1985/10 Jakob zog aus

Hörtext

„Jakob zog aus.“ Nach der Interpretation von RASHI hätte es heißen müssen: “‘Jakob ging nach Haran.’ Warum heißt es, dass er auszieht? Es besagt, dass der Auszug eines Gerechten aus einem Ort einen Abdruck hinterlässt. Wenn der Gerechte in der Stadt ist, ist er ihre Pracht, ihr Glanz, ihre Herrlichkeit. Wenn er aus ihr auszieht, gehen der Stadt Pracht, Glanz und Herrlichkeit verloren.” Das sind seine Worte.

Das muss man in der Arbeit verstehen. Was ist ein Gerechter, und was ist der Abdruck, den er bei seinem Auszug hinterlässt?

Man muss verstehen, dass der Schöpfer „gerecht“ genannt wird, denn es steht geschrieben: „Der Herr ist der Gerechte, und ich und mein Volk sind die Sünder.“ Der Mensch spürt, wenn er dem Schöpfer nahe ist, dass Er ihm nahe ist und ihm Gutes tut. Zu dieser Zeit hat er einen Genuss an Tora und am Gebet und an all seinen Handlungen, denn er spürt, dass der Schöpfer ihm nahe ist. Was auch immer er tut, er tut es mit Freude und Begeisterung.

Danach kommt er in einen Abstieg und empfindet keinen Genuss mehr beim Studium der Tora und der guten Taten. Jedoch bleibt der Geschmack zurück, den er während des Aufstiegs fühlte, als er einen Genuss an Tora und Mizwot [Geboten] hatte und sich in einem Zustand der Freude befand. Dieser verbleibende Geschmack lässt ihn sich danach sehnen, in den vorherigen Zustand zurückzukehren. Das heißt, nach einiger Zeit erwacht er durch den Geschmack, der in ihm verblieb, und sucht Rat, wie er zu dem Zustand zurückkehren kann, den er zuvor hatte und der „Zustand des Aufstiegs“ genannt wurde, während er jetzt in seiner Niedrigkeit spürt, wie weit er vom Spirituellen entfernt ist.

Das wirft die Frage auf: „Warum bekam er diesen Abstieg? Wer profitiert davon?“ Vielleicht ist es auch eine Strafe für ihn, denn er muss sich nun wegen seiner Sünde korrigieren. Er weiß jedoch nicht, wegen welcher Sünde er aus dem Zustand des Aufstiegs, in dem er sich befand, herabgestiegen ist. Er weiß auch nicht, was er korrigieren soll. Daraus folgt, dass er keinen Mangel in sich selbst sieht, der einen Abstieg verursacht haben könnte; deshalb muss er gezwungenermaßen sagen, dass der Abstieg vom Schöpfer kommt. Das wirft die Frage auf: „Was hat Er davon, wenn Er ihn von seiner Stufe herabsteigen lässt?“

Das kann so interpretiert werden, wie unsere Weisen sagten: „Der Auszug des Gerechten aus einem Ort hinterlässt einen Abdruck.“ Während des Aufstiegs wird es so betrachtet, als wäre der Schöpfer an dem Ort, das heißt im Körper anwesend. Zu dieser Zeit ruft Er im Menschen das Gefühl der Freude an Tora und Mizwot hervor. Aber er konnte die Wichtigkeit – dass der Schöpfer sich in ihm befindet, wie es geschrieben steht: „Ich bin der Herr, der in ihnen wohnt, inmitten ihrer Unreinheit” – nicht schätzen; und erkannte daher nicht, wer sich in ihm befindet und konnte Ihm deswegen auch nicht den gebührenden Respekt erweisen. Deshalb konnten sie ihm nie helfen, eine höhere Stufe zu erreichen, da er mit seiner Arbeit zufrieden war.

Deshalb wurde er vom Himmel herab gesenkt, damit er es wieder zu schätzen wüsste, denn von Oben hat man ihn erhöht und angenähert, aber er konnte es nicht würdigen. Sollte man fragen: „Warum muss man seinen Zustand des Aufstiegs schätzen?“ Es ist so, wie ich von Baal HaSulam hörte, dass es im Licht keine Unterscheidung der Stufen gibt. Vielmehr liegt es an der Erlangung der Kelim [Gefäße], ob man Gadlut [Größe] oder Katnut [Kleinheit] erreicht. Entsprechend dem Erreichen des Lichts durch die Gefäße ist auch das Maß des Lichts. Wenn ein Mensch etwas von Oben empfängt und es schätzen lernt, vergrößert sich das Leuchten in diesem Maße für ihn und er braucht kein größeres Licht mehr. Vielmehr vergrößert es sich durch ihn selbst, indem er (das Leuchten) schätzt, und es scheint für ihn jedes Mal auf einer höheren Stufe.

Daraus folgt, dass die ganze Sünde, für die er von seiner Stufe abfiel, darin bestand, dass er seinen Zustand nicht würdigte und unzufrieden war. Das bedeutet, dass er für immer auf dieser Stufe hätte verbleiben müssen. Deswegen erfolgte der Abstieg, den er zu seinem eigenen Besten bekam, um wieder die Stufen der Heiligkeit aufsteigen zu können.

Deshalb heißt es: „Der Auszug eines Gerechten aus einem Ort hinterlässt einen Abdruck. Wenn der Gerechte in der Stadt ist, ist er ihre Pracht, ihr Glanz, ihre Herrlichkeit“. Das bedeutet, dass die ganze Wichtigkeit in ihr war, aber er wusste ihren Wert nicht zu schätzen. Daher „vergehen ihre Pracht, ihr Glanz und ihre Herrlichkeit“.

Deshalb heißt es: „Der Auszug eines Gerechten aus einem Ort hinterlässt einen Abdruck“. Er sollte wissen, dass er, als der Gerechte in der Stadt war, nicht darauf achtete, “ihre Pracht, ihren Glanz und ihre Herrlichkeit” zu würdigen. Stattdessen wandte er sich ab, was bedeutet, dass er die Wichtigkeit all der oben erwähnten bedeutsamen Stufen verlor.

Dies wird „einen Abdruck hinterlassen“ genannt, was bedeutet, dass es sich in ihm einprägen musste, dass der Auszug des Gerechten aus dem Ort wegen seiner Abkehr erfolgte. Das bedeutet, dass in Wirklichkeit alle Stufen existierten, er sie aber nicht wahrnahm. Er hätte wissen müssen, dass es keine Veränderungen im Licht gibt, sondern alles von den Kelim [Gefäßen] abhängt. Deshalb kann man sagen, dass dieser Abstieg nicht wegen einer Sünde erfolgte, sondern um ihm zu helfen, auf den Stufen der Heiligkeit aufzusteigen.

Man sollte auch den oben erwähnten Vers dahingehend verstehen, dass „Der Auszug eines Gerechten aus einem Ort hinterlässt einen Abdruck“ sich auf den Menschen bezieht. Denn wenn der Gerechte in der Stadt ist, bedeutet dies, dass der Mensch die Vorsehung rechtfertigen kann. Er überwindet dann den Zustand, in dem er sich befindet, und sagt: „Es besteht kein Zweifel, dass der Schöpfer, der gut ist und Gutes tut, sich mir gegenüber wohlwollend verhält. Er will jedoch, dass ich mich so fühle, wie ich mich fühle.“ Damit rechtfertigt er die Vorsehung. Zu dieser Zeit sieht er die Bedeutung der Arbeit des Gebens und der Arbeit über dem Verstand. Dies wird „Wenn der Gerechte in der Stadt ist, ist er ihre Pracht, ihr Glanz, ihre Herrlichkeit“ genannt, denn dann sieht er alle Vorzüge.

„Wenn er sich von dort entfernt” bedeutet, dass er sich von der zu rechtfertigenden Vorsehung abwendete und alles innerhalb des Verstandes sehen will. Zu dieser Zeit hat er keinen Geschmack an der Arbeit des Gebens. Und dann „vergehen ihre Pracht, ihr Glanz und ihre Herrlichkeit“, und er versinkt wieder in der Selbstliebe. Mit anderen Worten, zu dieser Zeit kennt er nichts anderes als eine Arbeit, die auf der Grundlage einer inneren Vernunft aufgebaut ist.

Dies wird als „Auszug des Gerechten aus dem Ort hinterlässt einen Abdruck“ betrachtet. Das bedeutet, dass er den Auszug des Gerechten aus dem Ort verursacht, wenn er denkt: „Jetzt, wo ich einen guten Geschmack in der Arbeit spüre, brauche ich nicht mehr über dem Verstand zu arbeiten“. Dies hinterlässt in ihm einen Abdruck, damit er weiß, wie er von nun an vermeiden kann, die Arbeit über dem Verstand zu verlassen. Wie ich von Baal HaSulam hörte, muss ein Mensch, der sagt „Jetzt, wo er eine Grundlage hat und sich nicht länger zwischen Himmel und Erde befindet“, von seiner Stufe fallen, weil ihm sonst die Unterscheidung über dem Verstand fehlt.

Daraus ergibt sich, dass gerade das Verlassen der Stufe, die er erreicht hatte, einen Abdruck in ihm hinterlässt. Dadurch weiss er, dass er beim nächsten Mal aufpassen muss, um den Glauben über dem Verstand nicht zu verschmutzen, sondern immer die Vorsehung zu rechtfertigen.

„Und siehe, eine Leiter war auf die Erde gestellt, die reichte mit der Spitze bis zum Himmel. Und siehe, auf ihr stiegen die Engel Gottes auf und ab.“ (1. Mose 28,12) Die Interpreten fragen: „Hätte es nicht erst ‚absteigen‘ und dann ‚aufsteigen‘ heißen müssen?“ Um dies in der Arbeit zu verstehen, muss man erklären, dass die Leiter einen Menschen darstellt. Der Mensch steht mit den Füßen auf der Erde, aber der Haupt des Menschen reicht bis zum Himmel. Das heißt, wenn ein Mensch beginnt, aufzusteigen, erreicht er den Himmel, und er sollte sich nicht darüber beklagen, dass die Leiter auf der Erde steht.

Zunächst muss man jedoch verstehen, was „auf der Erde“ bedeutet. Man weiß, dass die Erde das Niedrigste ist. Und doch sieht man auch, dass alle prächtigen Bauten und gesunden Früchte gerade aus der Erde hervorgehen.

Es ist bekannt, dass Erez [Land/Erde] “Wille zu empfangen” bedeutet, der die Grundlage ist, aus der die gesamte Schöpfung und alles Schlechte, das in der Welt existiert, hervorgeht, und alle Kriege, Morde usw. in ihm wurzeln. Dies wird „eine Leiter war auf die Erde gestellt“ genannt, denn wenn ein Mensch zum ersten Mal auf die Welt kommt, wird er auf Erez [Land/Erde] gestellt, vom Wort Erze [ich werde wollen], was bedeutet, dass er empfangen will. Dies wird als Niedrigkeit betrachtet und es gibt nichts Niedrigeres als das. Aber „seine Spitze reicht bis zum Himmel“. Das heißt, gerade dadurch, dass die Leiter auf die Erde gestellt war, wird der Mensch wollen, denn das Wort Erze [„Erde“, „ich werde wollen“] hat zwei Bedeutungen:

1) Erze, bedeutet „ich will“, 2) Erez [Land/Erde] wird als Niedrigkeit betrachtet.

Man weiß, dass die Essenz der Schöpfung nur aus dem Verlangen zu empfangen besteht, und dass am Anfang der Schöpfung nur dieses Verlangen erschien. Danach gab es Korrekturen, die „Gleichwertigkeit der Form“ genannt werden, was bedeutet, dass das Niedere, das „Erde“ genannt wird, Gleichwertigkeit mit dem Himmel, genannt der “Gebende”, erreicht. Man kann dies so interpretieren, dass der Mensch, obwohl er sich in der Körperlichkeit befindet, dennoch Korrekturen durchführen kann. Denn sein Haupt, genannt “die Spitze der Leiter”, reicht bis zum Himmel, und das bedeutet Gleichheit der Form mit dem Himmel, was als “empfangen, um zu geben” gilt.

So wie es am Anfang der Schöpfung zunächst ein Verlangen zu empfangen gab, das dann durch die Absicht zu geben korrigiert wurde, so gleicht auch die Leiter einem Menschen, der auf der Erde steht. Sein Anfang befindet sich auf der Erde, und dann erreicht er den Himmel. Mit anderen Worten: Der Mensch sollte sich nicht entmutigen lassen, wenn er sieht, dass er voller weltlicher Verlangen ist und keine Funken des Gebens hat, und er nicht glauben kann, dass sein Körper jemals bereit sein wird, nur um des Gebens willen zu arbeiten. Stattdessen sollte er glauben, dass dies der Weg und die Reihenfolge der Arbeit ist, dass der Schöpfer es genauso will – dass eine Leiter auf die Erde gestellt wurde, deren Spitze bis zum Himmel reicht.

Dann wird man verstehen, was geschrieben steht: „Auf ihr stiegen die Engel Gottes auf und ab“. Die Interpreten fragen: „Die Engel befinden sich im Himmel, also müsste dort ‚absteigen‘ und dann ‚aufsteigen‘ geschrieben sein.“ Man muss verstehen, dass sich dies auf den Menschen bezieht, der der Bote des Schöpfers ist, da ein Engel „Bote“ genannt wird. Diese Menschen, die auf dem Weg des Schöpfers wandeln, werden „Engel Gottes“ genannt. Zuerst steigen sie auf, indem die Leiter auf die Erde gestellt wird, und erreichen die Spitze der Leiter, die als „ihr Haupt, das bis zum Himmel reicht“ betrachtet wird. Danach steigen sie hinab, was bedeutet, dass alle Auf- und Abstiege darauf zurückzuführen sind, dass die Leiter zwei Enden hat: 1) „auf die Erde gestellt“, d.h. den Ort der Niedrigkeit, 2) aber „ihre Spitze reicht bis zum Himmel“.

Das bedeutet, dass der Mensch in dem Maße, in dem er „die Spitze, die bis zum Himmel reicht“ zu schätzen weiß, auch die Niedrigkeit des „auf die Erde gestellt Seins“ spüren kann und bedauert, in der Körperlichkeit zu sein. Aber wenn er keine richtige Vorstellung davon hat, dass „ihre Spitze bis zum Himmel reicht“, kann er den Zustand des Abstiegs nicht bedauern.

Daraus folgt, dass er in dem Maße, in dem er aufsteigt und „ihre Spitze bis zum Himmel reicht“, das Maß der Niedrigkeit des Abstiegs schätzen kann. Deshalb heißt es zuerst „aufsteigen“ und dann „absteigen“, da man den Abstieg nur in dem Maße spürt, wie man dem Erreichen des Himmel Wichtigkeit beimisst.

Das ist die Bedeutung von „aufsteigen“ und dann „absteigen“. Denn die Leiter, die der Mensch hinaufsteigen muss, um seine Aufgabe zu erfüllen – denn er wurde vom Schöpfer in diese Welt gesandt -, beginnt auf der Stufe „eine Leiter war auf die Erde gestellt, die reichte mit der Spitze bis an den Himmel” – also am Anfang der Niedrigkeit, die der Wille zu empfangen ist, welcher seine Natur ist. „Sein Haupt“ bedeutet, dass er am Ende der Leiter den Himmel erreichen soll, der nur dazu da ist, um zu geben. Dies wird „Himmel“ genannt. Wie die Erde „Empfangen“ genannt wird, wird der Himmel „Geben“ genannt.

Wir sollten das Auf- und Absteigen auch so interpretieren: Ein Mensch muss verstehen, wenn er das Gefühl eines Abstiegs hat – z.B. wenn er im Handel tätig ist oder in einer Fabrik arbeitet oder einfach nur auf der Straße spazieren geht, und er plötzlich aus dem Schlaf erwacht und sich in einem Zustand des Abstiegs befindet – dass die Erkenntnis, dass er sich im Abstieg befindet, vom Aufstieg zu ihm gekommen ist. Das nennt man zuerst „aufsteigen“ und dann „absteigen“, denn wenn es keinen Aufstieg gäbe, würde er dies aufgrund des Erweckens von oben nicht spüren. Er wird aber von oben gerufen.

Daraus folgt, dass die ganze Arbeit des Menschen „eine Leiter war auf die Erde gestellt, die reichte mit der Spitze bis zum Himmel“ ist. Das heißt, die Leiter des Menschen hat zwei Unterscheidungen, und mit diesen beiden Unterscheidungen steigt er auf der Leiter des Lebendigen auf.

1) Aus seiner Sicht bedeutet die „Leiter, die auf die Erde gestellt war“, was der Wille zu empfangen ist, Niedrigkeit. Erde meint das Empfangen, Nukwa [Frau], die vom Himmel empfängt, wobei der Himmel „Mann“ genannt wird, der Geber. „Sein Haupt reicht bis zum Himmel“ bedeutet, dass das Geben, das „Himmel“ genannt wird, für ihn das Haupt ist, also wichtig ist. In dem Maße, in dem er das Geben als „Haupt“ sieht, sieht er die Erde, die der Wille zu empfangen ist, als „Erde“ bzw. Niedrigkeit an.

2) Er betrachtet Erez, was Erze [ich werde wollen] bedeutet, als Haupt, und den Himmel als Niedrigkeit.

Und der Mensch, der die Berechnung vornimmt, dass er im Auftrag des Schöpfers in diese Welt gekommen ist, um Korrekturen vorzunehmen, wird „Engel Gottes, die auf ihr auf- und absteigen“ genannt. Das heißt, er sieht die Leiter des Lebendigen auf der Erde stehen, was bedeutet, dass der Wille zu empfangen als Niedrigkeit angesehen wird.

“Die Spitze reicht bis zum Himmel“ bedeutet, dass das Geben für ihn den Himmel bedeutet. Er wartet auf das Geben, weil das Wichtigste seiner Arbeit darin besteht, dem Schöpfer Zufriedenheit zu schenken, und das wird von ihm als „Haupt“ betrachtet. Wenn er einen Wunsch bekommt, mit dem er geben kann, ist das für ihn ein Hochgefühl, und darauf wartet er.

Umgekehrt, wenn er unter die Herrschaft der Erde gestellt wird, fühlt er sich bescheiden und sucht nur danach, dem Schöpfer zu geben.

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