Die Hohen Feiertage Rosh HaShana (15.-17.09.23), Jom Kippur (24.-25.09.23), sowie die anschließenden Feiertage Sukkot (30.09.-06.10.23) und Simchat Tora (08.10.23) finden nach jüdischem Kalender im Monat Tishrei statt.
Doch was haben diese Feiertage mit der spiritueller Entwicklung eines Menschen zu tun?
„Wir müssen verstehen, dass die jüdischen Feiertage nicht die Tradition einer bestimmten Nation oder eines Volkes sind. Vielmehr sind sie Symbole einzigartiger spiritueller Zustände, in denen wir gegenseitige Hingabe, Liebe auf einer höheren Ebene und eine größere Tiefe der Verbindung des Herzens und des Verstandes erreichen.“ – Dr. Michael Laitman
Alle traditionellen jüdischen Feiertage im Jahreszyklus symbolisieren spirituelle Prozesse, die der Mensch während seines Lebens durchlaufen muss.
Der Egoismus der Menschheit entwickelte sich im Lauf von tausenden Jahren mit Hilfe der Reshimot (Erinnerungen, Aufzeichnungen), um letztendlich das menschliche Ego in seinem ganzen Ausmaß hervorzubringen. Diese Entwicklung dauert an, bis sich der Mensch mit dem Sinn seines Lebens zu beschäftigen beginnt. Man sagt in der Kabbala, “dass der Mensch die Stufe Tier verlassen und zur Stufe Mensch aufsteigen will.“
Vor 5783 Jahren war Adam haRishon (der erste Mensch) bereit, mit seiner spirituellen Entwicklung zu beginnen. Mittlerweile haben viele Menschen das Verlangen, ihre Seele kennenzulernen und ihren “Punkt im Herzen“ zu entdecken.
Die Hohen Feiertage (Jamim Noraim), Rosh HaShana (Anfang des Jahres) und Jom Kippur (Versöhnungstag oder “Tag des Gerichts“), sowie die 10 Tage, die dazwischen liegen, symbolisieren einen Prozess, in dem dem Menschen seine Gegensätzlichkeit zu den Eigenschaften der alles lenkenden Kraft (Schöpfer) gezeigt wird. Diese Kraft ist liebend, gebend und voll des Guten, während der Mensch die “böse Neigung“ darstellt, was sich durch Narzissmus, Hass und Ausbeutung in dieser Welt zeigt.
Die Hohen Feiertage können aus kabbalistischer Sicht als vier Abschnitte der Korrektur der menschlicher Seele betrachtet werden:
Rosh HaShana ist der Anfang der Korrektur. Rosh (Kopf) bedeutet Beginn bzw. Anfang. Shana (Jahr) bedeutet Veränderung. Rosh HaShana ist eine Einladung der Höheren Kraft an jeden Menschen, einen neuen Weg in Richtung des ewigen, vollkommenen Lebens zu beschreiten.
Jom Kippur, der Tag des Gerichts, ist die nächste Etappe. Während der “zehn Tage der Buße“, deren Höhepunkt Jom Kippur ist, überprüfen man alle seine Erinnerungen und misst sie an den Regeln, zu deren Einhaltung der Mensch verpflichtet ist. Dann kann man erkennen, was einem schwer fiel und bei welchen Geboten man versagt hat. Das wichtigste Gebot ist “Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, es ist lt. Rabbi Akiva “die große Regel der Tora„.
Ein wichtiger Bestandteil der Bräuche am “Tag des Gerichts“ oder “Versöhnungstag“, dem feierlichsten Tag im jüdischen Kalender, ist die Lesung aus dem Buch des Propheten Jona. In der Erzählung befiehlt der Schöpfer Jona, den hartherzigen Bewohnern von Ninive zu sagen, dass sie ihre Beziehungen korrigieren müssen, wenn sie überleben wollen. Doch Jona flieht vor seiner Aufgabe und stürzte sich ins Meer, um dem Befehl des Schöpfers zu entgehen.
An Sukkot, dem Laubhüttenfest, findet die Endkorrektur statt. Das ist chibuk smol, die Umarmung von der linken Seite und chibuk jamin, die Umarmung von der rechten Seite. Also die Annäherung zwischen der Höheren Kraft (Schöpfer) und dem Geschöpf, hin zur Verbindung. Die sieben Tage von Sukkot symbolisieren sieben Stufen, in denen der Mensch allmählich seine inneren Eigenschaften korrigiert. Mit jedem “Tag“ oder mit jeder Stufe nähert sich der Mensch einen Schritt in Richtung Verbindung mit anderen Menschen. Schlussendlich verbindet er sich so mit der Höheren Kraft, der Liebe.
Am letzten Tag der 7 Tage von Sukkot erreicht der Prozess mit dem Tora-Freudenfest Simchat Tora (Empfang der Tora) seinen Höhepunkt. Nachdem der Mensch die Korrektur abgeschlossen hat, wird er mit unendlicher Freude und Genuss durch das Höhere Licht erfüllt. Simchat Tora symbolisiert die vollständige Einheit der Höheren Kraft, des Schöpfers, und dem Geschöpf, dem Menschen.