Baal HaSulam, Brief Nr. 6, Schwert und Schild

überarbeitet, EY, 21.07.2024

5. August, 1921, Vorabend des Shabbat, Warschau

 

An meinen Seelenverwandten… möge seine Kerze ewig brennen:

Ich habe dir bereits zwei Briefe geschrieben, jedoch noch nicht die Zeit gehabt, sie dir zu schicken. In Wahrheit würde ich dich gerne noch einmal sehen, bevor ich am 22. des Aw abreise. Jetzt möchte ich dir gerne noch einen Geschmack geben, von dem Honig meiner Honigwaben.

Es steht geschrieben: „Du wirst die Lügner vernichten; der Ewige verachtet Menschen des Blutvergießens und des Betruges.“ Es gibt eine Allegorie über einen König, der es auf sich nahm, seinem Sohn die Kriegslisten der Königsherrschaft beizubringen.

Er zeigte ihm das Land, seine Feinde, und seine Freunde. Der König gab seinem Sohn ein Schwert aus den Schätzen seines Reiches. Dieses Schwert hatte eine wunderbare Eigenschaft: Sobald es seinen Feinden gezeigt wurde, fielen sie augenblicklich zu Boden.

Der Sohn des Königs ging und eroberte viele Länder, nahm ihre Schätze und wurde mächtig.

Nach einiger Zeit sagte der König zu seinem Sohn: „Jetzt werde ich auf meinen Turm hinaufgehen, und mich dort verstecken, während du auf meinem Thron sitzen wirst, und das ganze Land mit Weisheit und Macht regierst. Und hier ist noch dieser Schild, welcher bis jetzt in den königlichen Schatzkammern eingeschlossen war. Kein Feind oder Schadenbringer wird dir etwas anhaben können, solange dieser Schild in deinem Besitz ist.“

Der König nahm das Schwert, band es an den Schild, gab sie beide seinem Sohn, und ging selbst hinauf auf den Turm, um sich dort zu versteckten.

Der Sohn des Königs wusste nicht, dass das Schwert und der Schild miteinander verbunden waren. Da der Schild für ihn keinerlei Bedeutung hatte, bewahrte er ihn nicht auf, und der Schild wurde ihm gestohlen, zusammen mit dem Schwert.

Als die Neuigkeiten durch das Land gingen, dass das Schwert und der Schild vom Sohn des Königs, dem Herrscher der Erde, gestohlen worden waren, brach sogleich eine Schamlosigkeit aus und seine Feinde führten einen Krieg gegen ihn, bis sie ihn in Gefangenschaft nahmen, ihn und alle seine Besitztümer. Ihren Feind in ihren Händen, ergossen sie ihre Rache auf ihn, und rächten sich an ihm für all den Missbrauch, den er ihnen in den Tagen der Regierung seines Vaters zugefügt hatte. Jeden Tag schlugen sie ihn mit wilden Schlägen.

Der Sohn des Königs schämte sich vor seinem Vater, denn der Kummer seines Vaters schmerzte ihn mehr als sein eigener. Er dachte darüber nach, ein Schwert und einen Schild wie die ursprünglichen zu machen, um seinen Vater zu besänftigen und ihm seine Weisheit und Tapferkeit zu zeigen.

Mit List schuf er ein Schwert, das dem ersten Schwert ähnelte. Ebenso machte er einen Schild, der dem ersten Schild ähnelte.

Mit seinen Waffen in den Händen, rief er zu seinem Vater, zur Spitze des Turmes, hinauf: „Sei stolz auf mich, da ein weiser Sohn seinen Vater erfreut.“ Und während er zu seinem Vater rief, wurden seinem Gehirn und seiner Leber von seinen Feinden Schäden zugefügt. Und je mehr sie ihn schlugen, desto mehr richtete er sich auf und überwand sich, um die Güte seines Vaters zurückzugewinnen, und schrie: „Jetzt fürchte ich mich vor nichts mehr, und wer kann schon gegen mich ankämpfen, wo ich doch mein Schwert und meinen Schild in den Händen halte?“

Und je mehr er prahlte, desto mehr schlugen und verletzten ihn seine Feinde, Steine und Stöcke landeten auf seinem Kopf, und das Blut lief ihm über das Gesicht hinunter. Und die ganze Zeit versuchte er sich aufrecht zu halten, stolz wie ein Held, um seinem Vater zu zeigen, dass er sich vor nichts fürchte. Seine Feinde schienen im Vergleich zu seiner Tapferkeit wie nichts zu sein, denn das Schwert schützte ihn oder der Schild schützte ihn.

Dies ist, was der Dichter mit den Worten andeutete: „Du wirst die Lügner vernichten.“ Damit sind diejenigen gemeint, deren Gesichter wie Affen vor Menschen sind. Und welche durch ihre eigenen Kräfte ein solches Schwert erschaffen, wie es der Schöpfer gemacht hatte. Und darüber hinaus wünschen sie mit ihrer Arbeit zu prahlen, so wie der Schöpfer prahlt. Über sie wird gesagt: „Ein Mann des Blutes und des Betrugs verabscheut der Schöpfer,“ denn mit menschlichen Taten macht er einen Schild und rühmt sich, dass er keinen Schmerz spürt. Auch das verabscheut der Schöpfer, was bedeutet, dass seine Verkleidung enthüllt wird, weil er behauptet, weise und tapfer zu sein, und nichts zu fürchten, und gleichzeitig voller Betrug ist und List sucht. Das verabscheut der Schöpfer.

Allerdings ist die ganze Vollkommenheit im heiligen Namen, “Gott meiner Gerechtigkeit”, von welchem jedes Organ und jede Sehne weiß, dass der Ort der ‚Wohnung der Shechina der Ort der ‚Gerechtigkeit‘ ist, also im absoluten Wissen, dass all Seine Gedanken gerecht sind, und kein Mensch in der Welt jemals einen schlechten Schritt getan hat, wie er keinen guten Schritt aus eigener Kraft tut, und prüfe das genau.

Und obwohl jeder dies glaubt, ist es bekannt, dass sie es brauchen, dass es sich zuerst in ihre Herzen setzt. Es ist wie ein anfängliches Konzept, wo das Ausschütten eines wahrhaft hingebungsvollen Herzens zum Schöpfer, ein Konzept in der Welt offenbaren kann, so wie jede einfache und akzeptable Sache sich ausreichend ins Herz verankert.

Das ist die Bedeutung von: „Und ihr werdet ‚von dort’ den Ewigen, euren Gott, suchen und finden.“ Das ist auch die Bedeutung der Segnung „Der Gute, der Gutes tut“, der “Gutes tut den Anderen”, da seine Erkenntnis wahrlich im Guten ist, und dies ist warum Er „Gut“ genannt wird. Dieser Name ist leicht für jedermann zu erlangen. Und dies wird auch „Gott meiner Barmherzigkeit“ genannt. Aber weil es leicht zu akzeptieren ist, bleibt er nicht der Einzige für alle Menschen, und prüfe das genau.

Deshalb [während] der Arbeit im Exil und der Erfüllung der Tora aus Leid, wird vor allen Organen des Dienenden des Schöpfers der heilige Name „Gott meiner Gerechtigkeit“ offenbar, – das heißt, dass das Böse überhaupt nicht in der Realität existierte, nicht einmal für einen kurzen Moment, und das bedeutet „Und tut Gutes“, das heißt, dass Er sich nicht im Attribut „Guter“ offenbart, sondern nur im Attribut „Guter für andere“, was bedeutet „Auch dies ist zum Guten“. Dies ist eine tiefe und wichtige Angelegenheit, und diese Vereinigung lässt keinen Raum für irgendetwas außerhalb von Ihm. Das bedeutet „Der Schöpfer ist eins, und sein Name ist eins“, das für die Vollkommenen einfach zu begreifen ist.

Yehuda Leib

Der Strahlende Eine

Ein Gedicht von Yehuda Ashlag

Der Strahlende Eine, von den Himmeln herab leuchtet Er.

Dort – innerhalb des Schleiers des Schirms.

Das Geheimnis der Rechtschaffenen enthüllt sich dort,

Und Licht und Dunkelheit erstrahlen gemeinsam.

Wie wohltuend ist es, Seine Taten zu erforschen.

Doch hüte dich davor, die Hand nach Ihm auszustrecken.

Dann wirst du Ihn vernehmen, Ihm begegnen im Turm der Macht.

Dem Namen, der alles beinhaltet.

Du wirst dich der Wahrheit erfreuen und heilige Worte sprechen.

Und alles, was du siehst,

wirst du mit deinen eigenen Augen sehen und nicht mit jenen eines Fremden.

Spirituelle Funken: Baal Hasulam. Matan Tora, 16 

Wenn sechshunderttausend Männer ihre Arbeit zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse aufgeben und sich um nichts anderes kümmern, als Wache zu stehen, damit es ihren Freunden nie an etwas mangelt, und darüber hinaus, dass sie es mit einer mächtigen Liebe, mit Herz und Seele, im vollen Sinne der Mitzwa „Liebe deinen Freund wie dich selbst“ bewahren, dann ist es außer Zweifel, dass sich kein Mann der Nation um sein eigenes Wohlergehen zu sorgen braucht. Dadurch wird er völlig frei von der Sicherung seines eigenen Überlebens und kann die Mitzwa, „Liebe deinen Freund wie dich selbst“, unter Einhaltung aller in den Punkten 3 und 4 genannten Bedingungen leicht behalten. Warum sollte er sich schließlich um sein eigenes Überleben sorgen, wenn sechshunderttausend loyale Freunde bereit stehen, die mit großer Sorgfalt darauf achten, dass es ihm an nichts fehlt, was er braucht? Deshalb wurde ihnen, nachdem alle Mitglieder der Nation zugestimmt hatten, sofort die Tora gegeben, weil sie nun in der Lage waren, sie zu behalten.

 

Baal HaSulam, Brief 5

korrigiert, EY, 19.7.2024

1921

An meinen Seelenverwandten, möge seine Kerze ewig brennen,

… was du in deinem letzten Brief angedeutet hast, dass ich mein Gesicht vor dir verborgen halte, und dich als Feind erachten würde – deine Absicht ist wie von jemandem, der von seiner Schande hört, aber schweigt. Und ich trage die Last meiner Freunde, aber die Schmerzen meiner Freunde interessieren mich dabei überhaupt nicht – In der Tat muss ich zugeben, dass du damit recht hast, dass ich diese Schmerzen, die du fühlst, überhaupt nicht empfinde. Im Gegenteil, ich freue mich über diese offensichtlichen und sich enthüllenden Verdorbenheiten. Weiterlesen

Die Weisheit Israels im Vergleich zu den äußeren Weisheiten

Von Rav Yehuda Ashlag

Der Standard, nach dem eine Weisheit bewertet werden kann

Der Wert jeder Weisheit in der Welt richtet sich nach der verfolgten Absicht. Dies ist das Ziel, auf das alle Untersuchungen abzielen. Daher ist eine Weisheit ohne eine bestimmte Absicht undenkbar, außer für Kleinkinder, die zum Zeitvertreib spielen; die Absicht entspricht ihrer Größe. Aus diesem Grund wird eine Weisheit nicht nach Scharfsinn und Können beurteilt, sondern nach der Belohnung, die durch die Absicht erzielt wird. Weiterlesen

Es ist nicht die Zeit, das Vieh zu sammeln

Von Rav Yehuda Ashlag

„Es ist nicht die Zeit, das Vieh zu sammeln. Tränkt die Schafe, und geht hin, weidet sie!“ (Genesis 29:7). Es ist bekannt, dass alle Worte der Gerechten sich nach oben wenden, wie ihm gesagt wurde: „Und es wurde von den Hirten von Haran offenbart.“ Denn es war nicht möglich, den Stein von der Brunnenöffnung – der Enthüllung von Rachel – wegzurollen, bevor nicht alle Herden gesammelt wurden und der Stein von der Brunnenöffnung weggerollt wurde. Weiterlesen

Baal HaSulam, Brief 2, Jeden Tag auf’s Neue die Liebe enthüllen

korr, EY, 17.07.2024

17. Tammus, 13. Juli 1922

An mein Fleisch und Blut … Erhaben sei Seine Hoheit und Herrlichkeit.

Nun bin ich dazu gekommen, um auf deinen Brief von Lag BaOmer (der 33. Tag des Omer – Zählens) zu antworten, wie auch auf den Brief vom 15. Siwan, den ich gestern erhielt. Wegen dieses letzten Briefes verzichtete ich auch darauf, dir eine Antwort auf deinen Brief von Lag BaOmer zu schreiben, da ich gehofft hatte, dass du mir eine Ordnung von zwischen uns feststehenden Begriffen mitteilen würdest. Dadurch könnten wir die Gedanken in unseren Herzen offenbaren. Weiterlesen

Baal HaSulam, Brief 4, Mund zu Mund

überarbeitet, EY, 20.07.2024

Brief Nr. 4

1921

An meinen Freund,

in der Tat sehe ich deine Schwierigkeit mit der Klarheit, dass du dich schämst, in Klarheit zu sprechen. Doch in all meinen Angelegenheiten mit dir, von Angesicht zu Angesicht oder auch in Briefen, habe ich deinen Geist nicht beeinflusst. Denn die Art der meisten Menschen, sich in solchen Angelegenheiten zu verhalten, ist so: sie schämen sich wie Räuber, über jedes Organ, mit dem sie sündigen, oder mit welchem sie sich wie Tiere benehmen. Sie verdecken es mit sieben Bedeckungen, wie beim Beschneidungsorgan, dem Hinterteil, und anderen solchen Organen, die sich wie Tiere verhalten. Weiterlesen

Baal HaSulam, Brief 18, Man ist dort, wo man denkt

Yehuda Ashlag, aus dem Jahr 1926

… aber halte dich fern, den „Schlag eines Starken“ (Jesaja 22; 17) vorzeitig zu erhalten, denn „man ist dort, wo man denkt“. Wenn daher jemand sicher ist, dass ihm an nichts mangeln wird, kann er seine Anstrengungen auf die Tora konzentrieren, denn „der Gesegnete verschmilzt mit dem Gesegneten“. Weiterlesen

Rabash, Brief 5

Am 24. Februar 1955

Meinem Freund,

Ich las deinen Brief vom Shabbat-Ausgang dieser Woche, und es bereitet mir großes Vergnügen, dass Du ein Bedürfnis hast, deine Zustände, die du in der Zeit zwischen den Briefen durchlaufen hast, offen zu legen. Sicher wird der Schöpfer unsere Augen durch seine Tora erleuchten. Weiterlesen

Baal HaSulam, Brief 17, Auf dem Weg der Wahrheit gehen

Rav Yehuda Ashlag, aus dem Jahr 1925

Ich möchte über den Sinn der Arbeit in der Mittleren Linie schreiben. Es ist wichtig, sich immer auf die Linke und die Rechte Linie zu stützen. Denn es gibt Fälle, in denen „sich fortzubewegen schlimmer ist, als faul da zu sitzen“ (oder „Ruhen der Fortbewegung vorzuziehen ist“), um den Weg nicht zu verlieren. Denn der Weg der Wahrheit ist eine äußerst schmale Linie, deren Treppen man aufwärts steigt, bis man den königlichen Palast erreicht.

Weiterlesen

Baal HaSulam, Brief 16, Wahrheit und Lüge

Brief 16, 21. Dez. 1955

Möge ein verwehtes Blatt heil werden und lasse sie sagen, dass ich in der Gesandtschaft ihres Erschaffers bin, fliegend unter Fliegenden; unser verherrlichter Lehrer, Rav…, dem der Höhere Eine beisteht…

Ich habe Euren Brief erhalten, und möge der Ewige uns erleuchten, dass unser Weg der richtige ist, und wir werden uns stark an den Gedenktag erinnern. Dann werden wir würdig des Lichtes der Erinnerung, welches für die Reinigung der materiellen Luft gut ist, und wir werden die Luft der Heiligkeit atmen – das wahre und ewige Leben. Weiterlesen

Baal HaSulam, Brief 52, Suchet den Herrn, während ihr Ihn gefunden habt

14 Tishrey, Tav-Reish-Peh-Het, 10. Oktober, 1927, Am Sukkot Abend, London

An … möge seine Kerze brennen!
Ich erhielt deinen Brief und die Notizen. ..Interpretierte für mich den Vers ‚Suche den Herrn, während Er gefunden worden ist, rufe Ihn an während Er nahe ist‘. Dies ist verwunderlich. Wenn der Schöpfer bereits bei ihm ist und Er schon nahe ist, warum muss man Ihn noch suchen und nach Ihm rufen? Er erklärte, dass das Geschriebene über diejenigen spricht, die bereits mit der konstanten Nähe zum Schöpfer belohnt wurden. Der Prophet warnt sie, dass, obwohl es ihnen so erscheinen mag, dass sie nichts mehr suchen müssten oder zu erreichen hätten, sie niemals so denken sollten; denn es ist, als würde man das Gepflanzte wieder abschneiden. Vielmehr sollte man weiter suchen und sich für noch größere Erkenntnisse an den Schöpfer wenden. Weiterlesen

Die Bedeutung von Empfängnis und Geburt

Artikel von Yehuda Ashlag (Baal HaSulam)


1 Die Regeln

Im Allgemeinen und Besonderen

Die Überprüfung des in der Schöpfung Kundigen wird im ersten Konzept als Nachahmung der Arbeit des Schöpfers definiert. Die Arbeit des Schöpfers wird als „Vorsehung“ oder „Natur der Schöpfung“ bezeichnet.

Die Geschöpfe kann man nicht als „Körper“ bezeichnen, sondern eher als Materie aus Fleisch und Blut in einfacher (unbelebter) Form, völlig amorph. Das hängt damit zusammen, dass alles, was unter den Begriff Form fällt, als eine spirituelle Kraft betrachtet wird und nicht als ein Körper. Weiterlesen

Shamati 173. Warum man „LeChaim!“ sagt

Ich hörte während eines Shabbat-Mahls, am 7. Mai 1949

Über das LeChaim!-Sagen[1] während des Weintrinkens erklärte er [Baal HaSulam], dass dies sich auf den Ausspruch der Weisen bezieht, die sagten: „Wein und Leben entsprechend der Weisen und deren Schüler!“ Im Nachhinein fällt es einem schwer zu verstehen, warum gerade „entsprechend der Weisen usw.“ und nicht für die Ungelehrten. Weiterlesen

Brief 57

überarbeitet, EY, 19.08.2024

Baal HaSulam

Brief Nr. 57

Mai 1931, Jerusalem

 

An den berühmten und frommen Schüler …, möge seine Kerze leuchten:

Deinen Brief habe ich erhalten. Statt über das zu klagen, was nicht fehlt, ist es besser, sich um das zu sorgen, was tatsächlich fehlt. Dies ist die Regel: Alles, was von der Hand des Schöpfers abhängt, existiert in großem Überfluss. Doch die Empfangsgefäße können nur durch die Bemühungen der Unteren aktiviert werden, da der Schöpfer auf ihre Arbeit in Heiligkeit und Reinheit wartet. Dies ist, worum wir uns sorgen – wie wir das Verdienst erhalten können, mehr Anstrengung aufzubringen. Wer darüber hinaus unnötige Sorgen hegt, schwächt sich nur. Nicht nur, dass dies unnötig ist, es bringt sogar Schaden. Und verstehe dies gut.

Bezüglich der Frage des Weisen …, die du stellst, habe ich im Moment keinen Einwand, und „Der Kluge handelt mit Bedacht.“ Zu den weiteren Fragen, auf die du von mir Antworten suchst, gebe ich dir eine Antwort, die alle abdeckt.

Es gibt keinen glücklicheren Zustand im Leben eines Menschen als den Moment, in dem er erkennt, dass er in seinen eigenen Kräften völlig verzweifelt ist. Das bedeutet, er hat bereits alles getan, was ihm möglich erschien, aber dennoch keine Erlösung gefunden. Dann ist er bereit für ein vollkommenes Gebet um die Hilfe vom Schöpfer, denn er weiß mit Gewissheit, dass seine eigene Arbeit ihm nicht helfen wird.

Solange er jedoch noch etwas Stärke in seiner eigenen Arbeit spürt, wird sein Gebet nicht vollkommen sein. Denn der böse Trieb eilt ihm voraus und sagt ihm: „Zuerst musst du tun, was in deiner Macht steht, und dann wirst du dem Schöpfer angenehm sein.“

Es heißt darüber: „Erhaben ist der Schöpfer, und der Niedrige wird sehen“ (Psalmen 138:6). Denn nachdem der Mensch sich in allen möglichen Arbeiten abgemüht und verzweifelt hat, gelangt er zu echter Niedrigkeit und erkennt, dass er der Niedrigste von allen ist, da nichts Gutes in seinem Wesen vorhanden ist. Zu diesem Zeitpunkt ist sein Gebet vollkommen, und er wird aus der großzügigen Hand des Schöpfers erhört.

Dazu steht geschrieben: „Und die Kinder Israels seufzten wegen der Arbeit, und ihr Schrei stieg auf“ (Shemot 2:23). Denn das Volk Israel kam damals in einen Zustand völliger Verzweiflung von der Arbeit. Es ist wie einer, der den ganzen Tag mit einem undichten Gefäß Wasser schöpft, aber keinen Tropfen hat, um seinen Durst zu stillen. So erging es den Kindern Israels in Ägypten: Alles, was sie bauten, wurde sofort von der Erde verschlungen, wie unsere Weisen sagten.

Ebenso ergeht es jemandem, der nicht die Liebe des Schöpfers erlangt hat. Alles, was er am Tag zuvor in seiner Arbeit zur Reinigung der Seele erreicht hat, scheint am nächsten Tag völlig verbrannt zu sein. Jeden Tag und jeden Moment muss er von Neuem beginnen, als hätte er nie etwas getan. Dann „seufzten die Kinder Israels wegen der Arbeit“, denn sie sahen klar, dass sie nicht in der Lage waren, aus ihrer eigenen Arbeit etwas zu bewirken. Deshalb waren ihr Seufzen und ihr Gebet vollkommen, wie es sein sollte, und deshalb „stieg ihr Schrei auf“. Denn der Schöpfer hört das Gebet, doch Er wartet nur auf ein vollkommenes Gebet.

Daraus folgt, dass sowohl das Kleine als auch das Große nur durch die Kraft des Gebets erreicht wird. Die gesamte Mühe und Arbeit, die wir leisten müssen, dient nur dazu, unsere Schwäche und Niedrigkeit zu offenbaren – dass wir aus eigener Kraft nichts erreichen können. Dann sind wir bereit, ein vollkommenes Gebet vor dem Schöpfer zu bringen.

Man könnte einwenden: „Wenn das so ist, entscheide ich im Voraus in meinem Herzen, dass ich zu nichts fähig bin, und warum sollte ich mich um all diese Mühen und Anstrengungen kümmern?“ Doch es gibt ein Naturgesetz, dass niemand so weise ist wie derjenige, der selbst Erfahrung gesammelt hat. Solange ein Mensch nicht praktisch versucht hat, alles zu tun, was in seiner Macht steht, kann er die wahre Niedrigkeit in ihrem vollen Ausmaß nicht erreichen, wie gesagt wurde.

Deshalb müssen wir uns in Heiligkeit und Reinheit bemühen, wie es heißt: „Alles, was deine Hand zu tun vermag, tue mit deiner Kraft“ (Kohelet 9:10). Versteh dies, denn es ist tief und wahr.

Ich habe dir diese Wahrheit offenbart, damit du nicht die Hände sinken lässt und nicht, Gott bewahre, die Barmherzigkeit aufgibst. Selbst wenn du nichts siehst, denn selbst wenn das Maß der Anstrengung erreicht ist, ist dies die Zeit für das Gebet. Bis dahin vertraue auf die Weisen: „Ich habe mich nicht bemüht und doch gefunden, glaube es nicht.“ Wenn das Maß erreicht ist, wird dein Gebet vollkommen sein, und der Schöpfer wird aus Seiner großzügigen Hand antworten. Unsere Weisen lehrten: „Ich habe mich bemüht und gefunden, glaube es.“ Denn vorher ist man nicht bereit für das Gebet, und der Schöpfer hört das Gebet.

Yehudah Leib

Brief Nr. 47, 1927

korrigiert, EY, 27.08.2024

 

Mit Gottes Hilfe, am Mittwoch, dem … Monat 5687 (1927)

Ehrwürdiger, der mir so teuer ist wie mein eigenes Leben, Herr…, für die Ewigkeit.

Heute habe ich deine Worte erhalten, und ich sehe darin nur eins: Deine große Furcht, dass ich mich, Gott bewahre, auch nur um ein Haarbreit von dir entfernen könnte.

In der Tat, es ist der Natur der Menschen innewohnend, und so ist es erlaubt, den wahren Segen in eine andere Richtung zu lenken. Und dort, wo die Furcht wirken sollte, um immer und ständig in deinem Herzen darauf zu achten, dich nicht von mir auch nur um ein Haar zu entfernen, wendest du diese Furcht auf mich an, dass mein Herz sich nicht von dir entfernen möge. So mühst du dich und versuchst zu reparieren an einem vollkommenen Ort, der niemals beschädigt wurde, während der gebrochene Ort in seinem Verderben bleibt, ohne dass du ihm Beachtung schenkst.

Ich weiß, dass auch diese Worte dir nicht klar sein werden und du nicht verstehen wirst, woher sie kommen. Und in Zeiten der Freude könntest du, Gott bewahre, noch weiter denken.

Mein Herz sehnt sich sehr nach dir, mein Lieber, dir einen Tropfen Wahrheit in deinen Schlund zu werfen, der keine einzige Schuld in allen 613 Körperteilen des menschlichen Wesens hat. Und wie oft hast du das von mir verstanden, und dennoch, jedes Mal, wenn ich dir eine Wahrheit nahebringe, kämpfst du mit all deiner Kraft gegen mich.

Tatsächlich ist es die Natur des Geistigen, dass derjenige, der an den Schöpfer gebunden ist, sich als ungebunden empfindet, darüber besorgt ist und zögert, und alles tut, was er in seiner Macht findet, um die Bindung zu erreichen. Denn der Weise empfindet das Gegenteil von dem, der nicht an den Schöpfer gebunden ist: Dieser empfindet sich als zufrieden und gesättigt und sorgt sich nicht angemessen, außer um das Gebot der Sorge und Sehnsucht zu erfüllen, denn „der Törichte fühlt es nicht“. Und wie es unmöglich ist, einem von Geburt an Blinden das Wesen des Nichtsehens zu erklären, es sei denn, er erhält das Licht der Augen, so ist es auch in dieser Sache. Und denke darüber gut nach.

Ihr irrt euch, wenn ihr sagt, ich sei von euch weggegangen, während ihr verstehen müsst, dass ihr euch von mir entfernt habt. Glaubt mir, meine Augen und mein Herz sind immer bei euch, ohne das Gefühl von Entfernung in Raum und Zeit. Wäre es nicht notwendig, dass der Hörer versteht, so wäret ihr Zeugen dieses Umstands gewesen. Im Gegenteil, die physische Entfernung von euch ist dazu geeignet, schneller in euch zu wirken. Und die Wahrheit ist, dass ich hoffte und hoffe, dass ihr es besser versteht.

Es ist wahr, dass auch ich euch wohlwollend beurteile, indem ich die Atmosphäre Jerusalems (möge es gebaut und gefestigt werden) berücksichtigte, während ich noch in eurer Nähe war. Umso mehr während meiner Entfernung von euch. Dies ist der Grund, warum ich euch bestimmte Ordnungen gegeben habe, durch die ihr in der Lage seid, zumindest den Stand und Zustand zu halten, ohne zurückzuweichen, Gott bewahre. Und eines davon ist die Anhaftung der Freunde.

Mein Versprechen ist wahr: Diese Liebe ist fähig. Und ich werde euch an all das Gute erinnern, das ihr braucht. Wenn ihr zumindest hierin standhaft bleibt, würdet ihr sicherlich, wie ich es zuvor versprochen habe, von Stärke zu Stärke aufsteigen, in den heiligen Stufen.

Wie kann ich euch für dies vergeben, wo doch die Leiter, die auf der Erde steht, leer ist, ohne dass jemand darauf steigt? Anstelle von heute, sagt ihr morgen. Sagt mir, was werdet ihr von meiner Vergebung gewinnen? Lasst es mich wissen, und ich werde euch antworten.

Ich bin kein Gesetzgeber, und das wisst ihr gut genug. Und wenn ich keine Angst hätte vor einem Rückschritt, wäre ich nicht aus meiner Fassung geraten, denn es fiel mir sehr, sehr schwer. Aber ich hatte großes Mitleid mit der langen Zeit…

Doch meine Seele hat dies in einem nicht vorhersehbaren Maße ertragen, selbst in einem gleichbleibenden Zustand, geschweige denn, Gott bewahre, bei einem Rückschritt. Das habe ich von Anfang an gesehen und beschlossen, es zu reparieren, bevor es passiert.

Daher erinnere ich euch erneut an die Bedeutung der Freundesliebe, besonders in dieser Zeit, „von der unser Fortbestand abhängt und an der das Maß unseres nahenden Erfolges gemessen wird“.

Daher wendet euch von allen imaginären Beschäftigungen ab und richtet euer Herz darauf, wahre Gedanken zu entwickeln und richtige Erfindungen zu machen, um euer Herz tatsächlich mit einem Herzen zu verbinden, und das Gebot „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ möge in euch erfüllt werden. Denn „die Schrift weicht nicht von ihrer einfachen Bedeutung“, und ihr werdet rein sein von dem Gedanken der Liebe, welche alle Vergehen überdeckt. Prüft mich doch darin, und beginnt, euch in wahrer Liebe zu verbinden, und dann werdet ihr „sehen und schmecken“, und nichts auf der Welt wird zwischen mir und euch trennen. Das sollte genügen für den Verständigen.

Was dein Nachlässigkeit betrifft, zum Gebet zu kommen, ich weiß und fühle dein Schicksal und deinen Schmerz. Wäre da nicht, dass der Verlust sich nicht durch die Rechtschaffenheit der Ursache vermindert hat, so hätte ich nichts gesagt.

Yehuda Leib