Hine Ma Tov
„Wie gut und wie freudvoll ist es für Brüder, in Einheit zu verweilen“ („Hinei ma tov u’ma naim, Shevet achim gam yachad“)
Über die wahre Freundschaft – verglichen mit einem Platz der Verächter.
„Im Buch Sohar steht ‚Wie gut und wie freudvoll ist es für Brüder, in Einheit zu verweilen!’ Freunde sind jene, welche zusammensitzen und nicht voneinander getrennt sind. Zunächst sehen sie aus wie ein Haufen Streitsüchtiger, die sich gegenseitig umbringen möchten, aber später kehren sie zur Liebe und Brüderlichkeit zurück. Was sagt der Schöpfer über sie? ‚Wie gut und wie freudvoll ist es für Brüder, in Einheit zu verweilen!’ Das Wort Gam (hebräisch: auch) zeigt auf, dass jene auch Göttlichkeit in sich einschließen. Der Schöpfer hört ihren Worten zu, fühlt Zufriedenheit und Er erfüllt sie mit Freude.“ -Sohar, Acharei Mot, Punkt 64-5
„Wie gut und wie freudvoll ist es für Brüder, in Einheit zu verweilen!” ist einer der am meisten berührenden Verse in den Psalmen. Rabbi Shimon Bar-Yochai (Rashbi) lehrt uns, dass sich dieser Vers (welcher mittlerweile ein bekanntes Lied wurde) mit der wahren Liebe unter den nach Spiritualität strebenden Menschen beschäftigt.
Tatsächlich beschreiben alle kabbalistischen Bücher und speziell das Buch Sohar die Beziehung zwischen Liebe und Schenken. Um den Sohar zu verstehen ist es wichtig zu wissen, dass diese Bücher sich n i c h t mit abstrakten Kräften beschäftigen, die „irgendwo da draußen“ wirken, sondern in uns. Rashbi erklärt uns das System der Beziehungen, die zwischen uns existieren sollten. Wir sollten wie Freunde sein, die einander lieben und dadurch eine Einheit bilden.
Bande der Liebe
Die Brüder, von denen der Sohar spricht, werden auch als „Freunde“ bezeichnet. Gemeint sind einfache Menschen wie du und ich, die sich dafür entschieden haben, sich miteinander unter dem gemeinsamen Ziel zu verbinden, die spirituelle Welt zu erreichen. Sie verstehen, dass sie ihre egoistischen Überlegungen transzendieren und einander lieben müssen, wenn sie die spirituelle Empfindung „sich in Einheit zu verbinden“ erreichen wollen. Der Sohar sagt, dass solche Freunde „nicht voneinander getrennt sind“, weil sie einen gemeinsamen Wunsch haben: Sie sehnen sich danach, Spiritualität zu erreichen, damit sie die allumfassende Realität erkennen können, in der nur Liebe und Einheit existieren.
Entlang des spirituellen Aufstiegs, welchen die Freunde gemeinsam erfahren, betrachtet jeder von ihnen den anderen als die wichtigste Person im Leben. So ein Mensch weiß, dass er nur mit der Hilfe anderer fähig wird, sein Ego zu überwinden und zur Stufe der Liebe aufzusteigen. Am Ende der Straße, wenn jemand die allumfassende spirituelle Stufe erreicht hat und sich mit den Freunden verbindet, entdeckt er auch die Verbindung zum Schöpfer.
„Wie gut und wie freudvoll“
Rabbi Shimon Bar-Yochai erzählt uns, dass am Anfang eines spirituellen Weges die Freunde wie streitsüchtige Personen erscheinen, die sich am liebsten gegenseitig umbringen möchten. In der Weisheit der Kabbala nennt man die Spiritualität auch „Leben“. Jemand, der sich weigert, seine egoistischen Überlegungen aufzugeben, ist vom Leben „getrennt“.
Der Sohar lehrt uns, dass diese Zustände auch deshalb „wie gut und wie freudvoll“ genannt werden, weil sie ein wichtiger Teil des spirituellen Weges sind. In diesem anfänglichen Zustand haben die Freunde ihr Ego noch nicht überwunden. Sie spüren, dass sie noch nicht den perfekten Zustand erreicht haben, aber sie empfinden große Freude, wenn sie beieinander sitzen. Letztendlich haben sie sich durch ein gemeinsames Ziel miteinander verbunden und hoffen, dass sie ihre egoistischen Gedanken überwinden werden und gemeinsam die Liebe erreichen.
Der Vers „wie gut und wie freudvoll“ bezieht sich auf das Ziel des Lebens, nämlich Liebe und spirituelle Verbindung zu erlangen.
„Nicht auf dem Platz der Verächter sitzen“
Im Vers „für Brüder, in Einheit zu verweilen! (Shevet achim gam yachad)” repräsentiert das Wort Gam (hebräisch: auch) die Göttlichkeit. Der Sohar erklärt, dass die Göttlichkeit Folgendes meint: Die Gesamtheit der Seelen arbeitet an der Liebe und sehnt sich danach, zur Bewusstwerdung der Höheren Welt aufzusteigen. Wenn wir uns verbinden und den “Verweiler” – den Schöpfer – in der Verbindung unter uns entdecken wollen, nennt man diese Verbindung „Göttlichkeit“.
Zusätzlich sagt uns das Wort Gam auch: Wenn wir uns danach sehnen, gegenseitige Liebe und wahre Verbindung zu erreichen, wird das Ego, welches uns zurzeit voneinander trennt, sich ebenfalls in Liebe mit uns verbinden. Mit anderen Worten: Persönliche Überlegungen werden uns nicht länger daran hindern, Spiritualität zu erreichen.
Doch zunächst benötigen wir für unsere Verbindung eine spirituelle Absicht. Daher betonen die größten Kabbalisten, dass sich die Verbindung unter uns aus dem Wunsch, eine Verbindung mit dem Schöpfer einzugehen, ableitet. Das bedeutet, dass man dieselben Eigenschaften der Liebe und des Schenkens erreichen kann. Nur dann sind wir in Einheit mit uns und mit dem Schöpfer verbunden.
Die Kabbalisten fügten hinzu, dass das Studium der Kabbala auch von dieser Absicht begleitet sein soll. Doch wenn Menschen die Kabbala ohne die Absicht ein spirituelles Ziel zu erreichen studieren, nennt man das “den Platz der Verächter.”
Dieser Unterschied ist so entscheidend, dass König David seine Psalmen mit dem Vers “Glücklich ist der Mensch, der weder den Ratschlag der Boshaften befolgt, noch sich mit Sündern einlässt, noch auf dem Platz der Verächter sitzt.” Damit wir uns vereinigen können, müssen wir uns des Weges bedienen, den uns die Kabbalisten vorgegeben haben. Mit der Weisheit der Kabbala können wir lernen, wie man sich über die wirkliche Liebe miteinander verbindet und “wie ein Mensch mit einem Herzen” das Streben nach der Verbindung mit dem Schöpfer erreicht.
Übrigens: Das Lied „Hine ma Tov“ wird zum Abschluss von kabbalistischen Aktivitäten wie Unterrichten oder Freundestreffen gemeinsam gesungen.
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