1987/24 Was ist unbegründeter Hass in der Arbeit?
korrigiert, EY, 3.8.2025
Unsere Weisen sagten (Joma 9b): „Der Zweite Tempel, in welchem man sich mit Tora und Mizwot [Geboten] und Wohltätigkeit beschäftigte – warum wurde dieser zerstört?“ „Weil dort grundloser Hass herrschte.“ Und man soll wissen, wie schwerwiegend grundloser Hass ist, so dass unsere Weisen sagten, dass der Tempel trotz Tora, Mizwot und Wohltätigkeit nicht vor dem Untergang bewahrt werden konnte, weil es grundlosen Hass gab.
Und man soll auch wissen, warum es notwendig war, den Tempel zu zerstören, wenn alle drei Dinge dort vorhanden waren. Doch wenn es dort grundlosen Hass gegeben hat, heißt das etwa, dass es keinen Raum dafür gab, den Tempel stehen zu lassen, so dass er zerstört werden musste?
Deshalb müssen wir die Verbindung zwischen grundlosem Hass und dem Tempel verstehen. Außerdem müssen wir verstehen, was es bedeutet, dass es sich um grundlosen Hass handelt, denn wenn es dort Hass gäbe, der nicht grundlos ist, wäre das Verbot nicht so schwerwiegend und der Tempel hätte stehen bleiben können.
In der Tora steht geschrieben (3. Moses 19,17): „Du sollst deinen Bruder nicht in deinem Herzen hassen.“ Dort heißt es, wie RASHBAM es interpretiert: „Wenn er dir Schaden zufügt.“ Auch wenn er dir Schaden zufügt, ist es trotzdem verboten, ihn zu hassen – schon gar nicht grundlos, d. h. unbegründet. Aber das ist nur eine Art des Verbots. Wenn das Verbot in der Grundlosigkeit liegt, hätte der Tempel keine Existenzberechtigung und müsste zerstört werden. Das heißt, wenn es dort Hass gegeben hätte, aber der Hass nicht grundlos gewesen wäre, wäre der Tempel nicht zerstört worden. Der ganze Grund für die Zerstörung des Tempels war nur, weil der Hass grundlos war. Deshalb sollten wir die Verbindung zwischen dem grundlosen Hass und dem Tempel verstehen.
Im Gebet „Möge es gefallen“, das wir vor dem Aufsagen der Psalmen sprechen, steht geschrieben: „Der Verdienst König Davids wird uns beschützen, so dass Du geduldig bist, bis wir mit vollkommener Umkehr vor Dir zurückkehren, und gewähre mir den Schatz eines unverdienten Geschenks.“
Wir sollten die Verbindung verstehen zwischen der Bitte um vollständige Umkehr, was bedeutet, dass uns nichts fehlt und wir um gar nichts in der Welt bitten, und der unmittelbar darauf folgenden Bitte „Gewähre mir den Schatz eines unverdienten Geschenks“, was bedeutet, dass wir neben der vollständigen Umkehr noch etwas anderes wollen. Das bedeutet auch, dass wir eigentlich eine Belohnung für unsere Arbeit wollen, aber weil wir voller Schuld und Verbrechen sind, bitten wir darum, dass Du unsere Sünden sühnst und wir wollen Buße tun. Deshalb haben wir keine Belohnung verdient. Deshalb bitten wir nicht um eine Belohnung, sondern darum, dass du mir den Schatz eines unverdienten Geschenks gibst.
Das sollten wir verstehen. Schließlich sollen wir um des Schöpfers willen arbeiten und nicht, um eine Belohnung bzw. Gegenleistung zu erhalten, und doch bitten wir den Schöpfer, uns ein Geschenk zu gewähren. Wir können nicht sagen: „Belohne uns“, denn wir haben es nicht verdient, weil wir Sünder sind. Deshalb wollen wir “unverdient” ein Geschenk erhalten. Wie ist es also erlaubt, darum zu bitten, dass Er uns etwas unverdient (grundlos bzw. ohne Gegenleistung) geben wird? Schließlich mangelt es uns an nichts für uns selbst, als nur um des Schöpfers willen arbeiten zu können. Wie bitten wir ihn also, uns „den Schatz des grundlosen (unverdienten) Geschenks“ zu geben? Ist es erlaubt, von ihm etwas für uns selbst zu erhalten?
Wir haben jedoch gelernt, dass das Wesen unserer Arbeit darin besteht, dass der Schöpfer ein Kli (Gefäß) erschaffen hat, um die Freude und das Vergnügen zu empfangen, das „Willen, für sich selbst zu empfangen“ genannt wird, was bedeutet, dass wir ohne Verlangen nichts genießen können, weil dies unsere Natur ist. Aus diesem Grund wird das ursprüngliche Kli, das genießen kann, „Verlangen, Freude zu empfangen“ genannt.
Später gab es jedoch eine Korrektur, die „Angleichung der Form“ genannt wird, was bedeutet, dass man den Willen, für sich selbst zu empfangen, nicht nutzt, sondern in dem Maße, wie man die Absicht hat, zu geben. Mit anderen Worten: Der Schöpfer erschuf die Welt mit dem Namen „Verlangen, Freude zu empfangen“, und dieses Verlangen gilt als „Existenz aus Abwesenheit“, da das Verlangen zu geben, das in Ihm existiert, eine neue Sache erschaffen hat.
Um uns nicht zu schämen, müssen wir das Verlangen zu geben, das Er schon hatte, bevor Er uns mit dem Willen zu empfangen erschaffen hat, für uns selbst erfinden. Da aber das Verlangen zu geben gegen unsere Natur ist, bitten wir Ihn, dass Er, so wie Er uns den Willen zu empfangen gegeben hat, nun auch das Verlangen zu geben, das Er hat, gibt und für das Er in uns den Willen zu empfangen erschaffen hat, denn wir haben nicht die Kraft, gegen die Natur zu handeln. Aber der Schöpfer, der uns diese Natur gegeben hat, kann eine zweite Natur geben. Das heißt, nur Er kann uns dazu bringen, die Gefäße des Gebens zu benutzen.
Wenn wir also den Schöpfer bitten: „Gewähre mir den Schatz eines unverdienten (grundlosen) Geschenks“, sollten wir dies so deuten, dass der Wille des Schöpfers, der die Welt erschaffen hat, ein unverdientes Geschenk war, denn wem gegenüber war Er verpflichtet? So bitten wir Ihn auch, uns von diesem Schatz, das „freigiebiges Geschenk“ genannt wird, zu gewähren, was bedeutet, dass auch wir diese Kraft haben werden, die heilige Arbeit umsonst zu tun, die „nicht um Belohnung zu empfangen“ genannt wird.
So werden wir verstehen, was wir über die Verbindung zwischen der Bitte und der Aufforderung „Habe Geduld mit uns, bis wir in völliger Umkehr zu Dir zurückkehren“ gefragt haben, und dann bitten wir Ihn, uns den Schatz eines freigiebigen Geschenks zu geben. Es beginnt mit der Umkehr, die alles beinhaltet, was uns fehlt, und wir sagen prompt: „Gewähre uns.“ Umkehr bedeutet, dass wir zur Wurzel zurückkehren wollen, wie es darüber geschrieben steht: „Umkehr bedeutet: ‚Bringe das Hej zurück zum Waw!'“ Das bedeutet, dass das Hej, Malchut genannt, das Empfangen, zum Waw, dem „Gebenden“, zurückkehren wird.
Das bedeutet, dass wir, indem wir alles tun wollen, um zu geben, bewirken, dass die Wurzel der Seele eines jeden, die Malchut heißt, ganz und gar auf das Geben ausgerichtet ist. Deshalb ist die Umkehr, um die wir bitten, die, dass wir nur arbeiten wollen, um zu geben, und wir sagen sofort: „Gib!“, was bedeutet, dass wir bitten: „Gewähre mir den Schatz eines freigiebigen Geschenks.“
Nach dem, was wir oben erklärt haben, ist die Bedeutung des „Schatzes eines freigiebigen Geschenks“ eine Erklärung über die Umkehr, also welche Umkehr wir suchen. Das ist es, was wir sofort erklären. Das heißt, wir wollen, dass Du uns das Verlangen gibst, zu geben, was „der Schatz eines freigiebigen Geschenks“ genannt wird. Das heißt, das Verlangen, mit dem Du die Welt erschaffen hast, genannt „Sein Verlangen, seinen Geschöpfen Gutes zu tun“, ohne Gegenleistung, sondern nur umsonst, da die Erschaffung der Welt ja bekanntlich „durch Schenkung“ erfolgte. Gib uns dieses Verlangen!
Daraus folgt, dass die Bitte, „den Schatz eines freigiebigen Geschenks“ zu erhalten, erklärt, welche Umkehr wir wollen, denn im Sohar steht geschrieben: „Umkehr bedeutet, dass das Hej zum Waw zurückkehren soll.“ Jetzt können wir verstehen, was wir über die Aussage unserer Weisen gefragt haben, dass der Zweite Tempel zerstört wurde, obwohl es dort Tora, Mizwot und Wohltätigkeit gab. Doch da es dort grundlosen Hass gab, hatte er keinen Bestand, und Tora und Mizwot und Wohltätigkeit hatten nicht die Macht, den Tempel vor dem Untergang zu retten.
Wir haben erklärt, dass ein „freigiebiges Geschenk“ bedeutet, dass wir Kelim brauchen, in denen die Kedusha [Heiligkeit] Bestand haben kann. Andernfalls muss die Kedusha verschwinden, weil es keine Angleichung der Form zwischen dem Licht und dem Kli gibt. Kedusha bedeutet geben. Wenn das Kli arbeitet, um zu empfangen, muss das Licht ausgehen. Aus diesem Grund bitten wir: „Gewähre mir den Schatz eines freigiebigen Geschenks.“
Im Zweiten Tempel herrschte grundloser Hass. Das bedeutete, dass man die Eigenschaft des „Grundlosen“ verachtete – das heißt, man lehnte es ab, ohne Gegenleistung zu arbeiten, ohne eine Belohnung zu erwarten. Obwohl man sich mit Tora, Mizwot und Wohltätigkeit beschäftigte, fehlte doch die Absicht, um zu geben. Deshalb gab es keinen Raum, in dem die Heiligkeit sich hätte aufhalten können, da – wie zuvor erklärt – eine Gegensätzlichkeit der Form zwischen ihnen bestand. Aus diesem Grund musste der Tempel zerstört werden.
Die Ordnung der spirituellen Arbeit verlangt jedoch, dass man Tora, Mizwot und Wohltätigkeit benötigt, um dadurch die Kraft zu erlangen, „grundlos“ arbeiten zu können – das heißt, ohne an eine Gegenleistung zu denken. Diese dienen lediglich als Mittel, das Ziel zu erreichen: die Anhaftung (Dwekut) an den Schöpfer. Diese Anhaftung bedeutet Gleichheit der Form, wie es heißt: „und an Ihm sollst du dich anhaften“. Und unsere Weisen erklärten: „Wie Er barmherzig ist, so sollst auch du barmherzig sein.“
Die 613 Mizwot sind in diesem Zustand die Mittel, um Dwekut zu erreichen, und der Sohar nennt sie „613 Ratschläge“. So steht es geschrieben („Einleitung in das Buch Sohar„, „Spiegel der Leiter“, Punkt 1): „Der Sohar nennt die Mizwot in der Tora Pekudin (Einlagen). Sie werden aber auch ‚613 Ejtin (Ratschläge)‘ genannt. Der Unterschied zwischen ihnen besteht darin, dass es in allem Panim (Vorderseite) und Achor (Rückseite) gibt. Die Vorbereitung auf etwas heißt Achor, und die Erkenntnis der Sache heißt Panim. Wenn wir das Einhalten von Tora und Mizwot als „Ausführende Seines Wortes“ befolgen, bevor wir mit dem Hören belohnt werden, werden die Gebote als „613 Ratschläge“ bezeichnet und als Achor betrachtet. Wenn wir mit dem “Hören der Stimme Seines Wortes” belohnt werden, werden die 613 Mizwot zu Pekudin, von dem Wort ‚Einlagerung‘, da es 613 Mizwot gibt und in jeder Mizwa das Licht einer besonderen Stufe eingelagert ist.“
In dem oben Gesagten wird uns erklärt, dass die Reihenfolge der Arbeit während der Vorbereitung darin besteht, dass wir das Einhalten von Tora und Mizwot befolgen sollen. Das ist ein Ratschlag, mit dem wir Dwekut, „Gleichwertigkeit der Form“ genannt, erreichen können. Erst danach, wenn sie geeignete Kelim haben, die das Höhere Licht empfangen können, werden die 613 Mizwot zu Einlagerungen und sie werden mit allen Lichtern belohnt, die für jede einzelne Mizwa vorgesehen sind, je nach ihrem Wesen.
Da im Zweiten Tempel grundloser Hass herrschte – das heißt, man hasste die Arbeit ohne Gegenleistung, man hatte also kein Bedürfnis, ohne Belohnung zu handeln –, waren Tora, Mizwot und Wohltätigkeit alle auf das Empfangen von Lohn ausgerichtet. Deshalb heißt diese Arbeit „Wenn er nicht belohnt wird, verwandelt sie sich für ihn in den Trank des Todes.“ Aus diesem Grund konnte das Einhalten von Tora, Mizwot und Wohltätigkeit während des Zweiten Tempels die Zerstörung des Tempels nicht verhindern, denn um die Kedusha zu erhalten, braucht man Gefäße des Gebens. Da sie diese nicht hatten, wurde der Tempel zerstört.
Daraus folgt, dass der Mensch tatsächlich aus dem Gefäß hervorgeht, das der Schöpfer ihm gegeben hat – dem sogenannten „Willen, für sich selbst zu empfangen“. Und all seine Arbeit, sein Erwerb und sein Gewinn gehören vollständig der Eigenschaft des Empfangens, und niemand hat Anteil an dem Besitz, den der Mensch erwirbt. Mit anderen Worten: Sowohl der Mensch selbst als auch sein gesamter Besitz gehören dem Eigennutz des Empfängers.
Dies gleicht dem, was geschrieben steht (Einleitung in das Buch Sohar, Punkt 11):
„Denn der Körper, welcher der Wille ist, für sich selbst zu empfangen, stammt aus seiner Wurzel im Gedanken der Schöpfung und durchläuft das System der unreinen Welten. So bleibt er bis zum dreizehnten Lebensjahr der Herrschaft dieses Systems unterworfen.“
Daraus ergibt sich, dass tatsächlich alles dem Empfänger gehört. Wie kann man ihm also sagen: „Nach dreizehn Jahren sollst du wissen, dass obwohl dir bisher alles gehörte, von nun an sowohl du als auch alles, was du besitzt, in den Bereich des Schöpfers übergehen soll – und für dich bleibt nichts übrig.“ Das bedeutet: Bis dahin warst du ein „Nichtjude“, und jetzt nimmt man dir alles, was den Nichtjuden gehört, und überträgt es auf die Herrschaft Israels.
Und was ist „die Herrschaft Israels“? Es ist die Herrschaft des Schöpfers, genannt „Yashar–El“ – geradewegs zum Schöpfer. Das heißt, alles, was zu Israel gehört, fällt unter die Herrschaft des Einen. Daraus folgt: Alles, was vorher unter der Herrschaft des Empfängers war – jedes einzelne Detail, die alle gemeinsam „Völker der Welt“ genannt werden, weil alles ihnen zugehörte – muss nun abgetreten werden. Man sagt ihnen: Jedes einzelne Detail des egoistischen Empfängers muss seinen Besitz aufgeben und alles unter die Herrschaft Israels übergeben.
Und was ist „die Herrschaft Israels“? Wie bereits gesagt: Es ist die Herrschaft des Schöpfers selbst. Denn Israel hat keinerlei eigene Herrschaft, sondern alle wollen sich vor dem Schöpfer vollständig annullieren.
Und das ist die Bedeutung der Worte Raschis zum Vers „Bereschit“ (1. Moses 1,1):
„Rabbi Jizchak sagte: Die Tora hätte mit dem Vers ‚Dieser Monat sei euch…‘ beginnen sollen – das ist das erste Gebot, das Israel erhielt. Weshalb also beginnt sie mit ‚Im Anfang‘? Weil es heißt: ‚Die Macht Seiner Taten verkündete Er Seinem Volk, um ihnen das Erbe der Nationen zu geben.‘ Falls die Völker der Welt zu Israel sagen: ‚Ihr seid Räuber, denn ihr habt die sieben Völker erobert‘, sollen sie ihnen antworten: ‚Die ganze Erde gehört dem Heiligen, gepriesen sei Er; Er erschuf sie und gab sie dem, der in Seinen Augen recht war. Nach Seinem Willen gab Er sie ihnen, und nach Seinem Willen nahm Er sie ihnen und gab sie uns.‘“
Was lehrt uns das in Bezug auf die innere spirituelle Arbeit? – So wie wir es oben erklärt haben, können wir es einfach verstehen:
Der Schöpfer erschuf die Welt mit der Absicht, Seinen Geschöpfen Gutes zu tun, also dass der Wille zu empfangen das Gute und die Wonne genieße. Doch um Dwekut, das heißt die Angleichung der Form an den Schöpfer, zu ermöglichen, wurde eine Korrektur eingerichtet: dass man nicht zum eigenen Nutzen arbeitet, sondern einzig zum Nutzen des Schöpfers – was „um zu geben“ genannt wird.
Bekanntlich wird „um zu geben“ als „Israel“ bezeichnet, während „um zu empfangen“ den „Völkern der Welt“ entspricht.
Und so wie es sieben heilige Eigenschaften gibt – Chessed, Gwura, Tiferet, Nezach, Hod, Jessod und Malchut (kurz: CHaGaT NeHJM) – gibt es auch sieben unreine Eigenschaften, genannt die „sieben Nationen“.
Man muss alles aus ihrer Herrschaft befreien und unter die Herrschaft Israels stellen. Das heißt, die Besitzverhältnisse über diese sieben Eigenschaften müssen Israel gehören und nicht den Völkern der Welt, welche die sieben Klipot (Unreinheiten) repräsentieren.
Wie es in der Einleitung zum Sohar heißt:
„Bis zum dreizehnten Lebensjahr steht der Mensch unter der Herrschaft der Klipot [unreinen Kräfte]. Danach beginnt er, sich aus ihrer Gewalt zu befreien. Das ist der Zeitpunkt, an dem er noch ‚Götzendiener‘ genannt wird. Erst dann tritt er in die Keduscha [Heiligkeit] ein, genannt ‚Israel‘.“
In diesem Moment kommen die Klipot mit ihren Anklagen:
„Der Schöpfer hat uns erschaffen – also den Willen, für sich selbst zu empfangen – und euch unter unsere Herrschaft gestellt. Warum wollt ihr nun, nach dreizehn Jahren, aus unserer Kontrolle entweichen? Und mehr noch: Ihr wollt über uns herrschen?“
Das ist die innere Anklage des Körpers gegenüber dem Menschen – in dem Augenblick, in dem er die Stufe eines Götzendieners verlassen und zu „Israel“ werden will, also zu jemandem, der in all seinem Tun nur noch dem Schöpfer geben möchte.
Das ist auch die Bedeutung der Worte: „Ihr seid Räuber, weil ihr die sieben Nationen erobert habt.“
Denn die Völker der Welt – d. h. die egoistischen Kräfte im Inneren des Menschen – rufen ihm zu:
„Warum verursachst du solche Umwälzungen? Siehst du nicht, dass der Schöpfer den Willen erschaffen hat, um zu empfangen? Daraus folgt doch, dass Er will, dass dieser Wille Genuss erfährt. Warum also willst du das Gegenteil tun? Warum willst du allen Genuss aus dem Willen zu empfangen nehmen und ihn stattdessen dem ‚Israel‘ geben – also dem Willen zu geben?
Willst du etwa ein Dieb sein? Und dann behauptest du auch noch, der Schöpfer sei damit einverstanden – ist das denkbar?“
Die Antwort auf diesen Einwand ist:
Genau das ist es, was in den Worten steht: „Gestohlenes Wasser ist süß“ (Sprüche 9,17). Durch diesen Diebstahl wird das Bittere versüßt – indem man dem Willen zu empfangen, dem sogenannten „Götzendienst“, welcher den sieben Nationen entspricht, all seine Kräfte entzieht.
„Versüßt“ bedeutet: Gerade durch Israel, das aus den Klipot Anteile herausnimmt und sie in die Kedusha erhebt, erfolgt die wahre Korrektur. Nur durch diesen „Diebstahl“, der von den Klipot als solcher wahrgenommen wird, – als nähme man ihnen das, was ihnen gehört – können sie schließlich ihre eigene Läuterung erfahren.
Denn in ihren eigenen Kelim – also in der egoistischen Haltung der sieben Nationen – wollen sie empfangen. Und tatsächlich empfangen sie auch. Aber das Licht, das sie erhalten, ist nur ein äußerst schwaches, ein „feines Leuchten“, verglichen mit dem Maß an Gutem, das der Schöpfer geben will.
Wie bekannt ist, ist das Ziel der Schöpfung, den Geschöpfen Gutes in ganzer Fülle zu bereiten, nicht in Form eines bloß dünnen Lichtes. Dieses spärliche Licht erhalten die Klipot nur, damit sie bis zur Zeit der vollständigen Korrektur existieren können – bis zu jenem Moment, an dem sie wahrhaft das volle Licht empfangen dürfen, das im Gedanken der Schöpfung vorgesehen war.
Und im Sohar heißt es: Am Ende aller Korrekturen wird selbst der Engel des Todes ein heiliger Engel werden. Ebenso wird auch Samaël (ס״ם) letztlich zu einem heiligen Boten Gottes gewandelt werden.
Daraus ergibt sich, dass gerade durch diesen sogenannten „Diebstahl“, von dem die Völker der Welt sagen: „Ihr seid Räuber“ – gerade dadurch wird eine Läuterung bewirkt. Denn jedes Mal, wenn ein weiterer Teil aus den Klipot zur Kedusha überführt wird, empfängt auch dieser Teil seine Korrektur.
Dies ist die Bedeutung des Verses: „Gestohlenes Wasser ist süß“ – eine tiefe Lehre für die spirituelle Arbeit. Denn je mehr der Mensch imstande ist, Besitz von der Sitra Achra und den Klipot – also vom Willen zu empfangen – wegzunehmen und zur Kedusha zu führen, umso mehr mildert er das Böse und leitet es in vollständige Korrektur über.
Und wenn alle Aspekte, die einst in die Klipot gefallen sind, in die Kedusha überführt worden sind, wird die endgültige Korrektur erreicht sein – und alles wird in vollkommener Vollendung bestehen.
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