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Texte für Rosh HaShana: Die Symbolik der jüdischen Feiertage

Bedeutende Begriffe des Monats Tishrei im Lichte der Kabbala

Rosh Hashana

Rosh (Kopf) bedeutet der Beginn bzw. der Anfang. Shana (Jahr) bedeutet Veränderung. Rosh Hashana deutet auf eine Einladung von „Oben“ hin, die man dem Menschen gibt, um einen neuen Weg anzufangen in die Wirklichkeit eines neuen, ewigen, vollkommenen Lebens.

Chag (Feiertag)

Das Wort Chag (Feiertag) wird von der Wurzel „Chug“ – Kreis – abgeleitet. Laut der Weisheit der Kabbala, symbolisiert jeder Feiertag die Korrektur des menschlichen Egoismus. An jedem Feiertag, sprich jedes Jahr, wird über dieselbe Korrektur gesprochen, welche in einer anderen Weise und unter anderen Voraussetzungen erfolgt. Daher gibt es viele Feiertage.

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Texte für Rosh HaShana: Das spirituelle Rosh HaShana und die Feiertage

Basierend auf der Weisheit der Kabbala symbolisieren die Feiertage des Hebräischen Kalenders die spirituelle Entwicklung jedes einzelnen Individuums. Spirituelle Entwicklung ist ein immer wiederkehrender Prozess, der „ein Jahr“ genannt wird. Das bedeutet, dass ein Mensch auf jeder Stufe dieselben Erfahrungen macht, jedoch jedes Mal auf einem tieferen Grad und mit einer größeren Klarheit. Dies hilft, um sich jedes Mal besser kennenzulernen.

Ein Mensch durchläuft 6.000 unterschiedliche Zustände der spirituellen Entwicklung bis er oder sie alle Freuden durchlebt, die ein Mensch erfahren kann. Während dieser „Jahre“ stößt man immer wieder auf Zustände, die helfen auf die nächste Stufe aufzusteigen. Die Kabbalisten nennen diese Zustände „Feiertage“ und „Shabbate“.

Adam HaRishon (der erste Mensch)

Die Tora (5 Bücher Mose) sagt uns, dass die Welt an sechs Tagen erschaffen wurde – sechs Wechsel zwischen Licht und Dunkelheit. Am sechsten Tag wurde Adam HaRishon erschaffen und er sündigte und wurde unmittelbar vor dem Shabbat aus dem Garten Eden vertrieben.

Adam HaRishon symbolisiert einen Zustand der Ganzheit, die Einheit aller Seelen. Da er sündigte, teilte sich seine Seele in tausende Stücke – Seelen – und die Verbindung zwischen ihnen wurde unterbrochen. In jedem von uns befindet sich eine dieser unzähligen Seelen und unsere Rolle ist es, diese Seelen zu einer einzigen Seele wiederzuvereinigen: zur Seele von Adam HaRishon. Auf diese Weise werden wir die Sünde von Adam HaRishon korrigieren und wir werden in den Garten Eden zurückkehren. Die Zeit von Rosh HaShana erinnert uns, dass wir beginnen müssen unsere Seelen zu verbinden bis sie in ihren ursprünglichen Zustand der Einheit zurückgekehrt sind.

Wenn jemand die eigene spirituelle Korrektur als einen Teil der Seele von Adam HaRishon beginnt, wird er als Kabbalist bezeichnet. Er findet während der ersten zehn Tage dieser Tage, dass er oder sie die ersten zehn spirituellen Zustände erfährt, die Kluft zwischen der eigenen Stufe und der Stufe von der die eigene Seele abfiel. Daher korrigiert man die eigene Seele, welche aus den zehn Sefirot besteht, die von den zehn Tagen der Buße (Asseret Yamej Teshuva) symbolisiert wird.

Wenn jemand die Kluft vollkommen versteht, dann bittet man um die Kraft zur Korrektur, und man empfindet ein Bedürfnis nach Buße. Dieser Zustand wird Jom Kippur (Versöhnungstag) genannt.

In der Abfolge der spirituellen Zustände von Rosh HaShana bis Jom Kippur entdeckt man, was man korrigieren muss.

Zu Jom Kippur bittet man um Kraft, damit man korrigiert wird. Zu Sukkot (Laubhüttenfest) empfängt man diese Kraft und wird korrigiert. Zu Simchat Tora (der letzte Tag von Sukkot, genannt „die Freude der Tora“) vervollständigt man die Vereinigung der Teile von Adam HaRishon.

Da diese Zustände alle innerlich sind und nicht von den Tagen des Jahres abhängen, kann es sein, dass ein Kabbalist ein ganzes Jahr innerhalb von zwei physischen Tagen durchläuft. Das Tempo der inneren Veränderungen bedingt den Ort des Prozesses. Daher ist es wichtig sich daran zu erinnern, dass das physische Rosh HaShana nur eine Erinnerung an jene spirituellen Zustände ist, für die es steht. Ein Kabbalist, das heißt ein Mensch, der seine Beziehung zu anderen korrigiert, kann sich an jedem x-beliebigen Tag im spirituellen Zustand Rosh HaShana befinden.

Insgesamt erfährt ein Kabbalist während seines Lebens 6.000 Jahre der Veränderungen. Letztendlich kommt er oder sie auf eine Stufe wo man die Korrektur der Seele, der Teil von Adam HaRishon in ihm oder ihr, vervollständigt hat. Dies vervollständigt die eigene Rolle und dann ist es nicht mehr erforderlich einen weiteren Lebenskreislauf zu durchwandern.

Daraus folgt, dass jeder Mensch nur mit einem kleinen Teil der Seele von Adam HaRishon geboren wird, und wenn man seinen Anteil an dieser Seele korrigiert, dann ist es nicht mehr länger notwendig zu reinkarnieren. Deshalb kann man nur jenen Teil korrigieren, der zum eigenen Anteil gehört. Der heilige ARI schrieb in seinem Buch, der Baum des Lebens, darüber und sagte: „Kein Tag ähnelt dem anderen, und kein Augenblick gleicht dem anderen … vielmehr sollte jeder dasjenige korrigieren, das zum eigenen Anteil gehört.“

Rabash, Brief 23

An [meine] Freunde, mögen sie ewig leben

Ich möchte mich, da ein neues Jahr naht, der Gruppe [in der Weise] annähern, dass wir uns in dem starken Vertrauen festigen sollen, dass wir in der allgemeinen Erlösung der [persönlichen] Erlösung würdig werden, dass sich der Name des Ruhmes Seines Königreichs auf der ganzen Erde offenbart, dass die Entfernten hören und kommen, also dass sie fühlen, dass sie von der Arbeit an der Reinheit der Heiligkeit entfernt waren, und dem Aspekt des Hörens würdig werden. Dann entsteht die Vereinigung vom Tun und Hören, und das ist es, was die Schrift meint, [wenn sie sagt]: „Der den Armseligen aufrichtet aus dem Staub und erhöht den Armen aus dem Müll.“[1]

Es ist bekannt, dass es zwei allgemeine Aspekte gibt:

1)    Den Aspekt von Mocha (Verstand)

2)    Den Aspekt von Liba (Herz)

Wenn der Mensch an seiner Arbeit den Geschmack des Aspektes von Staub verspürt, gemäß „Eine Schlange, all ihre Nahrung ist Staub“, wenn also der Geschmack, den er an der Tora und den Geboten verspürt, nur der Geschmack von Staub ist, dann liegt der Grund dafür darin, dass er armselig ist, dass ihm der Aspekt des Glaubens fehlt. Und also fällt er in den Aspekt von Liba (Herz) hinein, wenn der Wille zu empfangen diese Welt begehrt, genannt „Müll“; und dann ist er „arm“.

Und wenn er das bedauert und darum betet und zum Schöpfer schreit, Er möge ihm aus seinem Elend heraushelfen, wonach bittet er ? – „Der den Armseligen aufrichtet aus dem Staub“. Nachdem ich armselig bin und den Geschmack von Staub verspüre, und ich arm bin und in den Müll geworfen, und alles wegen der Verhüllung des [göttlichen] Antlitzes, in welches die Welt eingetaucht ist, dann bitten wir den Schöpfer, Er möge uns herausführen aus der Knechtschaft in die Freiheit.

Und das ist die Bedeutung des Prinzips, dass einer, der ein Gebet hat, neben der Säule (Amud) betet. Und im Sulam Kommentar [2] wird erklärt, dass die Säule den ACHaP des Höheren bedeutet, der in Galgalta we Ejnaim des Unteren gefallen ist. Und während der Höhere seinen ACHaP erhebt, steigt auch das Galgalta we Ejnaim des Unteren auf. Und wie es geschrieben steht, steigen daher die Seelen gerade mittels der Säule von einer Welt in die andere auf; und das ist die Verbindung zwischen dem Höheren und dem Unteren.

Für unseren Weg kann man auf diese oben angeführte Weise erklären, dass dadurch, dass die Kelim (Gefäße) des Höheren an den Ort des Unteren gefallen sind, d. h. wenn der Höhere in Katnut (Zustand des Kleinseins) ist, [dann] fühlt das der Untere. Und das ist das Konzept von „Wenn Israel im Exil ist, weilt die Shechina (göttliche Allgegenwart) unter ihnen“ (Sohar). Das heißt auch die Shechina ist bei ihnen im Exil, genannt Shechinta beAfra (Shechina im Staub), wie oben beschrieben, wenn der Mensch in der Tora und an der [spirituellen] Arbeit den Geschmack von Staub spürt.

Und wenn der Mensch das Exil der Shechina bedauert, d. h. die Shechina selbst ist, Gott bewahre, nicht im Exil, sondern sie verhüllt sich vor Israel und erlaubt, dass der Untere alles Mögliche vom Höheren sagt. Und der Untere spricht so, weil er so fühlt.

Und wenn der Mensch es bedauert, und auf alle Weisen für die Erhebung der Shechina aus dem Staube betet, dann offenbart sich dadurch der Höhere mit all seiner Größe dem Unteren, und dann erhebt sich auch der Untere von allein. Und so finden wir, dass dies die ganze Säule ist, von der oben die Rede war, d. h. eben mittels dieser Säule steigen die Gebete von einer Welt in die andere auf, also zu immer helleren Erleuchtungen, und deswegen muss man neben eben dieser Säule beten.

So werden wir verstehen, warum Rosh haShana und Jom Kippur Feiertage genannt werden, obwohl es doch Tage des Gerichts sind. Denn der Kern des Gerichts (Din) besteht in der Vollkommenheit, die sich zu diesen Zeiten offenbart, und es besteht die Gefahr von äußeren Einflüssen, also dass der Mensch nicht zum Empfangen für sich in Mocha und in Liba gelangt, und deswegen muss man sich vermehrt der Erweckung zur Umkehr widmen.

Dabei besteht die Umkehr (Teshuwa) in der Rückbringung des Willens zu empfangen zum Willen zu geben, und dadurch kehren [die Menschen] zurück und haften sich an ihre Höhere Quelle an, und werden der ewigen Anhaftung würdig. Und dann können sie die Vollkommenheit empfangen, die sich in den Tagen des Gerichts [3] offenbart, denn sein Lebensunterhalt wird an Rosh haShana festgelegt, d. h. es offenbart sich das Licht von Weisheit (Chochma), Vollkommenheit und Helligkeit.

An uns ist es, Gefäße vorzubereiten, die empfangen können, und zwar das Licht Chassadim, welches es heranzuziehen gilt, was den Aspekt von Umkehr (Tshuwa) und Erweckung von Rachamim (Barmherzigkeit) darstellt, im geheimen Sinne von „Wer ist barmherzig, nur Du bist barmherzig“ [4]. Dann werden wir die ganze Vollkommenheit auf der Seite der Reinheit empfangen können.

Deswegen heißt es „Feiertag“, wegen der Offenbarung der Vollkommenheit. Und das ist das Konzept von „Blaset am Neumond den Shofar, an der Verhüllung (des Mondes) an unserm Festtag“ [5], denn das Prinzip von Shofar kommt von „Shafru Maasechem“[6] (eure Werke schmücken), denn jetzt gibt es einen Stuhl (ein Wortspiel: Das Wort „Stuhl“ hat die gleiche Wurzel wie „Verhüllung“) zum Weißfärben, also den Aspekt von Chassadim.

Ich kann nicht länger schreiben wegen des nahenden Feiertags, und ich wünsche euch eine Eintragung (in das Buch des Lebens) und eine gute Besiegelung.

Euer Freund, der sich nach eurem Wohl und eurem Guten erkundigt,

Baruch Shalom HaLevi Ashlag

 

überarbeitet, EY, 9.6.2024

 

[1]Psalmen 113,7

[2]Sulam-Kommentar auf den Sohar von Yehuda Ashlag

[3]Jamim Noraim, wörtl. schreckliche Tage, die 10 Tage zwischen Rosh HaShana und Jom Kippur

[4]Shabbat 133 70,2

[5]Psalmen 81,4

[6]WaJikra Rabba 29,6