Zeit ist alles, was ich brauch

Heute habe ich sehr viel Zeit. Noch vor einem Monat habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht als Zeit: Zeit für die Familie, Zeit für Freunde, Zeit auszugehen, oder einfach nur für einen Spaziergang im Wald. Ich wollte das Haus auf Vordermann bringen und mich von Überflüssigem trennen.

Jetzt habe ich Zeit. Sie wurde mir einfach gegeben, ganz ohne mein eigenes Zutun. Nun sitz ich lustlos da und frage mich nur: “Warum bin ich unzufrieden? Ich wollte doch Zeit. Warum nutze ich sie jetzt nicht?”

Ja, ich wollte Zeit, aber nur, wenn ich sie will und nicht, wenn sie mir jemand oder etwas aufdrängt. Wie ein Kind, trotzig und stur, wehre ich mich dagegen, so machtlos zu sein. Die Kontrolle über mein Leben will ich unbedingt aufrechterhalten.. Doch ich frage mich jetzt, ob ich sie überhaupt jemals hatte.

Ich blicke zurück und merke, dass es tatsächlich schon immer so war. Ich hatte eine Idee, die ich verfolgte. Doch kam sie wirklich von mir? Hatte ich freien Willen? Es passierten viele Dinge, die ich so nicht wollte. Und nachdem einige Zeit vergangen war, stellte ich fest, dass es besser war, dass es nicht nach meinem Willen ging.

Ich bin es gewohnt zu handeln und manchmal fragte ich mich: Handle ich wirklich selbst?

So viele Fragen rasen mir durch den Kopf. Dummerweise hab ich jetzt Zeit, über all das nachzudenken. Und ich kann mich auch nicht ablenken, da sogar der Körper keine Befehle befolgt und meine Gedanken immer wieder um das Thema kreisen. Sitzen und warten, bis alles überstanden ist, erscheint mir unmöglich, und stresst mich.

Während ich also hier sitze und den innere Konflikt durchleide, merke ich, wie doch langsam alles etwas weicher wird. Der Widerstand schmilzt, die Wellen schwächen sich ab und ein Gefühl der Akzeptanz und Ruhe kehrt ein. Durchlebe ich etwa die 5 berühmten Stufen des Umgangs mit dem Nichtgewollten? Verleugnung, Wut, Verhandeln, Depression, Akzeptanz? Oder hat mein Dilemma gar nichts mit Psychologie sondern mehr mit einem Wunsch nach Spiritualität zu tun?

Ich nutze jetzt auf jeden Fall die mir aufgedrängte Zeit, um all dies in meinem Kopf sacken zu lassen. Und langsam finde ich Gefallen daran, das bisher Selbstverständliche mal genauer unter die Lupe zu nehmen und mich auf die Suche nach der Wahrheit im Leben zu machen.

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