Notiz 29: Der Ewige schaute auf ihre Taten

Der Ewige schaute auf die Taten der Gerechten und auf die Taten der Frevler, und es ist nicht klar, wessen Taten er will, von diesen oder von jenen, bis Er sagt: Und der Ewige sah, dass das Licht gut war, und Er schied das Licht von der Finsternis: Er will die Taten der Gerechten.

Und man muss hier nachvollziehen, wie es einen Zweifel daran geben kann, was der Ewige will. Man könnte doch denken, dass der Ewige die Taten der Frevler will.

Und gemäß der erklärten Regel, dass bevor der Mensch würdig wird, aus der Selbstliebe auszutreten und sich in ihm immer noch der Wille zu empfangen befindet und ihn beherrscht, für all die guten Taten, die der Mensch tut, gilt, dass wenn er sie auf das Geben ausrichten will, er sieht, dass sein Körper darin nicht einwilligt, denn das ist wider seine Natur.

Was immer er also in der Tora und Mizwot tut, er muss eine große Anstrengung unternehmen, da sich das Böse in seiner Mitte widersetzt. Und dann heißt dieser Zustand: Taten der Frevler, da sich das Böse immer noch in seiner Mitte befindet und ihn täglich besiegt.

Danach jedoch, wenn er gewürdigt wird, das Böse in seiner Mitte zu korrigieren und zu einem Gerechten zu werden, sind seine Taten frei von Anstrengung, da das Böse in ihm sich nicht widersetzt und ihn nicht daran hindert, all seine Taten auf das Geben auszurichten. Dann hat sich Du sollst den Ewigen, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen – das bedeutet mit deinen beiden Trieben verwirklicht. [1] Und dann heißen seine Taten Taten der Gerechten.

Und dann wird die Frage gestellt, was der Ewige begehrt – die Anstrengung, die der Mensch aufbringt, wenn er sich jedes Mal aufs Neue bemühen muss: So offenbart der Mensch seine Bemühung; er handelt also gemäß dem wie er ist. Bei den Handlungen der Gerechten dagegen gibt es keine Anstrengung mehr, und dieser Zustand wird als Seelenruhe bezeichnet.

Die Frage ist also, was der Heilige, gelobt sei Er, begehrt, ob es die Arbeit des Menschen ist, der sich bemüht, oder die Arbeit der Gerechten, obwohl es dann keine Bemühung gibt, wie es im Heiligen Sohar geschrieben steht, Wo es Arbeit gibt, da gibt es auch Sitra Achra. In der ganzen Zeit also, da der Mensch das Böse in sich noch nicht zum Guten korrigiert hat, muss er sich abmühen.

Deswegen ist hier von „Sehen“ die Rede: Und Er sah, dass das Licht gut war und Er schied[2] – [der Vers] sagt, die Taten der Gerechten. Denn seitens des Ewigen besteht das Ziel darin, dass die Geschöpfe den Schöpfungsgedanken erkennen mögen, der darin besteht, Seinen Geschöpfen Gutes zu schenken.

Da man dies allerdings nicht ohne die Angleichung der Eigenschaften erkennen kann, muss sich der Mensch abmühen, während er die Gleichheit der Eigenschaften zu erreichen sucht und das von der Seite des Schöpfers her. Doch der Mensch muss sich seinerseits immer nach dem Aspekt der Anstrengung sehnen.

Wenn also der Mensch der Anhaftung an den Ewigen würdig wird, wenn es keine Sitra Achra und keine Bemühung mehr gibt, dann muss er sich den Aspekt der Anstrengung herbeisehnen.

Doch dann kann es keine Anstrengung mehr für ihn geben. Der Ausweg besteht darin, wie es im Heiligen Sohar geschrieben steht, dass seine Ehrfurcht aus der Vergangenheit stammen soll. Er soll also, wenn er weder Arbeit noch Anstrengung hat, sich die Bemühung aus der Zeit herbeisehnen, als er sich noch im Zustand der Taten der Frevler befand. Und dann hat er Vollkommenheit.
[1] Mishna Brachot 9,5
[2] 1. Buch Moses 1,4

Dargot 24: Was uns im Wesentlichen fehlt

Was uns im Wesentlichen fehlt und weswegen wir keinen Brennstoff für die Arbeit haben, ist der Mangel an der Wichtigkeit des Ziels. Das bedeutet, dass wir nicht wissen, wie wir unseren Dienst einzuschätzen haben, um zu begreifen, wem wir da geben. Und ebenso fehlt uns die Kenntnis der Größe des Ewigen, damit wir wahrnehmen, wie glücklich wir sind, dass wir dem König dienen dürfen – denn wir haben überhaupt nichts, um Seine Größe begreifen zu können.

Und das heißt in den Worten des Heiligen Sohar Shchinta beAfra (Shechina im Staub), also dass dem Ewigen zu dienen uns so wichtig wie Staub erscheint. Und auf jeden Fall haben wir keinen Brennstoff für die Arbeit, denn ohne Genuss gibt es auch keine Kraft für die Arbeit. Denn da, wo die Selbstliebe leuchtet, schöpft der Körper Lebenskraft daraus. Bei der Arbeit des Gebens dagegen fühlt der Körper darin keinen Geschmack von Genuss und er ist gezwungen, unter seiner Last zusammenbrechend[1] zu sein.

Wenn er dagegen fühlt, dass er einem wichtigen König dient, dann hat er gemäß der Wichtigkeit des Königs im selben Maße Genuss daran, ihm zu dienen. Also hat er dann bereits Brennstoff, der ihm die Kraft verleiht, immer wieder vorwärts zu gehen, da er fühlt, dass er einem wichtigen König dient.

Und dann, wenn er die Kenntnis und das Gefühl hat, dass er weiß, wem er da gibt, hat er im selben Maße, wie er früher die Kraft hatte, um mit der Absicht der Selbstliebe zu arbeiten, nun die Kraft, um zu geben zu arbeiten. Denn wenn man einem wichtigen Menschen gibt, dann wird das so betrachtet, als würde man von ihm empfangen. Und wie der Körper beim Empfangen die Kraft hat, für eine Belohnung zu arbeiten, so hat er auch Genuss daran, einem wichtigen König zu geben.

Und in diesem Lichte wird verständlich, was im Vorwort zu Talmud Esser haSefirot steht, im Bezug auf sie gab: Wenn es sich um einen wichtigen Menschen handelt, dann gilt sie damit als verheiratet, für den Genuss, den er von ihr bekommen hat. [2] Hier sehen wir etwas Neues, und zwar dass die Gabe an einen wichtigen Menschen gemäß dem Urteil tatsächlich dem Empfangen gleicht, obwohl er dort die Ausführung zur Eheschließung im Bezug auf das Thema des Empfangens um zu geben bringt, also dass dann das Empfangen Geben heißt.

Aber aus demselben Prinzip können wir die Kehrseite der Medaille verstehen, und zwar dass Geben Empfangen heißt. Denn deswegen hat er bereits Brennstoff, da es einem Empfangen gleichkommt, wenn er einem wichtigen Menschen gibt. Daher hat er nun Kraft für die Arbeit.

Daraus folgt, dass das Einzige, was uns fehlt, der Glaube (Emuna) an die Größe des Ewigen ist, und dann werden wir Kraft haben, um im Geben zu arbeiten.

[1] 2. Buch Moses 23,5
[2] Hier wird Bezug genommen auf die Diskussion aus dem Talmud, ob und wann ein Paar jeweils als verheiratet gilt. Im Normalfall wird eine Frau durch Zahlung eines Brautpreises durch den Mann geehelicht. In dem hier angesprochenen Fall gilt eine Ehe auch dann als vollzogen, wenn die Frau bezahlt – allerdings nur in dem Fall, wenn es sich um einen sehr angesehenen Mann handelt.

Notiz 23: Siehe, ich lege euch heute vor

Siehe, ich lege euch heute vor den Segen und den Fluch.[1] Der Satz wird mit Einzahl eröffnet und mit Mehrzahl beendet, und wir müssen auch das Konzept von Siehe verstehen, also das Sehen.

Die Einzahl bedeutet hier, dass jeder Einzelne des Aspektes des Sehens würdig werden soll, gemäß dem Vers: Und du sollst den Ewigen, deinen Gott, lieben[2], in der Einzahl. Das bedeutet, sich nicht auf den anderen zu verlassen, sondern jeder Einzelne muss [so] ein Fundament sein, dass auf diesem Fundament sein ganzer Dienst aufgebaut ist.

Und darüber hinaus muss der Mensch des Aspektes des Sehens würdig werden, wie die Weisen sagten, dass wenn der Mensch Da waren vollendet[3] sagt, er dadurch die Tatsache der Erschaffung bezeugt. Und hier müssen wir verstehen:

  1. Dieses Zeugnis, für wen muss er bezeugen?
  2. Ist es nicht etwa so, dass nur aus dem Sehen eine Zeugnis-Aussage gemacht werden kann, nicht aber aus dem Hören? Und welches Sehen gibt es hier, wenn er sagt Da waren vollendet?

Und das Zeugnis, welches der Mensch ablegen muss, besteht darin, dass es wahr ist, dass die Schöpfung, die vom Schöpfer erschaffen wurde, zum Zweck hat, Seinen Geschöpfen Gutes zu schenken. Und das geschieht, nachdem man des Aspektes des Sehens würdig wird, also des Lichtes Chochma. Wenn dieses erscheint, dann bezeugt er, dass die Erschaffung zum Zweck hatte, Seinen Geschöpfen Gutes zu schenken.

Und das ist der Aspekt von Shabbat, das Ende der Arbeit, was meint, dass das Ziel „Seinen Geschöpfen Gutes zu schenken“ bereits offenbart ist. Und das heißt, dass Er geruht hat [4] von all seinen Werken[5], da sich das Ziel bereits offenbart hat.

[1] 5. Buch Moses 11,26
[2] 5. Buch Moses 6,5
[3] 1. Buch Moses 2,1: Da waren vollendet die Himmel und die Erde und all ihr Heer
[4] Geruht hat: hebr. Shabbat
[5] 1. Buch Moses 2,3

Notiz 19: Wir beginnen über die Verbindung mit dem Schöpfer zu sprechen

Gemäß der Regel, dass wir erst bei den Taten zu besprechen beginnen, [beginnen wir] bei der Verbindung zwischen dem Schöpfer und den Geschöpfen, genannt Aspekt Ejn Sof (Unendlichkeit) – und das ist der Wille, den Geschöpfen Gutes zu tun – und nicht vorher. Demzufolge soll man nicht fragen, was der Grund dafür ist, dass der Schöpfer geben will, also worin die Ursache besteht, die dazu führte, da wir erst beim Willen zu schenken ansetzen und ab da weiter nach unten, nicht jedoch vor dem Willen.

Wenn wir fragen, worin der Grund, also die Ursache besteht, die dem Aspekt des „Gutes tun“ vorausging, dann fragen wir nach dem, was vor der Verbindung ist, und das ist ein Bereich, in dem wir nicht erkennen können. Und auch der Aspekt des „Gutes tun“, den wir erkennen, ist aus Deinen Taten werden wir Dich kennen. Das bedeutet, dadurch, dass wir die Gabe empfangen, verstehen wir den Willen „Gutes zu tun“.

Notiz 16: Das ist die Summe für den Mishkan (Wohnung)

Das ist die Summe für den Mishkan (Wohnung), den Mishkan des Zeugnisses (=Stiftshütte).[1]

Im Midrash Rabba heißt es Warum steht hier zweimal „Mishkan“? Rabbi Shmuel sagte, dass uns zweimal ein Pfand gegeben wurde. Das ist es, was die Mitglieder der Großen Versammlung sagen: Wir haben an dir misshandelt, dass wir nicht gehalten haben die Gebote[2], und alles Misshandelte wird verpfändet, wie es geschrieben steht: Du sollst nicht zum Pfande nehmen.[3] Was ist das Zeugnis, sagte Rabbi Shimon. Das ist das Zeugnis für jeden, der in die Welt kommt, dass es eine Vergebung für Israel gibt.[4]

Wir müssen hier das Prinzip des Mishkan nachvollziehen. In unserer Welt ist es so üblich, dass wenn jemand seinem Freund Geld gibt (leiht) und sicher sein will, dass er seine Schuld begleicht, er von ihm ein Pfand (Mashkon) bekommt.

Was ist aber hier die Bedeutung von Mishkan, also dass der Heilige, gelobt sei Er, den Tempel zurücknahm? Was sollten die Israeliten bezahlen und bezahlten es nicht, weswegen Er den Mishkan nahm, damit sicher ist, dass unser Pfand zurückgegeben wird? Und außerdem, worin besteht das Zeugnis? Und außerdem, warum gibt es hier gleich eine Andeutung auf den Mishkan, dass uns zweimal das Pfand zurückgegeben wird.

Im Sohar heißt es wie folgt: Das ist die Summe für den Mishkan. Rabbi Shimon eröffnete: Am Anfang schuf Gott. Was ist die Verbindung zwischen BeReshit (Am Anfang) und der Summe für den Mishkan? Im Midrash haGadol heißt es Am Anfang schuf Gott… Er schuf aus dem Nichts und man muss nachvollziehen, was dieses Etwas aus Nichts (Jesh mi Ajn) ist.

Und zuvor müssen wir verstehen, wer wir sind, die wir die Schuld tilgen und den Mishkan bezahlen müssen, was das Schöpfungsziel darstellt; und das Geschöpf heißt Wille zu empfangen, und das heißt Etwas aus Nichts, und der Grund für die Verhüllung ist das Brot der Scham.

Rabbi Jochanan und Rabbi Elieser sagen beide, da der Mensch die Geschöpfe braucht, veränderte sich sein Angesicht und er wurde wie ein Krum. Es steht geschrieben: ‚Wie das Erhabene (Ke-Rum) vom Menschen verachtet ist.[5] Was ist ein Krum? Es gibt einen Vogel, der in am Meer gelegenen Ländern lebt und Krum heißt, und wenn die Sonne auf ihn scheint, dann leuchtet er in unterschiedlichen Farben.

Sonne bedeutet die (Höhere) Fülle. Am Meer gelegene Länder sind diejenigen, die an der Fülle des Meeres liegen (wörtl. stehen). Meer heißt Chochma oder Weisheit.

Vogel meint, wenn der Mensch sich selbst von der Erde wie ein Vogel abhebt, der während seines Flugs die Füße verbirgt und die Flügel ausbreitet. Denn die Füße (Raglaim) sind die Kundschafter (Meraglim) und Flügel meint eine Bedeckung, wie geschrieben steht: Mit zweien bedeckt er sein Antlitz[6], und die Bedeckung meint den Glauben.

Und wenn die Fülle ihm [dem Menschen] gegenüber in Erscheinung tritt, dann schämt er sich, und fühlt das Brot der Scham. Und Tempel ist die Enthüllung der Genüsse, genannt Göttliche Anwesenheit (Shechina).

Und die Ausbezahlung besteht darin, dass es einen Empfang um des Gebens willen geben soll. Und der Empfang des Mishkan ist gleich zu Anfang eine Andeutung dahingehend, dass dies das Zeugnis dafür ist, dass es eine Vergebung gibt. Und das bedeutet, dass der Ewige den Tempel nur als Pfand zurücknahm, und dass Er ihn uns zurückgeben wird; möge es in unseren Tagen geschehen, Amen.

Somit gibt es ein Zeugnis dafür, dass es Vergebung gibt, also dass Er beabsichtigt, uns [den Tempel] zurückzugeben, sobald wir die Schuld auszahlen, also wenn wir die Kraft zu geben haben – und dann wird es das Konzept der Anhaftung geben.

[1] 2. Buch Mose 38,21
[2] Nehemia 1,7
[3] 5. Buch Mose 24,6
[4] Shemot Rabba 51,4
[5] Psalmen 12,9
[6] Jesaja 6,2: Serafim standen über ihm; sechs Flügel hatte ein jeder; mit zweien bedeckt er sein Antlitz, und mit zweien bedeckt er seine Füße, und mit zweien fliegt er.

Notiz 15: Gesetze (Mishpatim)

Im Midrash Rabba heißt es: Eine andere Sache, das sind die Gesetze; die Götzendiener haben ihre Richter und Israel hat seine Richter, und du weißt nicht, was [für eine Beziehung] zwischen ihnen ist.

Ein Gleichnis. Ein Kranker bekommt Arztbesuch, und der Arzt sagt zu den Mitgliedern seines Haushaltes, dass sie ihm alles zu essen geben sollen, was sein Herz begehrt. Als er jedoch einen anderen Kranken besucht, warnt er davor, ihm etwas Spezielles zu essen zu geben. Also fragte man ihn: Zum ersten [Patienten] hast du gesagt, dass er alles essen kann, was sein Herz begehrt, zum zweiten dagegen, er solle etwas Bestimmtes nicht essen. Der Arzt antwortete ihnen: Der erste [Patient] wird nicht leben, und deswegen habe ich gesagt, dass er alles essen kann, was er will, über denjenigen dagegen, der leben wird, sagte ich, man solle auf ihn Acht geben.

Gleiches gilt für die Richter der Götzendiener: Sie beschäftigen sich nicht mit der Tora und erfüllen sie nicht, wie geschrieben steht: So habe auch ich ihnen Satzungen gegeben, welche nicht gut sind, und Gesetze, durch die sie nicht leben werden.[1] Aber über die Mizwot (Gebote) heißt es: Welcher Mensch dieselben tut, der wird dadurch leben.[2]

Und hier muss man nachvollziehen:

  1. Ob der Vers aus Hesekiel (Jecheskel), den der Midrash hier bringt, über die Richter der Götzendiener [und] vielleicht nicht [über die Richter] vom Volk Israel spricht.
  2. Im Gleichnis sagt der Arzt, dass man dem Kranken alles zu essen geben kann, was er will, was bedeutet, es gibt keinerlei Einschränkung, jedoch aus dem Vers: So habe auch ich ihnen Satzungen gegeben, welche nicht gut sind, und Gesetze, durch die sie nicht leben werden“ verstehen wir, dass es Satzungen und Beschränkungen gibt, was dem Gleichnis widerspricht.

Und es muss erklärt werden, dass wenn der Midrash hier davon spricht, dass die Götzendiener ihre Richter haben, meint er nicht etwa die Völker der Welt, sondern es geht hier um Israel. Und was er als Richter der Götzendiener definiert, bedeutet, dass all die Gebote, die sie erfüllen, durch ihren Verstand erzwungen werden, und man nicht den Weg des Glaubens zum Aspekt von liShma geht; dann wird eben dieser Verstand als Richter der Götzendiener bezeichnet.

Und da alles, wozu der Verstand verpflichtet, nur lo liShma ist, da also seine Absicht nicht darin besteht, durch [seine Arbeit] zur Anhaftung an das [wahre] Leben zu gelangen, folgt daraus, dass er nicht leben wird.

Darauf sagte der Arzt, gebt ihm zu essen, denn seine Lebensnahrung ist in allem, was er will (worum er bittet). Das meint, dass es keine besonderen Bedingungen gibt, da er kein Leben hat, und wenn dem so ist, dann ist es gar nicht so wichtig, was er tut.

(Der Rest des Artikels ist noch nicht übersetzt)

[1] Hesekiel 20,25
[2] 3. Buch Mose 18,5

Notiz 14: So sollst du sagen dem Hause Jakob

So sollst du sagen dem Hause Jakob[1], das sind die Frauen [2], Er sagte ihm, sag ihnen die wichtigsten Dinge [3], die sie hören können. Und verkünden den Kindern Israel, das sind die Männer, Er sagte ihm, erkläre ihnen die feinen Details der Dinge, die sie hören können.

Eine andere Sache ist: Warum zuerst zu den Frauen? Weil sie sich bei der Erfüllung der Gebote beeilen. Und noch eine andere Sache: Warum zu den Frauen? Weil sie ihre Söhne zur Tora führen.

Rabbi Tachlifa aus Caesarea sagte: Der Heilige, gelobt sei Er, sagte: Als Ich die Welt schuf, befahl ich nur Adam haRishon, und [erst] danach befahl ich Eva, und sie übertrat [das Gebot] und verdarb die Welt. Wenn ich jetzt die Frauen nicht zuerst aufrufe, werden sie die Tora aushebeln. Deswegen steht geschrieben: So sollst du sagen dem Hause Jakob.

Und hier gilt nachzuvollziehen:

  1. Warum sich Frauen bei der Erfüllung von Geboten mehr beeilen als Männer.
  2. Warum man Frauen voransetzen muss, damit sie ihre Söhne zur Tora führen – denn wenn Männer an den Anfang gesetzt werden, werden sie nicht einwilligen, ihre Söhne zur Tora zu führen.
  3. Als würde Er sich fürchten, dass die Frauen die Welt verderben könnten, wenn Er ihnen nicht die Ehre gibt, sie Männern voranzusetzen.
  4. Wie kann man sagen, dass wegen der Ehre, die der Heilige, gelobt sei Er, [Adam] gab, also dass Er ihm vor Eva den Befehl erteilte, sie übertrat und die Welt verdarb; das hört sich so an, als würde sie sich dafür rächen.

Und man kann das für den spirituellen Dienst so erklären, dass es sich um das Konzept von Mann und Frau in einem einzigen Menschen handelt. Wenn der Mensch handelt, um zu empfangen und sein Verlangen zu stillen und zu erfüllen, also seine Weiblichkeit (hebr. Nukwiut), dann wird derselbe Mensch als Frau bezeichnet. Wenn dagegen der Mensch mit dem Zweck zu geben handelt, dann heißt er Mann: Es ist bekannt, dass jeder Mensch nichts mehr als der reine Wille zu empfangen ist. Und so beginnt man die spirituelle Arbeit mit dem Willen zu empfangen, also lo liShma [4]. Und anschließend kommt man zu liShma.

Deswegen lautet die Reihenfolge: So sollst du sagen dem Hause Jakob, das sind die Frauen. Sage ihnen die wichtigsten Dinge [5], also den Beginn der Arbeit, denn es ist verboten, ihnen zu sagen, dass man liShma arbeiten muss, denn der Mensch ist nicht imstande, mit liShma zu beginnen.

Doch anschließend: Und verkünden den Kindern Israel, das sind die Männer, die bereits liShma arbeiten können, also im Geben sind. Ihnen sollst du die feinen Details der Dinge erklären, die sie hören können, denn sie sind schon imstande, über liShma zu hören, und sie müssen bereits auf die feinen Details der Dinge achtgeben, damit alles nur liShma ist. Und das ist die Erklärung zu den feinen Details der Dinge.

Eine andere Sache ist: Warum zuerst zu den Frauen? Weil sie sich bei der Erfüllung der Gebote beeilen, also in lo liShma; wenn der Mensch beabsichtigt, eine Entlohnung für seine Arbeit zu erhalten, treibt ihn der Körper zur Beeilung an.

Sobald also der Mensch mit der Arbeit um des Empfangens willen beginnt, gewöhnt er sich selbst daran, bei seiner Arbeit schnell zu sein. So kann ihm später diese Gewohnheit behilflich sein, wenn er beginnt, um des Gebens willen zu arbeiten, denn er hat sich dieses Hilfsmittel der Schnelligkeit und Beeilung in der Zeit von lo liShma angeeignet.

Und noch eine andere Sache: Warum zu den Frauen? Weil sie ihre Söhne zur Tora führen. Das Konzept von Vater und Sohn ist jenes von Ursache und Folge. Das heißt, wenn es zuvor eine Ursache im Empfangen gab, dann führt diese Ursache dazu, dass der Mensch es wollen wird, weitere Taten in der Tora und den Geboten folgen zu lassen.

Im Aspekt des Gebens dagegen fällt es dem Körper schwer, die Kraft zum Hinzufügen aufzubringen, und man muss sich jedes Mal aufs Neue überwinden. Im Gegenteil dazu verleiht lo liShma jedes Mal die Kraft, um hinzuzufügen.

Und dadurch, dass der Mensch sich an die Arbeit in der Vorbereitungszeit gewöhnt, hat er bereits Kelim (Gefäße) für die Zeit zur Hand, wenn er auf dem Pfad des Gebens gehen wird.

Als die Welt erschaffen wurde, wurde zunächst Adam haRishon befohlen. Und das gemäß dem, was im Heiligen Sohar steht, dass Adam keinen Anteil an dieser Welt hatte; er hatte nichts von der Kategorie des Empfangens, also WaK der neun ersten [Sefirot]. (Siehe auch Vorwort zu Panim Meirot uMasbirot).

In dieser Hinsicht war also alles gut, doch dann kam seine Vermischung mit dem Aspekt des Empfangens, genannt Eva, und im Aspekt des Empfangens hatte er nicht die Vorbereitung von lo liShma, wobei man nur nach dieser ordnungsgemäß den Willen zu empfangen nutzen kann, damit das Empfangen mit dem Ziel zu geben stattfindet.

Als daher der Wille zu empfangen hinzukam, genannt Frau, er aber bereits den Aspekt von liShma selbst erreichte, dessen Wurzeln in den Gefäßen des Empfangens liegen, sündigte sie und zerstörte die Welt, da ihr die Vorbereitung des Willens zu empfangen durch lo liShma fehlte; wie Rambam schrieb, ist es verboten, liShma mit einem Schlag zu offenbaren, sondern es muss allmählich geschehen. [6]

Als daher der Frau liShma offenbart wurde, übertrat sie sofort und verdarb die Welt. Aus diesem Grunde muss man die Frau bzw. die Frauen an den Anfang setzen und ihnen nur die Anfänge der Dinge sagen, also in lo liShma.

[1] 2. Buch Mose 19,3
[2] Rashi 2. Buch Mose 19,3
[3] Die Übersetzung kann hier auch lauten: die Anfangsbuchstaben der Worte
[4] Lo liShma – nicht in Ihrem Namen (nicht im Namen der Tora)
[5] Bzw. Anfangsbuchstaben
[6] Rambam, Gesetze der Rückkehr (Hilchot Tshuva), Kap. 10, 5. Halacha

Notiz 13: Eine Hand auf dem Thron des Ewigen [1]

Und er sprach: Weil eine Hand auf dem Thron des Ewigen erhoben ist, soll der Krieg des Ewigen wider Amalek währen, von Geschlecht zu Geschlecht.[2] Und Rashi erklärte dies so: Der Schöpfer schwor, dass sein Name solange nicht ganz (vollständig, shalem) sein wird und sein Thron solange nicht ganz (vollständig, shalem) sein wird, solange der Name von Amalek nicht ausgelöscht ist[3], das heisst, der Name teilt sich in zwei Hälften.

Um das zu verstehen, müssen wir [der Erklärung] einen Vers voransetzen: … denn in JaH, dem Ewigen (= J-H-W-H), ist ein Fels der (ewigen) Welten.[4] Das heißt, durch zwei Buchstaben „Jud“ und „Hej“ des vierbuchstabigen Namens Jud-Hej-Waw-Hej zeichnete er die Welten. In der Mishna [steht]: Durch zehn Aussprüche ward die Welt erschaffen. Was lehrt uns das? Konnte sie doch auch [nur] durch einen Ausspruch erschaffen werden! Es geschah, damit die Gottlosen, welche die durch zehn Aussprüche geschaffene Welt verderben, umso strenger bestraft würden.[5]

Und dies ist eine berühmte Frage. Wenn der Heilige, gelobt sei Er, mit den Geschöpfen die Rechnung begleicht, gleicht das einem Menschen, der seinem Freund einen Pokal zur Verwahrung gibt, der ein Pfund wert ist. Wenn dieser ihn verliert, dann müsste er nur ein Pfund zahlen. Also zahlte der Besitzer zehn Pfund, weil dann zehn Pfund zurückgegeben werden müssten.

Und es geht darum, dass Er die Welt anfänglich mit der Stärke des Gesetzes (Midat haDin) erschuf, anschließend aber sah, dass die Welt dem nicht standhält; und so fügt Er die Eigenschaft der Barmherzigkeit (Midat haRachamim) [6] hinzu, wodurch dem Menschen die Möglichkeit eingeräumt wurde, zur Vollkommenheit zu gelangen. Als dagegen die Welt mit der Stärke des Gesetzes [verwaltet wurde], hatte der Mensch in seinem Dasein keine Möglichkeit, aus seinem Bösen Trieb auszutreten.

Und das ist die Bedeutung von damit die Gerechten … umso reicher belohnt würden[7], also mithilfe der Korrektur durch die Eigenschaft der Barmherzigkeit, genannt zehn Aussprüche, erhält die Welt ihre Existenz.

Und damit die Gottlosen, welche die durch zehn Aussprüche geschaffene Welt verderben, umso strenger bestraft werden bedeutet, dass nun, da den Menschen die Möglichkeit gegeben wurde, aus der Herrschaft des [Bösen] Triebes auszutreten, sie dies aber nicht wollen, sie damit die Welt zerstören – obwohl es doch die Korrektur der zehn Aussprüche gibt, was eine leichtere Sache ist, als was es vor der Korrektur gab, also in einem Ausspruch.

[1] 2. Mose 17,16
[2] Ebd.
[3] Rashi zu 2. Mose 17,16
[4] Jesaja 26,4
[5] Sprüche der Väter 5,1
[6] Rashi zu Bereshit 1,1
[7] Sprüche der Väter 5,1: Durch zehn Aussprüche ward die Welt erschaffen. Was lehrt das? Konnte sie doch auch [nur] durch einen Ausspruch erschaffen werden! Es geschah, damit die Gottlosen, welche die durch zehn Aussprüche geschaffene Welt verderben, umso strenger bestraft würden, und damit die Gerechten, welche die durch zehn Aussprüche geschaffene Welt erhalten, umso reicher belohnt würden.

Notiz 3: Unter Zwang (1)

Unter Zwang wurdest du geboren, unter Zwang lebst du und unter Zwang stirbst du.[1] Das Prinzip der Geburt ist dasselbe wie bei Ein [zum Judentum] Übergetretener ist wie ein Neugeborener“. [2] Das heißt, jedes Mal, wenn man den Aspekt des Glaubens aufs Neue erhält, wird dies als neue Geburt bezeichnet. Und der Erhalt des Aspektes von Mocha (Verstand) ist über dem Verstand (Daat).

Und da der Körper nichts tun kann, was gegen den Verstand (Daat) verstößt, ist man genötigt, den Aspekt von Mocha unter Zwang anzunehmen, also dass der Körper nicht [damit] einverstanden ist. Wenn dagegen die Arbeit im Aspekt des Empfangens und des Wissens stattfindet, ist der Körper bereit, allen Befehlen zu gehorchen.

Und das ist das Prinzip von Unter Zwang wirst du geboren, dass nämlich die Geburt in der Heiligkeit nur unter Zwang stattfindet. Bis man dem Aspekt von Opfere es zu Seinem Willen[3] würdig wird, wie die Weisen sagten: Man zwingt ihn, bis er sagt Ich will’[4] (Kidushin 50a).

Und durch den Empfang des Glaubens wird man des Lebens in Heiligkeit (des spirituellen Lebens) würdig – durch Tora und [spirituelle] Arbeit. Und die Lebenskraft, die man erhält, muss auch unter Zwang sein. Das bedeutet, dass man den Genuss nicht empfangen möchte. Da aber der Heilige, gelobt sei Er, einem den Genuss schenken will, muss man empfangen, aber nicht aus eigenem Willen.

Und unter Zwang stirbst du – in der Zeit, da man sich den physischen Dingen widmet, wobei diese Beschäftigungen nur den Aspekt des egoistischen Empfangens darstellen, genannt Aspekt des Todes, muss man ebenfalls gezwungen werden. Das heißt, dass man es mehr genießen würde, all die physischen Dinge nicht tun zu müssen.

Und wie mein Vater und Lehrer, seligen Andenkens, im folgenden Beispiel sagte: Wenn jemand Geschwüre hat und sich kratzt, dann genießt er es zwar, aber es wäre besser, wenn er gar keine Geschwüre hätte und sich nicht kratzen und es nicht genießen müsste.

[1] Awot 4,22
[2] Jewamot 48b
[3] 3. Buch Moses 1,3
[4] Kidushin 50a

Notiz 1: Azilut ist persönliche Vorsehung

In TES [1] (Seite 112) steht, dass in der Welt Azilut das Licht selbst ist, und mir scheint, dass er dies als Gegensatz zu dem Licht meint, welches in der Welt der Geschöpfe scheint und als das Folgelicht bezeichnet wird und eben nicht als das Licht selbst, wie es geschrieben steht.

Und man muss erklären, dass Azilut Aspekt der persönlichen Vorsehung heißt, und dort heißt es, dass Er alle Taten tat, tut und tun wird. Und deswegen ist das Licht, welches dort leuchtet, das Licht selbst, ohne jeglichen Beitrag des Unteren. Die BYA [2] der Trennung dagegen, wo es eine Klärung von Gut und Böse gibt, heißen Aspekt von Lohn und Strafe.

Daher kommt das Licht, das [hier] leuchtet, durch das Zusammenwirken zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf zustande, und das ist der Aspekt von Partnerschaft. Und deswegen heißt es Folgelicht oder Erzeugtes Licht (Nachlicht), da es von zwei Erzeugern geboren wurde. In der Welt Azilut dagegen gibt es keinerlei Partnerschaft. Das heißt, der Untere trägt nichts bei, genannt Aspekt von Ein Böser wird nicht bei Dir wohnen[3], d. h. es gibt dort keinerlei Analysen, und deswegen heißt es Aspekt der „persönlichen Vorsehung“.

Und das ist die Erklärung zu dem, was dort steht, dass der Massach (Schirm) eine Trennlinie zwischen Azilut und Brija setzt, also dass BYA [4] sich unter dem Massach befinden. In Azilut dagegen gibt es überhaupt keinen Massach.

Und dennoch wird an einigen Stellen erläutert, dass es auch in Azilut Massachim gibt, einen Massach des Abstands/der Entfernung in Bina, und ein Fenster und eine enge Öffnung. Und die Erklärung dafür ist, dass dies nur im Bezug auf BYA gilt, es aber im Bezug auf Azilut keinerlei Markierung gibt.

Und die Erklärung ist, wie oben gesagt, im Bezug auf die Seelen, die sich in BYA befinden, also im Aspekt von Belohnung und Strafe: Sie fühlen, dass es Massachim gibt. Sobald jedoch BYA in Azilut aufsteigt und sie der persönlichen Vorsehung würdig werden, sehen sie, dass alles Einheit ist und dass es dort keinerlei Massachim gibt.

[1] TES, Talmud Esser Sefirot oder die Lehre der zehn Sefirot, das Hauptwerk von Yehuda Ashlag, Baal HaSulam
[2] Brija,Yezira, Assija
[3] Psalmen 5,5
[4] Brija, Yezira, Assija

Rabash, Brief 39

Shalom und alles Gute an meinen Freund…

Gemäß der Tradition habe ich die zehn Pfund (Englische Pfund Sterling) für Purim besorgt, und das ist der halbe Shekel (Silberling), und ein Shekel hat zwanzig Gera [1], und ein halber Shekel hat zehn. Und im Heiligen Sohar steht geschrieben, dass ein halber ShekelJud“ heißt, also zehn, und das ist ein Messstein für die Spende an den Ewigen (Ki Tissa, 4).

Und man muss die Worte des Heiligen Sohar wie folgt erklären: Das Konzept des halben Shekel ist dann, wenn der Mensch beginnt, in seinem Verstand abzuwägen, wie er zum Ewigen zurückkehren soll, wenn er doch selbst weiß, dass er viele Sünden und Vergehen begangen hat. Daraufhin sagt der Heilige Sohar, dass der Mensch wissen soll, dass er sich stets im Zustand von Hälfte gegen Hälfte befindet, d. h. eine Hälfte von Verdiensten und eine Hälfte von Sünden, und dass er immer die Möglichkeit hat, die Waage auf die Seite der Verdienste zu neigen. Wie die Weisen sagten: „Stets soll der Mensch sich als halb schuldig und halb freigesprochen fühlen. Hat er ein Gebot erfüllt, so sei er gesegnet, denn er hat sich selbst und die ganze Welt auf die Seite des Verdienstes geneigt[2]“ usw.

Und die Bedeutung hiervon müssen wir gemäß den Worten der Weisen interpretieren: „Jeder, der größer ist als sein Freund, dessen [Böser] Trieb ist auch größer als der des Freundes [3]“. Das hat zur Ursache, dass wenn ihm kein größerer Böser Trieb verliehen wird, er auch keine Wahl haben wird, denn wenn das Gute größer ist als das Böse, hat er keine Möglichkeit zu wählen, da eine Wahl eben nur dann stattfindet, wenn beide gleich sind und er derjenige ist, der die (Waagschale) neigt.

Und in diesem Sinne sollst du verstehen, was die Weisen sagten: „In der Zukunft wird der Heilige, gelobt sei Er, den Bösen Trieb heranführen und ihn vor den Augen der Gerechten und vor den Augen der Bösewichte schlachten. Den Gerechten wird er wie ein hoher Berg erscheinen, und den Bösewichten – wie ein dünnes Haar[4].“ Und hier müssen wir verstehen, wer hat nun Recht? Das heißt was ist die Größe des Bösen Triebes? Es ist so, wie ich bereits erklärt habe: Bei den Bösewichten, die nur wenige Verdienste haben, ist auch der Böse Trieb nicht so groß, sondern wie ein „dünnes Haar“ – damit es „Hälfte gegen Hälfte“ ist, und wenn es wenig Gutes gibt, dann muss es auch wenig Böses geben. Gerechte dagegen, die viele Verdienste haben – sie müssen auch einen großen Bösen Trieb haben, und daher ist bei den Gerechten der Böse Trieb „ein hoher Berg“.

Und so wirst du das schwere Problem aller Welt lösen, die es sich mit dem Vers schwer macht: „Komm zum Pharao, denn ich habe sein Herz verhärtet (wörtl. schwer gemacht) [5]“ – denn dadurch, dass Er sein Herz verhärtete, hat ihm der Heilige, gelobt sei Er, die [freie] Wahl genommen?

Doch nach dem, was ich bereits erklärt habe, läuft es auf das Gegenteil hinaus: denn dadurch, dass der Ewige sein Herz verhärtete, hat er nun die Möglichkeit, noch einmal eine Wahl zu treffen. Denn als Pharao sagte: „Der Ewige ist gerecht, ich aber und mein Volk sind Bösewichte“, sehen wir, dass er sich bereits der Seite des Verdienstes zuneigte, und dass er vollständig gut ist und dass er da nichts mehr zu tun braucht. Deswegen musste der Schöpfer als Gegenseite zum Guten in ihm auch seinen bösen Trieb vergrößern, wie die Weisen sagten: „Jeder, der größer ist als sein Freund, dessen [Böser] Trieb ist auch größer als der des Freundes“. Als also der Heilige, gelobt sei Er, das Herz von Pharao verhärtete, schaffte Er ihm damit Raum, um nochmals eine Wahl zu treffen.

Auf dass wir würdig werden, vom Ewigen zweierlei zu erhalten, Heilung und Erlösung.

Von dem Freund, der Dir und Deiner Familie alles Gute wünscht,

Baruch Shalom HaLevi Ashlag

 

[1] 2. Buch Moses 30,13

[2] Kiddushin 40a

[3] Sukka 52a

[4] Sukka 52a

[5] 2. Buch Moses, 10,1

 

Korrigiert, EY, 18.06.2024

 

 

Rabash, Brief 76

An meinen lieben Freund…

Ich sehne mich sehr danach zu hören, was bei euch los ist und wie es deiner Familie geht, im Ganzen und in Einzelheiten.

„Wenn ihr in meinen Satzungen wandeln und meine Gebote halten werdet und sie tut[1]“ Der Heilige Sohar fragt nach: „Wenn Er doch schon sagte, „wandeln“ und „halten“, warum dann noch „und tut“? Und er antwortet: Wenn Einer die Gebote der Tora tut und Seinen Weg geht, dann ist es so, als habe er den Schöpfer gemacht [getan]. Der Heilige, gesegnet sei Er, sagte: Es ist so, als hätte er Mich gemacht. Und das ist die Bedeutung von „und tut“ – als hättet ihr Mich getan“ (Bechukotaj 18, im Sulam ebenda).

Und hier müssen wir verstehen, was es bedeutet, dass wer den Weg des Schöpfers geht, den Schöpfer tut – wie kann der Mensch so etwas denken? Weiterlesen

Rabash, Brief 74

korr, EY, 8.7.2024

Shalom und alles Gute, Sela, an meinen Freund, den ich liebe wie meine Seele…

Ich sehne mich sehr danach, zu hören, wie es dir geht, sowohl was deine Gesundheit als auch was deinen Lebensunterhalt betrifft und wie deine Kinder in der Schule vorankommen. Bei mir gibt es keine besonderen Neuigkeiten. Und ich will meinen Brief mit Worten der Tora beenden.

Im Wochenabschnitt heißt es: „Sechs Tage sollst du deine Arbeit tun; aber am siebenten Tage sollst du ruhen“[1]. Das bedeutet, dass der Shabbattag für die Ruhe vorgesehen ist und die Wochentage für die Arbeit, d. h. man muss arbeiten. Und wer während der Wochentage nicht arbeitet, der erfüllt nicht „Sechs Tage sollst du Arbeit verrichten“. Was sollen aber Tora-Schüler tun, deren Beruf das Lernen der Tora ist?

Dies kann auf moralische Weise erklärt werden, und auch, was Moral überhaupt bedeutet, nämlich was von uns gefordert wird, was der Sinn der Erfüllung von Tora und Geboten ist. Und gemäß dem, was mein Vater und Lehrer, seligen Andenkens, erklärte, wurden sie uns als Mittel gegeben, durch die wir das Ziel erlangen, das wir erreichen sollen.

Zunächst müssen wir den Sinn der Schöpfung verstehen, warum wir in diese Welt gekommen sind. Es ist bekannt aus den heiligen Büchern, dass der Zweck der Schöpfung darin besteht, seinen Geschöpfen Gutes zu tun (und auch gemäß der Regel, dass der Wunsch der Kuh zu säugen größer ist, als der Wunsch des Kalbs zu saugen). Doch was hindert uns daran, dass wir das Gute und den Genuss erhalten, die der Schöpfer uns geben möchte? Man antwortete, dass dies sei, damit es kein „Brot der Scham“ (Gnadengeschenk) sei, denn wenn jemand ein Geschenk von seinem Freund erhält, dann schämt er sich vor ihm – und damit der Mensch sich beim Erhalt des Genusses nicht schämt, wurde uns die Arbeit in der  Tora und den Geboten gegeben, damit wir uns durch die Bemühung in  Tora und Mizwot den Erhalt der Belohnung verdienen. Das heißt, nachdem wir geeignete Kelim haben, um den Genuss und die Fülle vom Schöpfer zu erhalten – ohne während des Empfangs des Genusses Scham zu empfinden – wird vom Himmel alles Gute und Freude gegeben.

Nun werden wir auch die Frage von vorhin verstehen. Denn sechs Tage wurden uns gegeben, um die Gefäße vorzubereiten, die geeignet sind, das Vergnügen zu empfangen, und das nennt man Mühe. Und am Shabbat ist die Zeit, um den Genuss zu empfangen, und nicht um Kelim zu korrigieren. Daher wird Shabbat als „Ruhe von der Arbeit“ oder „Ruhe“ bezeichnet, und alle Kelim, die man am Vorabend des Shabbat vorbereitet hat, füllt man am Shabbat, denn der Shabbat ist „ein Vorgeschmack auf die kommende Welt“.

Und gemäß dem oben Gesagten verstehen wir den Sinn der Moral, womit wir uns beschäftigen sollen, nämlich zu verstehen, dass wir die Mühe zu unserem eigenen Wohl benötigen, um das Gute und die Freude zu empfangen. Und der Schöpfer möge uns helfen.

Von deinem Freund, der dir und deiner Familie Reichtum an Segen und Erfolg in großer Freude und Zufriedenheit wünscht.

Baruch Shalom Halevi Ashlag

 

[1] 2. Buch Moses 23,12

Rabash, Brief 73

Ich werde ein wenig bezüglich deiner Fragen erklären, was der „Schmuck“ im Punkt des Willens ist. Du hattest angefragt [und berichtet], dass es dir schwer fällt, dies zu verstehen.

Um das Konzept des Schmuckes zu verstehen, muss man zuerst nachvollziehen, was bei diesen Dingen gemeint ist, d. h. was einem schwer fällt und was einer Erklärung bedarf.

Es ist bekannt, dass es in der Welt nichts gibt außer zwei Dingen: dem Schöpfer und der Schöpfung, d. h. der Schöpfer will den Geschöpfen Genuss schenken, wie es geschrieben steht: „Sein Wille ist, den Geschöpfen Gutes zu tun.“ Und aus diesem [Seinem] Aspekt resultierte die Welt Ejn Sof (die Welt der Unendlichkeit). Das heißt, da sein Wille darin besteht, Gutes zu tun, erschuf Er ein „Etwas aus Nichts“, also einen Willen, den Genuss, den Er geben möchte, zu empfangen. Natürlich war dabei dieser [neu erschaffene] Wille genau groß genug, um das gesamte Licht zu empfangen, denn sonst, also wenn das Gefäß kleiner gewesen wäre als das Licht, wäre ja das Geschöpf nicht in Vollkommenheit erschaffen worden, doch sicher hat der Heilige, gesegnet sei Er, eine vollkommene Sache erschaffen, denn es ging doch darum, dass Er einen Willen schuf, um jenes besondere Licht zu empfangen, welches er für die Geschöpfe bestimmte. Weiterlesen

Rabash, Brief 71

An meinen Freund….

Sehr sehne ich mich danach zu hören, wie es dir geht.

„So sollst du sagen dem Hause Jakob und verkündigen den Kindern Israel.“[1] Und Raschi erklärte: „Haus Jakob“ – das sind die Frauen, sage es ihnen in sanfter Sprache. „Und verkündigen den Kindern Israel“ – das, so erklärte er, sind die Bestrafungen und die feinen Einzelheiten für die Männer, Worte hart wie Sehnen (nach der Mechilta eine Wortspielerei, denn „verkündigen“ und „Sehnen“ haben im Hebräischen viele Buchstaben gemeinsam).

Und im Sohar (Jitro 261 sowie im Sulam) heißt es: „So sollst du sagen dem Hause Jakob; also eben durch das Sagen, d. h. vonseiten des Gerichts (Din). Und verkündigen den Kindern Israel usw., ‚den Kindern Israel‘ meint die Männer, die von der Seite der Barmherzigkeit kommen.“[2]

Die Bedeutung der Worte des Sohar, den Frauen solle es durch das Sagen mitgeteilt werden, also vonseiten des Gerichts (Din), besteht darin, dass die Frauen von der Seite der Eigenschaft des Gerichts  kommen. Und zu den Männern sprach er mit der Eigenschaft der Barmherzigkeit, denn sie kommen vom Aspekt der Barmherzigkeit.

Aus den Worten von Raschi verstehen wir aber das Gegenteil, dass er mit den Männern in Worten hart wie Sehnen sprach und mit den Frauen in sanfter Sprache.

Und hier muss ich erklären, dass sie eigentlich das Gleiche sagen, nur dass man zuvor begreifen muss, was der Aspekt des Gerichts, Din, darstellt und was der Aspekt der Barmherzigkeit, Rachamim, ist. Auf Din treffen wir, wenn zwei Menschen sich an ein Gericht wenden. Der eine sagt, der ganze [Tallit] sei sein, und der andere sagt, der ganze [Tallit] sei sein.[3] Das heißt, wenn einer sagt, etwas wäre ganz sein, dann handelt es sich um die Eigenschaft des Gerichts (Din). Und der Aspekt von Rachamim (Barmherzigkeit) ist der Aspekt des Gebenden, wie die Weisen sagten: „Wie Er barmherzig ist, so sei auch du barmherzig.“[4] Somit folgt daraus, dass die Eigenschaft des Gerichts den Empfangenden auszeichnet und der Aspekt von Barmherzigkeit den Gebenden auszeichnet.

Als weiblich wird bezeichnet, wer sich im Aspekt des Mangels (Chissaron) befindet, also der Empfangende. Und männlich wird der Gebende genannt.

Demzufolge heißt Nukwa (weiblich/Frau) die Eigenschaft des Gerichts, also der Empfangende. Und wenn man einem Empfangenden sagt, dass er sich dem Aspekt des Gebens widmen solle, so liegt das nicht in seiner Kraft, denn das ist gegen seine Natur. Wenn man also von ihm will, dass er sich dem Dienst für den Schöpfer widme, dann muss man zu ihm in sanfter Sprache reden, also in einer Sprache, die er versteht und zwar in der Sprache des Empfangens, wie oben erläutert, denn jemand, der sich im Aspekt von Nukwa befindet, also im Aspekt des Gerichts, willigt nur um der Belohnung Willen in die Arbeit ein. Und das ist [die Erklärung von] „sanfte Sprache“.

Doch zu den Männern, die sich im Aspekt der Gebenden befinden, zu ihnen kann man in einer Sprache „hart wie Sehnen“ sprechen, denn die Sache des Gebens ist für den Körper schwer anzuhören, da der Körper gerade den Empfang begehrt. Und da er sich im Aspekt von „männlich“ befindet, also über die Überwindungskraft verfügt[5], nämlich seine Eigenschaften zu überwinden vermag, spricht man von ihm vonseiten der Eigenschaft der Barmherzigkeit, wobei „barmherzig“ das Geben meint.

Und so werden wir die Worte von Raschi verstehen: „Haus Jakob – das sind die Frauen, sage es ihnen in sanfter Sprache.“ Wie oben beschrieben; wenn Einer sich im Aspekt von „weiblich“ befindet, also die Kraft des Körpers nicht überwinden kann, und „weiblich“ heißt, wie in „Er wurde schwach wie ein Weib“[6], dann muss man in sanfter Sprache zu ihm reden, denn er befindet sich im Aspekt von „um Belohnung zu erhalten“; damit ist der Körper einverstanden. Wenn er jedoch die Kraft zur Überwindung hat, dann kann man zu ihm in der Sprache von Rachamim (Barmherzigkeit) sprechen, und sein Anliegen ist das Geben.

Möge der Ewige uns helfen, das Böse in uns zu überwinden, und mögen wir des Empfanges der Tora würdig werden.

Von deinem Freund, der sich gute Nachrichten von dir erhofft,

Baruch Shalom Halevi Ashlag

[1] 2. Buch Moses 19,3

[2] Sohar, 2. Teil 79, 70:2

[3] Aus der Mishna Baba Mezia, 1a

[4] Shabbat 133, 70b

[5] Gever (Mann) und Hitgabrut verfügen im Hebräischen über die gleiche Wurzel

[6] Brachot 32, 10a

Rabash, Brief 70

Korr, EY, 12.7.24

An meinen Freund, der mir unter den Menschen der Liebste ist…

Wie geht es dir… möge der Ewige dir in allen Fragen deines Herzens zum Guten helfen, und möge dir alles, was du tust, gelingen.

Der Heilige Sohar schreibt in WaJishlach 19,20 und im Sulam ebd. wie folgt: „Wer gering ist und wartet des Seinen, der ist besser, denn der groß sein will und des Brotes mangelt.“[1] Im Vers „Wer gering ist usw.“ geht es um Jakob, der sich vor Esau erniedrigte, damit sich später [die Versprechung] erfüllt, dass dieser später sein Knecht sein würde, und von ihm beherrscht und in ihm weiterleben würde: „Völker müssen dir dienen und Nationen sich vor dir neigen.“[2]

Komme und siehe: Da Jakob wusste, dass er (Esau) ihn im Moment braucht, stellte er sich ihm als unwürdig dar. Und dabei hat er mit mehr Klugheit und Schläue gehandelt, als je zuvor in allem, was er gegen Esau tat, und wenn Esau dies gespürt hätte, dann hätte er sich [eher] umgebracht, als dass dies dazu gekommen wäre.

Und hier muss man nachvollziehen, was daran, dass er sich nun Esau unterwarf, so klug war, dass der Sohar sagt, dass wenn Esau davon wüsste, er sich umbringen würde.

Das muss man nach meinem Vater und Lehrer, seligen Andenkens, so erklären, dass dies ethische Praxis ist, also damit der Mensch wisse, wie er sich in der Arbeit des Schöpfers zu verhalten habe. Bei Esau sehen wir, dass Jakob sich ihm unterwarf und ihm Geschenke brachte, Esau aber nicht annehmen wollte und ihm antwortete: „Ich habe genug“[3], bis Jakob ihn schließlich anflehte, er möge seine Geschenke annehmen. Bei Laban sehen wir dagegen, dass Laban ihm das Gegenteil sagte: „Die Töchter sind meine Töchter, und die Kinder sind meine Kinder, und die Herden sind meine Herden, und alles, was du siehst, ist mein.“[4]

Und man muss wissen, dass es im Bösen Trieb zwei Arten gibt, genannt zwei Arten von Klipot (Schalen).

Vor der Tat, wenn der Mensch eine Mizwa erfüllen oder etwas studieren möchte, kommt er (der Böse Trieb) und sagt zu ihm: Es ist nicht lohnenswert für dich, das zu tun, denn du tust es ja nicht um des Himmels Willen, sondern du tust es nur für mich, also für den Bösen Trieb.

„Die Töchter sind meine Töchter“[5], d. h., alle Einsichten[6], die du im Dienst für den Schöpfer hast, sind nur von mir eingegeben, und du besitzt keinerlei Wissen (oder Erkenntnis) der Tora. „Und alles, was du siehst, ist mein“[7], d. h., alles, was du siehst, wenn du auf die Tora und die Gebote schaust, all das geht auf meine Rechnung, und das ist „Böser Trieb“. Und wenn dem so ist, warum solltest du dich dann so sehr um die Tora und um gute Taten bemühen, wenn es doch nicht um des Himmels Willen sind und dieser Dienst vom Schöpfer nicht angenommen wird? Du wirst sowieso keinen Lohn dadurch verdienen, und wenn dem so ist, dann musst du nichts Gutes tun.

Dann muss der Mensch ihn überwinden und ihm sagen: Was du sagst, stimmt nicht, denn ich tue alles um des Himmels Willen, und alles, was ich tue, wird vom Schöpfer angenommen, und der Schöpfer hat Freude daran. Und es sollte dir reichen, dass ich für dich arbeite, also dass ich dir zu essen und zu trinken und Ähnliches gebe, doch was den Dienst für den Schöpfer betrifft, so hast du kein Recht, dich in diese Dinge einzumischen.

Aber nachdem der Mensch gute Taten vollbracht hat, gilt das Gegenteil: Dann muss er zu seinem Bösen Trieb (der dann „Esau“ heißt, da die Sache bereits vollbracht ist[8], also nach der Tat) sagen, ich gebe dir alles, d. h., alles, was ich getan habe, war für dich, also lo liShma. Und das heißt, dass er ihm Geschenke gibt, was die Tora und die Gebote meint, dass er also behauptet, dass dies zu Esau gehört.

Dann behauptet Esau das Gegenteil: „Ich habe genug“[9], und ich will deine Tora und deine Gebote nicht. Esau sagt zu ihm also, du hast alles um des Himmels Willen getan, und sowieso bist du ein großer Jehudi (Jude), und du musst es allen deinen Freunden stolz vorzeigen, dass sie es nicht um des Schöpfers Willen tun und du doch. Das heißt, er (der Böse Trieb) möchte, dass er sich mit Stolz erfüllt.

Wer sich aber im Aspekt des Jakob befindet, behauptet andersherum: Die Tora und die Gebote gehören dir, und ich muss nun Tshuwa (Rückkehr) tun, da ich dem Schöpfer Freude schenken möchte und ich meine Unwürdigkeit spüre, dass ich noch weit von der Wahrheit entfernt bin, also davon, alle meine Taten an den Schöpfer zu richten. Das ist es, was zwischen Jakob und Esau stattfindet.

Möge der Schöpfer uns helfen, uns von Laban und von Esau zu erretten, und mögen wir der vollkommenen Erlösung bald, in unseren Tagen, würdig werden.

Von deinem Freund, der dir und deiner Familie alles Gute wünscht, Sela.

Baruch HaLevi Ashlag

 

[1] Sprüche, 12,9

[2] 1. Buch Moses 27,29

[3] 1. Buch Moses 33,9

[4] 1. Buch Moses 31,43

[5] Ebd.

[6] „Die Töchter“ und „Einsichten“ buchstabieren sich im Hebräischen gleich

[7] Ebd.

[8] Im Hebräischen gleiche Schreibweise: „Esau“ und „Asuj“ (getan)

[9] 1. Buch Mose 33,9

Rabash, Brief 50

korrigiert, EY, 28.06.2024

Shalom und alles Gute an meinen Freund…

Die Kommentatoren hatten Schwierigkeiten mit dem Vers: „Da fürchtete sich Jakob sehr, und ihm wurde bange[1]“, denn hat der Ewige ihm nicht in der Vision der Leiter versprochen, ihn auf allen seinen Wegen zu behüten, wie es geschrieben steht: „Und siehe, Ich bin mit dir und Ich will dich behüten, wohin du ziehst“, und wenn dem so ist, warum musste er dann beten: „Errette mich aus der Hand meines Bruders, aus der Hand von Esau[2]“usw.?

Der Heilige Sohar erklärt (in WaJishlach 43) die Worte der Engel an Jakob: „Und er zieht dir entgegen mit vierhundert Mann [3]“, indem er fragt: Warum sagte man ihm so? Und er antwortet darauf: Um dich zu lehren, dass der Schöpfer nach dem Gebet der Gerechten dürstet.

Und mein Vater und Lehrer seligen Andenkens erklärte, warum der Heilige, gelobt sei Er, den Geschöpfen nicht ohne Gebete alles Gute gibt, sondern will, dass sie Ihn bitten, um ihnen dann zu geben, denn es ist doch bekannt, dass der Wunsch der Kuh zu stillen größer ist, als der Wunsch des Kalbes zu saugen. Doch es gibt die Regel, nach der es ohne ein Gefäß kein Licht gibt. Und das Gefäß heißt Wunsch. Denn im Spirituellen gibt es keinen Zwang aufgrund der Tatsache, dass man keinen Geschmack von Genuss an einer Sache verspüren kann, zu der man keine Lust hat, da das Wesen der Empfindung von Genuss vom Maß der Lust und des Willens abhängt, die man zu einer Sache empfindet. Daher gibt der Schöpfer nur dann, wenn die Geschöpfe Willen und Lust haben.

Der Wille eines Menschen formt sich seinerseits eben durch Gebet, denn sobald der Mensch einen Mangel verspürt, beginnt er zu beten, und dadurch vergrößert und vermehrt sich sein Gebet, bis zu einem Maß, da es geeignet wird, die Höhere Erfüllung zu empfangen. Und deswegen „dürstet der Schöpfer nach dem Gebet der Gerechten“.

Und nur so ist es möglich, die Höhere Fülle zu erhalten. Dabei ist es bekannt, dass wir in der Höheren Fülle immer zwei Aspekte unterscheiden: das Umgebende Licht (Or Makif) und das Innere Licht (Or Pnimi). Das Umgebende Licht ist das, was der Mensch in der Zukunft empfangen wird, zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht zu empfangen würdig (geeignet) ist. Das Innere Licht meint das, was der Mensch in sein Inneres empfängt, was bedeutet, dass die Fülle in sein Inneres eintritt.

Und gemäß dem, was wir zuvor gesagt haben, dass nämlich allem, was man empfängt, ein Gebet vorausgehen soll, damit es ein Gefäß gibt, um die Fülle in Empfang zu nehmen, folgt, dass sogar nach dem, was der Heilige, gelobt sei Er, ihm bei der Vision der Leiter versprochen hatte, es sich immer noch um Umgebendes Licht handelt. In dem Moment jedoch, als er Esau traf und also der Rettung in der Gegenwart bedürfte, musste er beten und den Willen offenbaren, definiert als Gefäß für die Errettung, denn ohne ein Gefäß kann man nicht empfangen. Und das heißt Inneres Licht. Denn das Versprechen heißt Umgebendes Licht. Sobald man jedoch zur Erfüllung des Versprechens kommt, bedarf man des Gebetes, und das heißt (dann) Inneres Licht. Denn das Umgebende Licht ist die Erweckung von Oben, und das Innere Licht ist die Erweckung von unten.

Mit dem Segen von Tora und in Freundschaft,

Baruch Shalom HaLevi Ashlag

 

[1] 1. Buch Moses 32,8

[2] 1. Buch Moses 32,12

[3] 1. Buch Moses 32,7

Rabash, Brief 41

Shalom und alles Gute an meinen Freund…

Heute habe ich Deinen Brief im Anhang erhalten, teurer Freund. Möge es Sein Wille sein, dass Du gewürdigt wirst, den Geschmack von Lieblichkeit, Pracht und Süße des Ewigen zu schmecken. Denn bei allen Dingen müssen wir hoffen, ihrer würdig zu werden, denn das Sehnen nach guten Dingen heißt Gebet, und das ist der Aspekt von Chissaron (die Empfindung von Mangel) – wenn der Mensch fühlt, dass ihm diese Sache fehlt, und dass der Heilige, gelobt sei Er, ihn erfüllen wird. Das heißt der Mensch muss hoffnungsvoll darauf warten, wann er in seinem Herzen all die guten Dinge verspürt, die der Schöpfer uns beim Empfang der Tora versprochen hatte, wie es geschrieben steht: „Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen und meinen Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern [1]“ usw. „Und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein [2]“.

Und wir sehen, dass es in unserer Welt so ist, dass wer über einen großen Besitz mit allem Guten verfügt, stets gehobener Stimmung ist. Und wir sind das auserwählte Volk, wie es geschrieben steht: „Du wähltest uns aus von allen Völkern [3]“, und dann sollte es doch sein, dass jeder Einzelne aus dem Volk Israel stets gehobener Stimmung und immer in Freude ist? Aber solange der Mensch noch nicht dessen würdig wurde, all diese guten Dinge als ein Gefühl in seinem Herzen wahrzunehmen, begeistert er sich nicht für das, was er da mit seinen Lippen spricht: „Du wähltest uns aus.“

Denn beim Empfang der Tora handelt es sich vor allem um die Innerlichkeit der Tora, eingekleidet in die Äußerlichkeit der Tora. Dabei heißt die Tora in dem Aspekt von Pnimiut (Innerlichkeit) die Namen des Schöpfers, was bedeutet, dass der allgemeine Name des Schöpfers „der Gute und Gutes Tuende“ ist, und da der Heilige, gelobt sei Er, vielerlei Genüsse schenkt, die allesamt im Aspekt der Schenkung von Güte an Seine Geschöpfe eingeschlossen sind, so stellt die Tora Namen der Genüsse dar, wobei jeder Genuss einen anderen Namen hat. Das heißt der allgemeine Name von „gut und Gutes tuend“ wird in einigen Einzelheiten spezifiziert. Und diese Innerlichkeit kleidet sich in der Tora in Äußerlichkeit.

Und der Mensch muss sich danach sehnen, dem Aspekt der Innerlichkeit der Tora würdig zu werden, denn dann nimmt man all die guten Dinge wahr, die der Schöpfer uns versprochen hatte, und dann sagt man: „Du wähltest uns aus“ – also nachdem der Mensch bereits den ganzen guten Besitz fühlt, dessen wir würdig wurden; und hierfür heißen wir „ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk [4]“.

Und das ist das Konzept von „Und das ganze Volk sah die Stimmen [5]“, d. h. in dem Moment, wenn man die Stimme des Ewigen in seinem Herzen hört, dann ist diese Empfindung so stark, als würde man es sehen, „denn kein Mensch wird leben, der Mich sieht [6]“. Dadurch, dass sie die Stimmen sahen, d. h. durch die Stimme des Ewigen, die sich ins Innere des Herzen verbreitet, nicht in das Ohr – denn das Ohr ist für den Menschen eine äußere Sache, und nur das Herz ist der Mensch; deswegen muss die „Stimme des Ewigen“ zu einer Empfindung im Herzen werden, und dann heißt es „…sah die Stimmen“. Und dann lebt jeder Einzelne in einer Welt, die gänzlich gut ist, und das Konzept von „Du wähltest uns aus“ wird bereits im Herzen verspürt, denn der Mensch hat schon von der höheren Pracht und Lieblichkeit geschmeckt, und die wonnige Süße des Lichtes des Schöpfers verbreitet sich in seinem ganzen Herzen, und dann sieht man, dass „das Glück ist Dein – in dieser Welt (Olam haSe), und gut ist dir – in der kommenden Welt (Olam haBa) [7]“.

Wegen der Heiligkeit des Shabbat und des nahenden Feiertags kann ich jetzt nicht weiter schreiben, und möge der Ewige uns helfen, auf dass wir würdig werden, die Tora in Vollkommenheit zu empfangen.

Von deinem Freund, der Dir und Deiner Familie alles Gute wünscht,

Baruch Shalom haLevi Ashlag

Sohn von Baal Sulam

 

[1] 2. Buch Moses 19,5

[2] 2. Buch Moses 19,6

[3] Zitat aus dem Gebet an den Hohen Feiertagen

[4] 2. Buch Moses 19,6

[5] 2. Buch Moses 20,18

[6] 2. Buch Moses 33,20

[7] Sprüche der Väter 6,4

Überarbeitet, EY, 11.06.2024

Rabash, Brief 30

An meinen lieben Freund…

Deinen Brief von Shushan Purim habe ich erhalten und genossen, da du der Einzige bist, der mir ein paar Einzelheiten darüber schreibt, was dort los ist.

In Bezug auf die Frage, wo deine Kinder studieren sollen. Es wäre besser, wenn sie in eine chassidische Lehranstalt gehen würden. Denn dort sind sie auf jeden Fall zuverlässiger, was die Ehrfurcht vor dem Schöpfer angeht, während du in anderen Lehranstalten in dieser Hinsicht aufpassen musst.

Was den Kauf eines Teils des Sohar angeht – daran bin ich nicht interessiert. Ich habe meine eigenen, verborgenen Gründe dafür, aber über einen Grund kann ich dir schreiben. Schließlich erwartet man, wenn man etwas tut, eine Belohnung dafür zu bekommen, ob materiell oder spirituell. In diesem Fall, vom materiellen Standpunkt aus gesehen, gibt es noch andere gute Geschäfte in der Welt, um Geld zu verdienen, aber ich tue das nicht, weil ich mich nicht mit Geschäften befassen will.

Vom spirituellen Standpunkt aus gesehen, ist das ein Teil aus dem „Sulam„-Kommentar zum Buch Sohar, also habe ich schon die meisten dieser Bücher, denn die Tora hat mich damit geehrt, dass ich zwei Teile habe, denn nach der Tora gibt es nur vier Erben, und ich habe Anspruch auf zwei Teile…. Ich muss also nicht mit Geld kaufen, um das zu bekommen, worauf ich ein Anrecht habe. Aber diesbezüglich habe ich meine eigenen geheimen Gründe.

Bitte versuche, mir alle Details darüber mitzuteilen, was dort los ist. Und ich segne dich mit der Reinheit des Feiertags.

Baruch Shalom Halevi Ashlag

Rabash, Brief 23

An [meine] Freunde, mögen sie ewig leben

Ich möchte mich, da ein neues Jahr naht, der Gruppe [in der Weise] annähern, dass wir uns in dem starken Vertrauen festigen sollen, dass wir in der allgemeinen Erlösung der [persönlichen] Erlösung würdig werden, dass sich der Name des Ruhmes Seines Königreichs auf der ganzen Erde offenbart, dass die Entfernten hören und kommen, also dass sie fühlen, dass sie von der Arbeit an der Reinheit der Heiligkeit entfernt waren, und dem Aspekt des Hörens würdig werden. Dann entsteht die Vereinigung vom Tun und Hören, und das ist es, was die Schrift meint, [wenn sie sagt]: „Der den Armseligen aufrichtet aus dem Staub und erhöht den Armen aus dem Müll.“[1]

Es ist bekannt, dass es zwei allgemeine Aspekte gibt:

1)    Den Aspekt von Mocha (Verstand)

2)    Den Aspekt von Liba (Herz)

Wenn der Mensch an seiner Arbeit den Geschmack des Aspektes von Staub verspürt, gemäß „Eine Schlange, all ihre Nahrung ist Staub“, wenn also der Geschmack, den er an der Tora und den Geboten verspürt, nur der Geschmack von Staub ist, dann liegt der Grund dafür darin, dass er armselig ist, dass ihm der Aspekt des Glaubens fehlt. Und also fällt er in den Aspekt von Liba (Herz) hinein, wenn der Wille zu empfangen diese Welt begehrt, genannt „Müll“; und dann ist er „arm“.

Und wenn er das bedauert und darum betet und zum Schöpfer schreit, Er möge ihm aus seinem Elend heraushelfen, wonach bittet er ? – „Der den Armseligen aufrichtet aus dem Staub“. Nachdem ich armselig bin und den Geschmack von Staub verspüre, und ich arm bin und in den Müll geworfen, und alles wegen der Verhüllung des [göttlichen] Antlitzes, in welches die Welt eingetaucht ist, dann bitten wir den Schöpfer, Er möge uns herausführen aus der Knechtschaft in die Freiheit.

Und das ist die Bedeutung des Prinzips, dass einer, der ein Gebet hat, neben der Säule (Amud) betet. Und im Sulam Kommentar [2] wird erklärt, dass die Säule den ACHaP des Höheren bedeutet, der in Galgalta we Ejnaim des Unteren gefallen ist. Und während der Höhere seinen ACHaP erhebt, steigt auch das Galgalta we Ejnaim des Unteren auf. Und wie es geschrieben steht, steigen daher die Seelen gerade mittels der Säule von einer Welt in die andere auf; und das ist die Verbindung zwischen dem Höheren und dem Unteren.

Für unseren Weg kann man auf diese oben angeführte Weise erklären, dass dadurch, dass die Kelim (Gefäße) des Höheren an den Ort des Unteren gefallen sind, d. h. wenn der Höhere in Katnut (Zustand des Kleinseins) ist, [dann] fühlt das der Untere. Und das ist das Konzept von „Wenn Israel im Exil ist, weilt die Shechina (göttliche Allgegenwart) unter ihnen“ (Sohar). Das heißt auch die Shechina ist bei ihnen im Exil, genannt Shechinta beAfra (Shechina im Staub), wie oben beschrieben, wenn der Mensch in der Tora und an der [spirituellen] Arbeit den Geschmack von Staub spürt.

Und wenn der Mensch das Exil der Shechina bedauert, d. h. die Shechina selbst ist, Gott bewahre, nicht im Exil, sondern sie verhüllt sich vor Israel und erlaubt, dass der Untere alles Mögliche vom Höheren sagt. Und der Untere spricht so, weil er so fühlt.

Und wenn der Mensch es bedauert, und auf alle Weisen für die Erhebung der Shechina aus dem Staube betet, dann offenbart sich dadurch der Höhere mit all seiner Größe dem Unteren, und dann erhebt sich auch der Untere von allein. Und so finden wir, dass dies die ganze Säule ist, von der oben die Rede war, d. h. eben mittels dieser Säule steigen die Gebete von einer Welt in die andere auf, also zu immer helleren Erleuchtungen, und deswegen muss man neben eben dieser Säule beten.

So werden wir verstehen, warum Rosh haShana und Jom Kippur Feiertage genannt werden, obwohl es doch Tage des Gerichts sind. Denn der Kern des Gerichts (Din) besteht in der Vollkommenheit, die sich zu diesen Zeiten offenbart, und es besteht die Gefahr von äußeren Einflüssen, also dass der Mensch nicht zum Empfangen für sich in Mocha und in Liba gelangt, und deswegen muss man sich vermehrt der Erweckung zur Umkehr widmen.

Dabei besteht die Umkehr (Teshuwa) in der Rückbringung des Willens zu empfangen zum Willen zu geben, und dadurch kehren [die Menschen] zurück und haften sich an ihre Höhere Quelle an, und werden der ewigen Anhaftung würdig. Und dann können sie die Vollkommenheit empfangen, die sich in den Tagen des Gerichts [3] offenbart, denn sein Lebensunterhalt wird an Rosh haShana festgelegt, d. h. es offenbart sich das Licht von Weisheit (Chochma), Vollkommenheit und Helligkeit.

An uns ist es, Gefäße vorzubereiten, die empfangen können, und zwar das Licht Chassadim, welches es heranzuziehen gilt, was den Aspekt von Umkehr (Tshuwa) und Erweckung von Rachamim (Barmherzigkeit) darstellt, im geheimen Sinne von „Wer ist barmherzig, nur Du bist barmherzig“ [4]. Dann werden wir die ganze Vollkommenheit auf der Seite der Reinheit empfangen können.

Deswegen heißt es „Feiertag“, wegen der Offenbarung der Vollkommenheit. Und das ist das Konzept von „Blaset am Neumond den Shofar, an der Verhüllung (des Mondes) an unserm Festtag“ [5], denn das Prinzip von Shofar kommt von „Shafru Maasechem“[6] (eure Werke schmücken), denn jetzt gibt es einen Stuhl (ein Wortspiel: Das Wort „Stuhl“ hat die gleiche Wurzel wie „Verhüllung“) zum Weißfärben, also den Aspekt von Chassadim.

Ich kann nicht länger schreiben wegen des nahenden Feiertags, und ich wünsche euch eine Eintragung (in das Buch des Lebens) und eine gute Besiegelung.

Euer Freund, der sich nach eurem Wohl und eurem Guten erkundigt,

Baruch Shalom HaLevi Ashlag

 

überarbeitet, EY, 9.6.2024

 

[1]Psalmen 113,7

[2]Sulam-Kommentar auf den Sohar von Yehuda Ashlag

[3]Jamim Noraim, wörtl. schreckliche Tage, die 10 Tage zwischen Rosh HaShana und Jom Kippur

[4]Shabbat 133 70,2

[5]Psalmen 81,4

[6]WaJikra Rabba 29,6