Der neunte Aw

Die neunte Aw (Tischa beAv) ist der nationale Trauertag des jüdischen Volkes. Aw ist der fünfte Monat des jüdischen Kalenders und fällt im gregorianischen Kalender in die Zeit von Juli und August. An diesem Tag geschahen die tragischsten Ereignisse in der Geschichte des jüdischen Volkes. Hier sind einige von ihnen: Zerstörung des ersten und zweiten Tempels. Der erste Kreuzzug, der zum Massaker an Juden in deutschen Städten führte. Beschuldigung europäischer Juden, für  Pestepidemien verantwortlich zu sein. Vertreibung von Juden aus England und Spanien. Die Umsiedlung der Juden von Rom ins Ghetto. Von Bogdan Chmelnitsky organisierte Massaker. Der Beginn der Pogrome in Russland. Einige Quellen behaupten, dass Hitler in diesen Tagen seine Entscheidung über die endgültige Lösung der Judenfrage getroffen hat. Deportation von Juden aus dem Warschauer Ghetto. Inbetriebnahme des Todeslagers in Treblinka.

Nicht nur am neunten Aw, sondern auch an anderen Tagen dieses Monats passierten tragische Ereignisse. Die Frage ist, warum ausgerechnet dieser Monat? Jeder Monat, jeder Tag hat seine eigene spirituelle Wurzel. Der neunte Aw wird von einer Wurzel gesteuert, die einen Prozess namens „Schwirat Kelim“ (Zerbrechen der Gefäße) in Gang gesetzt hat.

Dabei soll dieser Trauertag zu einem der größten Feiertage werden, weil die Verbindung zwischen uns und damit die Verbindung zum Schöpfer, die an diesem Tag unterbrochen wurde, am selben Tag wiederhergestellt wird. Nicht zu vergessen: Alles, worüber wir als historische Ereignisse sprechen – sind in der Tat unsere inneren Gefühle, die nach außen projiziert werden. Wenn wir den korrigierten Zustand erreichen, werden wir es als ein Teil von uns selbst nicht nur erkennen und verstehen, sondern auch fühlen und wahrnehmen.

Offensichtlich wird unsere Beziehung zu den Menschen und Ereignissen, die vor uns erscheinen, in diesem Fall eine vollkommen andere.

„Alle Veränderungen geschehen in den Kelim, in unseren Sinnesorganen. Alles wird gemäß unserer Wahrnehmung gemessen und bewertet.“ (Baal HaSulam, Shamati 3. Das Wesen der spirituellen Erkenntnis )

Der neunte Aw gilt als der Geburtstag des Mashiach. Der Name Mashiach stammt vom Wort  „Moshe“ – herausziehen. Es geht hier nicht um einen Menschen, sondern um eine besondere Kraft, die zu einer endgültigen Korrektur führen wird (Gmar Tikun). Wenn ein Mensch einen solchen Zustand erreicht, der „Die Zerstörung des Tempels“ genannt wird, bedeutet es, dass er seine Wünsche, seine eigene Natur bereits völlig begriffen hat.

Seine Natur ist  Trennung und Hass – und die endgültige Korrektur ist Verbindung und Erlösung vom Bösen.

„Wenn verschiedene Arten auf sich allein gestellt existieren, außerhalb der Verbindung  miteinander, dann existieren Tod, Demütigung und Schaden. Und in deren Verbindung wurzelt die Korrektur und Ablösung von dem Bösen.“ (Ramchal, Daat tevunot, 127 )

UNBEKANNTES ÜBER DAS BEKANNTE

Man spricht über Rabbi Akiva und seine drei Freunde, die um den zerstörten Tempel trauerten (Mishna, Makot-Treatise, Kapitel 24, Paragraph 72). Plötzlich sahen sie einen Fuchs, der zwischen den Ruinen des Allerheiligsten hin und her eilte. Die drei Kameraden fingen an zu weinen, und Rabbi Akiva lachte. Seine Kameraden fragten: „Warum lachst du?“ Rabbi Akiva antwortete ihnen mit einem Lächeln: „Solange sich die Prophezeiung der Verbannung nicht erfüllt hat, wird auch die Prophezeiung der Befreiung sich nicht erfüllen. Und da die Prophezeiung des Exils nun wahr geworden ist, wird die Prophezeiung der Erlösung zweifellos auch in Erfüllung gehen.“

Irushalaim (Jerusalem) – aus dem Ausdruck: „Ir’a helmet“ (vollkommene Angst, Furcht), ist ein spiritueller Zustand, in dem ein Mensch sich in so einem Maß vor der Liebe zu sich selbst fürchtet, dass er sich darüber erheben kann.

Zerstörung – wenn gute Beziehungen zwischen den Menschen verloren gehen, und bedingungslose Liebe sich in Hass verwandelt, das ist die wahre Zerstörung.

Erlösung – gerade die Erneuerung der Verbindung zwischen den Menschen auf der Grundlage gegenseitiger Bürgschaft führt zur Enthüllung des Spirituellen und  der Wiederaufnahme der Verbindung mit dem Schöpfer. Darin besteht die Erlösung.

Exil – der Verlust des Kontakts mit dem Schöpfer als Folge des grundlosen Hass.

Bein ha-mezarim – „Zwischen den Meeresengen“ – alles, was in unserer Welt passiert, wird von einem spirituellen System geleitet, das in Übereinstimmung mit den unveränderlichen Gesetzen handelt. Nach diesem System ist der Zeitraum zwischen dem siebzehnten Tamuz und dem neunten Aw eine Zeit des Kummers (zwischen den Meeresengen)

Fasten ist eine Handlung, bei der ein Mensch “ Einschränkung durchführt,  d.h. vorübergehend auf das egoistische Empfangen des Genusses verzichtet.

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