Die Welt der Unendlichkeit

Von Dr. Michael Laitman

Wir wissen nichts über den Schöpfer, wir kennen nur Seinen Willen, uns zu erschaffen und uns Freude, Vergnügen oder Genuss zu bereiten. Nach Seinem Plan entspringt der Wunsch nach Vergnügen aus dem Nichts. Des Schöpfers Wille zur Schöpfung wird Keter (Krone) genannt, da er Seinen Willen, uns Freude zu geben, wie eine Krone umgibt. Die Schöpfung von Keter kann man sich als ein Gefäß (Kli) vorstellen, welches vorbereitet wird, die Freude oder das Licht des Schöpfers (Or) zu erhalten. Dieser Punkt der Schöpfung wird Chochma (Weisheit) genannt und das Vergnügen, welches das Kli erfüllt, wird Or Chochma (Licht der Weisheit) genannt.

Da das Verlangen nach Vergnügen der einzige Wunsch des Menschen ist, verweist uns der Schöpfer darauf, dieses auch zu verwenden. In vielen Ländern sehen wir an den heißen Sommertagen Wassermelonen-Verkäufer in Autos oder bescheidenen Karren nach Kunden rufen. Warum arbeiten diese Männer so hart unter der brennenden Sonne? Der Schöpfer gab ihnen den Wunsch, ihren Familien Freude zu bringen. Sie bereiten jedoch auch anderen Genuss, indem sie die saftige durstlöschende Frucht verkaufen. So bringt das Licht dem Geschöpf nicht nur das Vergnügen für sich selbst, sondern auch die Fähigkeit, anderen zu geben. Das Geschöpf (Kli) lehnt diese Fähigkeit jedoch ab. Die Freude, welche von der freiwilligen Verweigerung, das Licht zu empfangen (erhalten), entsteht, wird Or Chassadim genannt. Dieses Stadium der Entwicklung des Geschöpfes wird Bina genannt.

Das Leben ist jedoch ohne Or Chochma unmöglich. Die neue Form des Geschöpfes (Bina) beginnt nun damit, minimale Portionen des Lichtes zu empfangen und wird in eine neue Art umgewandelt, welche als Seir Anpin bezeichnet wird. Die weitere Entwicklung des Geschöpfes bringt einen neuen Wunsch, das Licht zu genießen, zum Vorschein, es wird zu einem neuen Gefäß – Malchut (Königreich, welches das Königreich des Wunsches meint)

Somit gibt es die folgenden Stadien (Phasen) der Schöpfung und der Entwicklung des Geschöpfes (Kli):

  1. KETER. Der Wille des Schöpfers, das Kli zu erschaffen, ihm Vergnügen und Freude zu bringen.
  2. CHOCHMA. Der Wunsch nach Vergnügen, welcher aus dem Licht entstanden ist.
  3. BINA. Das Vergnügen, welches nicht vom Licht kommt, sondern vom Zurückgeben an den Schöpfer.
  4. SEIR ANPIN (SA). Das Empfangen eines Teils vonb Or Chochma, welches für das Leben notwendig ist.
  5. MALCHUT. Indem es die Wichtigkeit von Or Chochma wahrnimmt, versucht SA, sich mit diesem Licht zu füllen und wird folglich zu Malchut.

Malchut ist das einzige reale Kli (Geschöpf), weil es sich wünscht, das gesamte Vergnügen vom Schöpfer zu empfangen. Die vorhergehenden Formen sind keine realen Kelim, sondern Stufen der Entwicklung. Der Wille des Schöpfers ist es zu erschaffen, das Kli möchte selbst sein Licht genießen. Malchut, welche voll des Lichtes ist, wird Olam Ein Sof genannt – Welt der Unendlichkeit. Bewegung bedeutet eine Änderung der Wünsche, die den nahen Geschöpfen (Kelim) zur Geburt verhelfen. Die Zeit ist eine Kette ausgehend von der Ursache (dem ersten Verlangen) zum Effekt (der zweite Wunsch – Sekundärwunsch). „Die Welt der Unendlichkeit“ bedeutet ein Gefäß voller Freude ohne jegliche Begrenzung – ein erfülltes Verlangen. Dies ist der Zustand des Kli Malchut. Folglich ist Malchut, vom Gesichtspunkt des Schöpfers aus gesehen, die Beendigung des Ablaufs der Schöpfung.

Das Ziel der Schöpfung ist, eine neue Form, das Geschöpf, zu erschaffen, und es mit unermesslicher, absoluter Freude zu füllen. So gab der Schöpfer dem Geschöpf einen großen Wunsch danach, die Freude zu empfangen. Den Wunsch zu empfangen, Razon lekabel, kann man sich als Gefäß (Kli) vorstellen, welches ein Fassungsvermögen (Kapazität) proportional zur Kapazität des Wunsches und der Quantität des Lichtes, welches das Gefäß füllt, besitzt. Das Licht, welches vom Schöpfer kommt, existierte bereits vor der Schöpfung. Dieses Licht ist die Essenz des Schöpfers. Was den Wunsch, die Freude zu empfangen, betrifft, besitzt der Schöpfer selbst diesen Wunsch nicht, aber Er gab ihn den Geschöpfen. Alle Welten sind nichts anderes als unterschiedliche Formen, die den Wunsch, das Licht des Schöpfers zu empfangen und zu genießen, vorführen und ausdrücken.

Wir alle sind Teile des Kli-Malchut-Verlangens, um Nahrung, Wärme und andere Freuden, als kleine Funken des Lichtes in unserer Welt zu empfangen. Vom Betrachtungspunkt des Schöpfers sind wir alle vollkommen. Wir müssen jedoch einen langen Weg des Fortschrittes und der Transformation durchlaufen, um die spirituellen Welten wahrzunehmen.

Jedes Geschöpf hat nur einen Wunsch – zu genießen. Der Schöpfer ruft bestimmte Handlungen hervor, in dem Er den Menschen in eine Lebensroutine versetzt und die Bedürfnisse während seines Lebens ändert. Es erscheint dem Menschen, als handle er nach seinem eigenen Willen und seiner Wahl. Wenn der Mensch sich jedoch die Abhängigkeit seines Verhaltens in Bezug auf die Wünsche seines Körpers vergegenwärtigt, und damit beginnt, gegen seinen Körper zu kämpfen, kann er von dem Verlangen des Körpers frei werden und zu den spirituellen Welten übergehen, um in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen seiner Seele zu leben. Die Freude, das Vergnügen oder der Genuss ist das Resultat der Erfüllung des Kli durch das Licht. Es gibt nur einen kleinen Funken des spirituellen Lichtes in unserer Welt. Dieser Funken heißt Ner Dakik, und er kann in den unterschiedlichsten Dingen gefunden werden. Deshalb ziehen uns diese Dinge mit ihren innewohnenden verborgenen Freuden an.

Die Suche nach Genusses oder der Befreiung von Leid gestaltet sich die einzige antreibende Energie für alle unsere Gedanken und Gefühle. Wir können weder entgegen unserer egoistischen Natur denken,noch handeln. Was die spirituellen Welten betrifft, so bestehen sie aus altruistischen Kelim, die gegen ihre Natur fungieren. Wenn ein Mensch seinen eigenen Egoismus als Übel realisiert, der ihm nichts als Leiden bringt, kann er den Schöpfer bitten, seine Natur zu ändern, das heißt, ihm die Kraft zu geben, wirklich frei zu sein.

Alle Wünsche der Geschöpfe sind tatsächlich nur der Wunsch nach Licht. Der Schöpfer führt uns, während Er unsere Verlangen lenkt. Wenn der Schöpfer einen Mangel an etwas bemerkt, zwingt Er uns zu handeln und uns um die Dinge zu bemühen, die in unserem Leben fehlen. Es steht geschrieben, dass „die Liebe und der Hunger die Welt regieren“. Dies bedeutet, dass alle Tätigkeiten des Menschen festgelegt und bestimmt sind. Gäbe der Schöpfer der Mutter keinen Genuss am Säugen, würden die Babys verhungern. Niemand würde sich von seinem Ort wegbewegen, wenn er nicht nach besseren Bedingungen sucht. Die Entwicklung, der Fortschritt, die spirituelle Suche, all dies reflektiert unsere Neigung, eine Befriedigung für unsere Verlangen zu finden.

Unsere Verlangen werden uns vom Schöpfer nach dem Programm unserer Entwicklung gegeben, welches zum Ziel hat, uns die absolute Freude zu bringen. Die Kabbala ist für die Menschheit notwendig, weil die kabbalistischen Schriften sich mit dem Ziel und dem Plan der Schöpfung beschäftigen; sie bieten dem Menschen eine Anleitung, um sich vor seinem Egoismus retten zu können.

Zwei Energien der menschlichen Entwicklung zwingen den Menschen, das Ziel zu suchen: Das momentan wahrgenommene Leid, sowie die Freude, welche in der Zukunft erwartet wird. Diese zwei Kräfte gleichen zwei Lokomotiven, die einen schwer beladenen Zug ziehen: Die erste zieht den Zug von vorne, und die zweite schiebt von hinten. Nach dem Willen des Schöpfers kommt die Menschheit schließlich zum Zustand der absoluten Korrektur, was bedeutet, sich vom Egoismus zum Altruismus zu entwickeln. Die Kabbala hilft jedem von uns, auf unsere eigene Weise diesen Zustand zu erreichen.

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