Körper und Seele als wissenschaftliche Begriffe

Von Dr. Michael Laitman

Körper und Seele als wissenschaftliche Begriffe

Alle Theorien von Körper und Seele, die in der Welt verbreitet sind, kann man in drei Kategorien vereinigen:

  1. Theorie des Glaubens
  2. Theorie des Dualismus
  3. Theorie der Verneinung
  1. Theorie des Glaubens

Die Theorie des Glaubens besagt, dass es nichts anderes gibt, außer Seele oder Geist. Nach Meinung der Befürworter dieser Theorie existieren spirituelle Wesen, die voneinander nach ihrer Qualität getrennt sind, die als „menschliche Seelen“ bezeichnet werden, und die über eine selbstständig existierende Realität verfügen, noch bevor sie hinabsteigen und sich im menschlichen Körper verwirklichen.

Der Tod des menschlichen Körpers beeinflusst diese Wesen nicht, weil sie spirituell sind, das heißt, einfache Wesen. Nach Meinung derjenigen, die dieser Theorie zugeneigt sind, ist der Tod nichts weiter als eine Teilung der Grundlagen, aus denen das Wesen besteht. Und er gehört daher zum materiellen Körper, der eine Konstruktion aus diesen Grundlagen darstellt, die jedes Mal durch den Tod voneinander getrennt werden. Die Seele ihrerseits, ein spirituelles Gebilde, stellt ein einfaches Wesen dar, in dem es keine Komponenten gibt, und daher kann sie sich nicht so aufspalten, dass es ihren Bau beeinflussen würde. Dementsprechend ist die Seele unsterblich und existiert ewig.

Der Körper stellt nach Meinung der Anhänger dieser Theorie eine gewisse Kleidung für die Seele, für dieses spirituelle Wesen dar. Die Seele kleidet sich in den Körper ein und offenbart durch ihn ihre Kräfte, Eigenschaften und verschiedene Fertigkeiten. Auf diese Weise belebt die Seele selbst den Körper, versetzt ihn in Bewegung und bewahrt ihn vor jeglichen Verletzungen. Der Körper selbst hat kein eigenständiges Leben, in ihm gibt es nichts außer der toten Materie, in Form derer er sich auch offenbart, wenn die Seele ihn verlässt. Alle Lebensanzeichen, die im Körper des Menschen betrachtet werden können, sind lediglich Erscheinungen der seelischen Kräfte.

Diese Theorie ist am weitesten verbreitet, ihre Thesen werden von der Mehrheit der Menschheit geteilt. Sie gibt aber keine Antwort auf die Fragen: Was sind die Körper aller anderen Geschöpfe, außer dem Menschen? Haben sie eine Seele? Man kann vermuten, dass der Mensch eine gewisse „innere Seele“ hat, die sich in seinen biologischen Körper einkleidet und ihn in Bewegung versetzt. Wie unterscheidet sich aber der Körper des Menschen von den Körpern der Tiere so sehr, dass er dieser „inneren Seele“ würdig ist?

Heute erlaubt die Medizin den Ersatz diverser Körperorgane, und wenn nicht jetzt, so wird es in einigen Jahrzehnten möglich sein, praktisch alle Organe zu ersetzen. In einem solchen Fall bleibt unklar, worin die Einzigartigkeit des menschlichen Körpers besteht. Vielleicht ist jeder Körper für eine konkrete Seele bestimmt? Entsprechend dieser Theorie ist der Körper die „Folge“ der Seele, und die Bestandteile der Seele beeinflussen sozusagen den Bau des Körpers, seine Form. Eine solche Behauptung steht aber kaum im Einklang mit der Tatsache der Organtransplantation. Beeinflusst diese die Seele? Oder führen umgekehrt Veränderungen in der Seele zu Veränderungen im Körper?

Im Konzept der beobachteten Theorie gibt es mehr Fragen als Antworten. Eindeutig sagt sie nur Folgendes:

Es existieren eine Seele und ein Körper. Die Seele ist etwas Inneres, und der Körper etwas Äußeres, wobei sich das Eine in das Andere einkleidet.

Die Seele ist ewig, der Körper vergänglich. Der Körper lebt und stirbt, er hat sein Eigenleben, welches nicht direkt von dem ewigen Wesen der Seele abhängig ist.

Jedes Mal, wenn der Körper seine Funktion erfüllt, verschwindet er.

  1. Theorie des Dualismus

Nach Meinung der Verfechter dieser Theorie ist der Körper ein vollkommenes Wesen. Er lebt, ernährt sich, kümmert sich nach Notwendigkeit um den Fortbestand der eigenen Existenz, und bedarf keiner Hilfe eines jeglichen spirituellen Wesens. Dieser Körper wird aber keineswegs für das Wesen des Menschen gehalten. Die Grundlage des Wesens eines Menschen ist die vernünftige Seele, welche ein spirituelles Wesen ist, was an die Meinung der Verfechter der ersten Theorie anschließt.

Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen zwei Theorien betreffen nur die Definition des Körpers. Die Entwicklung der Wissenschaft hat gezeigt, dass alle lebensnotwendigen Bedürfnisse von der Natur bereits im Körper selbst veranlagt wurden, und das lässt dem Wirken der Seele im Körper keinen Raum, und beschränkt ihre Funktion lediglich auf Fertigkeiten und gute Eigenschaften, ihre spirituelle Ausprägungen. So glauben die Verfechter des Dualismus an beide Theorien gleichzeitig, behaupten dabei aber, dass die Seele der Ursprung für den Körper ist, das heißt, dass der Körper das Produkt und  die Verlängerung der Seele ist.

Wenn man sich auf die Beobachtungen aus dem Leben der Tier- und Pflanzenwelt beruft, behauptet diese Theorie, dass ein Körper mit seiner tierischen Seele existiert. Diese wohnt den Menschen und allen restlichen Geschöpfen inne. Aber es existiert auch eine besondere, „spirituelle“ Seele, die sich nur in den Menschen einkleidet. Diese Seele kann sich in den Körper einkleiden und ihn verlassen, was die Reinkarnation der Seelen im Rahmen unseres körperlichen Lebens bedeutet. Der Körper setzt dabei unabhängig von der Anwesenheit oder dem Fehlen einer spirituellen Seele in ihm seine Existenz fort und seine Lebenstätigkeiten werden von der tierischen Seele gewährleistet. Somit erhält der Mensch eine spirituelle Seele in einer besonderen Form, zu einer besonderen Zeit, kraft besonderer Anstrengungen, und nicht jeder kann von sich behaupten, eine solche zu besitzen, während aber jeder über eine tierische Seele verfügt.

So eine Theorie ist bequemer. Während die erste Theorie die Frage nach Tieren und Pflanzen offen lässt, trennt die dualistische Theorie den Körper mit seiner Lebenskraft von der Seele ab, und spricht von ihr, als von einer gewissen „Zugabe“, die sich in den Körper einkleidet, aber einer nicht notwenigen Zugabe, da man auch ohne sie leben kann.

Und tatsächlich bestätigt die moderne Wissenschaft, dass der Körper imstande ist, sich selbst zu unterstützen, und keiner Kraft oder Beteiligung von etwas wahrlich Spirituellem bedarf, keines besonderen Verhältnisses zum Schöpfer. Man kann das Leben auch in Organen unterhalten, die vom Körper abgetrennt sind, man muss nur ihre Versorgung mit Nahrung gewährleisten, und sie entschlacken, wozu es an sich sogar keines Körpers als solchen bedarf.

Offensichtlich wird die Menschheit all diese Gesetze offenbaren und erlernen, welche die Lebenstätigkeiten biologischer Arten gewährleisten. Und dazu ist keine besondere Verbindung zum Schöpfer nötig. Der Körper der Seele und das Licht der Seele gehören nicht zum biologischen Körper mit seiner tierischen Lebenskraft, sie werden durch die Angleichung der Eigenschaften erfahren, durch die Erhebung über die Natur des Menschen.

  1. Theorie der Verneinung

An diese Theorie halten sich diejenigen Forscher, welche die Anwesenheit einer gewissen spirituellen Realität im Körper verneinen, und nur dessen Materialität akzeptieren. Entsprechend ihren Behauptungen ist auch der Verstand des Menschen ein Derivat des Körpers. Sie stellen den Körper als ähnlich einer funktionstüchtigen elektrischen Maschine dar, mit Kabeln, die sich aus dem Körper zum Gehirn ziehen. Der ganze Mechanismus wird durch Kontakte des Organismus mit äußeren Reizerregern in Betrieb gesetzt, und durch Empfindungen von „Schmerz“ und „Genuss“ gelenkt, wobei diese an das Gehirn gesendet werden, das an bestimmte Organe Anweisungen erteilt, nach Notwendigkeit die eine oder andere Handlung auszuführen.

Alles wird mithilfe der Nerven- Leitungsbahnen und Sehnen gelenkt, welche durch ein einziges Programm an sie gebunden sind: das Organ von der Schmerzquelle weg und zur Genussquelle hin zu führen. Auf eben diese Weise, behaupten die Verfechter der Verneinungstheorie, geschieht im Menschen die Reflexion und wird eine Reaktion auf alle Lebenssituationen erarbeitet. Unsere Empfindung des Verstandes und der Logik im Inneren des Gehirns ähnelt dabei einer Aufnahme oder einem Abdruck dessen, was im Inneren des Organismus geschieht. Diese Empfindung ist ein unbestrittener Vorteil des Menschen, und wird durch seine Entwicklung gegenüber den Vertretern der Tierwelt möglich.

Auch unter den Vertretern der Theorie des Dualismus kann man einige finden, die mit dieser Theorie einverstanden sind. Aber sie fügen dem dennoch ein gewisses ewiges spirituelles Wesen hinzu, das als die „Seele“ bezeichnet wird. Ihren Behauptungen nach ist diese Seele das Wesen des Menschen, und sie kleidet sich in einen Körper – die Hülle.

So sind im Allgemeinen die Theorien, die in den Geisteswissenschaften solche Begriffe wie Körper und Seele beschreiben.

Körper und Seele als wissenschaftliche Begriffe in der Kabbala

Die Wissenschaft der Kabbala ist dazu aufgerufen, den Studierenden die höchste Welt zu enthüllen, und zwar im selben Maße der Offensichtlichkeit und Wahrhaftigkeit, wie die irdischen Naturwissenschaften dem Menschen unsere Welt offenbaren. Alles Wissen über die höchste Welt wurde von Wissenschaftlern – Kabbalisten auf dem Wege unmittelbarer Versuche und Erforschungen an sich als Material gesammelt. Daher gibt es in der Wissenschaft der Kabbala kein einziges Wort, das eine theoretische Basis hätte – alles wird nur als Ergebnis praktischer Erkenntnis dargelegt.

Für alle selbstverständlich ist die Tatsache, dass der Mensch seiner Natur nach Zweifeln unterlegen ist, und jede Schlussfolgerung, die der menschliche Verstand als offensichtlich bestimmt, nach Ablauf der Zeit dem Zweifel unterworfen wird. Das führt zum Theoretisieren und in Bezug auf Geschehnisse in der Vergangenheit wird eine andere Schlussfolgerung gezogen, die dann für eine Weile als offensichtlich gilt. Und wenn der Mensch tatsächlich über abstraktes Denken verfügt, dann bewegt er sich sein Leben lang in diesem Kreis. Die Selbstverständlichkeit von gestern wird zu einem Zweifel von heute, und die heutige Selbstverständlichkeit wird sich morgen in Zweifel verwandeln.

So ist es sogar im Rahmen der „absolutesten“ Selbstverständlichkeit unmöglich, zu einer sicheren Schlussfolgerung mehr als „für den heutigen Tag“ zu gelangen. Daher kann man den Körper und die Seele natürlich nicht genau anhand von wissenschaftlichen Erkenntnissen charakterisieren. Denn wie weit die Menschheit auch im Rahmen der allgemein akzeptierten Wissenschaft fortschreiten mag, werden immer neue Entdeckungen gemacht werden, und der morgige Tag wird immer den heutigen und den gestrigen verneinen und uns dabei immer in eine andere Richtung führen.

Die fortlaufenden Erforschungen von Körpern und uns umgebenden Naturerscheinungen auf leblosen, pflanzlichen, tierischen und sprechenden Stufen dieser Welt geben dem Menschen Anlass, über einen tieferen Teil nachzudenken, den er nicht wahrnimmt. Er vermutet einfach, ob dieser existiert oder nicht, und philosophiert darüber, in welchen Fällen dieser im Inneren des Körpers anwesend ist, in welchen Fällen er aus ihm austritt, usw. Dies ist der spirituelle Teil, den die Wissenschaft nicht in der Lage ist, zu finden. Der Mensch vermutet aber die Anwesenheit dieses Teils, weil er die einen oder anderen Auswirkungen auf der Stufe der Materie selbst vorfindet. Natürlich betreffen keine wissenschaftlichen Erforschungen die Seele, über sie philosophiert man nur und beruft sich dabei auf die Erforschungen der Materie. Und aus eben diesem Grunde können die drei oben ausgeführten Konzepte über die Seele und den Körper nicht als objektiv gelten.

Kabbalisten aber erlangen die Möglichkeit, wenn sie die Wahrnehmung des spirituellen Teils erreichen, die Seele selbst unmittelbar zu erforschen. Sie nehmen sie genauso wahr wie die Wissenschaftler die Materie mit all ihren Eigenschaften wahrnehmen, indem sie die Gesetze ihrer Existenz in allen, sogar den komplexesten Formen aufdecken und studieren. Indem sie das spirituelle Material und dessen Formen (des sich in dieses Material einkleidenden Lichts) erkennen, führen Kabbalisten dessen Untersuchungen genauso durch, wie es die Wissenschaftler mit der physischen Materie tun. Deswegen kann man sich auf ihre Schlussfolgerungen verlassen.

Enthülltes und Verhülltes

Die moderne Wissenschaft kam bereits zum Verständnis der Tatsache, dass in der uns umgebenden Wirklichkeit nichts absolut offensichtliches existiert. Kabbala hat ihrerseits immer das Theoretisieren und die Benutzung theoretischer Schlussfolgerungen verboten, sogar auf der Stufe der Vermutungen.

Wissenschaftliche Kabbalisten teilen die Wissenschaft in zwei Teile auf: den Enthüllten und den Verhüllten.

Der enthüllte Teil der Wissenschaft schließt in sich alles ein, was wir bei einfacher Reflexion verstehen, wenn sich das Studium auf praktischer Basis aufbaut, ohne jegliche Theorie, nur von praktischen, auf dem Wege der Untersuchungen erlangten Daten und daraus folgenden Schlussfolgerungen ausgehend.

Der verhüllte Teil der Wissenschaft enthält von uns selbst erfahrene oder aus vertrauenswürdigen Quellen erlangte Kenntnisse, allerdings im Maße, welche zur Analyse aus der Sichtweise des gesunden Menschenverstandes und der einfachen Reflexion unzureichend sind. Dieser Teil der Kenntnisse wird zeitweilig als „einfacher Glaube“ angenommen und in keinem Fall erforscht, weil sich in diesem Fall die Erforschung nicht auf praktischer Basis, sondern auf theoretischen Überlegungen gründen würde.

Man muss in Betracht ziehen, dass sich die Termini „enthüllter“ und „verhüllter“ Teil der Wissenschaft nicht auf besondere Arten der Kenntnisse beziehen, sondern auf deren Erkenntnis durch den Menschen. Diejenigen Kenntnisse, die der Mensch in realer Praxis aufgedeckt hat, werden als „enthüllt“ bezeichnet, und diejenigen, welche noch nicht eine solche Stufe der Erkenntnis erfahren haben, werden als „verhüllt“ bestimmt.

So muss man bedenken, wenn die Rede von unserer Natur und der spirituellen Natur ist, dass es sich im Endeffekt um dieselbe Natur handelt. Nur wird der für die Offenbarung zugängliche Teil der materiellen und spirituellen Natur als enthüllt bezeichnet, und das, was der Mensch zu offenbaren nicht im Stande ist – als der verhüllte Teil.

Das, was erkannt wird, bleibt und wird zur Grundlage für noch tiefere Erkenntnisse. Sogar wenn nachfolgende Erkenntnisse die vorherigen verneinen, dienen die letzteren dennoch als eine faktische Basis für die Ersteren, und dadurch geschieht eben auch die Bewegung nach vorne. Das Heutige streicht das Gestrige niemals durch, die Rede ist immer von einer wahrhaftigeren, tieferen Wahrnehmung. Mal für Mal, Resultate der Erforschungen aufsummierend, gelangen die Forscher in den Naturwissenschaften von einer Errungenschaft zur anderen, und in der Wissenschaft der Kabbala gelangen sie dabei zu einem mehr und mehr inneren Bild der Realität. Durch unsere Erkundungen der Natur nehmen wir jedes Mal eine neue Schicht ab und gelangen immer weiter ins Innere.

Ihre Natur ist so, dass jede neue Stufe die vorherige scheinbar zerstört, dies ist aber keine Zerstörung, sondern eine Erschaffung. Neues Leben ist unmöglich, bevor nicht das alte aufhört und verschwindet. Ohne sich auf alles zu stützen, was von Generation zu Generation stattfindet, von Zustand zu Zustand, wird dies aber nicht geschehen. Dabei wird aber keine Unterscheidung zwischen dem Subjekt des Forschers und dem Objekt der Forschung vorgenommen, weil beide in Wirklichkeit eins sind. Wir erkunden die Welt niemals als solche, sie mit den Augen eines Betrachters erblickend. Der Forscher offenbart die Welt in seinen Aufnahmeorganen (Kabbalisten bezeichnen die Seelen als „Körper“), in Entsprechung mit den eigenen Eigenschaften. Indem er für sich ein neues Konzept entdeckt, verfügt der Forscher über die entsprechende Stufe der Erkenntnis durch emotionale (Gefühle) und rationale (Verstand) Aufnahmeorgane.

Dementsprechend hält die Kabbala nur die Benutzung wahrhaftiger Kenntnisse für zulässig, solche, die praktisch bewiesen wurden, das heißt, an deren Realität und Wahrhaftigkeit bei uns kein Zweifel aufkommen kann. Daher ist es nicht möglich, jegliches wissenschaftliches Wissen von den Begriffen „Seele und Körper“ aus der ersten oder zweiten Theorie anzunehmen, weil deren Schlussfolgerungen von religiösen Überlegungen ausgehen. Wahrhaftig wissenschaftliche Kenntnisse von der Seele und dem Körper können nur bei Verwendung der Methodik, die von der Wissenschaft der Kabbala geboten wird, erhalten werden, weil sie auf dem Erfahrungswege erlangt und durch Praxis bestätigt werden, sodass der Mensch nicht an deren Wahrhaftigkeit zweifelt. Wenn man alles oben dargelegte mit einbezieht, wird nur die Möglichkeit zugelassen, in bestimmtem Maße nur die dritte Theorie zu benutzen, die sich ausschließlich mit den Fragen des Körpers beschäftigt, und nur die Daten, die durch Erfahrung und Untersuchung bewiesen wurden, und zu denen es keine Meinungsverschiedenheiten gibt.

Die Wissenschaft der Kabbala studiert nur das Material und die in Material gehüllte Form. Auf Grundlage der erhaltenen Daten werden Schlussfolgerungen über den Menschen und über die umgebende Realität gezogen, in welcher er existiert. Die Wiederholbarkeit der erhaltenen Resultate führt zum Aufkommen des Konzepts, dem entsprechend unsere ganze Welt eine gewisse Wahrnehmung ist, die unseren Sinnesorganen eigen ist. In ihnen wird auch die Selbstwahrnehmung des Menschen bestimmt. Die Erkenntnis einer objektiven, vom Menschen unabhängigen, das heißt, einer vom Einfluss seines „Ich“ freien Realität, ist jedoch eine unerfüllbare Aufgabe. Kabbalisten sagen, dass nur zum Ende aller seiner Erkundungen, wenn der Mensch sich in Übereinstimmung mit der höchsten Kraft verändert haben wird und sich ihr angleichen wird, er auch fähig sein wird, die Realität ohne Beschränkungen wahrzunehmen, so, wie sie außerhalb der Aufnahmeorgane existiert. Dieser Zustand wird die Welt der Unendlichkeit genannt.

Kritik der dritten Theorie

Der Hauptmangel der dritten Theorie besteht darin, dass sie dem Geist eines gebildeten Menschen fremd ist, weil sie die Persönlichkeit vernichtet und ihn selbst als eine Art Maschine darstellt, die durch Einwirkung äußerer Kräfte in Bewegung versetzt wird. Aus ihr folgt, dass der Mensch keine freie Wahl in seinen Wünschen hat, dass er sich unter vollkommener Kontrolle der Naturkräfte befindet, alle seine Handlungen aus Zwang vollzieht, weder Lohn noch Bestrafung erhält, weil sich das Gesetz der Bestrafung und Belohnung nur auf jemanden ausstreckt, der über eine Freiheit der Willensäußerung verfügt. Diese Theorie ist sowohl den Religiösen fremd, die an Belohnung und Bestrafung durch den Schöpfer glauben, und sich ihres guten Ziels sicher sind, als auch den Nichtreligiösen. Denn entsprechend dieser Theorie sind wir, über Vernunft Verfügende, Spielzeug in Händen blinder Natur, die uns in eine ungewisse Richtung führt.

Aus diesem Grund setzt sich diese Theorie in der Welt kaum durch. Es ist üblich zu glauben, dass der Körper, der entsprechend der dritten Theorie als eine Maschine bezeichnet wird, nicht der wahre Mensch ist, sondern dass das Wesen des Menschen, sein „Ich“, ein unsichtbares und unspürbares spirituelles Wesen ist, das in verhüllter Form im Körper verwirklicht ist. Wie aber kann dieses spirituelle Wesen den Körper in Bewegung versetzen, wenn doch entsprechend der Behauptung der Philosophie das Spirituelle in keiner Verbindung zum Materiellen steht, und dieses letztere keineswegs beeinflusst? So können weder Philosophie noch Metaphysik eine Lösung der Frage nach der Seele bieten.

Heute ist die Wissenschaft in der Lage, die Existenz diverser anomaler Erscheinungen zu erklären. Moderne Forschungen lassen der Seele scheinbar keinen Raum und wenn man einen aufmerksameren Blick auf das Leben wirft, vermutet der Mensch dennoch, dass außer dem biologischen Elektrogerät, welches als der „Mensch“ bezeichnet wird, noch etwas existiert, ein gewisser spiritueller Teil, der über den Rahmen der beobachteten Natur tritt. Was gibt dem Menschen Grund zur Vermutung, dass in uns ein gewisser ewiger Teil existiert, der nach dem Tod des Körpers bleibt? Argumente der Befürworter dieser Theorie sind durch nichts bestätigt, und daher kann man sich zweifellos nicht auf sie verlassen.

Kabbalisten ihrerseits sagen, dass, bevor der Mensch nicht seine Seele verspürt, es unmöglich ist, ihm zu erklären, was das ist und wie er damit die spirituelle Welt verspüren könnte.

Keine der in der Welt existierenden Methoden kann von sich behaupten, fähig zu sein, dem Menschen seine Seele zu zeigen. Sie alle gründen sich auf solchen „Entdeckungen“, die keiner wissenschaftlichen Kritik standhalten, und nichts weiter als eine Folge psychologischer Reaktionen sind.

Haben wir nun in Wirklichkeit eine Seele? Oder sind wir den Tieren ähnlich, die leben und sterben, und die noch nicht einmal gedanklich fähig sind, sich selbst mit irgendeinem ewigen Teil zu versehen?

Schluss

Alles, was der Mensch empfindet, empfindet er in seinen fünf Sinnesorganen. Das aufsummierte Bild des in den fünf Sinnesorganen Wahrgenommenen wird im Gehirn analysiert, mit dem bereits bekannten verglichen und dem Bewusstsein als das Bild von sich selbst und der umgebenden Welt präsentiert. Somit nimmt der Mensch sowohl den eigenen Körper, als auch die ihn umgebende Realität als das Ergebnis der Empfindungen der fünf Sinnesorgane auf. Es gibt weder den Körper noch die umgebende Welt als solche – sie sind lediglich Folge unserer Empfindungen.

Wenn der Mensch überhaupt keine Empfindungsorgane hätte, würde er sich selbst nicht wahrnehmen. Wenn die Organe der Empfindungen in Quantität oder Qualität anders gestaltet wären, würde sich der Mensch anders wahrnehmen, er würde den eigenen Körper und die ihn umgebende Welt anders wahrnehmen: entsprechend den Empfindungen, die ihm seine Sinnesorgane liefern würden. Alles, was durch den Menschen in den fünf Sinnesorganen verspürt wird, wird als das „Enthüllte“ bezeichnet. Natürlich verfügt jedes Individuum dabei über ein eigenes Maß des Verhüllten, das von seiner emotionalen und intellektuellen Entwicklung abhängt.

Das Enthüllte kann sein:

  • Privat, individuell;
  • Allgemein – der ganzen Menschheit auf jeder konkreten Etappe ihrer Entwicklung enthüllt.

Das noch nicht Enthüllte, aber potentiell der Enthüllung in der Zukunft Unterliegende, wird als das „Verhüllte“ bezeichnet. Dieses wird auch in zwei Arten unterteilt:

  • Verhülltes, das wir irgendwann in der Zukunft in unseren fünf Sinnesorganen offenbaren können;
  • Verhülltes, das wir niemals in unseren fünf Sinnesorganen enthüllen können.

Das nicht in den fünf Sinnesorganen Enthüllbare kann in einem sechsten Sinnesorgan enthüllt werden. Jeder Mensch trägt das Embryo eines sechsten Sinnesorgans in sich, das er entwickeln kann. Die Methodik der Entwicklung eines sechsten Sinnesorgans heißt „Kabbala“. In Analogie mit den Empfindungen des Körpers und der Umgebung in den fünf Sinnesorganen besteht auch die Wahrnehmung im sechsten Sinnesorgan aus zwei Komponenten:

  • Körper – bezeichnet als die „Seele“
  • Umgebung – bezeichnet als die „höchste Welt“

Die Wahrnehmung der höchsten Welt wird als ein Gefühl der Ewigkeit, Perfektion, Allwissen empfunden. Dann sieht der Mensch, dass die drei oben genannten Theorien des Glaubens, des Dualismus und der Verneinung, allesamt Produkte des Vorstellungsvermögens des menschlichen Verstandes sind, der noch keine wahrlich spirituelle Offenbarung erfahren hat.

Kommen wir nun zur Frage der Reinkarnationen zurück.

Es existiert ein allgemeiner Zusammenhang zwischen allen Teilen der sich vor uns in der Wirklichkeit befindlichen Schöpfung, einer Wirklichkeit, die sich nach den Gesetzen kausaler Zusammenhänge und Folgen entwickelt.

Dies trifft sowohl für das Ganze, das heißt, für das Universum zu, als auch für jedes seiner Teile im Besonderen, das heißt, in jedem Geschöpf dieser Welt, in allen vier Arten – „leblos“, „pflanzlich“, „tierisch“, „sprechend“ – gilt das gleiche Gesetz des kausalen Zusammenhangs.

Mehr als das, sogar jede besondere Form des eigenen Verhaltens, auf welches sich das Geschöpf in jedem Moment seiner Existenz in dieser Welt stützt, wird durch vorhergehende Faktoren bestimmt, die das Verhalten zwingend dazu führen, sich so und nicht anders zu verändern.

Dies ist all denen klar und verständlich, welche die Wirkungsweisen der Dinge in unserer Welt, in der Natur, aus rein wissenschaftlicher Sicht und unvoreingenommen betrachten. Genau so müssen wir einen Gegenstand präparieren, um eine Möglichkeit zu haben, ihn von allen Seiten zu betrachten.

Jedes Objekt in unserer Welt besteht wie eine Folge aus vier vorhergehenden, auf das Objekt einwirkenden Faktoren. Das heißt, wenn ich von einem existierenden Objekt spreche, so existiert es, weil es Folge von vier darauf einwirkenden Faktoren ist:

  1. Der erste Faktor ist seine Grundlage, sein inneres Wesen.
  2. Der zweite Faktor sind kausale Zusammenhänge, die sich auf die Eigenschaften der Grundlage beziehen, und die sich nicht verändern.
  3. Der dritte Faktor sind die inneren kausalen Zusammenhänge, die sich unter Einwirkung äußerer Kräfte verändern.
  4. Der vierte Faktor sind kausale Zusammenhänge äußerer Kräfte, Faktoren, die von außen einwirken.

Ad 1) Basis ist der primäre Baustoff des gegebenen Geschöpfes, aus dem letzteres entstanden ist. Unveränderliche Eigenschaften der Grundlage sind die Reihenfolge ihrer Entwicklung. So ruft zum Beispiel die Fäulnis eines Weizenkorns das Entstehen eines neuen Weizenschößlings hervor, das heißt, der gleichen Art. Das Korn verfault und verwest – die Form verschwindet vollkommen, ähnlich wie unser Körper in der Erde verwest. Die Grundlage jedoch bleibt und gibt einen neuen Schössling, ähnlich wie unsere Seele die Geburt eines neuen Körpers erzwingt, um sich in ihn zu hüllen.

Ad 2) Unveränderliche Eigenschaften der Grundlage. Die Grundlage (in diesem Fall das Korn) wird niemals die Form anderer Brotweizen annehmen, zum Beispiel, des Hafers, sondern lediglich die ihr vorangehende Form, die sie verloren hat, das heißt, die Form des Weizens. Es sind bestimmte Veränderungen in der Quantität und Qualität des neuen Sprösslings möglich, die von der Umwelt abhängig sind, – vom Boden, den Düngern, der Feuchtigkeit, der Sonne – die Form des Weizens jedoch (das heißt, des vorherigen Wesens), unterliegt keinen Veränderungen.

Ad 3) Eigenschaften, die sich unter Einwirkung äußerer Kräfte verändern. Unter Einwirkung äußerer Faktoren verändert sich qualitativ die Hülle des Wesens – Korn bleibt Korn, aber seine äußere Form verändert sich und hängt von der Umwelt ab. Zusätzliche äußere Faktoren haben sich an das Wesen angeschlossen und haben gemeinsam mit diesem, kraft der Einwirkung der Umgebung, eine neue Eigenschaft ergeben. Im Bezug auf das Korn können es Sonne, Boden, Niederschläge sein; im Bezug auf den Menschen kann es sich um Gesellschaft, Gruppe, Bücher und Lehrer handeln.

Ad 4) Veränderungen äußerer Kräfte. Der Mensch bedarf einer Umgebung, die sich entwickelt und ständig auf die Entwicklung des Menschen einwirkt. Der Mensch seinerseits entwickelt sich und wirkt dadurch auf die Umgebung ein, diese zum Wachsen zwingend, was wiederum den Menschen erhebt. Auf diese Weise wachsen der Mensch und seine Umgebung parallel.

Durch diese vier Faktoren werden alle Zustände eines jeden Geschöpfes bestimmt. Und sogar wenn der Mensch Tage und Nächte lang forscht, wird er nichts verändern oder zu den vier Faktoren etwas hinzufügen können. Und wie immer wir handeln, was immer wir denken, was immer wir auch tun, was immer wir uns aneignen – alles ist in diesen vier Faktoren eingeschlossen. Und jede Ergänzung, die man nur finden würde, wäre ausschließlich quantitativ, mehr oder weniger durch die Stufe des Verstandes bestimmt, während man hier qualitativ nichts hinzufügen kann. Denn alle diese Faktoren bestimmen zwingend unseren Charakter und die Weise des Denkens und des Schlussfolgerns.

1) Das eigene Wesen kann der Mensch nicht verändern.

2) Gesetze, nach denen sich sein Wesen verändert, kann der Mensch nicht verändern.

3) Gesetze der Veränderung seiner inneren Eigenschaften in Abhängigkeit von äußeren Einwirkungen kann der Mensch nicht verändern.

4) Die Umgebung, von der er vollkommen abhängig ist, kann der Mensch verändern!

Wenn sich der Mensch tatsächlich in der Gegenwart seine Umgebung verändern kann, dann bestimmt er dadurch seinen zukünftigen Zustand. Das einzige, worauf die Umgebung Einfluss nehmen kann, sind die Quantität und die Qualität, das heißt, die Geschwindigkeit und die Beschaffenheit desjenigen Weges, welchen der Mensch durchlaufen wird: wird er ihn mit Schmerz, in Angst, in Leiden, in Jahrtausenden blutiger Kriege begehen, oder ruhig, bequem, wenn er selbst zum Ziel strebt.

Sehen wir uns nun an, wie all das mit Reinkarnationen verbunden ist.

Die Persönlichkeit eines jeden ist schon dadurch besonders, dass sie der eigenen Wurzel entspringt, der einzigen, nur ihr eigenen Wurzel. Genauso können keine zwei Haare aus einer Wurzel wachsen, und jedes hat eine eigene. So entstammen auch zwei Menschen unterschiedlichen Orten der Gesamtschöpfung – des Willens der Seele – Adams. Das heißt, die anfänglichen Wünsche, bzw. ihre Verbindungen (jede Seele besteht aus 613 Wünschen) sind individuell. Dabei gilt, dass, obwohl sie sich weiter vollkommen gleich entwickeln können, bei gleichen Bedingungen, sie trotzdem ganz unterschiedlich sein werden. Nicht zufällig besitzt jeder von uns ein solch ausgeprägtes Gefühl der eigenen Einzigkeit.

Jede einzelne Seele kleidet sich in einen Körper unserer Welt ein. Jede neue Generation besteht aus alten Seelen, in neue Verkleidungen (Körper) gehüllt. Jedes neue irdische Leben baut sich auf der Grundlage hunderter vorheriger Leben – Generationen auf.

Der irdische Körper muss sterben: die angehäuften Erfahrungen und Wissen im beendeten Leben verwandeln sich aus Information in Eigenschaften, mit denen der neue Körper bereits geboren wird. Das geschieht dank der Tatsache, dass angehäuftes Wissen sich nur von einer Form befreit bewahren und in Wünsche verwandeln kann, in Form von einfachen Kräften, das heißt, wenn die Seele nicht an den Körper gebunden ist. Daher ist ein periodisches Einkleiden der Seele in einen neuen Körper notwendig.

Nehmen wir als Beispiel uns und unsere Kinder: wie schnell sie sich den Umgang mit neuen Computerspielen und Technik aneignen, obwohl nicht ihre, sondern unsere Generation diese erfunden hat. Der Grund für eine so schnelle Adaptation des Menschen an die Welt liegt darin, dass sich seine Kenntnisse aus dem vorherigen Leben in Eigenschaften in diesem Leben verwandelt haben, und es ihm erlauben, Dinge ganz natürlich aufzunehmen, was für uns, sogar für diejenigen, die diese Dinge erfunden haben, unnatürlich ist.

Das, was wir uns in Form von Erfahrungen, Wissen aneignen, verwirklicht sich in der nächsten Generation bereits als ein Gesetz, ein Programm, und die nächste Generation beginnt ihre Entwicklung auf der Stufe, die von der vorherigen erreicht wurde. Im nächsten Leben werde ich mit Eigenschaften auf diese Welt kommen, die es mir erlauben werden, weiter zum Ziel vorzurücken, mich an den Schöpfer zu nähern. Die Frage besteht nur darin, wie man jede Reinkarnation am effektivsten nutzt.

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