Die Realität der Unsterblichkeit
Von Michael Laitman
Vorwort
Viele fragen mich, warum ich so hartnäckig versuche, die Kabbala mit allen zugänglichen Mitteln zu verbreiten. Ich werde diese Frage mit den Worten des größten Kabbalisten des vergangenen Jahrhunderts Rabbi Yehuda Ashlag aus seinem Werk „Die Einführung zu Talmud Esser HaSefirot“ (Punkt 155) beantworten:
„Warum verpflichten eigentlich die Kabbalisten jeden Menschen unabhängig von seiner Herkunft, seinem Alter, Geschlecht u.s.w. zum Studium der Kabbala? Weil in dem Studium der Kabbala eine große Kraft verborgen ist, über die jeder wissen sollte. Derjenige, der die Kabbala lernt, ruft allein durch seinen Willen zu verstehen die Einwirkung des Höheren Lichtes auf sich selbst hervor.
Diese Erscheinung ist dadurch bedingt, dass die Seele des Menschen vor ihrem Abstieg in unsere Welt mit dem Höheren Licht gefüllt war. Als die Seele in unsere Welt herabstieg und sich in einen Körper kleidete, blieb das Licht, von dem sie früher erfüllt war, in der Höheren Welt. Dieses Licht leuchtet der Seele aus der Höheren Welt und möchte in sie zurückkehren. Es leuchtet aber nur bei der Beschäftigung des Menschen mit der Kabbala, weil sie das einzige Mittel ist, die Seele mit dem Licht wieder zu füllen“.
Eine Darstellung des Systems der Welten in der Form der konzentrischen Kreise. Dieses System verbirgt das umgebende Licht vor dem zentralen Punkt der Schöpfung unserer Welt. Unsere Welt ist umgeben von einem dichten undurchlässigen Schirm, der hier als ein schwarzer Kreis dargestellt wird. Er bewirkt die absolute Verhüllung des Schöpfers (13. Jahrhundert).
Was bedeutet „der höhere Wunsch“?
Der Mensch weiß nicht, was das „Höhere“ bedeutet, solange seine Wünsche sich auf die Objekte nur dieser Welt beschränken. Wenn er diese Objekte sieht, weiß er, wonach er strebt. Aber wenn in ihm der Wunsch nach Höherem erwacht, sieht er in unserer Welt keine Quelle, aus der er diesen Wunsch befriedigen könnte. Im Endeffekt bleibt der Mensch in einem Zustand der Hilflosigkeit und der Verzweiflung: Er empfindet keine Freude mehr am Leben, es gibt nichts, was sein Leben füllen kann. Es geht ihm einfach schlecht. Er kann sich zwar ablenken, kann sich treiben lassen, was wir auch für gewöhnlich machen. Das genügt aber nicht. Der Mensch fühlt sich „irgendwo hingezogen“. Aber wohin? Er weiß nicht, wohin er sich wenden kann, denn die Quelle für die Erfüllung seiner Wünsche ist nicht erkennbar.
In unserer Kindheit stellen wir uns oft die Frage: „Warum leben wir?“. Aber später vergessen wir das. Die Periode des Erwachsenwerdens beginnt, und die Hormone der Pubertät unterdrücken diese Frage und damit den Wunsch, den Sinn und die Quelle des Lebens zu finden. Mit unseren sexuellen Wünschen, unserem Streben nach Erfolg und „Eroberung“ dieser Welt versuchen wir, der Lösung der wichtigsten Frage zu entgehen.
Aber danach taucht sie wieder auf und lässt uns nicht in Ruhe. Derjenige, der hartnäckig eine Antwort auf diese Frage fordert, kann die in ihm entstehende Leere nicht betäuben. Und dann kommt er zur Kabbala. Genauer gesagt, er wird von Oben an die Kabbala herangeführt: Die Zeit der Erfüllung seiner Seele, die in ihm erwacht, ist gekommen.
Was bedeutet „die Erfüllung der Wünsche durch die Objekte dieser Welt“?
Im Laufe von Jahrtausenden der menschlichen Existenz entwickelten sich von Generation zu Generation im Menschen folgende Wünsche:
* der ursprüngliche Wunsch – „Sex und Nahrung“ (erinnern Sie sich, wie geschrieben steht: „Liebe und Hunger regieren die Welt“)
* die zweite Etappe der Entwicklung des Wunsches – der Reichtum
* die dritte Etappe der Entwicklung – die Macht und der Ruhm
* die vierte Art des Wunsches – das Wissen
* die fünfte Art des Wunsches – das Streben nach Höherem, dem Schöpfer.
Die Wünsche nach Sex und Nahrung sind animalischer Natur, da sie auch bei den Tieren vorhanden sind. Das Streben nach Reichtum, Macht und Wissen ist hingegen menschlicher Natur. Denn um das zu verwirklichen, muss sich der Mensch im Umfeld von seinesgleichen befinden – in der menschlichen Gesellschaft.
Ein Mensch wird geboren und entwickelt sich dank seiner animalischen und menschlichen Wünsche, innerhalb derer in ihm später das Streben nach Höherem entsteht. Diesen letzteren Wunsch bekommt der Mensch von Oben. Er ist nicht durch die Natur gegeben, wie der animalische Wunsch, und entwickelt sich nicht unter dem Einfluss der Gesellschaft, wie die menschlichen Wünsche.
Die Menschheit schreitet vorwärts dank der Tatsache, dass unsere Wünsche sich permanent ändern, von kleineren zu größeren, d.h. sie werden vollkommener. Sie kommen aus unserem Inneren zum Vorschein und zwingen uns, sie zu realisieren, wodurch sie den kulturellen, wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt hervorrufen. Als Ergebnis ihrer Entwicklung muss die Menschheit einen solchen Zustand erreichen, dass sie nach der Realisation all ihrer Wünsche beginnt, nach Höherem zu streben.
Die irdischen und höheren Sinnesorgane
Wir werden mit den fünf Sinnesorganen geboren: zum Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten. Durch diese Sinnesorgane nehmen wir von außen eine bestimmte Information, wie in einen schwarzen Kasten in uns auf. Diese Information passiert das Gehirn, wird verarbeitet und danach ausgegeben als ein Gesamtbild der uns umgebenden Welt. Diese Empfindungen nennen sich „diese Welt“ oder „meine Welt“.
Genau gesagt wissen wir nicht, was außerhalb existiert, was von außen in uns herein kommt. In Wirklichkeit kommt in uns überhaupt nichts herein. Wir nehmen nur unsere Reaktion auf irgendeine äußere Einwirkung wahr. Unser Hörorgan z.B. ist in Form einer Membran beschaffen, die die äußere Umgebung von der inneren trennt. Die Membran kann mehr oder weniger empfindlich, gesund oder krank sein. In Abhängigkeit davon nehmen wir das Geräusch als stark, schwach, hoch, niedrig wahr, oder es kann überhaupt fehlen.
Welches Geräusch wir empfinden, hängt nicht davon ab, wie es an sich ist, sondern von der Beschaffenheit unserer Sinnesorgane, d.h. von unseren Eigenschaften. Letztendlich stellt sich heraus, das jeder von uns ein absolut geschlossenes System darstellt: Er empfindet seine inneren Reaktionen auf eine äußere, für ihn unbekannte Einwirkung. Wir werden niemals etwas davon objektiv empfinden können, was außerhalb unseres Körpers passiert. Alles, was wir empfinden, erzeugen unsere Sinnesorgane, die die Informationen verarbeiten und für uns auf diese Weise darstellen.
Die Suche nach einer Quelle der Erfüllung und der Prozess der Erfüllung
Das Leben des Menschen ist ein Prozess der Suche nach den Möglichkeiten für die Erfüllung seiner Wünsche: Er jagt Sex, Nahrung, Reichtum, Macht und Wissen hinterher. Alle diese Wünsche entstehen bei ihm permanent und wechseln sich ab.
Die Kabbalisten erzählen uns davon, was sie durch die Erfüllung ihrer besonderen, höheren Wünsche empfinden. Das Streben nach einer höheren Erfüllung bezeichnen sie als die Seele. Sie sagen, dass es eine höhere Konstruktion gibt, die als gemeinsame Seele der Schöpfung oder Adam bezeichnet wird. Sie besteht aus 600.000 Teilen, von denen jedes Teil sich wiederum in eine Vielzahl von Teilchen trennt. Diese Teilchen werden in das Innere der irdischen Wünsche der Menschen eingesetzt.
Diese Gesamtheit der irdischen Wünsche nennt sich das Herz des Menschen. Das Teilchen (der höhere Wunsch), das in den Menschen von oben eingesetzt wird, nennt sich der Punkt im Herzen. Der Mensch muss im Laufe seines biologischen Lebens die vollständige Erfüllung dieses höheren Wunsches erreichen. Wenn er im Laufe seines Lebens das nicht schafft, muss er noch einmal in die materielle Welt zurückkehren. Deswegen besteht jede Generation aus denselben 600.000 Seelen, die sich in die Körper unserer Welt kleiden und sich zu ihrer Erfüllung bewegen. Der Körper stirbt, und die Seele begibt sich in einen neuen Körper, arbeitet in ihm wieder für ihre Erfüllung, und so weiter, bis sie im Laufe ihrer Entwicklung von dem Höheren Licht erfüllt wird.
Die Kabbalisten erklären, dass der Mensch in unserer Welt seine Seele so mit dem Höheren Licht füllen muss, dass seine Seele sich auf dem gleichen geistigen Niveau erhebt, auf dem sie vor ihrem Abstieg und Einkleidung in das Herz, d.h. in die irdischen Wünsche, war. Unsere Aufgabe besteht darin, entgegen allen anderen Wünschen, die als das Herz oder den Körper des Menschen bezeichnet werden, diesen Punkt mit dem Höheren Licht zu füllen.
Die Kabbalisten sagen, das die Erfüllung der Seele mit dem Licht dem Menschen das Gefühl der Höheren Welt gibt. Das bedeutet, dass der Mensch sowohl die Höhere als auch diese Welt gleichzeitig empfindet, d.h. in beiden Welten gleichzeitig leben kann. Er vereint in sich diese beiden Welten. Den Zustand, bei dem sich der Mensch in unserer Welt vollständig korrigiert und seine Seele auf dem höchsten geistigen Niveau erfüllt hat, nennt man „das Ende der Korrektur der Seele“ oder „das Ende der Korrektur“.
Infolge dessen, dass die Seelen sich permanent ändern, entwickeln und vervollkommnen, ist die wichtigste Aufgabe der Kabbala die Erschaffung der passenden Methode zum Empfang des Höheren Lichts, speziell für jede Generation. Das ist möglich, weil alle unsere Wünsche genau von diesem Licht erschaffen werden. Deswegen ist nur die unmittelbare Erfüllung mit diesem Licht in der Lage, uns zu befriedigen.
Der Höhere Raum
Wenn der Körper stirbt, wird die Seele in einen neugeborenen Körper umgesiedelt. Von einem Leben zum anderen findet eine allmähliche Vorbereitung auf die Erscheinung der Seele im Inneren des Menschen statt. Zahlreiche Leben durchlebt der Mensch, ohne seine Seele, das Streben nach der Höheren Welt, zu empfinden. Verwechseln Sie das nicht mit dem weltlichen, irdischen „Streben nach Höherem“, worunter gewöhnlich die Kunst, das künstlerische Schaffen verstanden wird.
Der Mensch empfindet das Erscheinen der Seele als einen neuen Wunsch, ein Streben, als eine Leere, die er nicht zu füllen weiß. Mit diesem Moment beginnt der Weg der Suche, der ihn unbedingt zur Kabbala führen muss. So werden zur Kabbala alle Menschen in der Welt geführt, weil die Kabbala die einzige Methodik für die Erfüllung der Seele ist.
Nachdem der Mensch zur Kabbala gekommen ist, d.h. den Lehrer, die Bücher und die Gruppe gefunden hat, beginnt die Periode, die als „die Zeit der Vorbereitung“ (zum Eintritt in die Höhere Welt) genannt wird. Diese Periode kann einige Jahre dauern (Minimum drei Jahre). Danach tritt der Mensch in die Empfindung der Höheren Welt ein, d.h. der offenkundigen Empfindung des Schöpfers. Vor ihm eröffnet sich der Höhere Raum. Er befindet sich am Rande dieses Raums, und in der Mitte dieses Raums befindet sich der Schöpfer.
Der Höhere Raum ist ein Raum der Eigenschaften, der einem physischen Kraftfeld ähnelt, mit seiner maximalen Ausprägung im Zentrum und der Abschwächung vom Zentrum zur Peripherie, bis zu dem völligen Verschwinden dieser Eigenschaft an der Grenze, hinter der unsere Welt beginnt.
Wenn der Mensch seine Eigenschaften bezüglich des Schöpfers ändert, kann er sich innerhalb des Höheren Raums bewegen. Der Unterschied der Eigenschaften des Menschen und des Schöpfers verursacht ihre gegenseitige Entfernung voneinander, die Ähnlichkeit führt zu ihrer Annäherung und das vollständige Zusammenfallen der Eigenschaften führt zu einer Verschmelzung von Mensch und Schöpfer. In unserem Ausgangszustand sind wir in unseren Eigenschaften dem Schöpfer absolut gegensätzlich. Daher befinden wir uns überhaupt außerhalb dieses Feldes und können den Schöpfer nicht empfinden.
Nach einer anfänglichen Vorbereitungsetappe bekommt der Mensch die kleinste schöpferähnliche Eigenschaft, was den Übergang der Grenze (hebräisch Machsom) aus unserer Welt in die Höhere Welt bewirkt. Danach beginnt der höhere Weg, wenn der Mensch alle seine Eigenschaften in Relation zu dem Schöpfer sieht, Ihn augenscheinlich wahrnimmt, sich bewusst korrigiert und dem Schöpfer nähert.
Dieser Weg der allmählichen Annäherung an den Schöpfer durch die Angleichung der Eigenschaften besteht aus einer Reihe von sequentiellen Korrekturen jeder der 620 egoistischen Eigenschaften des Menschen zu altruistischen. In der Kabbala wird das als ein Aufstieg (in den Eigenschaften) über 620 Stufen beschrieben. Die Kabbala beschreibt diese Stufen, ihre Besonderheiten, die Methoden der Korrektur des Wunsches auf jeder dieser Stufen. Auf jeder Stufe bekommt der Mensch eine neue Empfindung des Schöpfers.
Der Mensch muss aufeinanderfolgend alle seine 620 Wünsche korrigieren, d.h. über alle 620 Stufen aufsteigen, während er sich in seinem irdischen Körper befindet und in dieser Welt lebt. Danach, wenn der Mensch seinen Aufstieg über die geistige Leiter beendet hat, identifiziert er sich vollständig mit seiner Seele. Daher entfällt die Notwendigkeit, wieder zurückzukommen und sich in einen Körper zu kleiden.
Es gibt Fälle, in denen einzelnen Seelen auferlegt wurde, zur Erfüllung ihrer besonderen Mission in diese Welt zurückzukommen. Das geschah als Hilfe für die restlichen in den Körpern unserer Welt befindlichen Seelen. Ein schlagendes Beispiel dafür sind die aufeinanderfolgenden Abstiege in unsere Welt der großen Seele Abrahams, die dann in der Gestalt von Moses, RASHBI (Rabbi Shimon Bar Yochai, 2. Jh.), ARI (Rabbi Isaac Luria Aschkenasi, 16. Jh.), Baal Sulam (20. Jh.) erschienen ist.
Stirbt der Mensch mit dem Körper oder mit der Seele?
Nicht der Mensch stirbt, sondern sein biologischer Körper. Ursprünglich empfinden wir nur unseren Körper, unsere irdischen Wünsche. Danach entsteht in uns ein Wunsch nach Höherem. Das ist kein irdischer Wunsch, sondern der Beginn des Höheren – der Wunsch nach der Erfassung des Schöpfers. Wenn der Mensch diesen Wunsch in sich entwickelt, beginnt er, außer den Eigenschaften (Wünschen) seines eigenen Körpers auch seine Seele, einen Teil der Eigenschaften des Schöpfers in sich selbst, zu empfinden.
Wenn er sich so verändert, dass die Wünsche seines Körpers im Vergleich zu dem Wunsch der Seele unterdrückt werden, dann empfindet der Mensch das Sterben des Körpers als ein Abwerfen der äußeren Hülle der Seele.
Der Körper stirbt, aber der Mensch empfindet sich schon im Laufe seines Lebens in der Loslösung von dem Körper. Wenn wir aber nur mit den Wünschen unserer Welt leben (Sex, Nahrung, Reichtum, Macht, Wissen) und ihre Erfüllung nur über unseren Körper bekommen, d.h. durch die fünf körperlichen Sinnesorgane, dann empfinden wir den Tod als einen Abriss, als Fall in den Abgrund, als das Ende.
Die Seele, der antiegoistische Schirm und der Genuss
Wir bekommen den Wunsch nach Höherem nicht von unserem Körper, sondern unmittelbar von Oben. Zur Erfüllung dieses Wunsches ist ein Sinnesorgan notwendig. Dieses Sinnesorgan nennt sich „der Schirm“ (der Schirm = hebräisch Massach). Sobald er bei einem Menschen entsteht, beginnt dieser, die Wonnen von außerhalb der Grenzen der materiellen Welt zu empfinden. Der Genuss selbst nennt sich das Höhere Licht, das nur über den antiegoistischen Schirm eintreten kann.
Was gibt uns dieses zusätzliche, bewusst angeeignete Sinnesorgan? Es erlaubt, die Information nicht über unsere natürlichen fünf Sinnesorgane in unsere egoistischen Wünsche zu bekommen (diese Wünsche verstehen das Geschehnis nur mit einem Vorteil für sich selbst, d.h. nicht objektiv), sondern viel unmittelbarer und objektiver. Auf diese Weise gelangen wir zu einer wahren, nicht durch unsere egoistischen Berechnungen verzerrten Wahrnehmung der absoluten, objektiven Weltschöpfung.
Also: Die Quelle des spirituellen Vergnügens ist das Licht. Es kann nur dann empfunden werden, wenn der Mensch ein zusätzliches Sinnesorgan erlangt, welches das Licht empfangen kann – den Schirm. Alle Komponenten – das Licht (der Genuss), der Schirm (der Empfänger) und die Seele (der Adressat) – sind keineswegs mit unserem irdischen Körper verbunden. Daher spielt es keine Rolle, ob der Mensch sich in seinem irdischen Körper befindet oder nicht.
Sobald bei dem Menschen eine Verbindung zum Höheren Licht entsteht, beginnt er, mit ihm zu kontaktieren und sich so zu korrigieren, dass er sich mit diesem Licht füllen kann. In diesem Prozess, der den ganzen Menschen erfasst, wird seinem Körper nur als einem Mittel zur geistigen Erhebung Aufmerksamkeit geschenkt. Ansonsten wird dem Körper kein besonderes Interesse gewidmet.
Ein kleiner Genuss wird im Vergleich zu einem großen Genuss absolut nicht wahrgenommen, er wird durch den großen unterdrückt. Deswegen lebt ein Kabbalist im Prinzip schon in der Höheren Welt, obwohl er wie wir auch in dieser Welt lebt. Aber da seine Welt von uns nicht empfunden wird, sind seine gesamten Wahrnehmungen vor uns verborgen, geheim, aus dem Jenseits, d.h. sie befinden sich hinter der Grenze zu der Höheren Welt (die Grenze zur Höheren Welt = hebräisch Machsom).
Wenn der Mensch sich mit seiner Seele und nicht mit seinem irdischen Körper identifiziert, nimmt er den Tod seines Körpers wie einen Wechsel des Gewandes wahr. Seine Empfindungen, die er in dieser Welt erworben hat, ändern sich nicht, und die Höhere Welt, in der er schon lebt, bleibt mit ihm auch nach dem Tod des irdischen Körpers. Jeder Mensch kann und muss nach dem Vorhaben des Schöpfers seinen irdischen Weg auf solche Weise beenden.
Die vollkommene Erfassung
Das Höhere Licht ist das gleiche für alle. Seine Empfindung ruft in jedem Empfänger, in jeder Seele das „gut“ – Gefühl hervor: das Gefühl des Komforts, der Ruhe, Vollkommenheit, Ewigkeit und anderer positiver Empfindungen. Außerhalb des Empfängers ist das Licht gleichartig, aber in uns, wenn es in die Struktur des Wunsches der Seele eintritt, wird es von jeder Seele verschieden wahrgenommen. Jede Seele empfindet es als „gut“, aber im Inneren ihrer Wünsche.
Es existieren Gemeinsamkeiten in den Empfindungen und dem Aufbau der Seelen. Deshalb empfinden alle Menschen identische Erscheinungen auf ähnliche Weise. Sie können im Grossen und Ganzen darüber reden. Allerdings können sie ihre Empfindungen in der absoluten Form nicht vergleichen. Dafür müssen die Seelen nicht nur einen ähnlichen Aufbau haben, sondern zu derselben Konstruktion gehören.
Alle Teile der gemeinsamen Seele unterscheiden sich in ihren inneren Ausgangsqualitäten und werden immer verschieden sein. Als Ergebnis ihrer Korrektur verbinden sich alle Seelen wieder zu einer gesamten Seele. Dann entsteht zwischen ihnen, wie in einem einheitlichen System, eine vollständige Wechselbeziehung. Diese Konstruktion der gemeinsamen Seele verbindet alle Seelen auf solche Weise, dass in Folge der Vereinigung jede von ihnen das empfindet, was sie alle zusammen empfinden. Und dann wird die Erfassung absolut. Dieser Zustand heißt die endgültige Korrektur.
Nach dem Zustand der endgültigen Korrektur folgt der Zustand, bei dem die Seele, die das Licht von Oben bekommt, bis zu der Primärquelle, dem Schöpfer hinaufsteigt und ihm ebenbürtig wird. Aber diese Zustände werden in kabbalistischen Büchern nicht betrachtet. In unserem heutigen Zustand nehmen wir die Höhere Welt, die Stufen von unserer Welt bis zu der endgültigen Korrektur noch nicht wahr, weil wir kein sechstes Sinnesorgan haben. Wir können uns die höheren Empfindungen nicht vorstellen und um so weniger können wir uns die Zustände vorstellen, die höher als die endgültige Korrektur sind.
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns Deinen Kommentar!