Parasha Ki Tawo / Tora Abschnitt „Wenn du kommst“

5. Buch MoseDeuteronomium 26:10 – 29:8

Zusammenfassung

Der Abschnitt Ki Tawo (Wenn du kommst) beginnt mit dem letzten Teil von Moses‚ Rede, die er vor seinem Tod an das Volk richtet. Während des Einzugs in das Land Israel befiehlt Moses dem Volk, die Worte auf große, weiss getünchte Steine zu schreiben und daraus einen Altar für den Schöpfer zu bauen.

Außerdem beschreibt Moses den Segen, der über Israel kommt, wenn sie die Mizwot (Gebote) einhalten, und den Fluch, wenn sie es nicht tun. Er erklärt den Zustand des Segens und des Fluches auf den Bergen Ebal und Garizim und welcher der beiden Berge die Flüche und welcher die Segnungen darstellt. Auch wird beschrieben, wie und von welcher Seite her ein Menschen diese aussprechen soll.

Der Tora Abschnitt befasst sich auch mit den Mizwot der ersten Frucht und den Gesetzen zur Abgabe des Zehnten. Am Ende des Abschnitts fasst Moses die Ereignisse zusammen, die das Volk durchlaufen hat, und redet von der Hilfe des Schöpfers bei jedem seiner Schritte. Er erinnert das Volk eindringlich an die Verpflichtung, die Mizwot zu befolgen.

Kommentar von Rav Michael Laitman

Die Seele des Menschen besteht aus 613 Mizwot (Geboten). Zu Beginn sind sie alle wie der „böse Trieb“, d.h. sie haben nur das Verlangen nach dem eigenen Vorteil, der Sorge um sich selbst. Im schlimmsten Fall agiert dieses Verlangen, indem man lügt, stiehlt und andere zum eigenen Wohl ausnutzt. Der Mensch ist von Natur aus so erschaffen, dass er sich mit anderen vergleicht. Und selbst wenn er die anderen nicht benutzt, fühlt er sich dennoch besser, je schlechter es ihnen geht. Doch er kann sich darüber bei niemanden beschweren, denn der Schöpfer sagt: „Ich habe den bösen Trieb erschaffen.“ Dieser Prozess begann in Ägypten, als der Mensch den gesamten „bösen Trieb“, den Willen zu empfangen, erhielt.

Er wird am Berg Sinai enthüllt, an dem sich das ganze Volk einverstanden erklärt, „wie ein Mensch mit einem Herzen“ zu sein, um sich zu verbinden. Obwohl das Volk dort vor dem Berg des Hasses (Sinai) steht, ist es zur Verbindung bereit. Und dies obschon es alleine nicht in der Lage ist, das zu erreichen. Der Wunsch aber reicht aus, um die Kraft der Korrektur namens „Tora“ zu empfangen, deren Licht korrigiert.

Während des Prozesses der „vierzig Jahre in der Wüste“, welcher den größten Teil des in der Tora Beschriebenen umfasst, bereitet sich der Mensch auf die Korrektur vor. Er korrigiert sich in kleinen Schritten und enthüllt seine Natur, den „bösen Trieb“ jedes Mal aufs Neue. Er enthüllt, dass er schlecht ist, sündigt und bringt sich dadurch immer wieder in Schwierigkeiten, und wird ständig dafür bestraft.

Der in der „Wüste“ durchlaufene Prozess befähigt den Menschen zur Korrektur seiner Kelim (Gefäße). Von der Absicht, nur für sich selbst zu profitieren, hin zur Absicht, sich um andere zu sorgen. Die Korrektur kommt durch das Leiden von Oben oder durch das Erkennen des Menschen, wie er sich selbst korrigieren kann. Auf diese Weise erreicht er einen Zustand, der „Land Israel“ genannt wird. Dann ist er dazu bereit, seine eigennützigen Verlangen in Verlangen zum Nutzen andere zu wandeln.

Zu Beginn der Phase der „Wüste“, am „Berg Sinai“, korrigiert das „Volk“ all seine 613 Verlangen, aus denen seine verdorbene Seele besteht. Die Seele wurde so erschaffen, wie geschrieben steht: „Ich habe den bösen Trieb erschaffen.“ Da erreicht der Mensch einen Zustand, in dem er anderen nicht mehr schaden will. Dies wird  als das „Durchqueren der Wüste“ bezeichnet. Nun, kurz vor dem Einzug in das „Land Israel“, muss er seine Verlangen korrigieren, damit er mit ihnen anderen Menschen Gutes tun kann.

Die Arbeit in der „Wüste“ wird „was dir selbst verhasst ist, das tue deinem Nächsten nicht an“ genannt. Die Absicht, anderen Gutes zu tun, meint „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Dies ist die nächste Stufe, nach der „Wüste“, die Eroberung und die Arbeit im „Land Israel“. Dies ist die Arbeit des Menschen. Die Korrektur der Ausrichtung seiner Verlangen, von „für sich selbst“ hin zu „für andere“.

Wenn ein Mensch sich auf diese Arbeit ausrichtet, wird es „Tora studieren“ genannt, oder „dem Schöpfer dienen“. So führt er seine Korrektur durch. Schafft er es in seinem Leben in dieser Welt, diese zwei Etappen oder Stufen der Arbeit zu durchlaufen, erreicht er durch das „Durchqueren der Wüste“, das „Land Israel“ und damit das Ende der Korrektur.

Je weiter er durch die „Wüste“ in Richtung „Land Israel“ vorankommt, desto mehr erkennt er, dass sein Verlangen nach Korrektur besser ausgerichtet, konkreter, praktischer und klarer wird.

Davon spricht dieser Tora Abschnitt. Vom Aufbau von Malchut (Königreich) und Bina (Barmherzigkeit) und der Verbindung zwischen diesen beiden Stufen – dem Segen und dem Fluch. Die unkorrigierte Malchut ist der Fluch, und die korrigierte Stufe Bina, mit der sich Malchut verbindet, ist der Segen. Sie bilden zwei „Berge“ vor dem Menschen, der sie nutzt und dabei zwischen Segen und Fluch steht. Der Mensch befindet sich zwischen „zwei Linien“ und muss sich selbst als die „mittlere Linie“ aufbauen, was die Struktur der korrigierten Seele darstellt.

Im Abschnitt wird von „Steinen“ und dem „Bau des Altars“ gesprochen. Das Wort Eben (Stein) kommt von dem Wort Havana (Verständnis). Ein „Stein“ ist die Stufe von Bina. Ein Mensch muss sich über seinen Verstand erheben. Gelingt ihm das, erlangt er einen wahrhaft „göttlichen Verstand“ und ein „göttliches Herz“ über seiner egoistischen Natur. Aus dem Bewusstsein dieser neuen Errungenschaft heraus schreibt er auf die [nun weiss getünchten] „Steine“, auf Malchut, auch sein „steinernes Herz“ genannt. Obwohl das Herz, seine Verlangen, nicht korrigiert werden will, bringt der Mensch es allmählich zur Korrektur und baut mit ihm den „Altar.

Der Tora Abschnitt spricht auch über den Zehnten, den zehnten Teil, Malchut (Königreich, die zehnte Sefira) selbst. Sie erbaut sich selbst, je nachdem, wie viel sie empfängt oder nicht empfängt. Auch die „Beschneidung“ wird genau beschrieben: der Mensch muss erkennen, wie viel von jedem Verlangen er zugunsten anderer einsetzen kann oder nicht, was er mit dem Teil tut, den er nicht korrigieren kann, und wie er ihn trotzdem zugunsten anderer einsetzt. Es wird auch erklärt, wie er die Korrektur weiterführen soll.

Fragen und Antworten

Hier wird von einem Prozess der Erkenntnis des Bösen in Ägypten gesprochen, dem „Einzug in die Wüste“ und in das „Land Israel“. In der heutigen Zeit scheint es, als ob die Menschheit immer noch nicht in Ägypten angekommen ist.

Heute befindet sich die Menschheit in einer anderen Situation, weshalb sie nicht all diese Stufen erklimmen muss. In der Tora werden frühere Stufen der einen Seele beschrieben. In früheren Generationen versammelten sich Menschen und haben sich mit „Abraham“ verbunden, sind aus „Babylon“ aus – und in das „Land Kanaan“ eingezogen und von dort aus, den Stufen von „Isaak“ und „Jakob“ folgend, nach Ägypten gelangt.

Ägypten“ meint das Erwerben des egoistischen Willens zu empfangen. Ein Mensch will ihm entfliehen, weil er erkennt, dass er sehr schlecht für ihn ist. Alles Negative in seinem Leben kommt zu ihm, weil er egoistisch ist, weil er jeden hasst und er nichts dagegen tun kann. Er erschafft sich selbst diese Zustände, obschon er sie bedauert. Auf diese Weise schadet er sich selbst und vergeudet sein Leben auf einer niederen, tierischen Stufe – unfähig, auf eine höhere aufzusteigen.

In dieser Welt führt der Mensch ein Leben auf der tierischen Stufe, doch innerlich strebt er nach etwas Ewigen und Vollkommenen. Den meisten Menschen fällt es schwer, wie ein Tier zu leben, also klammern sie sich an die Hoffnung, dass das Leben in der nächsten Welt weitergeht. Ohne diese Gedanken wären sie nicht fähig, in dieser Welt weiterzuleben, denn das würde ihr Leben völlig bedeutungslos und sinnlos machen. Deshalb glauben so viele Menschen an eine nächste Welt. 

Die Inkarnationen, die ein Mensch bis heute durchlaufen hat, geben ihm das Verstehen und Erkenntnis seines Zustandes. Sie treiben ihn nun an, aus „Ägypten“ auszuziehen, weil er das Geben, die Göttlichkeit erlangen und sein Leben dadurch erheben will. Er ist bereits durch alle Phasen der Überprüfung und Korrektur gegangen. Er hat beschlossen, dass er sich über sein Ego erheben und in eine andere Dimension des Lebens eintreten will.

Die „Realität“ kann für diesen Mensch eine Welt des Empfangens für sich selbst bleiben. Gleichzeitig kann er aber aus sich selbst heraustreten und die tierische Stufe verlassen, auf der er sich in einem materiellen Körper befindet, und wahrnehmen, was außerhalb von ihm existiert. Dies ist dann eine andere, gleichzeitig existierende Realität, in der er nicht alles für sich selbst empfängt. 

Dies kann er mit der besonderen Methode, welche „die Weisheit der Kabbala“ genannt wird, erreichen. Er lernt durch sie, wie er richtig handelt und wie er dadurch die Realität außerhalb seines Körpers wahrnehmen kann. Er versteht diese Methode anfangs nicht, weshalb sie die „verborgene Welt“ oder die „verborgene Methode“ genannt wird. Diese Methode ist eine besondere Anleitung, die einem Menschen gegeben wird, der wirklich die Realität außerhalb von sich selbst fühlen will. Die „äußere Realität“ ist das vollkommene Geben an andere, die Liebe zu anderen. Sie ist der „inneren Realität“ völlig entgegengesetzt, in der es nur einem selbst gibt.

Das Erreichen dieses Übergangs erfordert einen Prozess. Ist das der hier beschriebene Prozess?

Ein Prozess des Übergangs ist nötig. Das ist der Grund, warum das „Volk“ „ öl.    /51“ genannt wird, von dem Wort Awar (übergehen, hinübergehen). Die ganze Arbeit des Mensch besteht in diesem Übergang.

Wo steht das „Volk Israel“ heute in Bezug auf diesen Prozess?

Das „Volk Israel“ aus „Babylon“ hat diesen Übergang geschafft und ist durch die „Wüste“ gegangen. Durch das Verlassen des Egos wurde die erste Korrektur vorgenommen. Das heißt, statt zu empfangen, hat das „Volk“ angefangen zu geben. Damit alle „Babylonier“ korrigiert werden können, musste das „Volk“ wieder zerbrochen werden und durch die „Zerstörung des Tempels“ gehen. Das bedeutet, wieder in das Ego zurückzufallen und in alle Nationen zerstreut zu werden. 

Die „zehn Stämme“ sind heute auf der ganzen Welt verstreut, und es ist nicht klar, wo sich diese Menschen befinden. Es geschieht etwas Besonderes über das Kabbalisten früherer Zeiten sprechen. „Zurückkehren“ bezieht sich nicht auf den Staat Israel, sondern dass ein Mensch durch die Stufen des Aufstiegs aus dem „Exil, aus Ägypten“, durch die „Wüste“, in das wahre „Land Israel“ gelangt. Die ganze Welt befindet sich nun in dieser Phase.

Was heute in der Welt geschieht, ähnelt der in der Tora beschrieben Zeit des „Pharaos“. Es steht geschrieben, dass der „Pharao“ „Israel“ näher an den Schöpfer heranführt. (1) Er bedrängt das „Volk“, behandelte es schlecht, sodass sie schlussendlich aus „Ägypten“ fliehen. So handelte der Schöpfer durch den „Pharao“. Er ist in Wirklichkeit ein treue Diener des Schöpfers, der Höheren Kraft. Diese Kraft wirkt auf den Menschen und die ganze Welt.

Die aktuelle Krise bringt die Menschheit in eine Situation, die sie nicht wie gewohnt überwinden oder verändern kann. Es nützt auch nichts, von einem Land in ein anderes zu fliehen. Kein Ort ist besser oder schlechter, weil die Krise überall zur gleichen Zeit, sehr klar und sehr schnell auftritt. Der einzige Ausweg, der „Weg nach Oben“ führt über „Und die Kinder Israels seufzten von der Arbeit“ (Exodus 2:23).

Das „Volk Israel“ hat diesen Prozess bereits einmal durchlaufen. Es trägt in sich Reshimot (Erinnerungen) und Gene aus früheren Zuständen. Aus diesem Grund muss es so schnell wie möglich „ein Licht für die Völker“ sein. Der Druck auf diese Menschen, die als „Volk Israel“ gelten, wird zunehmen. Je schneller dieses „Licht“ an die Welt weitergeben wird, indem ein gemeinsamer, großer Hilfeschrei an die Höhere Kraft erhoben wird, desto mehr Leid kann der Welt erspart werden. Die gute Zukunft der Menschheit hängt ganz vom inneren Kampf jedes Menschen des „Volkes Israel“, mit dem bösen Trieb ab. Und davon, wie die Welt, aber besonders auch das „Volk Israel“ selbst, dieser Aufforderung zur Korrektur nachkommt. Das wird der „Krieg von Gog uMagog“ genannt.

Welchen Mechanismus stellt der Segen und der Fluch dar?

Beide sind Kräfte, durch die der Mensch vorankommt.

Sind ist das „Werk des Schöpfers“?

Alles macht der „Schöpfer“, die Höhere Kraft. Er sagte am Anfang: „Ich habe den bösen Trieb erschaffen“. Die gesamte Entwicklung des Menschen ist ein Aufstieg angetrieben durch die „Peitsche“ die immer wieder auf den Menschen herabsinkt, ihn vorwärts treibt und ihm keine andere Wahl lässt, als vor ihr davon zu rennen, und dadurch in dem von ihr bestimmten Tempo voranzukommen.

Ein Mensch kommt so oder so im Rhythmus der „Peitsche“ voran, also durch Schläge. Das heißt „in Seiner Zeit“. Will er aber ohne Schläge schneller vorankommen, muss er selbst etwas dazu beitragen, was „ich will es beschleunigen“ heißt. Die Menschen des „Volkes Israel“ müssen die Zeit beschleunigen, wie es geschrieben steht, dass „Israel“ die Zeiten heiligt und sie verkürzt.(2)

Mit anderen Worten: Es gibt von Anfang an zwei Möglichkeiten?

Ja. Eine Möglichkeit ist durch den Fluch. Auch das ist eine Korrektur, denn Schläge sind Korrekturen. Die andere Option ist durch den Segen, durch den der Mensch nach vorne gezogen wird.

Ein Mensch muss alle Verlangen einschließen. Was geschah also am „Berg Sinai“, als das „Volk“ sich einverstanden erklärte, wie „ein Mann mit einem Herzen“ zu sein?

Mehr als alle Verlangen des „Volkes“ einzuschließen, ist nicht nötig. Alles andere bekommt der Mensch von der Höheren Kraft. Es ist eine große Arbeit, die getan werden muss, aber er bekommt Hilfe. Durch die Anweisungen in der Tora und die Kraft „Moses“, die den Menschen schneller nach vorne zieht und so verhindert, dass die Peitschenschläge ihn erreichen.

Die Tora spricht größtenteils von Ereignissen, die der Mensch gegen seinen Willen durchmachen muss. Es wird darin nie gesagt, dass ein Mensch alles auf eine gute und angenehme Weise durchlaufen kann. Sie weist nur auf Hindernisse, Probleme und Verfehlungen hin, die sich auf dem Weg befinden. Geht er den Weg entsprechend seiner Natur, ohne gegenseitige Unterstützung anderer, wird er „Flüche“ erleiden. „Flüche“ sind Strafen und Probleme, weil die Menschheit ein „halsstarriges Volk“(3) ist. Dies wird in der Tora mit dem „Weg durch die Wüste“ beschrieben. Dabei berücksichtigt die Tora nicht, dass sich ein Mensch schneller vorwärts bewegten könnte.

Hat der Mensch nur die Wahl, den Prozess positiv oder negativ zu durchlaufen?

Er hat nur die Wahl, dem Guten, dem Geben und der Liebe entgegen zu streben.

Den Gesamtplan kann man nicht ändern?

Nein, aber der Mensch kann alles anders, auf eine gute und wünschenswerte Weise, empfinden. Im Moment empfindet er alles als Druck, Schläge und Leiden; als ein wirklich hartes Leben.

Sohar für Alle, Wajera (Und ich erschien), Punkt 90

Erkenne diesen Tag und antworte auf dein Herz

Herz im doppelten Sinne“ bedeutet, dass der Gute Trieb und der böse Trieb, die im Herzen wohnen, sich miteinander verbunden haben und eins geworden sind. Und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen“ bedeutet, mit beiden Trieben zu lieben – dem Guten und dem Bösen. So werden die schlechten Eigenschaften des bösen Triebes gut, d.h. der Mensch wird dem Herrn mit diesen Trieben dienen und nicht mehr durch sie sündigen. Dann wird es keinen Unterschied zwischen dem Guten und dem bösen Trieb mehr geben und sie werden eins sein.

Wenn der „Berg Garizim“ dem „Berg Ebal“ gegenübersteht, welche Gut und Böse darstellen, dann wird sich der Mensch sicher für das Gute entscheiden. Wo liegt in diesem Fall seine Wahl?

In diesem Zustand besteht eine Verhüllung. Weiss ein Mensch, was gut und was böse ist, besteht für den Menschen keine Wahl. Von Natur aus wird er vom Guten angezogen und vermeidet das Schlechte. Wenn aber eine Verhüllung besteht, erkennt er nicht, was schlecht und was gut ist. Einen Segen oder einen Fluch geben, bedeutet nicht, dass an der einen Ecke jemand steht, der den Menschen schlägt, und an der anderen jemand, der ihm einen Kuchen backt. In diesem Fall besteht keine Wahl, denn es wäre offensichtlich, wohin man gehen muss. Auf diese Weise wäre der Mensch wie eine Marionette und deshalb nicht auf der menschliche Stufe.

Ein Mensch auf der spirituellen Stufe ist über sein Tier hinausgewachsen. Er lässt sich nicht zum Guten verleiten, wie zu einem Kuchen, noch läuft er vor dem Schlechten davon, weil darin der Fluch liegt. Vielmehr prüft sich dieser Mensch in Bezug auf Wahrheit und Lüge. Es ist möglich, dass das, was jetzt wie ein Fluch erscheint, in Wirklichkeit die Wahrheit ist, und das, was süß erscheint, die Lüge. Ein Mensch muss sich über das Gute und das Schlechte erheben, das seinem Bauchgefühl als solches erscheint. Er muss sich entsprechend seines Bewusstseins erheben, indem er sich zur Wahrheit und nicht zur Lüge hingezogen fühlt. Das ist die Prüfung, die so schwer für ihn ist.

Was ist Wahrheit und was Lüge?

Die Wahrheit ist die Stufe, die „Mensch“ genannt wird. Sie ist Elokim (Gott) ähnlich und der „Schöpfer“ ist ihr Maßstab, die Höchste Stufe, die ein Mensch erreichen muss, und welche alles einschließt. Der Mensch muss einen Zustand erreichen, der für ihn sowohl Wahrheit als auch Lüge ist. Das Gute und das Schlechte verbindet, wie geschrieben steht: „Ich habe den bösen Trieb erschaffen, ich habe für ihn die Tora als Gewürz erschaffen.“ Es ist ein Zustand, an dem sich alle Ursprünge verbinden, wie geschrieben steht: „Alle meine Quellen sind in Dir“ (Psalm 87:7).

Warum ist alles so aufgebaut, mit all den Bedingungen und Verhüllungen?

Es ist so aufgebaut, um dem Menschen durch die Spiritualität die Möglichkeit zu geben, wählen zu können. Ansonsten wäre er wie eine Marionette.

Aber den meisten Menschen ist das egal, und sie wollen auch keine Spiritualität. Sie haben erkannt, dass sie sowieso nicht wählen können, also wollen sie wenigstens ein gutes Leben haben.

Dies funktioniert so leider nicht. Denn der ganze Zweck der Schöpfung ist, aus der „Marionette“ zum Menschen zu machen. Ein Mensch, der ungeachtet von Gut oder Böse wählen kann, erhebt sich über die Prüfung durch seinen Körper, die „Marionette“ und wird dadurch zum Menschen.

Wenn der „Schöpfer“ nur wohlwollend ist, warum lässt Er den Menschen einen so schwierigen Weg gehen, bei dem er nicht erkennen kann, was der Sinn davon ist?

Die Absicht des „Schöpfers“, der Höheren Kraft, besteht darin, dem Menschen gerade durch das Leid und die Schwierigkeiten, in denen er sich befindet, die für ihn bestimmte, erhabene Arbeit zu zeigen. Die Welt bewegt sich auf eine Situation zu, in der die Menschen erkennen, dass sie keine Wahl haben. Es wird zu einer Krise kommen, welche die Menschheit nicht beheben und aus der sie nicht herauskommen oder sie überleben kann. Entweder nimmt sie die Arbeit des „Menschwerdens“ auf sich, oder sie wird gegen ihren Willen dazu gezwungen.

„Gegen den Willen“ bedeutet, dass es durch Leiden geschehen wird. Bis zu dem Punkt, an dem der Mensch sagt: „Ich will es“. Aus diesem Grund muss der Mensch lernen, der ihm aufgetragenen Arbeit zustimmen, denn dann wird sich ihm alles Gute sofort offenbaren.

(1) „Und als der Pharao nahe zu ihnen kam, erhoben die Kinder Israels ihre Augen, und siehe, die Ägypter zogen hinter ihnen her! Da fürchteten sich die Kinder Israels sehr, und sie schrieen zum Herrn.“ (Exodus, 14:10).

(2) Masechet Brachot, 49a.

(3) Exodus, 32:9

Glossar Parasha Ki Tawo

Erste Frucht   Wenn der Wille zu empfangen wächst, bringt ihn der Mensch zur Überprüfung, das meint die Korrektur. Dieser Wunsch des Menschen wird „erste Frucht“ genannt.

Der Zehnte   Der „zehnte Anteil“, ist der Zehntel des Verlangens, der nicht korrigiert werden kann. Malchut ist die zehnte Sefira der Struktur der Seele und sie kann nicht korrigiert werden. Sie ist der Wille, für sich selbst zu empfangen und nur durch das Verbinden mit den ersten neun Sefirot, den Eigenschaften des Gebens, kann sie korrigiert werden.

Da es nicht möglich ist, den Willen für sich selbst zu empfangen zu korrigieren, gibt ihn der Mensch stattdessen als „Zehnten“ ab. Das heißt, er arbeitet einfach nicht mit dem Teil, der nicht korrigiert werden kann. Stattdessen überlässt er ihn den gebenden Sefirot, damit dieser Teil am Ende der Korrektur von ihnen korrigiert wird.

Altar   Er ist der „Ort“, an dem die Korrektur vorgenommen wird und ein Mensch sich im Kontakt mit dem Höheren Licht befindet.

Segen empfangen   Es bedeutet, dass ein Mensch Kraft von oben erhält, um Handlungen des Gebens an andere zu vollziehen. Diese Kraft erscheint, nachdem er sich so vorbereitet hat, dass er wirklich Handlungen des Gebens durchführen will. Wenn das geschieht, kommt die Höhere Kraft zu diesem Menschen, und das wird einen „Segen empfangen“ genannt. Ein Segen ist das Or Choser (Reflektierendes Licht), die Kraft von Oben, welche den Menschen aktiviert. 

Fluch   Ein „Fluch“ in seiner einfachsten Form zeigt, dass ein Mensch die Höhere Kraft nicht bittet, und deshalb auch nicht empfängt. Auf der anderen Seite ist ein Segen das Empfangen der Kraft von Oben, um eine Handlung des Gebens an andere auszuführen. Dabei fühlt ein Mensch, dass er nun dem Schöpfer, Seiner Form, ähnlich ist.

Hilfe des Schöpfers   Alles, was ein Mensch braucht, ist die „Hilfe des Schöpfers“. Dann kann er alles tun. Die Schwierigkeit besteht nur darin, einen Zustand zu erreichen, in dem er ein wahres Gebet erhebt. Der Mensch muss nur mit dem „Schöpfer“ in Kontakt treten und dann alles mit seiner Hilfe, der Hilfe der Höheren Kraft, tun. Die Höhere Kraft kann dann alles im Menschen prüfen, all seine Verlangen und dann gibt Er ihm die Kraft zur Korrektur. So entdeckt er die Wahrheit: Von allen Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir.“(Psalmen, 139:5). Die Höhere Kraft tut alles nur für den Menschen.

Wahl    Die „Wahl“ des Menschen besteht darin, zu glauben, dass in Wahrheit die Höhere Kraft und nicht der Mensch der Handelnde ist. Der Mensch braucht sie nur zu bitten. Es steht geschrieben: Meine Söhne haben mich besiegt“, indem der Mensch die Höhere Kraft bittet Du hast uns gemacht, hilf uns, und tue es an uns“. Dadurch erreicht er die vollkommene Welt.

Die Bedeutung der „vollkommene Welt“ ist, dass auch der Mensch seinen Anteil zu all den Korrekturen seiner 613 Verlangen beigetragen hat. Denn er hat um ihre Korrektur gebeten. Das ist der Grund, warum dann ein Mensch die Welt als vollkommen, spirituell und ewig sieht.

Sohar für Alle, Wajera (Und ich erschien), Punkt 52-53

Ich werde dich herausführen, ich werde dich befreien, ich werde dich erlösen, ich werde dich holen.

Am Anfang steht geschrieben: ‚und ich werde euch aus der Last der Ägypter herausführen‘, und dann: ‚und ich werde euch von ihrer Knechtschaft befreien.‘ Und danach: ‚und ich werde euch erlösen.‘ Hätte Er nicht zuerst sagen sollen: ‚Und ich will euch erlösen‘, und dann: ‚Und ich will euch herausführen‘? In der Tat sagte Er zuerst das Wichtigste, denn Er wollte ihnen zuerst das Schönste mitteilen – den Auszug aus Ägypten.‘ Aber: ‚Das Schönste von allem ist: ‚Und ich will euch zu einem Volk machen, und ich will euch ein Gott sein.'“

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