungebetener Gast“ genannt wird, passen.
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