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1986/5 Die Achtung vor dem Vater betreffend

Die Achtung vor dem Vater betreffend

Artikel Nr. 5, 1986

Im Heiligen Sohar[1] steht geschrieben: „Rabbi Shimon begann die Rede und sagte: ‚Ein Sohn ehrt seinen Vater, und ein Diener seinen Herrn.‘ ‚Ein Sohn ehrt seinen Vater‘ ist Isaak, der Abraham achtet. Er fragt: ‚Wann hat er ihn geehrt? Als dieser ihn an den Altar band … und er sich nicht weigerte, den Willen seines Vaters zu tun.‘ ‚Und ein Diener (ehrt) seinen Herrn‘ ist Elieser, der Abraham achtet. Als er Elieser nach Haran schickte, wo dieser alles tat, was Abraham wünschte, ehrte er ihn, wie es geschrieben steht: ‚Und der Herr segnete meinen Herrn.‘ Außerdem steht geschrieben: „Er sagte: ‚Ich bin Abrahams Diener“, um Abraham zu ehren. Denn ein Mensch, der Silber, Gold , Edelsteine und Kamele mitbringt, über Ansehen verfügt und schön ist, sagte nicht, er sei Abrahams Geliebter oder sein Verwandter, vielmehr: ‚Ich bin Abrahams Diener‘, um Abrahams Verdienst und Ehre in ihren Augen zu erhöhen.“

Er sagt[2]: „Darum steht geschrieben: ‚Ein Sohn ehrt seinen Vater, und ein Diener seinen Herrn.‘ Und ihr, Israel, Meine Söhne, es ist eine Schande für euch zu behaupten, dass Ich Euer Vater bin oder dass ihr Meine Diener seid. ‚Wenn Ich ein Vater bin, wo ist Meine Ehre? Und wenn Ich ein Herr bin, wo ist die Furcht vor Mir?'“

Man sollte die Worte des Heiligen Sohar verstehen: „Der Herr sagt: ‚Und ihr, Israel, Meine Söhne, es ist eine Schande für euch, zu behaupten, dass Ich euer Vater bin.'“ Das bedeutet, dass wir zwar sagen müssen, dass der Schöpfer unser Vater ist, wir es aber aus Scham nicht können. Wir müssen also wissen, wem wir sagen, dass Er unser Vater ist, und dass wir es aber nicht können, weil wir wissen müssen, was Scham ist. Denn es steht geschrieben: „Es ist eine Schande für euch.“

Dies ist allgemein verwirrend. Schließlich sagen wir jeden Tag: „Unser Vater, unser König“ und während des Achtzehnbittengebets: „Bring uns, unser Vater, zu Deinem Gesetz zurück“. Wem also sollen wir sonst sagen, dass der Schöpfer unser Vater ist und wir uns schämen, es zu sagen. Darüber ist der Schöpfer zornig und sagt: „Wenn Ich ein Vater bin, wo ist Meine Ehre?“

Wir sollten dies so interpretieren, dass „Der Herr ist unser Vater“ sich auf den Schöpfer bezieht. Wir sagen immer: „Unser Vater, unser König“. Darüber ist der Schöpfer zornig: „Wie könnt ihr euch nicht schämen, zu Mir zu sagen, dass Ich euer Vater bin, während ihr Mir keine Achtung entgegenbringt?“, wie in: „Wenn Ich ein Vater bin, wo ist Meine Ehre?“ Also sagt der Schöpfer: „Es ist eine Schande für euch, Mich ‚Unser Vater‘ zu nennen. Auch sehe Ich, dass für euch Meine Ehre im Staub liegt, was ‚Shechina (Göttliche Gegenwart) im Staub‘ genannt wird. Wie könnt ihr euch also nicht schämen, Mich ‚Unser Vater‘ zu nennen?“

„‚Und wenn Ich ein Herr bin, wo ist die Furcht vor Mir?‘ Ihr sagt, dass ihr alle Diener des Schöpfers seid, aber Ich sehe nicht, dass ihr Ehrfurcht habt, das heißt, die Furcht vor dem Himmel, die ihr auf euch nehmen solltet.“ Ein Diener ist jemand, der keine eigene Autorität hat, wie unsere Weisen sagten: „Wer einen Sklaven gekauft hat, hat seinen Rav gekauft.“ Vielmehr ist er vor dem Herrn annulliert, und alles, was er von seinem Herrn erhält, dient nur dazu, dem Herrn zu dienen und nicht sich selbst.

„Ich aber sehe, dass ihr den entgegengesetzten Weg einschlagt. Das heißt, ihr wollt, dass Ich euch diene, also eure Selbstliebe erfülle, und alles, was ihr von Mir wissen wollt, ist, wie ihr eure Herrschaft vergrößern könnt. Ihr seid also die Herren und Ich bin euer Diener. Und ihr lauft den ganzen Tag herum und beschwert euch über Mich, dass Ich euch etwas schulde und dass ihr, wenn ihr es mit Gewalt von Mir erhalten könntet, es bestimmt tun würdet.“

Was tat also der Schöpfer, damit wir nicht zwangsläufig empfangen? Er tat etwas Kleines: Er erschuf die Dunkelheit in der Welt, also die „Verhüllung“, für den Fall, dass die Geschöpfe nicht bereit sind, Diener zu sein und für Ihn zu arbeiten. Das wird „Empfangen, um dem Schöpfer Zufriedenheit zu bereiten“ genannt, was unsere Weisen „an Seinen Eigenschaften anzuhaften“ nannten. Solange wir uns in Gefäßen des Empfangens befinden, ist es umso schlechter, je mehr wir empfangen – also je weiter wir uns vom Schöpfer entfernen. Deshalb nahm Er eine große Korrektur vor, dass, wenn die Gefäße des Empfangens uns beherrschen, wir nichts von der Kedusha (Heiligkeit) sehen, aus der wir Genuss beziehen können.

Vielmehr sehen wir nur die Genüsse, die wir wahrnehmen können, die sogenannten „Genüsse der Trennung“. Wie der heilige ARI sagt, dass den Klipot (Hüllen/Schalen) eine schwache Erleuchtung für alle körperlichen Freuden gegeben wurde, damit sie existieren können. Dieses Licht der Körperlichkeit ist alles, was wir als Genuss wahrnehmen können. Aber über der Spiritualität befindet sich eine Wolke der Dunkelheit, die alle spirituellen Freuden verhüllt. Und weil wir keine Genüsse sehen, empfangen wir nicht zwangsweise, wenn der Hausherr nicht geben will. Daher fliehen wir, wenn der Wunsch nur auf Selbstliebe basiert, vor jeder wahren Sache, in der es Freude und Genüsse gibt, weil die Dunkelheit die Erde bedeckt.

Aus diesem Grund können wir nicht gleich mit der Arbeit in liShma (für Ihren Namen) beginnen, sondern müssen in lo liShma (nicht für Ihren Namen) anfangen. In liShma, was der wahre Weg ist, muss der Körper vor dieser Arbeit fliehen, so wie jede Art zu ihrer Art geht. Da wir mit Gefäßen des Empfangens erschaffen wurden, um zu empfangen, fliehen wir sofort, wenn wir einen Gedanken, ein Wort oder eine Handlung sehen, die unseren Gefäßen zu empfangen nichts bringen, weil dies nicht zu unserer Art gehört. Unsere Art ist die Natur, in der wir erschaffen wurden. Wir empfangen, um zu empfangen, und nicht, um zu geben.

Damit wir zu Beginn der Arbeit für den Schöpfer nicht vor der Arbeit des Gebens fliehen, müssen wir in lo liShma anfangen. Das heißt, wir halten die Tora und die Mizwot (Gebote), die der Schöpfer uns geboten hat, um von Ihm eine Belohnung für unsere Arbeit zu erhalten. Denn wir können nur für körperliche Dinge arbeiten – um Geld zu verdienen, Ansehen zu erlangen und Ruhe zu genießen. Wir verzichten auf die Erlangung von Geld, Ehre und anderen Begierden, die der Körper von uns verlangt und die uns Freude bereiten würden. Stattdessen halten wir die Tora und die Mizwot, die uns der Schöpfer geboten hat.

Wir sehen, dass der Körper, wenn wir von ihm verlangen, auf die Genüsse zu verzichten, von denen er glaubt, dass er sie genießen kann, fragt: „Was hast du davon?“ Das heißt: „Diese neue Arbeit, die du tun willst, wird sie dir mehr Genuss bereiten? Wenn nicht, warum musst du dann deinen Arbeitsplatz wechseln? Du bist es gewohnt, für diesen Hausherrn zu arbeiten, aber jetzt willst du für den Schöpfer arbeiten, weil Er deine Arbeit braucht? Wird Er dir einen höheren Lohn zahlen, was mehr Genuss bedeutet? Wirst du mehr genießen als in der Arbeit, an die du bereits gewöhnt bist?“

Wir sollten ihm antworten: „Bis jetzt hatten wir kleine Gewinne, also imaginären Genuss, aber jetzt werden wir großen Gewinn haben und unser Genuss wird echt sein, weil der Schöpfer uns einen spirituellen Lohn geben will. Doch ohne Arbeit wird es das Brot der Scham sein. Deshalb wurden uns Tora und Mizwot gegeben. Außerdem müssen wir glauben, dass Er uns gewiss dafür belohnen wird, dass wir auf unsere Bedürfnisse verzichteten, die uns großen Genuss bringen würden, im Gegenzug für eine echte spirituelle Belohnung.“

Und obwohl wir noch nicht wissen, was Spiritualität ist, glauben wir dennoch, dass sie eine große Sache ist. Im Vergleich dazu sind alle körperlichen Genüsse wie eine winzige Kerze, wie in den Worten des ARI erklärt wird. Er sagt, dass aufgrund des Zerbrechens der Gefäße und der Sünde am Baum der Erkenntnis, Funken in die Klipot fielen, um sie zu bewahren, damit sie nicht ausgelöscht werden, solange sie gebraucht werden. Aber der größte Teil der Freude und des Genusses findet sich in den Welten der Kedusha. Deshalb lohnt es sich für uns, in Tora und Mizwot zu arbeiten, denn dafür werden wir in der nächsten Welt für unsere Arbeit in Tora und Mizwot belohnt.

Wenn wir jedoch mit der Arbeit für den Schöpfer begonnen haben und die wirkliche Arbeit kennen wollen, wird uns gesagt: „Wenn Ich ein Herr bin, wo ist die Furcht vor Mir?“ Der richtige Weg ist daher, dass der Diener nur für den Hausherrn arbeitet und überhaupt nicht für sich selbst. Doch wir arbeiten nur, um im Jenseits belohnt zu werden. Wir wollen eine Belohnung für unsere Arbeit. Der Sklave arbeitet ohne Belohnung, und der Hausherr versorgt ihn nur mit dem Nötigsten, damit der Diener für ihn arbeiten kann. Denn der Diener hat kein Eigentum, von dem man sagen könnte, dass es dem Diener gehört. Vielmehr gibt es dort nur eine Herrschaft – die Herrschaft des Hausherrn.

Tatsächlich sollte all unsere Arbeit in Tora und Mizwot darauf ausgerichtet sein, die Gleichheit der Form zu erreichen, was Dwekut (Anhaftung) mit dem Schöpfer bedeutet. Die Beschäftigung mit Tora und Mizwot ist nicht so, wie wir bisher dachten – dass der Schöpfer will, dass wir Seine Tora und Mizwot einhalten und Er uns später dafür bezahlen wird. Vielmehr wurden uns Tora und Mizwot gegeben, damit wir sie einhalten, weil wir sie brauchen! Das heißt, durch das Befolgen der Tora und der Mizwot werden wir das Licht der Tora empfangen. Und durch dieses Licht werden wir in der Lage sein, die Gleichheit der Form zu erreichen, weil das Licht in ihr uns erneuert.

Was ist also die Belohnung, die wir als Gegenleistung für die Arbeit des Körpers verlangen sollten? Dass wir auf die Bedürfnisse des Körpers verzichten, um Tora und Mizwot zu befolgen. Es ist unmöglich, ohne Belohnung zu arbeiten, denn der Körper fragt sofort: „Warum verzichtest du auf die Genüsse, die du haben kannst? Was wirst du gewinnen?“

Die Antwort ist, dass all unser Gewinn darin besteht, dass wir mit dem Dienst für den Schöpfer belohnt werden. Das ist sehr wichtig, denn es ist wahr. Das bedeutet, dass wir mit der Anhaftung an den König der Könige belohnt werden. Aber wenn all unsere Genüsse darauf beruhen, dass wir jede Freude und jeden Genuss in den Dienst von uns selbst stellen und Freude an der Kleidung haben, die den Tieren und nicht unbedingt uns Menschen, den Höchsten aller Geschöpfe, gehören, dann genießen wir die gleichen Kleider wie Tiere. Das ist unwürdig für uns.

Vielmehr sollten alle Kleider, in denen wir Genuss empfangen wollen, Gefäße des Gebens sein. Das heißt, es ist unmöglich, ohne Genuss zu arbeiten. Aber wir messen unseren Genuss daran, wie viel wir dem König geben können. Wenn wir also wissen wollen, wie viel Lohn wir von unserer Arbeit erhalten, sollten wir nicht messen, wie viel Freude wir an unserer Arbeit haben oder wie viel Genuss es uns bereitet, dem König zu dienen. Vielmehr sollten wir es an unseren Taten messen, also daran, wie sehr wir den König mit unserer Arbeit erfreuen möchten. Daraus folgt, dass unsere Wichtigkeit darin liegt, dem König zu dienen. 

Und wenn wir prüfen wollen, ob wir in der Arbeit vorankommen, sollten wir dies auf zwei Arten tun: 1) Indem wir den Lohn betrachten, den wir vom Schöpfer zu erhalten hoffen. Wenn wir jeden Tag eine größere Belohnung erhalten, dann sind die Gefäße des Empfangens der Maßstab. 2) Wie sehr wir es genießen, dem Schöpfer zu dienen, und all unsere Belohnung ist das, was wir dem Schöpfer geben. Wenn wir zum Beispiel dem größten Menschen im Lande dienen, dann genießen wir es. Und wenn wir dem Größten in der Generation dienen, genießen wir es bestimmt noch mehr. Deshalb möchten wir, dass der Schöpfer in unseren Augen jeden Tag größer und wichtiger wird. Das ist das wahre Maß.

[1] Sohar (WaJera, Punkt 141)

[2] Sohar, Punkt 145

1984/17 Teil 1 In Sachen Wichtigkeit der Freunde

Zum Hörtext.

In Sachen der Wichtigkeit der Freunde innerhalb der Gruppe und wie man sie wertschätzt, hören wir, wie jeder Einzelne seinen Freund und dessen Wichtigkeit betrachten soll. Der Hausverstand sagt uns: Wenn ein Mensch seinen Freund niedriger als sich selbst einschätzt, will er ihn lehren, sich besser zu verhalten als er es im Moment tut. Infolgedessen kann er nicht sein Freund sein; er kann ihn höchstens als Schüler ansehen, aber nicht als Freund.

Doch wenn ein Mensch den Freund auf einer höheren Stufe als der eigenen sieht und erkennt, dass er gute Eigenschaften von ihm lernen kann, kann er diesen als Lehrer akzeptieren, aber nicht als Freund.

Daraus folgt, dass ein Mensch nur, wenn er seinen Freund als gleichwertig empfindet, ihn als Freund akzeptieren und sich mit ihm verbinden kann. Denn Freundschaft herrscht, wenn beide in der gleichen Situation sind. Das verlangt der gesunde Menschenverstand. Wenn beide gleiche Ansichten haben und sich verbinden, können sie gemeinsam das von beiden ersehnte Ziel in Angriff nehmen. Weiterlesen