Exil und Erlösung

Rav Yehuda Ashlag

Harmonie zwischen Religion und dem Gesetz der Entwicklung oder dem blinden Schicksal

Du wirst unter den Völkern keine Ruhe haben und deine Füße werden keine Ruhestatt finden (Deuteronomium, 28:65).

Dazu soll euch fehlschlagen, was euch in den Sinn kommt, wenn ihr sagt: Wir wollen sein wie die Heiden, wie die Völker in den andern Ländern und Holz und Stein anbeten (Ezekiel, 20:32).

Der Schöpfer zeigt uns offensichtlich, dass das Volk Israel nicht in der Verbannung existieren kann. Es wird dort keine Ruhe finden wie die restlichen Völker, die sich mit anderen Völkern vermischten und ihre Ruhe fanden, bis sie sich unter ihnen auflösten und keine Spuren hinterließen. Nicht so ist aber das Volk Israel! Es wird keine Ruhe unter den anderen Völkern finden, bis sich schließlich die Worte der Schrift in ihm erfüllen: „Wenn du aber dort den HERRN, deinen Gott, suchen wirst, so wirst du ihn finden, wenn du von ganzem Herzen und ganzer Seele nach Ihm verlangst“ (Deuteronomium, 4:29).

Man kann das aus der Erkenntnis [der Höheren Lenkung] erklären. Denn für uns wurde bestimmt, was in der Schrift steht, denn die Tora ist wahr, und alle ihre Worte sind wahr, und wehe uns, wenn wir an ihrer Wahrhaftigkeit zweifeln und sagen, dass alles, was mit uns geschah und was vorhergesagt wurde, Zufall und blindes Schicksal ist. Dafür gibt es nur eine Arznei – uns wieder Plagen zu schicken, in solchen Ausmaßen, dass wir in ihnen sehen, dass sie kein Zufall sind, sondern die unabwendbare Höhere Lenkung, wie sie aus der Tora hervortritt.

Man kann das ausgehend vom Wesen des Entwicklungsgesetzes selbst erklären: Dank der mittels der Kabbala erkannten wahren Handlungsanleitung, die es erlaubt, in der Höheren Lenkung den Weg der Genüsse zu wählen (siehe Art. „Zwei Wege“), fand unsere Entwicklung schneller statt als bei den anderen Völkern. Und infolge dieser Entwicklung unseres Volkes wurde ihm die Verpflichtung auferlegt, stets vorwärts zu gehen und mit aller Genauigkeit die Anweisungen der Wissenschaft der Kabbala zu erfüllen.

Da man das jedoch nicht tat, sondern den eigenen kleinlichen Egoismus hereinbringen wollte, also das Empfangen für sich, also lo liShma, führte dies zur Zerstörung des Ersten Tempels, denn man wollte diese Eigenschaften für den Erhalt von Reichtum und die Einführung der Herrschaft von Kraft über die Gerechtigkeit nutzen, wie dies bei den anderen Völkern der Fall ist.

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Analytischer Vergleich zwischen Kabbala und Philosophie

Rav Yehuda Ashlag

WAS IST SPIRITUALITÄT?

Die Philosophie hat sich viel Arbeit gemacht, um zu beweisen, dass das Materielle ein Erzeugnis des Spirituellen sei und die Seele den Körper erzeuge. Doch auch danach wird das, was sie behauptet, weder vom Herzen noch vom Verstand angenommen. Ihr Hauptfehler bestand in der Wahrnehmung des Spirituellen, darin, dass es, wie sie behauptete, das Materielle gebar, was zweifellos erfunden ist.

Jeder Vater muss seinem Nachkömmling irgendwie ähneln, und solch ein Verhältnis ist die Handlungsweise und der Weg, den seine Nachkommenschaft fortsetzen wird. Denn jeder Arbeiter muss ein Verhältnis zum eigenen Tun haben, welches zu einer Verbindung zwischen ihnen führen wird. Und wenn du sagst, dass das Spirituelle keinerlei Bezug zum Materiellen hat, so gibt es keinen Weg und kein Mittel, welches dem Spirituellen eine Möglichkeit gäbe, einen Kontakt zum Materiellen zu haben und es in Bewegung zu versetzen.

Doch das Wesen des Wortes „spirituell“ hat keinerlei Bezug zur Philosophie, denn wie kann man etwas besprechen, was man niemals gesehen oder wahrgenommen hat? Worauf basiert es?

Denn wenn es irgendeine Definition gibt, die es erlaubt, das Spirituelle zu unterscheiden und es vom Materiellen zu trennen, dann kann sie niemand anderer geben als jene, die einmal das Spirituelle erkannt und wahrgenommen haben, und das sind wahre Kabbalisten. Daher bedürfen wir der Wissenschaft der Kabbala.

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 Das Wesen der Religion und ihr Ziel

Zum Hörtext..

Rav Yehuda Ashlag

Ich möchte hier drei Fragen beantworten:

  1. Worin besteht das Wesen der Religion?
  2. Wird ihr Ziel in dieser Welt oder in der zukünftigen Welt erreicht?
  3. Ist das Ziel der Religion das Wohl des Schöpfers oder das Wohl der Geschöpfe?

Auf den ersten Blick wird sich der Leser über meine Worte wundern und diese drei Fragen nicht verstehen, die ich als Thema für diesen Artikel wählte. Denn wer weiß nicht, was Religion ist? Und wer weiß denn nicht, dass man sich deren Belohnung und Bestrafung hauptsächlich in der zukünftigen Welt erwartet und erhofft? Geschweige denn die dritte Frage. Alle wissen, dass sie auf das Wohl der Geschöpfe ausgerichtet istsie mit Gutem und mit Reichtum zu verwöhnen. Und was kann man dem noch hinzufügen?

Und tatsächlich habe ich dem nichts hinzuzufügen. Weil jedoch diese drei Fragen so bekannt und üblich sind, von der Kindheit an eingesaugt, kann man im Verlauf des gesamten Lebens weder etwas zu ihnen hinzufügen noch in ihnen Klärung betreiben. Das zeugt jedoch von der Unkenntnis dieser erhabenen Begriffe, die tatsächlich die Grundlagen des Fundaments sind, auf welchem das gesamte religiöse „Gebäude“ aufgebaut ist und sich stützt.

Und wenn dem so ist, dann sagt mir: Wie ist es möglich, dass ein Jugendlicher von zwölf oder vierzehn Jahren schon reif genug ist, um in die ganze Tiefe dieser drei Begriffe einzudringen und sie zu verstehen? Dies auch noch in einem solch ausreichenden Maß, dass er dem im Laufe seines ganzen Lebens nicht mehr irgendeine Meinung und Kenntnis hinzufügen muss?

Hier genau liegt das Problem! Denn eine solch oberflächliche Annahme führte auch zu einem oberflächlichen Wissen und zu Schlussfolgerungen wildesten Charakters, welche die Welt unserer Generation erfüllten, und uns zu einem Zustand führten, dass die zweite Generation unserem Einfluss fast schon entglitten ist.

Das absolut Gute

Um den Leser nicht mit langen Ausführungen zu ermüden, werde ich mich nur nach dem richten, was in den vorausgehenden Artikeln geschrieben wurde, hauptsächlich nach dem Artikel „Gabe der Toranach allem, was eine Einleitung zu diesem erhabenen Thema bietet, welches wir besprechen. Ich werde mich kurz und einfach ausdrücken, damit es jedem verständlich wird.

Zu Beginn muss man verstehen, dass der Schöpfer das absolut Gute ist. Es ist also unmöglich, dass er jemandem irgendein Leid zufügen würde, und das nehmen wir als das wichtigste Gesetz wahr. Der gesunde Menschenverstand zeigt uns klar, dass die Grundlage aller schlechten Taten nichts anderes als der „Wille zu empfangen“ ist.

Das bedeutet, dass die leidenschaftliche Jagd nach eigenem Wohlergehen, die vom Willen zu empfangen hervorgerufen wird, der Grund dafür ist, dem Nächsten Leid anzutun, da der Wille zu empfangen danach strebt, sich zu füllen. Und zwar so, dass, wenn das Geschöpf eine Befriedigung zu seinem eigenen Wohl fände, es niemanden in der Welt gäbe, der seinem Nächsten Leid antun würde. Und wenn wir manchmal auf irgendein Geschöpf treffen, welches seinesgleichen Leid antut, nicht aus dem Willen heraus, Genuss für sich zu empfangen, so tut es dies nur aus der Gewohnheit heraus, die ursprünglich durch den Willen zu empfangen ins Leben gerufen wurde. Und diese Gewohnheit ist nun die einzige Ursache und befreit von der Suche nach einem anderen Grund.

Da der Schöpfer von uns hinsichtlich seines Wesens als vollkommen wahrgenommen wird und keine Hilfe benötigt, in Seiner Perfektion allem Seienden vorausgehend zu sein, ist klar, dass es in Ihm keinerlei Willen zu empfangen gibt. Und da es in Ihm nichts vom Willen zu empfangen gibt, fehlt auch jeder Grund, jemandem Schaden zuzufügen. Und das ist ganz einfach zu verstehen.

Doch außerdem haben wir auch mit dem ganzen Herzen in endgültiger Vollkommenheit angenommen, dass Er etwas hat, das als „Wille zu geben“ bezeichnet wurde. Es ist der Wille, dem NächstenSeinen GeschöpfenGutes zu tun, was mit aller Offensichtlichkeit aus der von Ihm erschaffenen, erhabenen Schöpfung resultiert, die sich unseren Augen darstellt. Denn in Wirklichkeit gibt es in unserer Welt Geschöpfe, die entweder gute oder schlechte Empfindungen haben. Und was sie auch empfinden, wird tatsächlich vom Schöpfer verursacht. Nachdem endgültig geklärt und als Gesetz angenommen wurde, dass der Schöpfer keine Absicht hat, Böses zuzufügen, wird klar, dass alle Geschöpfe von Ihm in Wirklichkeit nur Gutes bekommen, denn Er erschuf sie nur, um ihnen Genuss zu bereiten.

Somit haben wir geklärt, dass der Schöpfer nur über einen Wunsch, Gutes zu geben, verfügt, und Sein Gesetz es keinesfalls erlaubt, jemandem auch nur ein Gramm Schaden oder Leid zuzufügen. Es ist unmöglich, dass es von Ihm ausgehen würde, und daher gaben wir Ihm den Namen des „Absolut Guten“. Nachdem wir dies erkannt haben, werden wir hinabsteigen und uns die wirkliche Realität anschauen, die von Ihm gelenkt und kontrolliert wird, und die Weise, wie Er nur Gutes tut.

Die Lenkung des Schöpfers ist eine zielgerichtete Lenkung

Das wird aus der Entwicklung der Objekte der uns umgebenden Wirklichkeit selbst klar. Wenn wir uns jedes noch so kleine Geschöpf vornehmen, welches einer der vier Arten angehörtbewegungslos, pflanzlich, tierisch, sprechend (Mensch)werden wir sehen, dass sowohl das Einzelwesen als auch seine Art als Ganzes zielgerichtet gelenkt werden. Das heißt, die langsame und stufenweise Entwicklung, die durch den Rahmen von Ursache und Wirkung bedingt ist, gleicht der Frucht eines Baumes, deren Lenkung ein gutes Endziel verfolgtsie süß und angenehm im Geschmack zu machen.

Fragt die Botaniker, wie viele Zustände diese Frucht vom Moment der Entstehung an bis zur Erreichung ihres Zielsder endgültigen Reifedurchläuft. Und alle Zustände, die dem endgültigen vorausgehen, entbehren nicht nur der Andeutung auf deren endgültigen, schönen und süßen Zustand, sondern zeigen uns im Gegenteil (als wollten sie uns ärgern) eher den Gegensatz zu ihrer Endform.

Je süßer die Frucht am Ende ist, desto bitterer und hässlicher ist sie in den vorausgehenden Stufen ihrer Entwicklung. Genauso auf den Stufen „tierisch“ und „sprechend“ (Mensch): ein Tier, dessen Verstand auch bei Abschluss des Wachstums klein bleibt, durchläuft keine bedeutenden Veränderungen im Entwicklungsprozess, während im Menschen, dessen Verstand sich am Ende seiner Entwicklung vielfach vergrößert, riesige Veränderungen stattfinden. Ein eintägiges Kalb wird bereits als Stier bezeichnet, da es über die Kraft verfügt, auf den Beinen zu stehen und zu laufen, sowie auch über den Verstand, Gefahren zu meiden, die auf seinem Weg vorkommen.

Der Mensch dagegen gleicht, wenn er einen Tag alt ist, einem Geschöpf, dem viele solcher Sinne fehlen. Und wenn jemand, der die Realität dieser Welt nicht kennt, diese zwei Neugeborenen betrachten und versuchen würde, die Situation zu beschreiben, so würde er natürlich vom Säugling sagen, dass aus diesem nie etwas werden wird, und vom Kalb würde er sagen, dass ein großer Held auf die Welt gekommen sei; wenn er also nach dem Entwicklungsstand des Verstandes des Kalbs und des Neugeborenen, welches nichts versteht und nichts fühlt, urteilen würde.

Somit springt klar ins Auge, dass die Lenkung der Wirklichkeit, die der Schöpfer erschuf, nichts anderes als eine Form von „zielgerichteter Lenkung“ ist, welche die Reihenfolge von Entwicklungsstufen nicht in Betracht zieht. Ganz im Gegenteil versucht sie scheinbar, uns mit deren Hilfe absichtlich zu täuschen, indem sie uns immer Zustände zeigt, die ihrer Endvariante entgegengesetzt sind.

Das meinen wir, wenn wir sagen: „Es gibt keinen klügeren Menschen als den Erfahrenen.“ Denn nur ein Mensch, der Erfahrung erlangt hat und über die Möglichkeit verfügt, das Geschöpf in allen Entwicklungsstadien bis zum letzten vollkommenen Zustand zu beobachten, kann die Gemüter beruhigen. Dann fürchtet man sich nicht vor all diesen verdorbenen Bildern, in welchen sich das Geschöpf in seinen unterschiedlichen Stadien der Entwicklung befindet und kann an die Schönheit und die Vollkommenheit der abgeschlossenen Entwicklung glauben.

Und nun wurden die Lenkungswege des Schöpfers in unserer Welt deutlich, und zwar, dass diese Lenkung ausschließlich zielgerichtet ist. Doch das Gute wird im Ganzen nicht erkannt, solange das Geschöpf nicht seinen Endpunkt erreicht hat, das heißt die vollendete Form und die endgültige Entwicklung. Ganz im Gegenteil hüllt es sich bis dahin stets in einen Umschlag aus Verdorbenem gegenüber dem Betrachter. Doch es ist klar, dass der Schöpfer Seinen Geschöpfen immer nur Gutes tut, und dieses Gute, welches von Ihm ausgeht, wird zielgerichtet gelenkt.

Zwei Wege: Weg des Leidens und Weg der Tora

Auf diese Weise wurde geklärt, dass der Schöpfer das „absolut Gute“ ist. Er lenkt uns zielgerichtet, ausgehend von Seiner Perfektion des absolut Guten und ohne jede Beimischung von Bösem. Das bedeutet, dass die Zielgerichtetheit Seiner Lenkung uns verpflichtet, die Reihenfolge des Durchlaufens unterschiedlicher Zustände auf uns zu nehmen, die durch das Gesetz von Ursache und Wirkung bedingt sind, bis wir schließlich würdig werden, das erwünschte Gute zu empfangen, wodurch wir das Ziel unserer Schöpfung erreichenwie eine prächtige Frucht am Ende ihrer Reifung. Somit ist klar, dass das Resultat absolut jedem von uns gewährt ist. Und wenn du damit nicht einverstanden bist, so wirfst du dadurch einen Schatten auf die Lenkung des Schöpfers, indem du sagst, dass sie angeblich unzureichend zur Erlangung des Ziels sei.

Die Weisen sagten, dass die „Shechina bei den Niederen eine große Notwendigkeit“ ist. Da die Lenkung des Schöpfers zielgerichtet ist, wird sie uns am Ende zu einer Verschmelzung mit Ihm führen, damit Er in uns wohnt. Und das wird als eine große Notwendigkeit bezeichnet. Das heißt, wenn wir das nicht erreichen, so würde sich dadurch sozusagen ein Mangel an Seiner Lenkung offenbaren.

Und das gleicht einem mächtigen König, der im Greisenalter einen Sohn bekam und diesen sehr liebte. Und daher hat sich der König vom Tag der Geburt seines Sohnes an vorgenommen, ihm alles zu geben. Zu diesem Zweck versammelte er alle wertvollen Bücher und alle hervorragenden Weisen, die es im Lande gab, und baute ihm ein Lehrhaus (Beit Midrash) zur Erreichung von Weisheit. Und er rief berühmte Bauleute zusammen und baute ihm Lustpaläste und versammelte alle Sänger und Musiker, damit sie ihn Musik und die Kunst des Singens lehren würden, und er rief die geschicktesten Köche und Konditoren zusammen, damit sie ihm die schmackhaftesten Gerichte der Welt bereiten würden.

Und so wuchs der Sohn heran und wurde zum Mann. Doch er stellte sich als dumm heraus und ohne Drang zur Wissenschaft. Und er ist blind und sieht nicht und spürt nicht die Pracht der Gebäude. Und er ist taub und hört nicht das Singen und die Stimmen der Instrumente. Und er ist krank und kann es sich nicht erlauben, das für ihn Zubereitete zu essen, und er ernährt sich nur von einem Stück Brot mit Getreidekleie. Scham und Schande!

Solch eine Situation kann sich bei einem irdischen König ergeben, doch man kann solches unmöglich über den Schöpfer sagen, dem natürlich kein Betrug eigen ist. Und weil dem so ist, bereitete er für uns zwei Wege der Entwicklung vor:

Einer von ihnen ist der Weg des Leidens. Dieser stellt die Reihenfolge der eigenständigen Entwicklung des Geschöpfes dar. Das Geschöpf ist dazu verpflichtet, ihr zu folgen, indem es von einem Zustand zum anderen übergeht, welcher mit dem vorausgehenden kausal, also durch die Abhängigkeit von Ursache und Wirkung, verbunden ist. So entwickeln wir uns sehr langsam bis hin zum Bewusstsein der Notwendigkeit, das Gute zu wählen, das Schlechte abzulehnen und uns für eine zielgerichtete Verbindung würdig zu zeigen, die vom Schöpfer erwünscht ist.

Dieser Weg ist allerdings lang hinsichtlich der Zeit und voller Leiden und Schmerz. Darum bereitete Er uns den leichten und angenehmen Weg der Tora und der Gebote, welcher in der Lage ist, uns in einer kurzen Zeit und ohne Leiden unserer Bestimmung würdig zu machen.

Daraus folgt, dass unser Endziel eine Reinigung zum Zweck der Verschmelzung mit dem Schöpfer ist, damit Er in uns wohnen kann. Und dieses Ziel ist verpflichtend und es gibt keinerlei Möglichkeit, ihm zu entkommen. Denn die Höhere Kraft lenkt uns streng auf zwei Wegen, die, wie erläutert wurde, den Weg der Leiden und den Weg der Tora darstellen. Doch in der uns umgebenden Wirklichkeit sehen wir, dass Er uns auf beiden Wegen lenkt, die von den Weisen als der „Weg der Bräuche (wortwörtlich: Weg der Erde)“ und der „Weg der Tora“ bezeichnet werden.

Das Wesen der Religion ist es, in uns den Sinn für die Erkenntnis des Bösen zu entwickeln

Und hier die Worte der Weisen: „Was für einen Unterschied macht es für den Schöpfer, ob man das Vieh am Nacken oder am Hals schlachtet? Denn die Gebote sind zu nichts anderem gegeben, als die Geschöpfe durch sie zu reinigen.“ Was die „Reinigung“ ist, wurde gut im Artikel „Gabe der Tora“ (Punkt 12) erläutert. Und schau nach, was dort geschrieben steht. Hier werde ich aber erklären, was das Wesen dieser Entwicklung darstellt, die durch die Beschäftigung mit der Tora und den Geboten erreicht wird.

Wisse, dass es die Erkenntnis des sich in uns befindlichen Bösen ist. Die Erfüllung der Gebote kann langsam und allmählich denjenigen, der sie erfüllt, feiner und erhabener machen. Und die wahre Höhe der Stufe der Verfeinerung besteht im Grad der Erkenntnis des Bösen in uns.

Denn seitens der Natur ist der Mensch bereit, alles Böse von sich abzustoßen and auszurotten. Darin sind sich alle Geschöpfe gleich, und der einzige Unterschied zwischen ihnen besteht lediglich in der Erkenntnis des Bösen. Ein weiter entwickeltes Geschöpf ist sich eines höheren Grades des Bösen in sich bewusst, es unterscheidet das Böse und stößt es von sich in einem größeren Maß ab. Und ein weniger entwickeltes Geschöpf verspürt in sich eine kleinere Stufe des Bösen, und stößt daher nur ein geringeres Maß des Bösen ab, während es den ganzen Schmutz in sich lässt, da es diesen nicht als Schmutz empfindet.

Um den Leser nicht zu verwirren, werden wir erläutern, was die Basis von Gut und Böse ausmacht, wie davon im Artikel „Gabe der Tora“ (Punkt 12) die Rede war. Die Basis alles Bösen ist nichts anderes als die Liebe zu sich selbst, die als „Egoismus“ bezeichnet wird. Ihr Naturell ist dem Schöpfer entgegengesetzt, in Dem es keinen Willen gibt, für Sich zu empfangen, denn Er ist nichts anderes als der „Wille zu geben“.

Und wie im Artikel „Gabe der Tora“ (Punkt 9 und 11) erklärt wurde, besteht das Wesen des Genusses im Grad der Ähnlichkeit mit den Eigenschaften des Schöpfers. Und das Wesen der Leiden und der Ungeduld besteht im qualitativen Unterschied zum Schöpfer. Dementsprechend ist uns der Egoismus zuwider, und es schmerzt uns das Bewusstsein, dass wir uns von den Eigenschaften des Schöpfers unterscheiden.

Doch dieses Gefühl der Widerwärtigkeit des Egoismus ist in jeder Seele unterschiedlich. Denn ein wilder, unentwickelter Mensch hält den Egoismus keineswegs für eine negative Eigenschaft und benutzt ihn daher öffentlich grenzenlos und ohne jede Scham. Vor den Augen aller beraubt und ermordet er skrupellos jeden, der sich in seiner Reichweite befindet. Ein etwas mehr Entwickelter empfindet seinen Egoismus bereits bis zu einer gewissen Stufe als böse und schämt sich, sich dieses Egoismus öffentlich zu bedienendie Menschen zu bestehlen und zu morden, wo man es sehen kannbegeht aber weiterhin seine Verbrechen.

Und ein noch weiter Entwickelter empfindet den Egoismus tatsächlich als Gräuel, sodass er ihn in sich nicht mehr dulden kann und ihn von sich stößt und ihn, entsprechend dem Grad seiner Erkenntnis des Bösen gänzlich vertreibt, sodass er es nicht mehr wollen und können wird, auf Kosten anderer zu genießen. Und dann beginnen in ihm Funken der Liebe zum Nächsten zu erwachen, die als „Altruismus“ bezeichnet werden, welcher die allgemeine Eigenschaft des Guten ist.

Das entwickelt sich in ihm ebenfalls stufenweise. Zunächst entwickelt sich in ihm das Gefühl der Liebe zur Familie und zu seinen Nächsten sowie der Wunsch, sich um sie zu kümmern, wie es heißt:„Vor dem eigenen Fleisch kann man nicht fliehen.“ Und wenn er sich noch mehr entwickelt, so wächst in ihm der Grad des Gebens an alle, die ihn umgeben, an die Bewohner seiner Stadt und an sein Volk. Und so wächst er heran, bis sich in ihm schließlich die Nächstenliebe zur gesamten Menschheit entwickelt.

Bewusste und unbewusste Entwicklung

Und wisse, dass zwei Kräfte uns anstoßen und dazu antreiben, aufzusteigen, indem wir die Stufen der erwähnten Leiter erklimmen, bis wir ihre Spitze im Himmel erreichendas Endziel der Gleichheit unserer Eigenschaften mit denen des Schöpfers. Der Unterschied zwischen diesen zwei Kräften besteht darin, dass eine von ihnen uns „unbewusst“ von hinten antreibt. Diese Kraft stößt uns von hinten an, und dies bezeichneten wir als den „Weg der Leiden“, oder den „Weg der Erde“ (Derech Erez).

Daraus entspringt die Philosophie der Moral, welche als Ethik bezeichnet wird. Sie basiert auf der empirischen Erkenntnis, das heißt auf der Prüfung mit Hilfe des praktischen Verstandes. Und das ganze Wesen dieses Systems stellt nichts anderes als die Summe der Schäden dar, welche vor unseren Augen von den keimenden Samen des Egoismus hervorgebracht wurden.

Diese empirischen Erfahrungen gelangten zu uns auf zufällige Weise, das heißt „für uns unbewusst“ und nicht durch unsere Wahl. Dennoch dienen sie ihrem Ziel recht überzeugend, da der Grad des Bösen, der in unseren Empfindungen in Erscheinung tritt und wächst, insofern wir uns seines Schadens bewusst sind, uns dazu zwingt, ihn zu meiden, und dadurch erreichen wir eine höhere Stufe der Leiter.

Die zweite Kraft treibt uns auf die „bewusste“ Weise an, das heißt diese Kraft wählen wir selbst. Diese Kraft zieht uns von vorn, und wir bezeichneten dies als den Weg der Tora und der Mizwot (Gebote). Denn durch die Erfüllung der Gebote sowie die Arbeit mit der Absicht, dem Schöpfer Genuss zu bereiten, entwickelt sich in uns diese Empfindung der Erkenntnis des Bösen mit riesiger Geschwindigkeit, wie dies im Artikel „Gabe der Tora“ (Punkt 13) beschrieben wurde.

Und hier gibt es einen doppelten Vorteil:

Erstens brauchen wir nicht zu warten, bis die Lebenserfahrungen beginnen, uns von hinten anzutreiben, denn jeder Stoß bedeutet Schmerz und Zerstörungen, die uns durch die Enthüllung des Bösen in uns zugefügt werden. Die Arbeit des Schöpfers dagegen entwickelt in uns die gleiche Erkenntnis des Bösen, doch ohne vorausgehende Leiden und Zerstörungen. Im Wohlbehagen und in der Freude, die wir während der reinen Ergebenheit für den Schöpfer verspüren, um Ihm Vergnügen zu schenken, entwickelt sich in uns ein relatives Verhältnis, welches uns erlaubt, die Niederträchtigkeit dieser Funken der Eigenliebe zu erkennen. Wir begreifen, wie sehr ihr Vorhandensein uns daran hindert, auf unserem Weg den Geschmack des Genusses am Beschenken des Schöpfers zu verspüren. Denn die stufenweise Empfindung der Enthüllung des Bösen entwickelt sich in uns vor dem Hintergrund der Empfindung von Genuss und völliger Ruhe, das heißt durch den Empfang des Genusses während der Arbeit für den Schöpfer. Und diese genussvolle und behagliche Empfindung entsteht in uns durch die Übereinstimmung mit dem Schöpfer. 

Zweitens gewinnen wir Zeit, da Er „bei unserem Bewusstsein“ arbeitet, und uns somit hilft, mehr zu tun und die Zeit nach unserem Wunsch zu beschleunigen.

Die Religion dient nicht dem Nutzen der Geschöpfe, sondern dem Nutzen desjenigen, der sich bemüht.

Viele irren sich und vergleichen unsere heilige Tora fälschlicherweise mit der Ethik und Moral. Doch das geschieht aus dem Grunde, dass sie seinerzeit nicht den Geschmack der Religion gekostet haben. Und ich rufe sie auf: „Kostet und sehet, dass der Schöpfer gut ist.“ Ehrlich gesagt, sind sowohl die Ethik als auch die Religion auf eines ausgerichtet: Den Menschen aus dem Schmutz der vergiftenden Eigenliebe auf die erhabene Höhe der Nächstenliebe zu erheben.

Und damit sind sie so weit voneinander entfernt, wie die Gedanken des Schöpfers von den Gedanken der Geschöpfe. Denn die Religion entstammt den Gedanken des Schöpfers, und die Moral ist Frucht der Gedanken von Fleisch und Blut und ihrer Lebenserfahrung. Der Unterschied zwischen ihnen ist offensichtlich, sowohl in den benutzten Mitteln als auch im Endziel.

Denn die Erkenntnis von Gut und Böse, welche sich in uns bei der Nutzung des ethischen Systems entwickelt und entfaltet, hat einen relativen Bezug zum Erfolg der Gesellschaft, während die Nutzung der Religion in unserer Erkenntnis von Gut und Böse einen relativen Bezug zum Schöpfer allein hatdas heißt von der Unterscheidung vom Schöpfer bis hin zur Identifikation mit Seinen Eigenschaften, was als „Verschmelzung“ bezeichnet wird, wie das im Artikel „Gabe der Tora“ (Punkt 911) erläutert wurde.

Und der Grad der Entfernung des einen vom anderen wird durch die unterschiedlichen Ziele bestimmt. Das Ziel der Ethik besteht im Glück der Gesellschaft, wie es vom praktischen Verstand, welcher sich auf die Lebenserfahrung stützt, verstanden wird. Und letzten Endes verspricht das Ziel demjenigen, der es zu erreichen versucht, keinen Gewinn über den von der Natur vorgeschriebenen Rahmen hinaus. Wenn dem so ist, verlässt dieses Ziel nicht die Reichweite der Kritik, denn wer kann ein und für allemal dem Individuum die Gerechtigkeit des Maßes an Wohl beweisen, über welches es verfügt, um ihn zu zwingen, auf irgendeinen Teil des ihm nach seinem Verständnis Zukommenden zugunsten der Gesellschaft zu verzichten?

Im Unterschied dazu verspricht das religiöse Ziel demjenigen, der danach strebt, das Glück für den Menschen selbst. Denn wie wir bereits wissen, befindet sich ein Mensch, der die Liebe zum Nächsten erkannte, nach dem Gesetz der Gleichheit der Eigenschaften in der Verschmelzung mit dem Schöpfer und tritt gemeinsam mit Ihm aus seiner engen Welt, die voller Leiden und Stolpersteine ist, heraus in die weite und ewige Welt des Gebens an den Schöpfer und an die Geschöpfe.

Noch ein berühmter und sehr in die Augen stechender Unterschied, der für die Tora spricht, besteht darin, dass sich das ethische System nach dem Prinzip richtet, das Wohlwollen der Menschen zu erreichen, was einer Pacht (Miete) gleicht, die sich am Ende für den Menschen lohnt. Und die Gewohnheit des Menschen an solche Arbeit lässt ihn noch nicht einmal auf die Stufen der Ethik aufsteigen, da er an Arbeit gewöhnt ist, die von der Umgebung gut belohnt wird, die  für seine guten Taten zahlt.

Derjenige aber, der sich mit der Tora und den Geboten beschäftigt, um dem Schöpfer Genuss zu schenken, ohne jegliche Belohnung zu erhalten, erklimmt tatsächlich die Stufen der Moral, wie dies auch erforderlich ist. Denn er bekommt keinerlei Bezahlung auf seinem Wege, während er Körnchen um Körnchen das Notwendige sammelt, um eine große Rechnung für den Erwerb einer anderen Natur zu begleichendes Gebens an den Nächstenohne jegliches Empfangen für sich, außer zur Aufrechterhaltung der eigenen Existenz.

Nur dann werden wir uns tatsächlich von allen Zwängen der Natur befreien. Denn wenn einem Menschen jegliches Empfangen für sich zuwider ist und seine Seele von allen überflüssigen und kleinlichen Vergnügungen des Körpers frei ist und er nicht danach strebt, Ehre oder Ähnliches zu erlangen, dann lebt er frei in der Welt des Schöpfers. Und es ist garantiert, dass ihm hier niemals Schaden drohen wird. Denn der ganze Schaden, den der Mensch verspürt, ereilt ihn nur dann, wenn er für sich empfängtwas in ihn eingemeißelt istund das muss man gut verstehen.

Somit ist klar, dass das Ziel der Religion darin besteht, dem Menschen zu dienen, der sich bemüht und sie ausübt, und nicht etwa den Geschöpfen und deren Nutzen. Und sogar wenn alle seine Handlungen zu deren Nutzen dienen, und sie alle seine Handlungen bestimmen, so ist dies lediglich ein Mittel zur Erreichung des erhabenen Zielsdie Übereinstimmung mit dem Schöpfer. Und somit ist auch klar, dass das Ziel der Religion in dieser Welt im Leben selbst verwirklicht wird. Und man lese aufmerksam den Artikel „Gabe der Tora“, denjenigen Teil, in dem von den Zielen der Gesellschaft und des Individuums die Rede ist.

Enthüllung von einem Teil und Verhüllung von zwei Teilen

Rav Yehuda Ashlag

In der Regel, wenn große und berühmte Kabbalisten beabsichtigen, etwas zu enthüllen, das über einen tiefen Sinn verfügt, beginnen sie den Artikel mit den Worten: „Ich offenbare einen Handbreit und verdecke dabei zwei Handbreit.“ Unsere Vorgänger haben sich sehr davor gehütet, ein Wort zu viel zu sagen, wie die Weisen uns anwiesen: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“

Das bedeutet, dass, wenn du ein teures Wort hast, dessen Wert Silber gleicht, wisse, dass die Verschwiegenheit darüber Gold gleicht. Die Rede ist von denen, die mit überflüssigen Worten um sich werfen, die keinen Sinn und keine praktische Anwendung haben, und das tun sie nur, um die Sprache für den Genuss des Lernenden zu schmücken. Wie es jedem bekannt ist, der die Werke unserer Vorgänger studiert, war das in ihren Augen strengstens verboten, was ich in den folgenden Kapiteln beweisen werde. Und daher müssen wir unsere konzentrierte Aufmerksamkeit dem Verständnis ihrer bildreichen Wortwahl schenken, die für sie üblich war. Weiterlesen

Zeit zu handeln

Von Rav Yehuda Ashlag

Seit geraumer Zeit hat mich mein Gewissen mit der Forderung, aus meiner Verborgenheit und Verschwiegenheit herauszutreten und wahre Kenntnisse über die Wissenschaft der Kabbala an breite Schichten der Gesellschaft zu überbringen, damit die Menschen ein Verständnis für dieses erhabene Thema in seiner wahren Bedeutung erlangen können.

Vor der Revolution im Buchdruck gab es weder Bücher bezüglich des Kerns des Judaismus, noch gab es Schreiber, die hinter ihren Worten stehen konnten, weil in den meisten Fällen solch unverantwortlich handelnde Autoren in der Versenkung verschwanden.

Und selbst wenn es einer zufällig gewagt hätte, ein solches Werk zu schreiben, hätte kein Abschreiber es vervielfältigt, da sich der sicherlich erhebliche Aufwand ganz einfach nicht gelohnt hätte. Daher wäre ein solches Unterfangen von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Weiterlesen

1988/13 Was bedeutet, der Hirte des Volkes ist das ganze Volk, in der Arbeit?

Artikel Nr. 13, 1987/88

Im Heiligen Sohar steht geschrieben (BeShalach Punkt 68): „Und Moses sagte dem Volk: ‚Fürchtet euch nicht, steht auf und seht das Heil des Ewigen.’ Rabbi Shimon sagte: ‚Glücklich ist das Schicksal Israels, denn ein Hirte wie Moses ist unter ihnen.‘ Weiter steht geschrieben: ‚Und gedachte der Tage der Vorzeit, Moses ist sein Volk.‘ ‚Und gedachte der Tage der Vorzeit‘ ist der Schöpfer.
‚Moses ist sein Volk‘, denn Moses war gleichbedeutend dem ganzen Volk. Und wir lernen daraus, dass der Hirte des Volkes wirklich das ganze Volk ist. Und wenn er belohnt wird, wird das ganze Volk nur aus Gerechten bestehen. Und wenn er nicht belohnt wird, wird das ganze Volk nicht belohnt, sondern es wird seinetwegen bestraft.“

Und wir müssen das aus der Sicht der spirituellen Arbeit verstehen, in der wir alles als einen Körper betrachten. Und es steht geschrieben: „Hier ist Moses und hier ist das Volk, alle befinden sich in einem Körper.“ Und wir müssen ebenfalls verstehen, warum, wenn der Hirte nicht belohnt wird, das Volk für ihn bestraft wird. Wir haben gelernt, dass, wenn der Hirte ein Gerechter ist, besteht das ganze Volk aus Gerechten. Aber warum muss das Volk für ihn bestraft werden? Denn was haben sie gemacht, wenn ihr Hirte nicht in Ordnung war?

Es ist bekannt, dass Moses in der Sprache des Sohar „Moses, der treue Hirte“ genannt wird. Und Baal HaSulam erklärt, dass Moses das ganze Volk mit dem Glauben versorgt hat. Und es steht geschrieben, dass dem Menschen keinerlei Kräfte fehlen, um Tora und Mizwot in ganzer Vollkommenheit zu erfüllen, sondern nur der Glaube. Und entsprechend dem Maß des Glaubens, den der Mensch hat, in diesem Maß kann der Mensch Kräfte in die spirituelle Arbeit investieren.

Und wie es in der Einführung zur „Lehre der Zehn Sefirot“ geschrieben steht: „Ich erklärte einst den metaphorischen Ausspruch der Weisen: ‚Derjenige, für den die Tora sein Handwerk ist.‘ In der Beschäftigung mit der Tora wird die Größe des Glaubens eines Menschen erkannt, da die Worte ‚sein Handwerk‘ (Omanuto) aus den gleichen Buchstaben bestehen wie die Worte ‚sein Glaube‘ (Emunato). Das gleicht dem, wenn ein Mensch, der seinem Freund vertraut, ihm Geld leiht. Vielleicht vertraut er ihm nur einen Groschen an, und wenn der ihn um zwei Groschen bitten wird, dann wird er sie nicht leihen wollen. Es kann auch sein, dass er ihm sein ganzes Vermögen anvertraut, ohne eine Spur von Angst. Dieser letzte Glaube gilt als vollkommener Glaube, während alle vorherigen Fälle nicht als vollkommener Glaube gelten, sondern als teilweiser Glaube. Wir sehen also, dass dem Menschen nicht die Kräfte fehlen, sondern der Glaube. Und dieser gibt dem Menschen die Kräfte für die Arbeit.“

Und dadurch wird erklärt, was Rabbi Shimon gesagt hat: „Glücklich ist das Schicksal Israels, denn ein Hirte wie Moses ist unter ihnen.“ Und die Erklärung ist, dass sie den Glauben haben, der auch „Moses, der treue Hirte“ genannt wird. Und da sie den Glauben haben, haben sie auch die Kraft, sich mit Tora und Mizwot zu beschäftigen. Mit anderen Worten: In jedem Menschen gibt es den Glauben an den Schöpfer, der genannt wird „Moses, der treue Hirte“. Also wird das ganze Volk zu Gerechten, was bedeutet, dass alle Organe des Menschen, d. h. die Gedanken und Wünsche des Menschen, die „Organe“ genannt werden, „Volk“ genannt werden.

Und so erklären wir das Geschriebene: „‚Und gedachte der Tage der Vorzeit, Moses ist sein Volk.‘ Denn Moses war gleichbedeutend dem ganzen Volk.“ Daraus lernen wir, dass „der Hirte des Volkes wirklich das ganze Volk ist“, denn der Glaube, der  im Menschen ist, das ist der ganze Mensch. Das heißt, wenn das ganze Volk die Eigenschaft von Moses hat, die auch Glaube genannt wird, dann sind sie Gerechte; also, wenn er belohnt wird, dann besteht das ganze Volk aus Gerechten. Denn „belohnt werden“ bedeutet, dass ihr Hirte die Eigenschaft des Glaubens ist, die auch Moses heißt.

Und so wird gesagt: „Wenn er nicht belohnt wird, wird das ganze Volk nicht belohnt, sondern sie werden wegen ihm bestraft.“ Es ist bekannt, dass es mit einem Gerechten auch einen Schutzschild für die ganze Generation gibt. Und wenn es keinen Gerechten gibt, können wir sagen, dass es niemanden gibt, der diese Generation retten kann. Aber warum wird das Volk seinetwegen bestraft, wenn der Gerechte „nicht belohnt wurde“, womit ist das Volk hier schuldig?

Hierzu gehört die Regel, dass die ganze Schwierigkeit in der Arbeit für den Schöpfer am Mangel an Glauben liegt. Denn, wenn der Mensch mit dem vollen Glaubens belohnt wird, möchte er sich leidenschaftlich wie eine Kerze vor einer Fackel annullieren. Und in jedem Fall unterstellen sich alle Organe, also seine Gedanken und Wünsche, dem, wozu sie die Kraft des Glaubens verpflichtet. Und es steht darüber geschrieben: „Wenn er belohnt wird, sind alle seine Organe Gerechte, da von dem Glauben an den Schöpfer alle Gedanken und Wünsche der Gerechten kommen.“

Und daraus folgt, wenn der Hirte des Volkes nicht „belohnt wird“, wie geschrieben steht, dass sein Glaube, mit dem er belohnt werden soll, nicht der vollkommene Glaube ist, und er nur einen teilweisen Glauben hat, sagen unsere Weisen (wie in der Einführung zu Talmud Esser Sefirot im P. 14 geschrieben steht): „Dann wird das ganze Volk nicht belohnt.“ Das bedeutet: alle seine Organe führen Handlungen ohne eigenen vollkommenen Glauben aus. Und sie werden wegen ihm bestraft, was bedeutet, dass es nicht ihre Schuld ist, dass sie Gedanken und Verlangen haben, die für jemanden, der Glauben hat, ungeeignet sind.

Und das bedeutet, wenn ihr Hirte den vollkommenen Glauben besäße, würden die Organe auf ihn hören und Gedanken und Verlangen eines Gerechten haben. Also leiden sie für ihn, weil er keinen vollkommenen Glauben hat, und deshalb werden von diesem Hirten solche Gedanken geboren.

Daher, wenn der Mensch den Weg der Wahrheit gehen möchte, darf er nicht sagen, dass seine Eigenschaften schlechter als die Eigenschaften seiner Freunde sind und sein Verstand schwächer als der Verstand seiner Freunde ist. Mit anderen Worten, er darf sich nicht von seiner Arbeit befreien wegen seines schwachen Charakters oder eines Mangels an Talenten. Denn die ganze Schwierigkeit besteht nur darin, dass er nicht genug Glauben hat. Aus diesem Grund sollte ein Mensch seine ganze Arbeit und all seine Handlungen darauf ausrichten, nur um den Glauben an den Schöpfer zu erlangen, denn nur der Glaube gibt alles.

Deshalb, wenn der Mensch die Tora studiert oder sich mit den Mizwot und Gebeten beschäftigt, muss er seine Gedanken darauf konzentrieren, dass er für all seine guten Taten als Belohnung haben möchte, dass ihm der Schöpfer den vollkommenen Glauben gibt. Und darüber steht im Gebet von Rabbi Elimelech („Gebet vor dem Gebet“) geschrieben: „Und befestige deinen Glauben in unseren Herzen für immer und ewig, und lass deinen Glauben an unsere Herzen gebunden sein wie an einen Pfahl, der nicht fallen kann.“ Das ist die Bedeutung von: „Der Hirte des Volkes ist wirklich das ganze Volk.“

Um zu dem vollkommenen Glauben zu gelangen, steht geschrieben: „Wer kommt, um sich zu reinigen, dem wird geholfen.“ Und der Sinn, wie bekannt, liegt darin, dass wir die Hilfe des Schöpfers brauchen, um Glauben zu erlangen. Aber es existiert ein Gesetz: Es gibt kein Licht ohne Gefäß. Das heißt, es ist unmöglich, dort Erfüllung zu geben, wo kein Mangel, der auch Bedürfnis oder Gefäß heißt, vorhanden ist, darum heißt es: „Es gibt kein Licht ohne Gefäß.“

Um ein Bedürfnis für den Glauben zu erlangen, muss sich der Mensch vorstellen, was für einen riesigen Nutzen er mithilfe des Glaubens erzielen kann und wieviel er dadurch verliert, dass er den Glauben nur teilweise hat und nicht mehr. Vor allem muss er sich das Ziel der Schöpfung vergegenwärtigen, also zu welchem Zweck der Schöpfer die Schöpfung geschaffen hat. Dann muss er daran glauben, was die Weisen gesagt haben: „Das Ziel der Schöpfung ist es, den Geschöpfen Genuss zu bereiten.“

Und wenn der Mensch beginnt, die Schöpfung mit seinen Augen zu betrachten, d. h. zu überprüfen, in welcher Form er „den Guten und Gutes Tuenden“ sieht, dann erscheint dem Menschen eine entgegengesetzte Sichtweise . Er sieht, dass die Welt leidet und dass es schwer ist, einen Menschen zu finden, der sagen kann, dass er sieht und fühlt, in welchem Maß Seine Lenkung der Definition „der Gute und Gutes Tuende“ entspricht.

Und in diesem Zustand, wenn er eine düstere Welt sieht, aber an den Schöpfer glauben möchte, daran, dass Er die Welt durch eine „persönlicher Lenkung“ lenkt als „der Gute und Gutes Tuende“, bleibt er an diesem Punkt stehen und alle möglichen störenden Gedanken dringen in seinen Kopf ein. Und er muss dies überwinden, indem er mit dem Glauben über dem Verstand die Höhere Lenkung als den „Guten und Gutes Tuenden“ akzeptiert. Dann erlangt er das Bedürfnis, dass der Schöpfer ihm die Kraft des Glaubens gibt, damit er die Kraft hat, seinen Weg „über dem Verstand“ zu gehen und die Höhere Lenkung zu rechtfertigen.

Erst dann versteht er, was „Shechina im Staub“ bedeutet, denn er sieht, dass, wenn er etwas für den Schöpfer und nicht aus Eigennutzen machen möchte, sofort der Körper kommt und fragt: „Wozu braucht ihr diese Arbeit?“ Und er möchte dem Menschen nicht die Kraft für die Arbeit geben. Und das nennt man „Shechina im Staub“, also in allem, was er um der Shechina willen machen möchte, schmeckt er den Geschmack von Staub, und er hat keine Kraft, diese Gedanken und Wünsche zu überwinden.

Und dann kommt der Mensch zu der Erkenntnis, dass es ihm bei der Kraft für die Arbeit an nichts fehlt, außer dass ihm der Schöpfer die Kraft des Glaubens geben soll, wie es schon oben im Gebet von Rabbi Elimelech erwähnt wurde. Und man muss beten: „Und befestige deinen Glauben in unseren Herzen für immer und ewig“, da er in diesem Zustand zur Erkenntnis kommt, dass, wenn „der Schöpfer ihm nicht hilft, er nicht in der Lage sein wird, den Bösen Trieb zu überwinden.“

Und entsprechend dem Gesagten kann man erklären, was unsere Weisen  gesagt haben (Brachot 6b): „Jeder Mensch, in dem Ehrfurcht vor dem Himmel ist, dessen Worte werden gehört“, denn es steht geschrieben: „Am Ende wird alles vom Schöpfer erhört, in Ehrfurcht.“ Es ist schwer, dies wörtlich zu verstehen: Die Propheten waren doch Gerechte und große Menschen, warum wurden ihre Reden nicht gehört, und Israel blieb weiter in seinem vorigen Zustand und wollte nicht auf die hören, die ermahnen? Und aus der Sicht der einfachen Deutung des Textes existieren natürlich viele Antworten.

Aber aus der Sicht der [inneren] Arbeit, in der wir die ganze Tora in einem Körper studieren, ist es notwendig, dies so zu erklären: Wer möchte, dass sein Körper, d. h. all seine Organe, also die Gedanken, Wünsche und Handlungen, in heiliger Reinheit sind, dem gilt der Rat: Damit sein Körper allem gehorcht, was der Mensch von ihm fordert, sollte er den vollkommenen Glauben erlangen, der auch „Ehrfurcht vor dem Himmel“ genannt wird.

Und es existieren viele Stufen der Ehrfurcht, wie im „Vorwort des Buches Sohar“ Punkt 191 geschrieben steht: „Ehrfurcht bedeutet hauptsächlich, dass man seinen Herrn fürchten sollte, da Er groß ist und alles regiert, die Hauptsache und die Wurzel aller Welten ist, und es wird vor Ihm alles als Nichts erachtet.“ Und aus der Erklärung dazu lernen wir, dass es drei Arten von Furcht vor dem Schöpfer gibt, und nur eine davon gilt als die wahre Ehrfurcht.

1) Den Schöpfer fürchten und seine Mizwot einhalten, so dass seine Söhne leben werden und er vor der Strafe seines Körpers oder seines Geldes bewahrt werde. Dies ist die Furcht vor Strafen in dieser Welt.

2) Wenn man auch Strafen der Hölle fürchtet.

Diese beiden sind keine echte Ehrfurcht, denn diese Furcht existiert nicht aufgrund des Gebotes des Ewigen, sondern zu seinem eigenen Nutzen. Daraus folgt, dass sein eigener Nutzen die Wurzel ist, und die Furcht ein Zweig, abgeleitet von seinem eigenen Nutzen.

3) Die hauptsächliche Ehrfurcht ist, wenn man seinen Herrn fürchtet, weil Er groß ist und über alles herrscht, die Hauptsache und die Wurzel aller Welten ist, und alles erachtet man wie Nichts vor Seinem Angesicht. Er ist groß, denn Er ist die Wurzel, von der sich die ganzen Welten ausdehnen.

Und aus dem Gesagtem folgt, dass der wichtigste Punkt der Ehrfurcht vor dem Himmel der Glaube an die Größe des Schöpfers ist, denn die Größe und Wichtigkeit sind im Wesentlichen der Grund, der uns zur Erfüllung von Tora und Mizwot verpflichtet, und nicht der Eigennutz. Es ist so wie er dort sagt: „Und er wird sein Herz und seinen Willen an jenen Ort setzen, welcher ‚Ehrfurcht‘ genannt wird. Er wird an der Ehrfurcht vor dem Ewigen anhaften im Wunsch und im Begehren, wie es sich dem Gebot des Königs geziemt und angemessen ist.“

Und zu der Zeit, wenn der Mensch mit einem solchen Glaubens belohnt wird, d. h. wenn er in seinem Herzen die Größe des Schöpfers spürt, werden der Körper und alle Organe, d. h. die Verlangen, Gedanken und Handlungen, vor dem König annulliert wie eine Kerze vor einer Fackel.

 

korr, EY, 20.10.2023

HaWaYaH – Die allumfassende Realität

Aus dem Vorwort zur Einführung in die Weisheit der Kabbala von Rav Michael Laitman

Nach dem Zimzum entschließt sich Malchut zum Empfangen mit der Absicht, dem Schöpfer zu geben. Diese Absicht nennt man Massach (Schirm). Eine Reihe von Parzufim entsteht danach aus dem Massach in Malchut:

  • Ein Parzuf, genannt Galgalta, entsteht aus einem Massach, der das Licht aus Awiut Dalet empfängt
  • Ein Parzuf, genannt AB, entsteht aus einem Massach mit der Kraft, Licht auf Awiut Gimel zu erhalten.
  • Ein Parzuf, genannt SaG entsteht aus einem Massach mit der Kraft, Licht auf Awiut Bet zu erhalten.
  • Ein Parzuf, genannt MaH, entsteht aus einem Massach mit der Kraft, der das Licht auf Awiut Alef zu erhalten.
  • Ein Parzuf, genannt BoN, entsteht aus einem Massach mit der Kraft, das Licht auf Awiut Shoresh zu empfangen.

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Shamati 8. Was ist der Unterschied zwischen dem Schatten der Heiligkeit und dem von Sitra Achra?

Ich hörte im Juli 1944

Es steht geschrieben: „Bis der Tag kühl wird und die Schatten schwinden.“[1] Und man muss verstehen, was „die Schatten“ in der spirituellen Arbeit bedeuten und was zwei Schatten sind. Und zwar wird die Zeit, in der der Mensch noch nicht die Existenz der Höheren Lenkung spürt, welche die Welt durch die Eigenschaft „gut und Gutes tuend“ lenkt, als Schatten definiert, der die Sonne verbirgt. Weiterlesen

Dargot 7: Die Korrektur der Linien

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 7

Korrektur der Linien. Die Rechte Linie ist der Aspekt von Loven de Aba (das Weiße des Vaters), d. h., durch die Erscheinung des Lichtes Chochma in den 320 Funken steigt die Malchut aller Melachim (Könige) zurück an ihren Platz, da es einen Zimzum (Einschränkung) auf den Aspekt von Awiut gibt, und wenn die Awiut nicht entsprechend groß ist, ist sie gezwungen, abzusteigen.

Und dadurch, dass das Licht Chochma den Aspekt von Awiut herabsenkt, spürt der Mensch, dass es nichts Abstoßenderes gibt, als für sich selbst zu arbeiten. Er hat allerdings noch keine Kraft, um für den Nächsten zu arbeiten, also zu geben, und deswegen bedürfen wir der Linken Linie, und das ist der Aspekt von Odem de Ima (das Rote der Mutter). Weiterlesen

Rabash, Brief 34

Vorabend von Rosh Ha-Shana, 25. September, 1957

An meine Freunde, mögen sie ewig leben.

Nachdem ich euch im imaginären körperlichen Raum näher gekommen bin, hoffen wir auf eine Annäherung der Herzen, denn seit längerem haben wir keine Briefe ausgetauscht. Diese körperliche Tat befördert Einheit, wie man es im Gebet von Rosh ha-Shana aufsagt: „Und sie sollen alle zu einer Vereinigung werden“; dann wird es einfacher, „Deinen Willen aus vollem Herzen zu tun“. Weiterlesen

Dargot 821: Wir werden tun und wir werden hören (2)

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 821

Es steht geschrieben: „Und der Mensch Moses war sehr bescheiden.“ Bescheidenheit bedeutet Niedrigkeit – wenn ein Mensch sich selbst gegenüber dem anderen annulliert. Es ist nicht unbedingt eine äußerliche Annullierung, sondern auch eine innerliche. „Äußerlich“ bedeutet etwas, das nach außen offenbart wird, wenn jeder erkennt, dass der Mensch nichts von sich selbst hält, sondern dass er die Freunde auf einer wichtigeren Stufe sieht als sich selbst. Dies zeigt sich an den Handlungen, die er gegenüber den Freunden ausführt.

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Dargot 27: Die drei Linien

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 27

Es gibt zwei Linien. Und unter ihnen ist Streit, und jede von ihnen will die Andere vernichten.

Daraus ergeben sich drei Möglichkeiten:

  1. Eine von ihnen vernichtet die andere;
  2. Jede von ihnen will die jeweils andere vernichten, doch keine schafft es, und sie bleiben im Streit.
  3. Sie schließen Frieden.

Die Rechte heißt Kategorie der Vollkommenheit. Der Mensch malt sich also aus, dass er der vollständigste und glücklichste Mensch in der ganzen Welt ist, da er für sich überlegt, wie es dazu kommt, dass ein einfacher Mensch wie er, der keinen Vorteil vor dem Rest der Geschöpfe hat, allein vom Ewigen dazu auserwählt wurde, um Ihm zu dienen. Weiterlesen

Dargot 26: Der keinen Menschen achtet

Dargot Sulam, Artikel 26

Im Vers „Der kein Ansehen achtet und kein Bestechungsgeschenk annimmt“[1], müssen wir verstehen, was die Bedeutung von „der kein Bestechungsgeschenk annimmt“ ist: Wie kann man dem Schöpfer ein Bestechungsgeschenk machen, um den Vers zu erklären: „Der kein Bestechungsgeschenk annimmt.“

Und die Sache ist die, dass bei allen Maßen, die wir in Bezug auf den Ewigen anwenden, das Maß des Menschen gemeint ist. Denn wenn ein Mensch gewohnt ist, durch Geschenke bestochen zu werden, also zu seinem eigenen Genuss, dann ist er schon mal nicht in der Lage, dem Ewigen anzuhaften, da man „an Seine Eigenschaften (wörtl. „Maße“, Anm. Ü.) anhaftet“.

Folglich meint der Vers „Der kein Bestechungsgeschenk annimmt“, dass der Mensch keine Bestechungsgeschenke annehmen soll, wenn er irgendeine Prüfung oder Klärung in der Kategorie von Wahrheit und Lüge durchführen will, denn wenn dort nur irgendeine Absicht zum Eigengenuss vorhanden ist, dann kann er die Wahrheit nicht mehr sehen, „denn Geschenke machen die Weisen blind“[2]. Denn das Licht Chochma[3] kann sich nur dort verbreiten, wo es vollkommen reine Kelim (Gefäße) hinsichtlich des Empfangens für sich selbst gibt.

Im Aspekt von Chassadim (Barmherzigkeit) dagegen kann man es tun, auch wenn es noch nicht vollkommen rein ist, denn wenn man im Aspekt von Chassadim handelt, kann man keinen Schaden anrichten, da dieses Tun im Aspekt des Gebens geschieht. Wenn sich jedoch das Licht Chochma verbreitet, dann ist es in der Kategorie von Wissen und Empfangen, und so kann man Schaden anrichten. Solange der Mensch also nicht von Selbstliebe gereinigt ist, besteht die Korrektur darin, dass er von dem Aspekt von Chochma nichts sehen kann.

[1] 5. Buch Moses 10,17

[2] 5. Buch Moses 16,19

[3] Chochma wörtl. Weisheit, Anm. Ü.

Dargot 24: Was uns im Wesentlichen fehlt

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 24

Was uns im Wesentlichen fehlt und weswegen wir keinen Brennstoff für die Arbeit haben, ist der Mangel an der Wichtigkeit des Ziels. Das bedeutet, dass wir nicht wissen, wie wir unseren Dienst einzuschätzen haben, um zu begreifen, wem wir da geben. Und ebenso fehlt die Kenntnis der Größe des Ewigen, damit wir wahrnehmen, wie glücklich wir sind, dass wir dem König dienen dürfen – denn wir haben überhaupt nichts, um Seine Größe begreifen zu können.

Und das heißt in den Worten des Heiligen Sohar Shechinta be-Afra (Shechina im Staub), also dass dem Ewigen zu dienen uns so wichtig wie Staub erscheint. Und auf jeden Fall haben wir keinen Brennstoff für die Arbeit, denn ohne Genuss gibt es auch keine Kraft für die Arbeit. Denn da, wo die Selbstliebe leuchtet, schöpft der Körper Lebenskraft daraus. Bei der Arbeit des Gebens dagegen fühlt der Körper keinen Geschmack von Genuss und ist gezwungen, „unter seiner Last zusammenzubrechen“[1]. Weiterlesen

Dargot 22: Und nun Israel, höre

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 22

„Und nun Israel, höre die Satzungen (Chukim) und die Gesetze (Mishpatim)[1] … Ihr sollt nichts hinzutun zu dem Worte, das ich euch gebiete, und sollt auch nichts wegnehmen, damit ihr die Gebote des Ewigen, eures Gottes, wahret, die ich euch gebiete.[2]

Hier müssen wir verstehen, was eine Satzung (Chok) und was ein Gesetz (Mishpat) ist. Und die Schrift präzisiert: „Ihr sollt nichts hinzutun zu dem Worte, das ich euch gebiete, und sollt auch nichts wegnehmen“, in beidem, im Hinzufügen wie im Wegnehmen muss man präzise sein, gemäß dem Wortlaut des Gebotes.

Es gibt einen Unterschied zwischen solchen, die in ihrer Arbeit um zu geben handeln, und solchen, die arbeiten, um eine Belohnung zu bekommen. Weiterlesen

Dargot 20: Der Wille zu empfangen

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 20

Wir müssen das in den Büchern erläuterte Prinzip verstehen, dass das Endziel darin besteht, dass der Mensch zu einem Zustand gelangt, in dem er empfängt um zu geben. Hier muss man überlegen, ob der Mensch nicht letztendlich Genuss daraus schöpft, da er sonst nicht geben kann. Denn es ist ganz und gar unmöglich, dass der Mensch eine Handlung ausführt, an der er keinen Genuss hat. Weiterlesen

Dargot 18: Das Konzept der Kleider der Seele

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 18

Das Konzept der Kleider der Seele: Rabbi Shimon sagt, gemäß dem, wie der Mensch sich in der Erfüllung von Tora und den Geboten bemüht hat, erhält er in dieser Halle (Hejchal, welche die Halle der Essenz des Himmels ist, Aspekt von Hod) Oben Kleidung, um sich in jener Welt einzukleiden.

Man muss nachvollziehen, was das Konzept der Kleidung (Levush) bedeutet. Es ist bekannt, dass man im Spirituellen nur mithilfe von Kleidung, die ein Modell des für die Enthüllung von Licht geeigneten Gefäßes darstellt, Ergebnisse erzielen kann. Wenn also der Mensch sich bemüht hat, dann schafft ihm [diese] Bemühung das Kli – das Verlangen und das Bedürfnis nach der Erfüllung mit Licht. Denn von Oben gibt man nichts, bevor nicht ein Bedürfnis nach dem jeweiligen Leuchten (He´ara) besteht.

Und die Anstrengung, die der Mensch unternimmt, schafft ihm ein Bedürfnis und ein Verlangen, was bedeutet, dass es ihm zum Bedürfnis wird, dass der Schöpfer ihm helfen und ihn aus der Bedrängnis herausführen möge, in der er sich während seiner Bemühungen befindet. Und gäbe es die Bemühung nicht, hätte er kein Bedürfnis nach der Hilfe des Ewigen. Folglich ist es gerade die Bemühung, die für ihn die Kleider der Seele (Levushei haNeshama) erschafft, damit es zu einer Offenbarung der Heiligkeit (Elokut) kommt.

Dargot 17: Das Konzept der Shechina

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 17

Shechina meint den Ort, wo der hier Wohnende (Residierende, Shochen) offenbart wird. Es steht geschrieben: „Die ganze Erde ist voll seiner Herrlichkeit.[1]“ Es gibt keinen Ort, der frei von Ihm wäre. Doch damit einher waltet der Aspekt der Verhüllung.

Und dort, wo es die Offenbarung des Ewigen gibt – dieser Ort heißt Shechina, und hier offenbart sich der Shochen (Residierende). Daraus folgt, dass wenn wir von der Shechina sprechen, wir vom Shochen (Residierenden) sprechen, also vom Heiligen, gelobt sei Er, und wenn wir ihn beim Namen „Shechina“ nennen, dann meint dies den Ort der Offenbarung.

Und das bedeutet, dass was in Malchut in Erscheinung tritt, die unteren (Tachtonim) beeinflusst. Also das Maß dessen, was sich von der Göttlichkeit offenbart, und das Maß dessen, was sich offenbart, wird nur in Bezug auf die unteren definiert, denn in Bezug auf den Höheren existiert weder das Konzept der Offenbarung noch das Konzept der Enthüllung.

In einem Gleichnis kann man das so ausdrücken, dass man in Bezug auf den Menschen selbst nicht sagen kann, dass er sich zeigt oder verschwindet, sondern das Erscheinen und das Verschwinden gelten nur in Bezug auf seine Umgebung. Gleiches gilt im Spirituellen, dass also das Konzept von Offenbarung und Verschwinden nur in Bezug auf das Geschöpf Gültigkeit hat.

Daraus folgt, dass, wenn von der Shechina die Rede ist, also wenn wir von dem Maß sprechen, in welchem sich der Schöpfer den unteren offenbart, es sich um das Gleiche handelt, ob wir nun „Schöpfer“ oder „Shechina“ sagen. Die eigentliche Bedeutung hiervon ist die Folgende: Der Heilige, gelobt sei Er, heißt Aspekt der Verhüllung, und Shechina heißt Aspekt der Offenbarung, also dass der Shochen (Residierende) enthüllt ist, also dass hier der Residierende erkennbar und offenbart ist.

Und wenn wir sagen: „Für die Einigung des Heiligen, gelobt sei Er, und Seiner Shechina“, so bedeutet dies, dass sich der Aspekt des Verschwundenen zum Aspekt des Offenbarten gesellen möge. Folglich ist alles die Kategorie des Spirituellen. Wenn wir daher sagen, dass ein Mensch dem Verweilen der Shechina würdig wurde, so bedeutet dies, dass der Mensch der Offenbarung des Shochen (Residierenden) würdig wurde, und das Maß der Offenbarung heißt Shechina, wie oben erklärt.

Und wenn wir sagen, dass die heilige Shechina „die Gesamtheit der Seelen Israels“ heißt, so ist die Bedeutung hiervon wie oben ausgeführt, denn das Konzept der Offenbarung gilt in Bezug auf den Nächsten (auf den anderen). Folglich stellt der Aspekt der Shechina die Offenbarung an die unteren (Tachtonim) dar. Also ist sie die Gesamtheit der Offenbarungen an die unteren, die sich in das Verlangen der unteren einkleiden.

Dabei bedeutet „Verlangen“ oder „Wille“ das Geschöpf, weswegen die Seele als ein Teil des Schöpfers bezeichnet wird. Das Prinzip des „Teils“ wird im Sulam Kommentar ausführlich erklärt, also dass es den Willen zu empfangen gibt, und dass sich durch Korrekturen im Willen zu geben dem Geschöpf das Licht des Schöpfers enthüllt, sich allerdings in Bezug auf den unteren nur ein Teil davon offenbart, also nur das Maß, von dem der Schöpfer wollte, dass die unteren es erkennen.

Folglich lautet die Erklärung von „Seele“, dass es eine Offenbarung der Göttlichkeit in einem gewissen Maße gibt, welches die unteren empfangen können. Also stellen wir fest, dass die Seele nur ein Teil der heiligen Shechina ist, die als „die Gesamtheit der Seelen Israels“ bezeichnet wird.

Das heißt, das ganze Maß, in dem der Heilige, gelobt sei Er, wollte, dass man Ihn erkennt, wird als Sein Wille bezeichnet, den Geschöpfen Gutes zu schenken. Und Seele heißt Teil der Shechina, also der Teil, den der untere gemäß dem Grad seiner Reinheit erreichen kann.

Deswegen sagten die Weisen: „Moses wiegt alle 600.000 auf“, das heißt Moses, Friede sei mit ihm, wurde eines solchen Maßes an Offenbarung der Göttlichkeit würdig, dass der Schöpfer bereit war, sich ganz Israel zu offenbaren. Und es steht geschrieben: „Shechina spricht aus dem Mund[2] von Moshe“, was bedeutet, das Moshe der allgemeinen Enthüllung würdig wurde, genannt Shechina.

[1] Jesaja 6,3

[2] Wörtl. Kehle, Anm. Ü.

Dargot 8: So ist der Weg der Tora

Rabash, Dargot Sulam, Artikel 8

„So ist der Weg der Tora (…) entbehrungsreich sollst du leben.“[1] (wörtl. ein leidvolles Leben sollst du führen, Anm. Ü.)

Und der Grund dafür ist, dass ein Diener des Ewigen keinen Genuss im Körper (hat/empfindet), da er nichts empfängt. Wenn man allerdings den Körper gewöhnt, im Aspekt des Gebens zu arbeiten, unter Zwang, dann wird man nachher der Kategorie würdig: „Alsdann wirst du an dem Ewigen deine Lust haben.“[2] Das heißt, wenn man im Namen des Schöpfers arbeitet, genießt man und das wird genannt: „Ihre [der Tora] Wege sind liebliche Wege“[3].

 

[1] Sprüche der Väter 6,4: So ist der Weg der Tora: Iss Brot mit Salz, trinke Wasser nach dem Maß [Hes. 4,11], schlafe auf der Erde, lebe entbehrungsreich und mühe dich ab mit der Tora. Tust du so, wirst du glücklich sein, und es ist gut für dich [Ps. 128,2] „Glücklich sein“ – auf dieser Welt, und „Es ist gut für dich“ – in der kommenden Welt.

[2] Jesaja 58,14: Alsdann wirst du an dem Ewigen deine Lust haben; und ich will dich über die Höhen des Landes führen und dich speisen mit dem Erbe deines Vaters Jakob!

[3] Sprüche 3,17: Ihre Wege sind liebliche Wege und alle ihre Pfade sind Friede.