Talmud Esser haSefirot, Band 1 – Innere Betrachtung

Rav Yehuda Ashlag

Als Erstes muss man wissen, dass, wenn die Rede von spirituellen Begriffen ist, die unabhängig von Zeit, Ort und Bewegung sind und überdies, wenn wir vom Göttlichen sprechen, so haben wir keine Worte, um diese Begriffe auszudrücken und darüber nachzusinnen, weil unser ganzer Wortschatz den Empfindungen unserer imaginären Sinne entnommen ist. Und wie können sie uns dort dienen, wo weder Sinne noch Vorstellungsvermögen herrschen?

Sogar wenn wir zum Beispiel das feinste Wort unserer Welt nehmen„Licht“, so ähnelt es [in unserer Vorstellung[1]] dem Licht der Sonne oder einem gefühlvollen Licht der Befriedigung. Also, wie kann man dann mit ihnen [spirituelle,] Göttliche Angelegenheiten ausdrücken? Sie werden mit Sicherheit versagen, dem Studierenden irgendetwas Wahres zu vermitteln.

Und schon gar nicht, wenn diese Worte das einem Buch zugrundeliegende Gedankengut der Weisheit enthüllen sollen, wie das bei jeder Forschungstätigkeit im Bereich der Wissenschaft üblich ist. Wenn ein einziges Wort fehlerhaft interpretiert wird, wird der Studierende unweigerlich in die Irre geführt und die ganze Angelegenheit wird für ihn weder Hand noch Fuß haben.

Aus diesem Grund wählten die Kabbalisten für ihre Wissenschaft eine besondere Sprache, die man als „Sprache der Zweige“ bezeichnen kann. In dieser Welt gibt es kein Wesen beziehungsweise keine Lenkung eines Wesens, dessen Wurzel nicht in der Höheren Welt anfangen würde. Darüber hinaus liegt der Beginn jedes Seins unserer Welt in der Höheren Welt und steigt dann allmählich in unsere Welt herab.

Daher fanden die Kabbalisten mühelos eine passende Sprache, mit deren Hilfe sie ihre Erkenntnisse einander mündlich und schriftlich von Generation zu Generation überliefern konnten. Denn sie bedienten sich der Namen von Zweigen in unserer Welt, und jeder Name ist so selbsterklärend, als würde er mit einem Finger auf die eigene Höhere Wurzel zeigen, die sich im System der Höheren Welten befindet.

Und schenke dem besondere Aufmerksamkeit, weil du in den kabbalistischen Büchern oftmals merkwürdige Ausdrücke antreffen wirst, die manchmal dem menschlichen Geist fremd sind. Denn nachdem sie diese „Sprache der Zweige“ auserwählten, um alles mit ihrer Hilfe auszudrücken, konnten sie keinen einzigen Zweig ungenutzt auslassen, auch nicht aufgrund seines niederen Grades. Sie konnten es nicht vermeiden, ihn im Ausdruck des gewünschten Konzepts nicht zu nutzen, da es keinen anderen Zweig in unserer Welt gibt, den man anstatt des ausgelassenen verwenden könnte.

So, wie zwei Haare sich niemals aus einer einzigen Haarwurzel ernähren, haben wir auch keine zwei Zweige, die zu derselben Wurzel zurückführen. Es ist auch unvorstellbar, jenes Objekt in der Weisheit, welches sich auf den minderwertigen Ausdruck bezieht, auszulöschen. Mehr als das, solch ein Verlust würde Schaden bringen und eine große Verwirrung auf dem gesamten Gebiet der Wissenschaft nach sich ziehen, denn es gibt keine andere Wissenschaft in unserer Welt, in welcher Begriffe so sehr miteinander verflochten wärenin Form von Ursache und Wirkung, Verursacher und Ergebniswie in der Wissenschaft der Kabbala, in welcher Begriffe von Anfang bis zum Ende wechselseitig verbunden und voneinander abhängig sind, wie eine lange Kette.

Und daher besteht hier keinerlei Wahlfreiheit, indem man schlechte Ausdrücke durch bessere ersetzt. Man muss immer genau den Zweig anführen, der mit dem Finger auf seine Höhere Wurzel verweist, und so lange ausführlich behandeln, bis man eine passende Definition findet, die dann allen interessierten Lesern verständlich ist.

Doch diejenigen, deren Augen sich noch nicht für das Höhere Licht geöffnet haben und die noch nicht über dieses Wissen von den Verbindungen der Zweige dieser Welt zu ihren Wurzeln in den Höheren Welten verfügen, sind wie Blinde, die eine Wand abtasten. Sie werden den wahren Sinn keines einzigen Wortes erkennen – denn jedes Wort ist ein Name des Zweiges, welcher sich auf die Wurzel bezieht –, außer wenn sie die Erklärungen aus dem Munde eines authentischen Weisen empfangen werden, der die Begriffe in unserer Alltagssprache erläutert. Dies gleicht dem Übersetzen von einer Sprache in eine andere, nämlich von der Sprache der Zweige in die Alltagssprache. Dann wird er in der Lage sein, den spirituellen Begriff, so wie er ist, zu erklären.

Und ich habe mich in dieser meiner Analyse bemüht, die zehn Sefirot so zu erklären, wie es der göttliche Weise ARI (Rabbi Izchak Luria) uns lehrtein Entsprechung ihrer spirituellen Reinheit und frei von jeglichen greifbaren Begriffen. Daher kann jeder Anfänger das Studium dieser Wissenschaft antreten, ohne Misserfolg in materieller Form oder einen Fehler zu erleiden. Das Verständnis dieser zehn Sefirot ermöglicht einem, auch die anderen Themen dieser Wissenschaft zu untersuchen und zu verstehen.

Kapitel Eins

„Wisse, bevor die Emanationen emanierten und die Geschöpfe erschaffen wurden, gab es nur das Einfache Höhere Licht, welches die ganze Wirklichkeit ausfüllte“ (Rabbi Izchak Luria, Baum des Lebens, Shaar 1, Heichal 1). Diese Worte erfordern eine Erklärung: Wie konnte das Einfache Licht die Wirklichkeit ausfüllen, bevor die Welten noch überhaupt erschaffen waren? Und auch  das Thema der Erscheinung des Willens zur Einschränkung, um dadurch „die Vollkommenheit Seiner Taten zu offenbaren“. Aus dem, was im Buche steht, kann geschlossen werden, dass es dort bereits irgendeinen Mangel gab.

Und auch die Frage nach dem zentralen Punkt, „der in Ihm ist“, in dem die Einschränkung stattfanddas ist sehr eigenartig, denn er sagte bereits, dass es dort weder Anfang noch Ende gab, und wenn dem so ist – wie kann es dann ein Zentrum geben? Tatsächlich sind diese Worte tiefer als das Meer, und daher muss ich sie ausführlich erklären.

In der gesamten Wirklichkeit gibt es nichts, was nicht in Ejn Sof existieren würde. In unserer Welt widersprüchliche Begriffe sind in Ihm beinhaltet, in Form von Eins, Einzig und Vereint.

1) Wisse, dass es kein Wesen in unserer Welt gibt – weder in dem, was wir mit unseren Sinnesorganen wahrnehmen, noch in dem, was wir mittels unseres Verstandes erkennen –, was nicht im Schöpfer selbst existieren und sich dort befinden würde. Denn alles kommt von Ihm. Kann etwa einer etwas geben, was nicht in Ihm enthalten ist?

Doch es ist notwendig, jene Begriffe, die in unserem Verständnis getrennt oder sogar entgegengesetzt sind, zu verstehen. So wie sich zum Beispiel der Begriff „Wissenschaft“ vom Begriff „Süße“ unterscheidet, denn Wissenschaft und Süße sind zwei gesonderte Begriffe. Der Begriff „Handelnder“ unterscheidet sich natürlich vom Begriff „Handlung“, denn der Handelnde und seine Handlung sind notwendigerweise zwei gesonderte Begriffe. Umso mehr ist das bei gegensätzlichen Begriffen wie „Süße“ und „Bitterkeit“; diese werden sicherlich gesondert untersucht.

Doch im Schöpfer befinden sich Wissenschaft und Genuss, Süße und Bitterkeit, Handelnder und Handlung und alle übrigen sich unterscheidenden und gegensätzlichen Eigenschaften und Formensie alle sind wie Eins eingeschlossen und vereint in Seinem Einfachen Licht, ohne jegliche Trennungen und Unterscheidungen zwischen ihnen, wie im Ausdruck „Eins, Einzig, und Vereint“.

„Eins“ deutet darauf, dass Er in vollkommener Gleichheit ist. „Einzig“ verweist auf das, was von Ihm ausgeht, dass nämlich die ganze Vielfalt der Formen in Ihm Eins sind, wie Sein Wesen. „Vereint“ verweist darauf, dass Er zwar eine Menge an Handlungen ausführt, aber all das von einer einzigen Kraft ausgeht, und sie alle kehren auch wieder zurück und vereinen sich in der Form des Einzigen. Tatsächlich verschlingt diese einzige Form alle Formen, die in Seinen Handlungen erscheinen.

Und das sind sehr feine Begriffe, und nicht jeder Verstand kann das begreifen. Rabbi Moshe Ben Nachman (RAMBAN) erklärt[2] den Begriff seiner Einheit in Form von „Eins, Einzig, Vereint“. Es gibt einen Unterschied zwischen „Eins“, „Einzig“ und „Vereint“:

  • Wenn Er sich vereinigt, um in einer Kraft zu handeln, so heißt Er „Vereint“.
  • Wenn Er sich aufteilt, um seine Handlungen auszuführen, wird jeder Teil von Ihm als „Einzig“ bezeichnet.
  • Und wenn Er in einer Gleichheit ist, heißt Er „Eins“.

Erklärung: „Vereinigt, um in Einer Kraft zu handeln“ bedeutet, dass Er handelt, um Genuss zu schenken, wie das Seiner Einheit entspricht, und es gibt keine Veränderungen in Seinen Handlungen. „Wenn Er sich aufteilt, um seine Handlungen auszuführen“, das heißt, wenn sich Seine Handlungen voneinander unterscheiden und Er so erscheint, als würde Er Gutes und Böses tun, dann wird Er als „Einzig“ bezeichnet, da es in allen Seinen unterschiedlichen Handlungen ein einziges Ergebnis gibtnämlich Genuss zu schenken.

Und wir finden vor, dass Er in allen Taten einzig ist und sich nicht durch die unterschiedlichen Handlungen verändert. Wenn Er in vollkommener Gleichheit ist, dann heißt Er „Eins“, das heißt, Eins verweist auf Sein Wesen (Azmuto), dass in Ihm alle Gegensätze in vollkommener Gleichheit sind. Und wie RAMBAM (Rabbi Moses Ben Maimon) schreibt: „In Ihm sind der Wissende, das Wissen und die Wissenschaft Eins, denn sehr erhaben sind Seine Gedanken über unseren Gedanken und Seine Wege über unseren Wegen.

Zwei Aspekte des Gebens: vor dem Empfang und nach dem Empfang

2) Und lerne am Beispiel von denen, die Manna aßen. Manna wird als „Brot vom Himmel“ bezeichnet, weil es sich nicht materialisierte, als es sich in diese Welt kleidete. Unsere Weisen sagten, dass jeder alles darin schmeckte, was er schmecken wollte.

Das bedeutet, dass es gegensätzliche Formen in sich hatte: Der eine fühlte darin süßen Geschmack und der andere scharfen und bitteren Geschmack. Deshalb waren im Manna selbst natürlich beide Gegensätze gemeinsam enthalten, denn kann man etwas geben, was man gar nicht hat? Und wenn dem so ist, wie kann es dann zwei Gegensätze in einem Objekt geben?

Daher müssen wir unbedingt zugeben, dass es einfach und frei von beiden Geschmäcken ist, und nur auf solch eine Weise aus ihnen besteht, dass der materielle Empfänger für sich denjenigen Geschmack aussondern kann, den er will. Und genau auf diese Art und Weise sollst du jeden spirituellen Begriff verstehen: er ist an sich einzig und einfach, aber er beinhaltet die ganze Vielfalt von Formen, die in der Welt existieren. Doch sobald er zum materiellen und beschränkten Empfänger gelangt, unterscheidet der Empfänger darin nur eine einzige Form aus der ganzen Vielfalt von Formen, die in diesem spirituellen Objekt vereint sind.

Und daher sollte man in Seinem Geben von Oben immer zwei Aspekte unterscheiden:

  1. Die Form des Wesens der Höheren Fülle, bevor sie empfangen wird, wenn sie noch Einfaches und Allgemeines Licht ist.
  2. Nachdem die Fülle empfangen wurde, erlangte sie eine gesonderte Form gemäß den Eigenschaften des Empfängers.

Wie kann man verstehen, dass die Seele ein Teil der Göttlichkeit ist?

3) Nun werden wir verstehen, was die Kabbalisten über das Wesen der Seele schreiben: „Die Seele ist ein Teil Gottes, von Oben eingegeben, und es gibt in ihr keinerlei Veränderungen gegenüber dem Ganzen, außer, dass die Seele ein Teil und nicht das Ganze ist.“ Sie gleicht einem Stein, der von einem Berg abgehauen wird: Das Wesen des Steins und das Wesen des Bergs ist das gleiche, und es gibt keinen Unterschied zwischen dem Stein und dem Berg, außer dass der Stein nur ein Teil des Bergs ist und der Berg das Ganze.

Diese Worte scheinen äußerst verwirrend zu sein. Am schwierigsten ist zu verstehen, wie man den Begriff der „Abspaltung eines Teils von der Gottheit“ erklären kann, die einem vom Berg abgeschlagenen Stein gleicht. Einen Stein schlägt man mittels einer Axt und eines Hammers vom Berg ab. Doch von der Gottheit wie und womit kann man das Eine vom Anderen abtrennen?

Das Spirituelle wird kraft der Veränderung der Form geteilt, wie das Materielle durch eine Axt geteilt wird.

4) Und bevor wir uns daran machen, die Sache zu klären, sollten wir das Wesen der Trennung erläutern, die in der Spiritualität wirkt: Wisse, dass spirituelle Objekte nur kraft der Veränderung der Eigenschaften voneinander getrennt werden. Das heißt, wenn ein spirituelles Objekt zwei Eigenschaften erlangt, dann ist es nicht mehr ein Objekt, sondern zwei.

Zeigen wir das am Beispiel der Seelen der Menschen, die ebenfalls spirituell sind. Das spirituelle Gesetz ist bekannt und seine Form ist sehr einfach. Es gibt genauso viele Seelen wie es Anzahl von Körpern gibt, und die Seelen leuchten darin. Doch infolge der Unterscheidung der Eigenschaften in jeder von ihnen sind sie getrennt, wie die Weisen lehrten: „ So wie ihre Gesichter nicht gleich sind, so sind auch ihre Meinungen nicht gleich.“ Und mit Hilfe des Körpers ist es möglich, die Formen der Seelen zu unterscheiden, ob jede einzelne Seele eine gute Seele oder eine schlecht Seele ist, ähnlich der Wahrnehmung unterschiedlicher Formen.

Und wir sehen, dass so, wie materielle Objekte durch eine Axt geteilt, abgeschlagen und abgetrennt werden und ihre Bewegung die Entfernung eines Teils vom anderen vergrößert, so werden auch spirituelle Objekte aufgrund des Unterschieds der Eigenschaften zwischen den Teilen geteilt, abgespalten und abgetrennt. Basierend auf der Größe ihrer Veränderung ist das Maß der Entfernung zwischen den Teilen.

Wie kann es im Geschöpf einen Unterschied der Form gegenüber Ejn Sof geben?

5) Doch noch wurde das nur in unserer Welt festgestellt, und zwar in den Seelen der Menschen. Jedoch bezüglich der Seele, welche einen Teil Gottes von Oben darstellt, haben wir noch nicht geklärt, auf welche Weise sie sich von der Göttlichkeit so weit loslöst, dass man sie als einen „Göttlichen Teil “ bezeichnen kann. Und man darf nicht sagen: „durch einen Unterschied der Form“denn wir haben bereits geklärt, dass die Göttlichkeit Einfaches Licht ist, welches die ganze Vielfalt der Formen enthält, einschließlich der gegensätzlichen Formen, die es in der Welt in einfacher Einheit gibt, in Form von „Eins, Einzig und Vereint“. Demzufolge, wie können wir den Unterschied der Form in der Seele schildern, sodass sie beginnen würde, sich von der Göttlichkeit zu unterscheiden und sich infolgedessen abspalten und als Teil des Schöpfers bezeichnet werden würde?

Tatsächlich zeigt sich diese Schwierigkeit am stärksten im Licht von Ejn Sof vor dem Zimzum (Einschränkung), da die ganze Wirklichkeit, die vor uns liegt, alle Welten – die Höheren und die unteren zusammen – in zwei Formen wahrgenommen werden:

  1. Die erste ist die Form dieser ganzen Wirklichkeit, so wie sie vor dem Zimzum ist, wo alles noch ohne Grenzen und ohne Ende war, und diese Form wird als das „Licht von Ejn Sof“ bezeichnet.
  2. Die zweite Form ist die Form dieser ganzen Wirklichkeit ab dem Zimzum und weiter nach unten, wo bereits alles Grenzen und Maße hat. Diese Unterscheidung wird als die vier Welten bezeichnet: Azilut, Brija, Yezira und Assija.

Und wisse, dass es keinen Gedanken und keine Erkenntnis vom Wesen des Schöpfers gibt, und es in Ihm keinerlei Namen und Bezeichnungen gibt. Wenn wir etwas nicht erfassen, wie können wir es dann mit einem Namen bezeichnen? Denn jeder Name deutet auf eine Erkenntnis hin, die anzeigt, dass wir sie als diesen Namen erfasst haben.

Daher gibt es natürlich im Wesen des Schöpfers keinerlei Namen und Bezeichnungen. Alle Namen und Bezeichnungen existieren nur in Seinem Licht, welches sich vom Schöpfer ausbreitet. Die Verbreitung Seines Lichts vor dem Zimzum, als es die ganze Wirklichkeit ohne Grenzen und ohne Ende erfüllte, wird Ejn Sof genannt. Demgemäß muss man verstehen, wodurch das Licht von Ejn Sof definiert wird und in welcher Hinsicht es aus Seinem Wesen so weit austritt, dass man es mit einem Namen bestimmen kann, wie wir das weiter oben bei der Seele erörterten.

Klärung der Worte [der Weisen]: „Daher wurden uns die Arbeit und die Bemühungen als Belohnung für die Seele vorbereitet, da ‚Jemand, der isst, was nicht sein Eigen ist, sich fürchtet, dem Geber ins Gesicht zu schauen.’“

6) Um diese erhabene Stelle zumindest ansatzweise zu verstehen, müssen wir tiefer ins Detail gehen. Wir sollten die Achse dieser ganzen Wirklichkeit, die vor uns liegt, und ihren allgemeinen Zweck untersuchen. Gibt es jemanden, der ziellos handeln würde? Und worin besteht dieses Ziel, aufgrund dessen der Schöpfer diese ganze vor uns liegende Wirklichkeit in den Höheren und in den unteren Welten erschuf?

Doch die Weisen verwiesen uns bereits an vielen Stellen darauf, dass alle Welten zusammen nur für Israel erschaffen wurden, welches die Tora und die Mizwot erfüllt. Dabei muss man die Frage der Weisen verstehen: „Wenn die Absicht der Schöpfung der Welten darin besteht, den Geschöpfen Genuss zu schenken, wozu sollte dann der Schöpfer diese materielle Welt erschaffen, die hässlich und voller Leiden ist? Denn natürlich hätte Er auch ohne diese den Seelen so viel Genuss schenken können, wie Er wollte – Warum bringt Er nun die Seele in diesen so hässlichen und dreckigen Körper?“

Und darauf antworteten sie, dass „Jemand, der isst, was nicht sein Eigen ist, sich fürchtet, dem Geber ins Gesicht zu schauen.“ Das bedeutet, dass es in jeder unverdienten Belohnung einen Makel gibtnämlich die Scham vor dem Geber. Damit die Seelen diesen Makel vermeiden, erschuf Er diese Welt, in welcher es Arbeit gibt. Man genießt erst, nachdem man Anstrengungen unternommen hat, denn man bekommt seinen Lohn im Tausch für die unternommenen Bemühungen, und so retten sie sich dadurch vor dem Makel der Scham.

Welche Beziehung besteht zwischen der Arbeit im Laufe von 70 Jahren und dem ewigen Genuss, da es kein größeres kostenloses Geschenk als dieses gibt?

7) Diese Worte der Weisen sind durch und durch sehr verwirrend. Unser hauptsächliches Streben und Gebet ist: „Errette uns von einem kostenlosen Geschenk.“ Und die Weisen sagten, dass dieser Schatz in Form eines kostenlosen Geschenkes nur für die größten Seelen in der Welt bereitet ist.

Und noch verwirrender ist ihre Erklärung: An kostenlosen Geschenken ist ein großer Mangel, nämlich die Scham vor dem Geber, die bei jedem entsteht, der ein unverdientes, kostenloses Geschenk bekommt. Zur Korrektur dieses Defekts hat der Schöpfer für uns diese Welt vorbereitet, in welcher es Mühe und Arbeit gibt, damit wir dann in der Kommenden Welt unseren Lohn bekommen, die Belohnung im Austausch für unsere Bemühungen und Anstrengungen.

Doch ihre Erklärung ist wirklich seltsam. Wem gleicht das? Das gleicht einem Menschen, der zu seinem Freund sagt: „Arbeite für mich einen kurzen Augenblick, und als Gegenleistung dafür werde ich dir alle Genüsse der Welt und die Befriedigung von Leidenschaften für den Rest deines Lebens geben.“ Denn es gibt kein größeres Geschenk als dieses, denn die Belohnung steht in keinem Verhältnis zur eingesetzten Arbeit, da die Arbeit in dieser vergänglichen Welt ausgeführt wird, die gegenüber der Belohnung und den Genüssen der ewigen Welt keinerlei Wert hat.

Und welchen Wert hat die vergängliche Welt, verglichen mit der ewigen Welt? Umso mehr gilt dies für die Qualität der Anstrengung, die, verglichen mit der Qualität der Belohnung, absolut keinen Wert besitzt.

Unsere Weisen sagen: „Der Schöpfer bestimmte, jedem Gerechten 310 Welten zu vermachen.“ Man kann jedoch nicht sagen, dass der Schöpfer einen Teil der Belohnung im Gegenzug für die unternommenen Anstrengungen gibt  und dann den restlichen Teil als kostenloses Geschenk; denn wenn dem so wäre, was haben dann die Weisen durch ihre Korrekturen geschafft? Der Makel der Scham vor dem Geber würde so im restlichen Teil des Geschenkes bleiben. Man soll ihre Worte jedoch nicht wörtlich verstehen, da es hier einen tieferen Sinn gibt.

Durch einen Gedanken wurde die ganze Wirklichkeit ausgeströmt und erschaffen. Dieser Gedanke ist der Wirkende, er ist die eigentliche Handlung, er ist die erwartete Belohnung und er ist das Wesen aller Bemühungen

8) Man muss den Plan des Schöpfers bei der Erschaffung der Welten und der vor uns befindlichen Wirklichkeit verstehen. Denn Seine Handlungen kamen nicht durch viele Gedanken, wie es uns eigen ist, hervor, weil Er – „Eins, Einzig und Vereint“ ist. Und so, wie Er einfach ist, sind auch die Lichter, die von Ihm ausgehen – einfach und vereint, ohne jegliche Vielfalt an Formen, so wie es geschrieben steht: „Eure Gedanken sind nicht Meine Gedanken und eure Wege sind nicht Meine Wege.“

Und daher vertiefe dich gedanklich darin und verstehe, dass alle Namen und Bezeichnungen sowie alle Welten, die Höheren wie die niederen, Ein einfaches Licht darstellen, Einzig und Vereint. Im Schöpfer selbst sind sowohl das ausströmende Licht als auch der Gedanke, die Handlung und der Handelnde, sowie alles, was das Herz nur erdenken und vorstellen kann; all das ist in Ihm ein und dieselbe Sache.

Dementsprechend urteile und erkenne, dass durch einen einzigen Gedanken die gesamte Wirklichkeit erschaffen wurde, die Höhere und untere zusammen, bis hin zur allgemeinen Endkorrektur. Dieser einzige Gedanke bewirkt alle Handlungen; er ist das Wesen aller Handlungen, das absolute Ziel, und er ist das Wesen der Anstrengungen. Und er ist die ganze Wirklichkeit, die ganze Vollkommenheit und die erwartete Belohnung, so wie RAMBAM oben schrieb: „Eins, Einzig und Vereint.“

Das Thema des Zimzum erklärt, wie von einem vollkommenen Handelnden eine unvollkommene Handlung hervorgeht.

9)  Der ARI (Rabbi Izchak Luria) hat in den ersten Kapiteln dieses Buches ausführlich den Begriff von Zimzum Alef (erste Einschränkung) erörtert, denn dieser Begriff stellt ein sehr tiefgehendes Thema dar. Sowohl alle Unkorrigiertheiten als auch diverse Mängel gehen vom Schöpfer aus und kommen von Ihm, so wie es geschrieben steht: „…formt das Licht und erschafft die Dunkelheit.“ Jedoch sind alle Unkorrigiertheiten und die Finsternis vollkommene Gegensätze zum Schöpferwie können sie dann aber von Ihm ausgehen? Und auf welche Weise kommen sie gemeinsam mit dem Licht und den Genüssen innerhalb des Schöpfungsgedankens vor?

Man darf jedoch nicht sagen, dass es sich um zwei voneinander getrennte Gedanken handelt. Also, wie resultiert dann das alles aus dem Schöpfer und gelangt letztendlich bis in unsere Welt hinab, die voller Schmutz, Leid und Hässlichkeit ist, und wie können sie nebeneinander existieren in einem einzigen Gedanken?

Kapitel Zwei

Erklärung des Schöpfungsgedankens

10) Nun kommen wir zur Erläuterung des Schöpfungsgedankens selbst. Zweifellos „verbirgt sich das Ende der Handlung in dem ursprünglichen Gedanken.“ Denn sogar ein materieller Mensch, der vielerlei Gedanken hatauch bei ihm resultiert das Ende der Handlung aus dem ursprünglichen Gedanken. Wenn er sich zum Beispiel mit dem Bau eines Hauses beschäftigt, dann wird sein erster Gedanke darin bestehen, die Form des Hauses festzulegen, in dem er leben möchte.

Viele vorangehende Gedanken und Handlungen sind erforderlich bis zum Abschluss jener Form, an die er bereits von Anfang an gedacht hatte. Diese endgültige Form beinhaltet letztendlich alle seine vorhergehenden Handlungen. Wir erkennen somit, dass das Ende der Handlung bereits im ursprünglichen Gedanken enthalten war.

Und das Ende der Handlung selbst ist die Achse und das Ziel, für welches alles erschaffen wurde, um seinen Geschöpfen Genuss zu schenken. Und es ist bekannt, dass der Gedanke des Schöpfers sofort vollendet wird und unmittelbar wirkt, denn Er ist kein Mensch, der Hilfsmittel und Instrumente für seine Handlung braucht; bei Ihm schließt allein der Gedanke sofort und unmittelbar die ganze Handlung ab.

Somit ist klar, dass sich allein im Wunsch des Schöpfers, den Geschöpfen mit Seiner Schöpfung Genuss zu schenken, dieses Licht sofort von Ihm aus in allen von Ihm ins Auge gefassten Arten und Größen von Genüssen, welche er bedacht hat, verbreitet. All das ist in diesem Gedanken eingeschlossen, und wir bezeichnen ihn als „Schöpfungsgedanken“. Dieser Schöpfungsgedanken wird als „das Licht von Ejn Sof“ bezeichnet, denn im Wesen des Schöpfers (Azmuto) selbst haben wir kein einziges Wort und keinen Begriff, um Ihn mit irgendeinem Namen festzumachen.

Kraft des Willens zu geben im Schöpfer entsteht unbedingt der Wille zu empfangen im Geschöpf, und das ist das Kli , in welchem das Geschöpf  Seine Fülle empfängt

11) ARI hat bereits eingangs erläutert, dass zu Beginn das Einfache Licht von Ejn Sof die ganze Wirklichkeit erfüllte. Das bedeutet: Da der Schöpfer gedachte, den Geschöpfen Genuss zu schenken, sich das Licht von Ihm ausbreitete und das Licht sozusagen aus Ihm heraustrat, so war auch in diesem Licht unmittelbar der Wunsch abgedruckt, Seinen Genuss zu empfangen.

Man soll auch in Betracht ziehen, dass dieser Wunsch das ganze Ausmaß des Lichts beinhaltet, das sich ausbreitet. Das heißt, das Maß Seines Lichts und der Fülle entspricht dem Maß Seines Willens, Genuss zu schenken, nicht mehr und nicht weniger.

Daher bezeichnen wir das Wesen des Willens zu empfangen, welcher kraft Seines Gedankens in dieses Licht abgedruckt wurde, mit dem Namen „Platz“. Wenn wir zum Beispiel sagen, dass ein Mensch Platz hat, um als Mittagessen ein Kilogramm Brot zu verzehren, und ein Anderer nicht mehr als ein halbes Kilo Brot essen kann, von welchem Platz ist dann die Rede? Bestimmt nicht von der Größe ihrer Mägen, sondern nur von der Größe des Strebens und des Wunsches zu essen. Wir sehen, dass das Maß des Platzes für den Empfang von Brot vom Maße des Wunsches und des Strebens nach dem Essen abhängt.

Umso mehr gilt das im Spirituellen, wo der Wille, Genuss zu empfangen, auch der Platz für den Genuss ist, und der Genuss nach dem Maß des Verlangens selbst gemessen wird.

Der Wille zu empfangen, der im Schöpfungsgedanken enthalten war, trat aus Seinem Wesen aus, um den Namen von Ejn Sof anzunehmen

12) Und das gibt uns die Möglichkeit zu verstehen, wie das Licht von Ejn Sof aus dem Wesen des Schöpfers austrat, in dem es keinerlei Worte und Begriffe gibt und mit dem Namen Or (Licht von) Ejn Sof bezeichnet wird. Basierend auf dieser Unterscheidung ist in diesem Licht somit der Wille eingeschlossen, von Seinem Wesen zu empfangen.

Das ist eine neue Form, die keinesfalls in Seinem Wesen (Azmuto) beinhaltet ist, denn von wem kann Er empfangen? Diese Form ist somit das komplette Ausmaß dieses Lichts.

Vor dem Zimzum war im Willen zu empfangen kein Unterschied der Form erkennbar.

13) Doch infolge Seiner Allmacht wurde diese neue Form noch nicht als eine Veränderung von Seinem Licht definiert, wie es heißt, dass „vor der Erschaffung der Welt Er und Sein Name Eins waren“.

„Er“ verweist auf das Licht, das in Ejn Sof ist, und „Sein Name“ verweist auf den „Platz“, welcher Malchut de (von) Ejn Sof ist, das heißt der Wille, vom Wesen des Schöpfers zu empfangen, der im Licht von Ejn Sof eingeschlossen ist.

Und er erklärt uns, dass Er und Sein Name Eins sind, wobei Sein Name Malchut von Ejn Sof ist, also das Verlangen – genauer gesagt, der Wille zu empfangen, der in die ganze Realität eingetaucht wurde, die bereits im Schöpfungsgedanken eingeschlossen war. Vor dem Zimzum ist in Ihm weder ein Unterschied der Form noch eine Ungleichheit von dem in Ihm selbst befindlichen Licht feststellbar. Das Licht und der Platz sind Eins, und wenn es dort irgendeinen Unterschied und Mangel im Platz im Vergleich zum Licht von Ejn Sof gäbe, dann wären das natürlich zwei Wahrnehmungen.

Zimzum bedeutet, dass Malchut de Ejn Sof ihren Willen zu empfangen verkleinerte – und das Licht verschwand, da es ohne Licht kein Kli gibt.

14) Und der Zimzum besteht darin, dass der Wille zu empfangen, der im Licht von Ejn Sof beinhaltet ist und als Malchut de Ejn Sof bezeichnet wirdalso der Schöpfungsgedanken in Ejn Sof, welcher die ganze Wirklichkeit in sich einschließt –, sich schmückte, um aufzusteigen und seine Form vollkommen dem Wesen des Schöpfers anzugleichen. Daher verkleinerte Malchut ihren Willen, Seine Fülle zu empfangen, in Bchina Dalet des Verlangens. Ihre Absicht war, dass dadurch alle Welten emanieren und erschaffen würden, bis hin zu dieser Welt.

Dadurch würde sie die Form des Willens zu empfangen korrigieren und zur Form des Gebens zurückkehren und somit zur Übereinstimmung der Form mit dem Schöpfer gelangen. Nachdem sie ihren Willen zu empfangen verkleinerte, verschwand das Licht von dort unverzüglich, da das Licht vom Verlangen abhängt und das Verlangen den Platz für das Licht darstellt. Denn in der Spiritualität gibt es keinen Zwang.

Kapitel Drei

Erklärung des Ursprungs der Seele

15) Nun wollen wir den Ursprung der Seele erläutern. Es heißt, dass sie ein Teil des Schöpfers von Oben ist. Es stellt sich die Frage, „wie und worin sich die Form der Seele vom Einfachen Licht so sehr unterscheidet, dass sie dadurch vom Ganzendem Schöpferabgetrennt wurde?“ Und nun ist klar, dass in ihr tatsächlich eine große Veränderung der Form stattfand, weil der Schöpfer zwar alle Formen enthält, die man  sich nur vorstellen kann; aber nach all dem oben Gesagten ist klar, dass es eine Form gibt, die nicht in Ihm enthalten ist, nämlich die Form des Verlangens zu empfangen, denn von wem sollte Er empfangen?

Was aber die Seelen angeht, deren Erschaffung auf dem Wunsch des Schöpfers basiert, ihnen Genuss zu schenken, was auch der Schöpfungsgedanke ist, so gilt in ihnen natürlich dieses Gesetz:  Genuss empfangen zu wollen und danach zu streben. Darin unterscheiden sie sich vom Schöpfer, weil sich ihre Form im Vergleich zu Seiner verändert hat. Wir haben bereits geklärt, dass materielle Wesen mittels der Kraft der Bewegung und der Ortsveränderung getrennt und voneinander entfernt werden. Und spirituelle Wesen werden mittels der Veränderung der Form voneinander getrennt und entfernt.

Das Ausmaß der Veränderung der Form bestimmt das Ausmaß ihrer Entfernung voneinander. Wenn der Unterschied der Form eine vollkommene Gegensätzlichkeit annimmt, von einem Extrem bis zum anderen, dann findet eine vollkommene Loslösung und eine gänzliche Absonderung statt, und zwar so weit, dass sie gar nicht mehr fähig sind, voneinander zu empfangen, da sie einander fremd sind.

Kapitel Vier

Nach dem Zimzum und der Entstehung eines Massach (Schirms) über dem Willen zu empfangen, hört dieser Wille auf ein Kli (Gefäß) für den Empfang zu sein und tritt aus dem System von  Kedusha (Heiligkeit) aus. Stattdessen wird Or Choser (Reflektiertes Licht) als Kli für den Empfang genutzt, und das Kli des Willens zu empfangen wird dem System der Tuma (Unreinheit) übergeben

16) Nach dem Zimzum und der Platzierung des Massach auf diesem Kli, welches als der „Wille zu empfangen“ bezeichnet wird, wird es für null und nichtig erklärt, trennt sich und tritt aus dem ganzen System der Heiligkeit aus, und an seiner Stelle wird das Or Choser zu einem Gefäß für den Empfang.

Und wisse, dass darin der ganze Unterschied zwischen ABYA de Kedusha (Heiligkeit) und ABYA de Tuma (Unreinheit) besteht, denn das Kli für den Empfang in ABYA de Kedusha ist das Or Choser, welches in Übereinstimmung der Form mit Ejn Sof korrigiert ist. Und ABYA de Tuma benutzen den eingeschränkten Willen zu empfangen, wobei das eine Form ist, die Ejn Sof entgegengesetzt ist. Und dadurch sind sie vom „Leben des Lebens“, also von Ejn Sof, abgetrennt und entfernt.   

Der Mensch ernährt sich von den Überresten der Klipot (Schalen) und benutzt dadurch wie sie den Willen zu empfangen

17) Und daraus sollst du die Wurzel aller Verdorbenheiten verstehen, die sich sofort in den Schöpfungsgedanken gemischt haben, welcher darin liegt, den Geschöpfen Genuss zu schenken. Nach der vollständigen Entwicklung der fünf allgemeinen Welten – Adam Kadmon und ABYA – und der Offenbarung der Klipot auch in den vier Welten ABYA de Tuma, in Form von „das Eine gegenüber dem Anderen erschuf der Schöpfer“, haben wir nun einen hässlichen materiellen Körper vor uns, von dem es heißt, dass die Neigungen des menschlichen Herzens von Kleinkindalter an böse sind.

Vom Kleinkindalter an besteht seine ganze Nahrung aus den Überresten der Klipot. Das ganze Wesen der Klipot und Tuma (Unreinheit) ist ihre Form des Verlangens nur [für sich] zu empfangen, und es gibt nichts vom Willen zu geben in ihnen.

Dadurch sind sie dem Schöpfer entgegengesetzt, denn es gibt in Ihm nicht das Geringste vom Willen zu empfangen, und Sein ganzer Wunsch besteht nur darin zu geben und Genuss zu schenken. Daher werden die Klipot als „tot“ bezeichnet, da sie wegen der Gegensätzlichkeit der Eigenschaften zum Leben des Lebens von Ihm getrennt sind, und es in ihnen nichts vom Licht des Schöpfers gibt.

Und deswegen ist auch der Körper, der sich von den Resten der Klipot ernährt, ebenfalls vom Leben abgesondert, und er ist voller Schmutz. Und all das ist die Folge des Willens nur zu empfangen und nicht zu geben, der ihm eigen ist. Denn sein Wille ist ständig bereit, die ganze Welt zu bekommen und sie gänzlich zu verschlucken. Aus diesem Grunde werden „Bösewichte zu Lebzeiten als ‚tot’ bezeichnet“, da sie infolge der Veränderung ihrer Form bis hin zur Gegensätzlichkeit zu ihrer Wurzelweil es in ihnen nichts von den Eigenschaften des Gebens gibtvom Schöpfer abgeschnitten sind und buchstäblich tot sind.

Und obwohl es manchmal scheint, dass es auch in Bösewichten etwas von den Eigenschaften des Gebens gibt, wenn sie zum Beispiel Almosen geben etc., heißt es doch von ihnen schon im Sohar, dass sie all das Gute, was sie tun, für sich selbst tun, da die Hauptsache ihrer Absichten ihnen selbst und ihrer Ehre gilt. Gerechte aber, die sich mit der Tora und den Mizwot mit der Absicht beschäftigen, keine Belohnung zu erhalten, sondern nur dem Schöpfer Genuss zu schenken, reinigen dadurch ihre Körper und verwandeln die Empfangsgefäße in ihnen in die Eigenschaft des Gebens.

Dadurch sind sie vollkommen mit dem Schöpfer verschmolzen, da ihre Eigenschaften vollständig mit den Seinigen übereinstimmen, ohne jeglichen Unterschied zwischen den Eigenschaften. Und das ist es, was die Weisen über den Ausspruch „Sag zu Zion: ‚Mein Volk bist du‘ erklärten, mit Mir seid ihr in Partnerschaft‘“[3]. Sie erklären, dass die Gerechten mit dem Schöpfer darin in Partnerschaft sind, dass Er die Schöpfung begann und die Gerechten die Schöpfung dadurch abschließen, dass sie das Gefäß des Empfangens in ein Gefäß des Gebens umwandeln.

Die ganze Wirklichkeit ist in Ejn Sof eingeschlossen und steigt aus dem bereits Existierenden herab. Und nur der Wille zu empfangen allein ist neu erschaffen und resultiert aus dem Nichts (Jesh mi Ajn).

18) Und wisse, dass die ganze Erneuerung, die der Schöpfer bei dieser Schöpfung vollbrachte, darin besteht, dass die Weisen sagten, dass Er sie aus dem Nichts – Jesh mi Ajn – erschuf. Und diese Erneuerung bezieht sich einzig auf den Willen zu genießen, der jedem Geschöpf eigen ist. Und außerdem wurde nichts in der Art der Schöpfung erneuert, wie es heißt: „Ich forme das Licht und erschaffe die Finsternis.“ Und RAMBAN erklärte, dass das Wort „Schöpfer“ (Bore) auf die Erneuerung (Chidush) hinweist, das heißt auf etwas, was zuvor nicht existiert hat.

Und wir sehen, dass es hier nicht heißt: „Erschafft das Licht“, und zwar, weil es darin keine Erneuerung in Form von Erschaffung „aus dem Nichts“Jesh mi Ajngibt. Denn das Licht sowie alles, was im Licht enthalten ist, das heißt alle angenehmen Empfindungen und Erkenntnisse in dieser Welt, all das resultiert aus dem Seienden (Jesh miJesh), das heißt, all das ist bereits im Schöpfer beinhaltet, und daher gibt es in ihnen keine Erneuerung, und aus diesem Grund heißt es „forme das Licht“, um zu zeigen, dass es darin keine Erneuerung und Schöpfung gibt.

Aber über die Finsternis, die alle unangenehmen Empfindungen und Erkenntnisse einschließt, heißt es im Gegenteil „und erschafft die Finsternis“, denn das erschuf Er Jesh mi Ajn – wörtlich: Dasein aus dem Nichts. Denn das gibt es im Schöpfer überhaupt nicht, sondern jetzt wird sie erneuert und erschaffen, und die Wurzel von alledem ist die Form des Willens zu genießen, welche in die Lichter eingeschlossen ist, die sich vom Schöpfer ausbreiten.

Zu Beginn ist sie einfach „dunkler“ als das Licht und wird daher in Bezug auf das Licht als „Finsternis“ bezeichnet, doch am Ende entwickeln sich deswegen Klipot, Sitra Achra und treten zutage sowie Bösewichte, die infolge dessen vollkommen von der Wurzel des Lebens abgetrennt sind. Und das ist, wie es heißt: „Und ihre Beine steigen in den Tod herab.“ Erklärung: „Beine verweisen auf den Abschluss einer Sache. Es steht geschrieben, dass es die Beine von Malchut sind, welche die Stufe des Willens zu genießen darstellt, den es bei der Ausbreitung des Lichts des Schöpfers gibt. Am Ende entwickelt sich aus ihr der Aspekt des Todes und der Sitra Achra[4] für jene, die sich von ihnen ernährten und zur Sitra Achra streben.

Da wir Zweige sind, die ihren Ursprung in Ejn Sof haben, nehmen wir das, was es in unserer Wurzel gibt, als Genuss wahr und das, was in ihr fehltals Last und Leid

19) Hier ist aber ein Missverständnis möglich, weil „diese Veränderung der Form des Willens zu empfangen unbedingt in den Geschöpfen erschaffen werden muss, und wenn nichtwie werden sie aus dem Schöpfer resultieren und aus dem Zustand des Schöpfers in den Zustand eines Geschöpfes kommen können?“ Denn das ist nicht anders vorstellbar als mittels der bereits erwähnten Veränderung der Form.

Darüber hinaus ist diese Form des Willens zu genießen das hauptsächliche Wesen der Schöpfung, um das sich der Schöpfungsgedanke dreht. Sie ist auch das Maß für die Güte und den Genuss, daher wird sie als „Platz“ bezeichnet. Warum heißt es dann von ihr, dass sie als „Finsternis“ bezeichnet wird und sich bis in die Bchina (Aspekt) des Todes erstreckt, wobei sie in den unteren Empfängern die Unterbrechung und die Trennung vom Leben des Lebens schafft?

Man muss auch nachvollziehen, worin der Grund für solch eine große Angst liegt, welche die Empfänger aufgrund der Unterscheidung der Form vom Schöpfer ergreift, und warum es solch eine große Wut gibt!

Um dies hinreichend klarzustellen, sollte man zuvor die Quelle aller Genüsse und Leiden eruieren, die wir in unserer Welt verspüren. Bekanntlich stimmt die Natur eines jeden Zweiges mit der seiner Wurzel überein. Daher werden alle Eigenschaften, die der Wurzel eigen sind, auch für den Zweig begehrenswert, lieb und erstrebenswert sein. Von allen Eigenschaften, die es in der Wurzel nicht gibt, wird sich auch der Zweig fernhalten, wird sie nicht dulden können und sie sogar hassen.

Und dieses Gesetz ist in jeder Wurzel und ihrem dazugehörenden Zweig gültig, und es ist unumstößlich. Da der Schöpfer die Wurzel aller Geschöpfe ist, die Er erschaffen hat, wird alles, was es in Ihm gibt und was zu uns auf direkte Weise von Ihm kommt, uns gefallen und angenehm sein, weil unsere Natur unserer Wurzel nahe steht. Alle Sachen, die es im Schöpfer nicht gibt und die nicht auf direkte Weise von Ihm ausgehen, sondern im Gegensatz zur Schöpfung selbst stehen, werden gegen unsere Natur sein und es wird uns daher schwer fallen, sie zu dulden.

Zum Beispiel lieben wir Ruhe und hassen Bewegung, und zwar so sehr dass wir keine Bewegungen ausführen, außer jenen, um Ruhe zu erreichen. Das kommt davon, weil unsere Wurzel selbst über keine Bewegung verfügt, sondern nur über Ruhe. Im Schöpfer gibt es überhaupt keine Bewegung und daher widerspricht sie auch unserer Natur und ist uns verhasst. Auf die gleiche Weise lieben wir Weisheit, Kraft, Reichtum und alle guten Eigenschaften, weil es sie im Schöpfer gibt, der unsere Wurzel darstellt, und wir hassen das Gegenteil von ihnen: Unwissenheit, Schwäche, Armut, Erniedrigung und dergleichen, weil sie absolut und gänzlich in unserer Wurzel fehlen und uns daher zuwider sind, und wir sie bis zur Unerträglichkeit hassen.

Doch man muss notwendigerweise erforschen, wie es sein kann, dass etwas zu uns gelangt ohne auf direkte Weise vom Schöpfer zu kommen, sondern von der Gegensätzlichkeit der Schöpfung selbst resultiert! Die Sache gleicht einem Reichen, der einen Armen von der Straße einlädt, ihm zu essen und zu trinken gibt und ihn tagtäglich mit Geld und Juwelen beschenkt, jeden Tag mehr als am Vortag.

Und man muss unterscheiden, dass der Arme in den riesigen Geschenken des Reichen gleichzeitig zwei Geschmäcke fühlt, die sich voneinander unterscheiden: Einerseits empfindet er riesigen, unendlichen Genuss an der Menge von Geschenken. Andererseits fällt es ihm schwer, solch eine Menge von Wohltaten zu erdulden und er empfindet Scham bei deren Empfang, und das erzeugt bei ihm Unerträglichkeitinfolge der Menge von Geschenken, die von Mal zu Mal wächst. Und natürlich kommt der Genuss, den er von den Geschenken hat, zu ihm auf direkte Weise von dem Reichen, der sie ihm gibt. Doch die unerträgliche Ungeduld, welche er an den Geschenken verspürt, geht nicht vom Geberdem Reichenaus, sondern vom eigenen Wesen des Empfängers. In ihm erwacht Scham aufgrund des Empfangens und des kostenlosen, unverdienten Geschenkes, und in Wirklichkeit geht auch das vom Reichen aus, doch natürlich nicht auf direkte Weise.

Da der Wille zu empfangen sich nicht in unserer Wurzel befindet, empfinden wir deswegen Scham und Unerträglichkeit. Und wie die Weisen sagten, „bereitete“ der Schöpfer in dieser Welt, um das zu korrigieren, die Möglichkeit der Arbeit mit der Tora und den Geboten, um den Willen zu empfangen in den Willen zu geben zu verwandeln

20) Aus allem Gesagten wird klar, dass wir in alle Formen, die zu uns auf indirekte Weise vom Schöpfer gelangen, Unerträglichkeit verspüren werden und sie gegen unsere Natur sind. Daraus kannst du erkennen, dass es in der neuen Form, die im Empfänger erschaffen wurde, nämlich im Willen zu genießen keine Verminderung oder Mangel bezüglich des Schöpfers gibt, und mehr als das verbirgt sich in ihm die hauptsächliche Achse Seiner Schöpfung. Ohne ihn gibt es überhaupt keine Schöpfung; doch der Empfänger, der Träger dieser Form ist, empfindet darin seiner selbst wegen Unerträglichkeit, weil es diese Form nicht in seiner Wurzel gibt.

Somit können wir die Erklärung der Weisen verstehen, dass diese Welt deshalb erschaffen wurde, damit „jemand, der isst, was nicht sein Eigen ist, sich fürchtet, dem Geber ins Gesicht zu schauen.“

Sie sprechen von der Veränderung der Form des Willens zu genießen, den es notwendigerweise in den Seelen gibt, da „jemand, der isst, was nicht sein Eigen ist, sich fürchtet, dem Geber ins Gesicht zu schauen.“ Das heißt jeder, der ein Geschenk empfängt, schämt sich beim Empfang infolge des Unterschiedes der Form von der Wurzel, in der es diese Form des Empfangens nicht gibt. Um das zu korrigieren, erschuf der Schöpfer diese Welt, und die Seele kommt in sie und kleidet sich in den Körper. Durch die Beschäftigung mit der Tora und den Mizwot mit der Absicht, dem Schöpfer Genuss zu bereiten, verwandelt er das Gefäß des Empfangens der Seele in ein Gefäß des Gebens.

Das heißt, ihrerseits besteht kein Streben nach diesem Genuss, sondern sie nimmt den Genuss an, um dem Schöpfer Genuss zu bereiten, dessen Wunsch es ist, dass die Seelen Sein Licht genießen. Weil sie von dem Wunsch, für sich selbst zu empfangen, befreit ist, schämt sie sich nicht mehr dem Geber in Sein Gesicht zu schauen, und auf diese Weise offenbart sich die volle Perfektion der Erschaffenen. Der Bedarf und die Notwendigkeit einer solch langen Entwicklung bis zu dieser Welt wird sich im weiteren zeigen, denn es ist unmöglich, diese riesige Arbeitalso die Umwandlung der Form des Empfangens in die Form des Gebensanderswo als in dieser Welt durchzuführen.

Bösewichte verlieren doppelt und Gerechte erben doppelt.

21) Komm und sieh, dass Bösewichte doppelt verlieren, weil sie beide Enden des Seils umklammern und bewegungslos sind. Denn diese Welt wurde vollkommen leer vom wahren Genuss erschaffen, und daher ist Bewegung unbedingt erforderlich, um etwas zu erreichen.

Es ist aber bekannt, dass die Vermehrung von Bewegungen dem Menschen Kummer bringt, weil das nicht direkt vom Schöpfer kommt. Doch leer zu verbleiben, ohne die Besitztümer und das Gute, ist ebenfalls unmöglich, weil auch das der Wurzel widersprechen würde, denn die Wurzel ist gefüllt mit allem Guten. Daher wählen sie im Leid die Vermehrung von Bewegungen, um eine Erfüllung in Form von Errungenschaften zu erreichen.

Jedoch aufgrund der Tatsache, dass alle ihre Errungenschaften und Reichtümer nur für sie selbst sind, und sogar „wenn der Mensch Hundert hat, er Zweihundert wünscht“, folgt dass er an seinem Todestag nicht einmal die Hälfte des Erwünschten hat. So leiden sie Qualen von beiden Seiten: sowohl den Kummer wegen der Vermehrung von Bewegungen, als auch den Kummer an Mangel von Errungenschaften, denn es fehlt ihnen überall die Hälfte des Erwünschten.

Aber die Gerechten erben in ihrem Land doppelt. Das heißt sobald sie ihren Willen zu empfangen in den Willen zu geben verwandeln und auch die Absicht um zu geben erreichen, dann erben sie doppelt, weil sie nicht nur den vollkommenen Genuss und die Fülle an Errungenschaften erreichen, sondern auch die Übereinstimmung der Form mit dem Schöpfer. Dadurch erreichen sie eine wahre Dwekut (Verschmelzung) und befinden sich sodann im Zustand von Ruhe, da der Genuss zu ihnen von Ihm kommt, ohne jede Bewegung und Mühe.

Kapitel Fünf

Die Schöpfungsabsicht verpflichtet alle Teile der Schöpfung, die Endkorrektur zu erreichen

22) Nun, da uns alles oben Gesagte verständlich wurde, werden wir die Kraft der Einzigartigkeit des Schöpfers begreifen, denn unsere Gedanken sind nicht die Seinigen, und wir werden die ganze Vielfalt von Eigenschaften und Formen, die wir in dieser ganzen vor uns liegenden Wirklichkeit erkennen. All das ist in Ihm in dem einzigen Gedanken vereint – den Erschaffenen Genuss zu schenken. Dieser Gedanke wird der Schöpfungsgedanke genannt. Dieser einzige Gedanke umfasst die ganze Realität in vollständiger Einheit bis hin zur Endkorrektur, weil in Ihm das ganze Schöpfungsziel enthalten ist. Dieser Gedanke ist der Handelnde, das heißt die Kraft, die in dem wirkt, was vollbracht wurde, weil das, was in Ihm nur ein Gedanke ist, in den Geschöpfen selbst zu einem verpflichtenden und unumgänglichen Gesetz wird. Da Er plante uns Genuss zu schenken, wurde in uns auf unumgängliche Weise diese Eigenschaft geschaffen, die Empfänger Seiner Güte und Seines Genusses zu sein.

Dieser Gedanke ist die Handlung. Das heißt, nachdem in unsere Natur dieses Gesetz fix eingeprägt wurdeder Wille Genuss zu empfangendefinieren wir uns selbst durch den Begriff „Handlung“.  Das beruht daher, dass wir infolge dieser Veränderung der Form aus dem Zustand des Schöpfers in den Zustand des Geschöpfes übertreten – aus dem Zustand des Handelnden in den Zustand der Handlung.

Der Gedanke ist auch die Arbeit und die Bemühung. Aufgrund der Kraft des Handelnden, die in dem Geschöpf wirkt, wächst und vergrößert sich in uns der Willens zu empfangen basierend auf der Entwicklung der Welten bis hin zum Zustand eines separaten Körpers in dieser Welt. Das heißt in Gegensätzlichkeit der Form vom Leben des Lebens. Innerhalb seiner Grenzen gibt es keinerlei Geben nach außen, und das bringt den Körpern den Tod und unterschiedliche Leiden und Mühsale für die Seele.

Und das ist der Begriff der Arbeit in der Tora und den Mizwot, um dem Schöpfer zu dienen. Durch das Leuchten des Lichtstrahls  am Ort der Einschränkung werden die heiligen Begriffe von Tora und Mizwot angezogen. Aufgrund der Bemühungen in der Tora und den Mizwot mit der Absicht, dem Schöpfer Genuss zu bereiten, verwandelt man langsam das in uns befindliche Kli des Empfangens allmählich in ein Kli des Gebens, und das ist die von uns ersehnte Belohnung.

Je unkorrigierter die Gefäße des Empfangens noch sind, desto unfähiger sind wir den Empfang des Genusses vom Schöpfer zu erweitern, und zwar aufgrund der Angst vor der Veränderung der Form, denn „jemand, der isst, was nicht sein Eigen ist, fürchtet sich, dem Geber ins Gesicht zu schauen.“ Dies war auch  der Grund für Zimzum Alef, jedoch indem wir unsere Gefäße des Empfangens korrigieren, damit sie über die Absicht zu geben verfügen, so erreichen wir die Angleichung der Kelim an den Schöpfer und werden somit würdig, uneingeschränkt Genuss zu empfangen.

Und wir sehen, dass all diese gegensätzlichen Formen in all diesen vor uns befindlichen Geschöpfen, insbesondere die Formen Handelnder und das Vollbrachte, sowie die Formen von Unkorrigiertheiten und von Korrekturen, die Formen von Arbeit und Belohnung dafür und sonstige, all das ist in Seinem einzigen Gedanken und in das einfache Ziel eingeschlossen. In einfachen Worten zusammengefasst „den Erschaffenen Genuss zu schenken“, exakt dies, nicht mehr und nicht weniger.

Und auf genau die gleiche Weise ist in diesem Gedanken die ganze Vielfalt von Begriffen eingeschlossen, sowohl spirituelle Begriffe, als auch Begriffe äußerer Wissenschaften. Die ganze Vielfalt an Geschöpfen und Welten und ihr mannigfaltiges Verhalten – all das resultiert aus diesem einzigen Gedanken.

Malchut von Ejn Sof bedeutet, dass Malchut dort kein Ende setzt

23) Aus dem Gesagten wird der Satz verständlich, der in den Tikkunim des Sohar bezüglich  Malchut von Ejn Sof erwähnt wird: ‚Die Schwellen erzitterten vor der Stimme der Erstaunten‘, als ob man fragen würde, ob es zulässig ist, Ejn Sof den Namen ‚Malchut‚ zu geben, denn in diesem Fall müssten dort auch die neun ersten Sefirot sein? Aus unserer Betrachtung wird klar, dass eben dieser Wille zu empfangen, der notwendigerweise im Licht von Ejn Sof eingeschlossen ist, als Malchut von Ejn Sof bezeichnet wird. Doch diese Malchut kreierte dort keinen Abschluss und setzte dem Licht von Ejn Sof keine Grenzen, da in ihr noch keine Veränderung der Form  aufgrund des Willens zu empfangen in Erscheinung trat. Deswegen wird sie als Ejn Sof bezeichnet, das heißt Malchut erschafft dort keinen Abschluss. Ganz im Gegenteil wird ab dem Zimzum und weiter nach unten in jeder Sefira und in jedem Parzuf kraft Malchut ein Abschluss erschaffen.

Kapitel Sechs

Es ist unmöglich, dass in einem Wesen der Wille zu empfangen anders zutage treten würde als in den vier Bchinot (Aspekten), und das sind die vier Buchstaben des Namens HaWaYaH

24) Man muss den Abschluss, der sich in Malchut ereignet, besser verstehen.

Zuvor sollten wir jedoch erörtern, was die Kabbalisten definiert haben: Es gibt kein Licht, egal ob groß oder  klein, weder in den Höheren noch in den unteren Welten, welches nicht entsprechend der Ordnung des Vierbuchstabennamen des Schöpfers HaWaYaH geordnet wäre.

Und das entspricht auch dem Gesetz, [welches im Baum des Lebens angeführt wird, und zwar] dass es kein Licht in den Welten gibt, welches nicht in ein Kli gekleidet wäre. Wir haben bereits den Unterschied zwischen dem Wesen des Schöpfers und dem sich von Ihm aus verbreitenden Licht erörtert, dass er nur den Willen zu genießen zur Ursache hat, der in das sich verbreitende Licht eingeschlossen ist. Dies ist eine Veränderung der Form vom Wesen des Schöpfers, in dem es diesen Wunsch keinesfalls gibt.

Dadurch wird das sich verbreitende Licht mit dem Namen „Geschöpf“  definiert, denn infolge dieser Änderung der Form tritt das Licht aus dem Zustand Schöpfer in den Zustand Geschöpf heraus. Wir haben auch erörtert, dass der Wille zu genießen, der im Licht des Schöpfers enthalten ist, das Maß der Größe des Lichts darstellt. Er wird auch als „Platz des Lichts“ bezeichnet und empfängt das Licht des Schöpfers im Maße des Willens zu empfangen und des Strebens danach, nicht mehr und nicht weniger.

Wir haben auch erörtert, dass dieser Wille zu empfangen alles Neue darstellt, was bei der Erschaffung der Welten mittels der Schöpfung von Existierendem aus Nichtexistierendem erschaffen wurde – somit buchstäblich aus dem Nichts.  Da diese Form allein keineswegs im Schöpfers beinhaltet ist, und der Schöpfer sie erst jetzt für den Nutzen des Geschöpfes in Form von „und schuf die Finsternis“ kreiert, da diese Form infolge der Veränderung der Form die Wurzel für die Dunkelheit darstellt. Deshalb ist sie [die neue Form] dunkler als das Licht, welches sich in ihr und aufgrund von ihr verbreitet.

Dadurch kann man verstehen, dass sich in jedem vom Schöpfer ausbreitenden Licht  sofort zwei Aspekte abzeichnen:

  1. Der erste Aspekt ist das Wesen des sich ausbreitenden Lichts bevor die Form des „Willens zu genießen“ in ihm erscheint.
  2. Der zweite Aspekt: nachdem sich in ihm die Form des „Willens zu genießen“ offenbarte, erlangt es eine etwas größere Grobheit und wird etwas dunkler aufgrund der Tatsache, dass es eine Veränderung der Form erlangt hat.

Der erste Aspekt ist das Licht, und der zweite Aspekt ist das Kli. Daher besteht jedes sich verbreitende Licht aus vier Bchinot der Eindrücke des Klis. Dies beruht darauf, dass die Form des Willens zu empfangen, die als „Kli für das sich verbreitende Licht“ bezeichnet wird, nicht vollständig in einem Schritt abgeschlossen wird, sondern nur in Form von Handelndem und Vollbrachtem.

Es gibt zwei Bchinot im Handelnden und zwei Bchinot im Vollbrachten, die als „Potential“ und „Vollbrachtes“ im Handelnden und „Potential“ und „Vollbrachtes“ im Vollbrachten bezeichnet werden, also insgesamt vier Bchinot.

Der Wille zum Empfangen wird im emanierten Wesen nur durch sein persönliches Erwachen tätig.

25) Weil das Kli die Wurzel der Dunkelheit ist, da es dem Licht entgegengesetzt ist, muss es deshalb langsam, schrittweise, durch Ursache und Folge aktiviert werden. Das ist die Bedeutung des Verses: „Das Wasser empfing und zeugte die Finsternis“ (Midrash Rabba, Shemot 80, 22).

Die Dunkelheit ist eine Folge des Lichts selbst und wird von ihm betrieben, wie bei der Empfängnis und der Geburt, d.h. potenziell und tatsächlich. Das bedeutet, dass der Wille zu empfangen, notwendigerweise in jedem sich ausbreitenden Licht enthalten ist, doch dies wird noch nicht als eine Veränderung der Form bezeichnet, bevor dieses Verlangen nicht auf eine bestimmte Weise im Licht in Erscheinung tritt.

Dazu reicht der Willen zu empfangen, der seitens des Schöpfers in das Licht einfließt, allein nicht aus. Vielmehr muss das emanierte Wesen selbst unabhängig davon den Willen zum Empfangen in sich offenbaren, und zwar in der Praxis, d. h. aus eigenem Entschluss. Das bedeutet, dass es die Fülle durch seinen eigenen Willen ausdehnen muss, und zwar mehr als das Maß des Lichts, welches sich in ihm vonseiten des Schöpfers ausbreitet.

Und nachdem das emanierte Wesen beginnt, aus eigener Wahl bei der Vergrößerung des Maßes an Willen tätig zu sein, prägt sich in ihm ein ständiges Streben und ein ständiger Wille zu empfangen ein, und dann kann sich auch das Licht auf permanente Weise in das Kli kleiden.

Und es ist wahr, dass das Licht von Ejn Sof sich scheinbar über alle vier Bchinot ausbreitet, bis zu einem großen Stadium des Willens vonseiten des Geschöpfes selbst, welches Bchina Dalet ist. Denn ohne das würde es überhaupt nicht aus dem Aspekt von seinem Wesen austreten, um durch einen eigenen Namen definiert zu werden, nämlich Ejn Sof.

Doch infolge der Allmacht des Schöpfers hat sich die Form aufgrund des Willens zu empfangen überhaupt nicht verändert, und dort ist keinerlei Veränderung zwischen dem Licht und dem Platz des Lichts, also dem Willen zu genießen feststellbar, und sie sind buchstäblich Eins.

Und wie es heißt „bevor die Welt erschaffen wurde, waren Er und Sein Name Eins.“ Tatsächlich ist dieser doppelte Verweis „Er“ und „Sein Name“ schwer nachzuvollziehen. Denn er sollte doch eher sagen, dass „bevor die Welt erschaffen wurde, Er Eins war.“

Doch gemeint ist das Licht von Ejn Sof vor dem Zimzum, denn wohl gibt es dort den Aspekt des Platzes und den Aspekt des Willens, von Seinem Wesen die Fülle zu empfangen, doch dasohne jegliche Veränderungen und Unterschiede zwischen dem Licht und dem „Platz“.

„Er ist Eins“ bedeutet jenes Licht von Ejn Sof und „Sein Name“der Wille zu empfangen, der darin ohne jegliche Veränderungen eingeschlossen ist [all dies] ist Eins. Und verstehe, was die Weisen andeuteten, dass „Sein Name“ (Shmo – שמו) in der Gematria denselben Zahlenwert hat wie „Wille“ (Razon – רצון), also dem „Willen zu genießen“.

Alle Welten in dem Schöpfungsgedanken werden als „das Licht von Ejn Sof“ bezeichnet. Und die Gesamtheit aller Empfänger im Licht von Ejn Sof wird als Malchut von Ejn Sof bezeichnet

26) Wir haben bereits folgendes erklärt: „Das Ende der Handlung ist im ursprünglichen Gedanken enthalten“, das bedeutet dass es sich um den Schöpfungsgedanken handelt, der sich aus Seinem Wesen ausbreitete, um Seinen Geschöpfen Genuss zu schenken. Wir haben festgestellt, dass im Schöpfer der Gedanke und das Licht Eins sind. Damit ist klar, dass das Licht von Ejn Sof, welches sich aus Seinem Wesen ausbreitet, die ganze Wirklichkeit einschließt, die vor uns liegt, bis zur zukünftigen Endkorrektur, die das Ende der Handlung darstellt, wobei in Ihm, im Schöpfer, alle Geschöpfe bereits in ganzer Perfektion und in ganzem Genuss vollendet sind, mit denen Er sie beschenken wollte. Und diese Wirklichkeit, die in aller notwendigen Ganzheit vollendet ist, wird als „das Licht von Ejn Sof“ bezeichnet, und alles, was darin eingeschlossen ist, wird als Malchut von Ejn Sof bezeichnet.

Kapitel Sieben

Obwohl sich nur in Bchina Dalet  eine Einschränkung vollzog, verschwand das Licht auch aus den ersten drei Bchinot.

27) Wir haben bereits erläutert, dass der zentrale Punkt, das heißt jener Punkt, der den ganzen Schöpfungsgedanken in sich einschließt und den Willen zu genießen darstellt, der darin eingeschlossen ist, sich schmückte, um seine Form dem Schöpfer in größerem Maße anzugleichen. Und obwohl es in Ihm aus der Perspektive des Schöpfers infolge Seiner Allmacht keinerlei Veränderung der Form gibt, empfand doch der Punkt des Willens darin eine gewisse indirekte Einwirkung des Schöpfers, so wie weiter oben im Beispiel vom Reichen und vom Armen bereits erläutert wurde. Daher verringerte er seinen Willen von der letzten Bchina, welches das größte Endausmaß des Willens zu genießen darstellt, um die Dwekut (Verschmelzung) auf dem Weg der direkten Ausbreitung von Seinem Wesen zu vergrößern.

Und dann leerte sich der ganze Platz von Licht, also alle vier Stufen (Stadien), die es in diesem Platz gibt. Und obwohl er seinen Willen nicht verkleinerte, außer allein in Bchina Dalet, ist doch die Natur des Spirituellen so, dass es sich nicht in Teile aufteilt.

Anschließend kehrte der Lichtstrahl wieder und erfüllte wieder die ersten drei Bchinot, und Bchina Dalet blieb ein leerer Raum.

28) Und danach kehrte das Licht von Ejn Sof wieder an seinen leer gewordenen Platz zurück, doch es erfüllte diesen Platz nicht in allen seinen vier Bchinot, sondern nur die ersten drei Bchinot, gemäß dem Willen des Punktes von Zimzum. Der zentrale Punkt, der sich einschränkte, blieb frei und leer, da das Licht nur bis zur Bchina Dalet leuchtete, und nicht überall vollständig, und dort hörte das Licht von  Ejn Sof auf.

Und wir werden des Weiteren den Begriff der Hitkalelut (Einschluss) von Bchinot (Stadien) ineinander klären, die in den Höheren Welten wirksam ist. Daraus soll dir klar werden, dass alle vier Bchinot ineinander auf solch eine Weise eingeschlossen sind, dass auch in Bchina Dalet selbst alle vier Bchinot vorhanden sind. Also stellen wir fest, dass auch in Bchina Dalet das Licht von Ejn Sof in die ersten drei Bchinot, die es in ihr gibt, eintrat und nur die letzte Bchina in Bchina Dalet allein leer und ohne Licht blieb.

Kapitel Acht

Chochma wird als Licht bezeichnet, und Chassadim – als „Wasser“. Bina wird als „Höhere Gewässer“ und Malchut – als „untere Gewässer“ bezeichnet.

29) Nun sollten wir das Wesen der vier Bchinot von Ursache und Folge ermitteln, die für das Erreichen der Vollkommenheit der Form des Willens zu empfangen notwendig sind, wie weiter oben gesagt wurde, in Form von „Die Gewässer wurden schwanger und gebaren die Finsternis.“. In Azilut gibt es zwei Bchinot von Licht: Die erste Art wird als „Licht“ bezeichnet, und das ist Or Chochma; die zweite Bchina wird als „Wasser“ bezeichnet, und das ist Chassadim.

Die erste Bchina steigt von Oben nach unten herab, ohne Hilfe vonseiten der Unteren, und die zweite Bchina steigt mit Hilfe vonseiten der Unteren herab und wird daher „Wasser“ genannt, und so ist die Natur des Lichts, dass seine Grundlage (Ursprung) oben ist, und die Natur des Wassers ist so, dass ihre Grundlage (Ursprung) unten liegt. Und verstehe das.

Und im Wasser selbst gibt es zwei Bchinot, das heißt die Höheren Gewässer, mittels der Bchina Bet von den vier Bchinot, und es gibt die unteren Gewässer, die mittels Bchina Dalet von den vier Bchinot entstehen.

Ermittlung der Ausbreitung des Lichts von Ejn Sof  in vier Bchinot, mit dem Zweck, ein Kli – den Willen zu empfangen – zu enthüllen

30) Und daher gibt es in jeder Ausbreitung des Or Ejn Sof zehn Sefirot, denn Ejn Sof ist die Wurzel und der Schöpfer, der Keter genannt wird, und das Licht der Ausbreitung selbst heißt Chochma, und das ist das ganze Maß der Ausbreitung des Lichts von Oben, von Ejn Sof.

Und es ist bereits bekannt, dass der Wille zu empfangen in jeder Ausbreitung des Lichts von Oben eingeschlossen, sich aber die Form des Willens zu empfangen nicht reell in einer Handlung offenbart, bevor das Geschöpf nicht dazu erwacht, ein größeres Licht zu wünschen und heranzuziehen, als das Maß seiner Ausbreitung bereits ist.

Und da der Wille zu empfangen im Licht der Ausbreitung bereits im Potential vorhanden ist, muss das Licht dieses Potential real in der Tat offenbaren. Daher erwacht das Licht, um einen Zusatz an Genuss heranzuziehen, der größer ist als sein Maß bei der Ausbreitung seitens Ejn Sof. Dadurch offenbart sich der Wille zu empfangen in der Tat, in diesem Licht, und erlangt eine neue Form mit geringfügigen Veränderungen von Eigenschaften, da er dadurch dunkler wird als das Licht, weil er zusätzliche Grobheit aufgrund der Erneuerung von Eigenschaften erlangte.

Jener Teil, der zusätzliche Grobheit erlangte, wird Bina genannt. In Wirklichkeit ist Bina jedoch ein Teil von Chochma, also das Wesen des Lichts der Ausbreitung von Ejn Sof. Jedoch infolge der Tatsache, dass in ihr der Wunsch groß wurde, aus Ejn Sof einen größeren Genuss heranzuziehen mehr als das Maß der Ausbreitung von Ejn Sof in ihr , erlangte sie deshalb eine Veränderung der Form und eine etwas größere Grobheit als das Licht. So bekam sie einen eigenen Namen – „Sefira Bina“.

Und das Wesen des Zusatzes an Genuss, den sie aus Ejn Sof heranzog, besteht in der Kraft der Überwindung des Verlangens in ihr, die als das Or Chassadim bezeichnet wird oder als „Höhere Gewässer“. Denn dieses Licht geht nicht direkt von Ejn Sof aus, wie das Or Chochma, sondern mithilfe des Geschöpfes, welches das Verlangen überwindet. Daher wird es bei einem eigenen Namen bezeichnet, als Or Chassadim oder „Wasser“.

Und wir sehen nun bezüglich der Sefira Bina, dass sie aus drei Arten von Licht besteht:

  1. das Licht des Wesens von Bina, und das ist ein Teil von Or
  2. die Vergrößerung von Grobheit und die Veränderung der Form in ihr, die sie mittels der Überwindung des Verlangens erlangte.
  3. das Or Chassadim, welches zu ihr mittels ihrer eigenen Anziehung aus Ejn Sof

Doch damit ist das Gefäß des Empfangens noch nicht in seiner Fülle abgeschlossen, da Bina, die das Wesen des Lichts Chochma darstellt, sehr erhaben ist, denn es handelt sich dabei um direkte Ausbreitung von Or Ejn Sof. Daher offenbart sich in Bina nur die Wurzel des Gefäßes des Empfangens sowie der Handelnde für die Handlungen des Kli.

Und dann breitet sich aus ihr wieder dieses Or Chassadim aus, welches durch die Kraft ihrer Überwindung herangezogen wurde, und es fügt sich ein kleines Leuchten vom Licht Chochma hinzu. Diese Ausbreitung des Or Chassadim wird Seir Anpin genannt oder CHaGaT.

Und dieses Licht der Hitpashtut  (Ausbreitung) unternimmt ebenfalls Anstrengungen neuen Genuss anzuziehen, der größer ist als das Maß des Leuchtens von Chochma, welches in seiner Ausbreitung von Bina vorhanden ist. Daher wird diese Ausbreitung ebenfalls als zwei Bchinot definiert, da das Licht der Ausbreitung selbst SA oder WaK heißt, und die darin inkludierte Überwindung heißt Malchut.

Und so kommen wir zu den Zehn Sefirot selbst:

  • Keter ist Ejn Sof;
  • Chochma ist das Licht der Ausbreitung von Ejn Sof;
  • Bina ist das Or Chochma, welches eine Anstrengung unternahm, die Menge an Genuss zu steigern und dadurch zusätzliches Awiut
  • SA, welches CHaGaT NeHJ einschließtdas ist das Or Chassadim mit dem Leuchten von Chochma, welches sich von Bina ausbreitet;
  • und Malchut ist die zweite Überwindung, um das Leuchten von Chochma zu steigern, mehr, als in SA vorhanden ist.

Die vier Bchinot im Willen zu empfangen sind die vier Buchstaben des Namens HaWaYaH, welche KaCHaB TuM darstellen

31) Und das sind die vier Buchstaben des Vierbuchstabennamens des Schöpfers: Die Spitze von Yud ist Ejn Sof, also die Kraft des Handelnden, die in den Schöpfungsgedanken eingeschlossen ist, den Geschöpfen Genuss zu bereiten, und das ist das Kli von Keter.

Yud ist Chochma, das heißt Bchina Alef, und das ist das Potential im Handelnden, die unmittelbar in das Licht der Ausbreitung von Ejn Sof eingeschlossen ist. Das erste Hej ist Bina, also Bchina Bet, und das ist der Aspekt des Austritts des Potentials in die verwirklichte Handlung, also das Licht, welches bezüglich Chochma zusätzliche Grobheit erlangte.

Waw ist SA, oder CHaGaT NeHJ, also die Ausbreitung von Or Chassadim, welches mittels Bina ausgetreten war, und das ist Bchina Gimel, der Aspekt des Potentials für die Offenbarung der Handlung. Das untere Hej im Namen HaWaYaH ist Malchut, also Bchina Dalet, der Aspekt der Offenbarung der Tat in der Vollkommenheit des Gefäßes des Empfangens, welches eine Anstrengung unternahm, einen Zusatz an Genuss heranzuziehen, größer als das Maß von dessen Ausbreitung aus Bina. Dadurch wurde die Form des Willens zu empfangen endgültig in gebührendem Maße vervollständigt und das Licht hüllt sich in sein Kli, also in den Willen zu empfangen, der erst in dieser vierten Bchina und nicht schon früher vollendet wird.

Daraus sollst du mit voller Klarheit verstehen, dass es in den Höheren sowie in den unteren Welten kein Licht gibt, welches nicht entsprechend der Reihenfolge des Vierbuchstabennamens geordnet wäre, also nach vier Bchinot.  Denn ohne dem ist der Wille zu empfangen, den es in jedem Licht geben muss, unvollkommen, da dieser Wille den Platz und das Maß dieses Lichts darstellt.

Die Buchstaben Yud und Waw des Namens HaWaYaH sind schmal, weil sie nur den Aspekt des Potentials darstellen

32) Und du sollst es dir nicht mit der Frage schwer machen, dass Yud doch auf Chochma, und Hej auf Bina verweist. Das ganze Wesen des Lichts, welches in den zehn Sefirot vorhanden ist, befindet sich in der Sefira Chochma. Und Bina, Seir Anpin und Malchut sind nur Kleidungen im Bezug auf Chochma. Demzufolge müsste jedoch Chochma über einen Buchstaben verfügen, welcher der größte im Vierbuchstabennamen wäre.

Es ist aber so, dass aus den Buchstaben des Vierbuchstabennamen nicht auf das Ausmaß und die Menge des Lichts in den zehn Sefirot geschlossen werden kann, sondern sie verweisen lediglich auf das Ausmaß der Beeindruckung des Klis. Die weiße Farbe in einer Torarolle verweist auf das Licht und die schwarze Farbe der Buchstaben in der Torarolle verweist auf die Qualität der Kelim.

Daher wird Keter, welches nur die Wurzel der Wurzel des Klis darstellt, nur mit dem Anfangspunkt des Buchstaben Yud angedeutet. Und Chochma, welche der Aspekt des Potentials vor der reellen Offenbarung in der Tat darstellt, wird mit dem kleinsten aller Buchstaben angedeutet, also mit Yud.

Auf Bina, in welcher das Potential in die Tat umgesetzt wird, wird mit dem breitesten Buchstaben Hej hingewiesen. Seir Anpin stellt nur die Kraft zur Umsetzung der Handlung dar und wird mit einem schmalen und langen Buchstaben bezeichnet, also Waw. Seine Schmalheit verweist darauf, dass das Wesen des Klis bisweilen erst in ihm als Potential und in Verhüllung verborgen ist. Die Länge der Linie verweist darauf, dass sich am Ende seiner Ausbreitung mit ihrer Hilfe ein vollendetes und vollkommenes Kli offenbart.

Denn Chochma schaffte es in ihrer Ausbreitung noch nicht, ein vollkommenes Kli zu offenbaren. Bina ist noch kein wirkliches Kli, sondern nur der Aspekt des Handelnden des Klis. Deshalb ist der Fuß von Yud kurz, was darauf verweist, dass es noch zu kurz ist, und dass es das vollständige Kli durch seine Ausbreitung und durch die Kraft, die in ihm verhüllt ist, noch nicht offenbart hat.

Auch Malchut wird mit dem Buchstaben Hej angedeutet, so wie Bina, und das ist ein breiter Buchstabe, der ein vollwertiges Gefäß symbolisiert. Und habe keine Schwierigkeiten damit, dass Bina und Malchut den gleichen Buchstaben habendas kommt daher, dass sie in der Welt der Korrektur tatsächlich einander ähnlich sind und ihre Kelim einander borgen, wie es geschrieben steht: „Und sie werden beide zusammen gehen“.

Kapitel Neun

Spirituelle Bewegung bedeutet Erneuerung der Veränderung der Form

33) Es bleibt uns noch, die Begriffe von Zeit und Bewegung zu erläutern, die wir fast in jedem Wort unserer Wissenschaft antreffen. Und wisse, dass spirituelle Bewegung nicht der physischen Bewegung von einem Ort zum anderen gleicht, sondern sie bedeutet Erneuerung der Form.

Jede Erneuerung der Form bezeichnen wir als „Bewegung“. Denn solche Erneuerung, also Veränderung der Form, die in einem spirituellen Objekt auftrat, im Unterschied zu allgemeinen Eigenschaften, die es zuvor in diesem spirituellen Objekt gab, bedeutet, dass sie sich abspaltete und von diesem spirituellen Objekt entfernte und dabei einen eigenen Namen und eine eigene Lenkung erhielt. Dadurch gleicht sie vollkommen einem materiellen Wesen, von dem sich ein bestimmter Teil abtrennt, verschiebt und an einen anderen Ort bewegt, und daher wird die Erneuerung der Form als „Bewegung“ bezeichnet.

Spirituelle Zeit bedeutet eine bestimmte Anzahl an neuen Veränderungen von Formen, die voneinander abstammen. „Zuvor“ und „Danach“ bedeuten Ursache und Wirkung

34) Bezüglich des Begriffs der Zeit als spirituelle Definition sollst du verstehen, dass das ganze Wesen des Begriffs der Zeit bei uns nichts anderes als Empfindung von Bewegungen darstellt. Denn der einbildende Verstand im Menschen zeichnet und konstruiert eine gewisse Anzahl an Bewegungen, welche er eine nach der anderen wahrnimmt und sie in eine bestimmte Menge an „Zeit“ übersetzt.

Wenn also der Mensch sowie alles, was ihn umgibt, in absoluter Ruhe verweilen würden, dann wäre überhaupt der Begriff von Zeit unbekannt. Gleiches gilt im Spirituellen: Eine bestimmte Summe an Erneuerungen von Formen, die als spirituelle Bewegungen definiert werden, die eine aus der Anderen in Form von Ursache und Folge resultieren, wird als „Zeit“ im Spirituellen bezeichnet. Und Begriffe von „zuvor“ und „danach“ bedeuten immer Ursache und Wirkung.

Kapitel Zehn

Das ganze Material, welches dem Geschöpf zugeschrieben wird, ist der Wille zu empfangen. Und jeder Zusatz in ihm wird dem Schöpfer zugeschrieben

35) Wisse, dass der Wille zu empfangen im Geschöpf, welcher das Kli in ihm darstellt, auch zugleich das ganze Material ist, welches dem Geschöpf zugeschrieben wird, so dass alles, was außerhalb von ihm existiert, dem Schöpfer beigemessen wird.

Der Wille zu empfangen ist die primäre Form eines jeden Wesens, und die primäre Form definieren wir als „Material“, da wir das Wesen selbst nicht erfassen

36) Der Wille zu empfangen wird von uns zwar als Erscheinung und Form des Wesens wahrgenommen, doch wie kann man ihn als das Material des Wesens erfassen? Tatsächlich ist es auch so bei den Wesen, die uns umgeben. Wir bezeichnen auch die primäre Form des Wesens als „primäres Material“ („Urmaterial“) dieses Wesens, weil wir keinerlei Erkenntnis und Wahrnehmung von irgendeinem Material haben. Denn unsere fünf Sinnesorgane sind nicht darauf vorbereitet. Das Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten vermittelt dem untersuchenden Gehirn lediglich abstrakte Formen von „Vorfällen“ des Wesens, die nur durch eine Wechselwirkung mit unseren Sinnesorganen eine Form erlangen.

Wenn wir zum Beispiel sogar mikroskopisch kleine Atome nehmen, die sich in primärer Basis irgendeines Wesens befinden und mittels chemischer Prozesse ausgesondert wurden, so sind auch sie nichts anderes als abstrakte Formen, die sich unseren Augen auf diese Weise darstellen.

Genauer gesagt können sie mittels des Willens zu empfangen und empfangen zu werden, den wir in ihnen finden, von uns erkannt und definiert werden.

Nach den Gesetzen dieser oben genannten Handlungen kann man diese Atome in ihren unterschiedlichen Modifikationen ermitteln und kenntlich machen, bis hin zum primären Material dieses Wesens. Doch auch dann sind es nur Kräfte in diesem Wesen und nicht das Material. Wir sehen, dass wir also auch im Materiellen keine andere Möglichkeit haben, das primäre Material zu verstehen, außer nur in der Annahme, dass die primäre Form das primäre Material darstellt, welches alle übrigen Fälle und Formen enthält, die daraus folgen, geschweige denn in den Höheren Welten, denn nichts von dem, was unsere Sinnesorgane empfinden und sich vorstellen können, ist dort gültig.

[1] Anmerkung des Herausgebers

[2] im Kommentar zum Sefer Yezira („Buch der Schöpfung“), Art. 1, S. 7

[3] Erklärung im „Vorwort zum Buch Sohar“, Punkt 67; In Hebräisch wird „mein Volk“ (Ami) und „mit mir“ (Imi) gleich geschrieben, lediglich unterschiedlich ausgesprochen.

[4] Aramäisch: die andere Seite