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Dargot 268: Der Mensch lernt nur dort, wo sein Herz ist

Man muss verstehen, wieso der Mensch nur das lernen kann, was sein Herz begehrt. Entsprechend dieser Regel kann man den Menschen Ethik oder Moral nicht lehren, wenn er es nicht will. Daraus folgt, dass der Mensch nur sehr schwer Anweisungen befolgen will. Wie kann man dann dem Freund Anweisungen geben?

Genauso muss man das von den Weisen Gesagte verstehen: „Der Mensch fühlt sich keinem verpflichtet“ (Shabbat 119). Wie kann ein Mensch demzufolge seine Handlungen korrigieren, da er sie doch niemals als falsch und korrekturbedürftig sehen kann? Bleibt dann der Mensch für immer unkorrigiert?

Der Mensch ist mit einer Natur erschaffen worden, durch welche er nur genießen will. Deswegen sucht er in allem, was er lernt, nach Möglichkeiten und Wegen, Genuss zu bekommen. Daher wird er selbstverständlich nichts Anderes lernen als das, was sein Herz begehrt, weil so seine Natur ist.

Deswegen muss derjenige, der sich dem Schöpfer annähern möchte (damit man erlernen kann, wie man dem Schöpfer geben könnte), den Schöpfer bitten, ihm ein anderes Herz zu geben, wie gesagt wurde: “Der Schöpfer hat für mich ein reines Herz erschaffen“. Also damit er ein anderes Herz hat, damit das Verlangen des Herzens das Geben wäre. Dann wird ihm das Erlernte die Möglichkeiten des Gebens an den Schöpfer aufzeigen. Doch was gegen das Herz des Menschen ist, kann er nicht erkennen. Darüber wurde gesagt: „Ich nehme von euch das steinerne Herz und gebe euch ein Herz aus Fleisch und Blut“.

Ähnlich dem kann sich der Mensch nicht zu etwas verpflichtet fühlen, weil er nur das lernt, was sein Herz begehrt. Und weil das Herz genießen möchte (und von dem Gefühl der Schuldigkeit kann der Mensch nicht genießen), fühlt er sich niemals verpflichtet.

Hier gibt es keinen anderen Rat als nur das Gebet zum Schöpfer, dass Er ihm ein anderes Herz geben soll. Damit der Mensch versteht, dass es sein Verdienst sein wird, wenn er seine Pflicht erkennt, weil er dadurch eine Möglichkeit der Korrektur bekommt; ansonsten verbleibt er mit allen seinen Mängeln.

Seine Pflicht ist also sein Verdienst. Dann wird er nach Pflichten suchen. Und derjenige, der keine Korrekturarbeit macht, wird sich niemals verpflichtet fühlen.

Rabash, Brief 23

An [meine] Freunde, mögen sie ewig leben

Ich möchte mich, da ein neues Jahr naht, der Gruppe [in der Weise] annähern, dass wir uns in dem starken Vertrauen festigen sollen, dass wir in der allgemeinen Erlösung der [persönlichen] Erlösung würdig werden, dass sich der Name des Ruhmes Seines Königreichs auf der ganzen Erde offenbart, dass die Entfernten hören und kommen, also dass sie fühlen, dass sie von der Arbeit an der Reinheit der Heiligkeit entfernt waren, und dem Aspekt des Hörens würdig werden. Dann entsteht die Vereinigung vom Tun und Hören, und das ist es, was die Schrift meint, [wenn sie sagt]: „Der den Armseligen aufrichtet aus dem Staub und erhöht den Armen aus dem Kot.“[1]

Es ist bekannt, dass es zwei allgemeine Aspekte gibt:

1)    Den Aspekt von Mocha (Verstand)

2)    Den Aspekt von Liba (Herz)

Wenn der Mensch an seiner Arbeit den Geschmack des Aspektes von Staub verspürt, gemäß „Eine Schlange, all ihre Nahrung ist Staub“, wenn also der Geschmack, den er an der Tora und den Geboten verspürt, nur der Geschmack von Staub ist, dann liegt der Grund dafür darin, dass er armselig ist, dass ihm der Aspekt des Glaubens fehlt. Und also fällt er in den Aspekt von Liba (Herz) hinein, wenn der Wille zu empfangen diese Welt begehrt, genannt „Kot“; und dann ist er „arm“.

Und wenn er das bedauert und darum betet und zum Schöpfer schreit, Er möge ihm aus seinem Elend heraushelfen, wonach bittet er ? – „Der den Armseligen aufrichtet aus dem Staub“. Nachdem ich armselig bin und den Geschmack von Staub verspüre, und ich arm bin und in den Kot geworfen, und alles wegen der Verhüllung des [göttlichen] Antlitzes, in welches die Welt eingetaucht ist, dann bitten wir den Schöpfer, Er möge uns herausführen aus der Knechtschaft in die Freiheit.

Und das ist die Bedeutung des Prinzips, dass einer, der ein Gebet hat, neben der Säule (Amud) betet. Und im Sulam[2] wird erklärt, dass die Säule den ACHaP des Höheren bedeutet, der in Galgalta we Ejnaim des Unteren gefallen ist. Und während der Höhere seinen ACHaP erhebt, steigt auch das Galgalta we Ejnaim des Unteren auf. Und wie es geschrieben steht, steigen daher die Seelen gerade mittels der Säule von einer Welt in die andere auf; und das ist die Verbindung zwischen dem Höheren und dem Unteren.

Für unseren Weg kann man auf diese oben angeführte Weise erklären, dass dadurch, dass die Kelim (Gefäße) des Höheren an den Ort des Unteren gefallen sind, d. h. wenn der Höhere in Katnut (Zustand des Kleinseins) ist, [dann] fühlt das der Untere. Und das ist das Konzept von „Wenn Israel im Exil ist, weilt die Shechina (göttliche Allgegenwart) unter ihnen“(Sohar). Das heißt auch die Shechina ist bei ihnen im Exil, genannt Shechinta beAfra (Shechina im Staub), wie oben beschrieben, wenn der Mensch in der Tora und an der [spirituellen] Arbeit den Geschmack von Staub spürt.

Und wenn der Mensch das Exil der Shechina bedauert, d. h. die Shechina selbst ist, Gott bewahre, nicht im Exil, sondern sie verhüllt sich vor Israel und erlaubt, dass der Untere alles Mögliche vom Höheren sagt. Und der Untere spricht so, weil er so fühlt.

Und wenn der Mensch es bedauert, und auf alle Weisen darum betet, dass die Shechina sich aus dem Staube erheben möge, dann offenbart sich dadurch der Höhere mit all seiner Größe dem Unteren, und dann erhebt sich auch der Untere von allein. Und so finden wir, dass dies die ganze Säule ist, von der oben die Rede war, d. h. eben mittels dieser Säule steigen die Gebete von einer Welt in die andere auf, also zu immer helleren Erleuchtungen, und deswegen muss man neben eben dieser Säule beten.

So werden wir verstehen, warum Rosh haShana und Jom Kippur Feiertage genannt werden, obwohl es doch Tage des Gerichts sind. Denn der Kern des Gerichts besteht in der Vollkommenheit, die sich zu diesen Zeiten offenbart, und es besteht der Verdacht auf Klipot, also dass der Mensch nicht zum Empfangen für sich in Mocha und in Liba gelangt, und deswegen muss man sich vermehrt der Erweckung zur Rückkehr widmen.

Dabei besteht die Rückkehr in der Rückbringung des Willens zu empfangen zum Willen zu geben, und dadurch kehren [die Menschen] zurück und haften sich an ihre Höhere Quelle an, und werden der ewigen Anhaftung würdig. Und dann können sie die Vollkommenheit empfangen, die sich in den Tagen des Gerichts [3] offenbart, denn seine Speisen werden an Rosh haShana festgelegt, d. h. es offenbart sich das Licht von Weisheit (Chochma), Vollkommenheit und Helligkeit.

An uns ist es, Gefäße vorzubereiten, die empfangen können, und zwar das Licht Chassadim, welches es heranzuziehen gilt, was den Aspekt von Rückkehr (Tshuwa) und Erweckung von Rachamim (Barmherzigkeit) darstellt, im geheimen Sinne von „Wer ist barmherzig, nur Du bist barmherzig“ [4]. Dann werden wir die ganze Vollkommenheit auf der Seite der Reinheit empfangen können.

Deswegen heißt es „Feiertag“, wegen der Offenbarung der Vollkommenheit. Und das ist das Konzept von „Blaset am Neumond den Shofar, an der Verhüllung (des Mondes) an unserm Festtag“[5], denn das Prinzip von Shofar kommt von „Shafru Maasechem“[6] (eure Werke schmücken), denn jetzt gibt es einen Stuhl (ein Wortspiel: Das Wort „Stuhl“ hat die gleiche Wurzel wie „Verhüllung“) zum Weißfärben, also den Aspekt von Chassadim.

Ich kann nicht länger schreiben wegen des nahenden Feiertags, und ich wünsche euch eine Eintragung (in das Buch des Lebens) und eine gute Besiegelung.

Von eurem Freund Baruch Shalom Ashlag

[1]Psalmen 113,7

[2]Sulam-Kommentar auf den Sohar von Yehuda Ashlag

[3]Jamim Noraim, wörtl. schreckliche Tage, die 10 Tage zwischen Rosh HaShana und Jom Kippur

[4]Shabbat 133 70,2

[5]Psalmen 81,4

[6]WaJikra Rabba 29,6